Tatbestand
Der Kläger begehrt im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens die Gewährung einer höheren Rente wegen Erwerbsminderung bzw. einer
vorzeitigen Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Der 1953 in der ehemaligen UdSSR geborene Kläger hat seit März 2000 seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland und
ist als Spätaussiedler nach § 4 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) anerkannt. Er absolvierte nach seinen Angaben von 1968 bis 1972 eine Ausbildung zum Maschinentechniker an der Technischen
Forstfachschule und war anschließend - unterbrochen vom Wehrdienst (Mai 1973 bis Mai 1975) - als Mechaniker bzw. Hauptmechaniker
in einem Forstbetrieb beschäftigt. Ein 1980 aufgenommenes Studium an der Technischen Forstakademie M schloss er 1983 mit dem
Abschluss "Technologie-Ingenieur Fachrichtung Forstwesen" ab und war anschließend bis zu seiner Ausreise nach Deutschland
als Forstingenieur beschäftigt. Von 2001 bis 2004 war er zunächst als Wald- bzw. Bohrarbeiter, sodann bis April 2008 als Förster
jeweils versicherungspflichtig beschäftigt. Der Kläger hatte mit seiner ersten, Ende der 70er-Jahre verstorbenen Ehefrau zwei
Kinder (O, geb. 00.07.1973 und F, geb. 00.12.1977). Seine zweite Ehefrau brachte ein Kind mit in die Ehe (Q, geb. 00.07.1983)
und hatte mit dem Kläger ein weiteres Kind (B, geb. 00.02.1994). Die zweite Ehe ist zwischenzeitlich geschieden (Ehezeit vom
01.03.1988 bis zum 31.12.2007); für die Ehezeit wurden im Rahmen des Versorgungsausgleichs Rentenanwartschaften entsprechend
eines Abschlags an 7,1625 Entgeltpunkten (EP) auf die geschiedene Ehefrau übertragen. Nach übereinstimmender Erklärung der
geschiedenen Ehegatten vom 26.03.2001 hat der Kläger die Kinder überwiegend erzogen.
Am 02.10.2009 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung bei der Beklagten. Nach Ablehnung dieses
Antrags (Bescheid vom 30.03.2010) bewilligte die Beklagte dem Kläger Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit,
wobei sie 21,7997 an persönlichen EP zugrunde legte (Bescheid vom 18.02.2011), den darüber hinausgehenden Widerspruch wies
sie zurück (Widerspruchsbescheid vom 23.05.2011). Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Münster wurde die Klage nach medizinischen Ermittlungen abgewiesen (Urteil vom 19.02.2013 - S 14 R 480/11). Im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht (L 14 R 268/13) bot die Beklagte - nach erneuter medizinischer Begutachtung des Klägers - die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung
auf Zeit unter Zugrundelegung eines Leistungsfalls im Juni 2013 ab dem 01.01.2014 bis zum 30.06.2015 nach Maßgabe der gesetzlichen
Bestimmungen an. Dieses Angebot nahm der Kläger mit Schreiben vom 01.09.2014 an. Mit Schreiben vom selben Tag beantragte er
bei der Beklagten die Gewährung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen und bat um eine Probeberechnung, um prüfen
zu können, ob sich durch die direkte Umwandlung der Erwerbsminderungsrente in eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen
ein höherer Zahlbetrag ergebe.
Mit Bescheid vom 10.10.2014 führte die Beklagte den Vergleich aus und gewährte dem Kläger eine ab dem 01.01.2014 bis zum 30.06.2015
befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung. Dabei berücksichtigte sie die in der UdSSR zurückgelegten Pflichtbeitragszeiten
vom 18.06.1971 bis 25.08.1971 als glaubhaft gemachte Zeit der Berufsausbildung zu 5/6. Die Zeit des Wehrdienstes (06.05.1973
bis 03.05.1975) wurde als nachgewiesene Zeit nach dem Fremdrentengesetz (FRG) anerkannt. Die Zeiten vom 03.04.1972 bis 03.05.1973 und vom 16.06.1975 bis 31.08.1980 wurden als glaubhaft gemachte Zeit
nach dem FRG in einer Beschäftigung entsprechend der Qualifikationsgruppe 4 gemäß Anlage 13 zum Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche
Rentenversicherung (
SGB VI) zu 5/6 berücksichtigt, die Zeit vom 20.07.1983 bis 15.03.2000 ebenfalls zu 5/6 entsprechend einer Beschäftigung der Qualifikationsgruppe
1 der Anlage 13 zum
SGB VI. Der Rentenberechnung legte die Beklagte dabei die bisherigen EP von 21,7997 zugrunde, weil diese höher als die nunmehr sich
ergebenden 20,8837 EP seien. Für die Zeit ab 01.07.2014 berücksichtigte die Beklagte zudem einen Zuschlag in Höhe von 3 EP
für die Erziehung der Kinder O, F und Q, so dass die Rente ab diesem Zeitpunkt unter Berücksichtigung von 24,7997 EP berechnet
wurde. Zum Abzug gebracht wurden 7,1625 EP aufgrund des nach Scheidung von der zweiten Ehefrau durchgeführten Versorgungsausgleichs.
Der Kläger legte am 04.11.2014 Widerspruch ein mit der Begründung, über eine mögliche Umwandlung in eine Altersrente sei noch
nicht entschieden. Nach Übersendung einer Probeberechnung wies der Kläger darauf hin, die Rente sei unzutreffend nach dem
FRG festgestellt worden, er erwarte eine Umwandlung in eine Altersrente für Schwerbehinderte "nach Bundesrecht". Die Beklagte
wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18.03.2015 zurück. Die Rente sei auf Grundlage des
SGB VI in zutreffender Höhe festgestellt worden, eine fiktive Berechnung der Altersrente für schwerbehinderte Menschen sei übersandt
worden.
Dagegen erhob der Kläger am 25.03.2015 Klage vor dem SG Münster (S 14 R 207/15), das die Klage mit Gerichtsbescheid vom 08.04.2016 abwies. Mangels konkreten Vorbringens des Klägers könne das Gericht keine
Fehler in der Rentenberechnung durch die Beklagte feststellen. Die Rentenberechnung sei nicht zu beanstanden.
Während des anschließenden Berufungsverfahrens (L 3 R 383/16) wertete die Beklagte einen Antrag des Klägers auf Rentenfortzahlung vom 17.08.2015 mit dessen Zustimmung als Antrag auf
Umwandlung der Erwerbsminderungsrente und gewährte ihm mit Bescheid vom 24.10.2016 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen
mit Beginn am 01.08.2015 in Höhe eines monatlichen Rentenzahlbetrages von 673,97 Euro. Dabei wurden der Berechnung die gleichen
Grundlagen wie im Bescheid vom 10.10.2014 zugrunde gelegt.
Das Landessozialgericht (LSG) wies die Berufung mit Urteil vom 25.01.2017 zurück. Die Beklagte habe die Höhe der Rente wegen
voller Erwerbsminderung zutreffend unter Zugrundelegung von 21,7997 persönlichen EP festgestellt. Dabei seien nach der Bestandsschutzregelung
in §
88 Abs.
1 Satz 2
SGB VI zu Recht die der zuvor gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zugrunde liegenden höheren persönlichen EP zugrunde
gelegt worden. Es könne nicht festgestellt werden, dass die der Rente wegen voller Erwerbsminderung zugrunde zu legenden persönlichen
EP den von der Beklagten angesetzten Wert überstiegen. Alle rentenrechtlich erheblichen Zeiten seien zutreffend festgestellt
und rechnerisch richtig einbezogen worden. Insbesondere seien die in Russland ausgeübten Tätigkeiten zutreffend bewertet worden,
diese seien allein nach §§ 15, 16 FRG i.V.m. § 22 Abs. 1 FRG, §
256b Abs.
1 Satz 2
SGB VI aufgrund des Status des Klägers als Spätaussiedler in die Berechnung der deutschen Rente nach dem
SGB VI einzubeziehen. Danach seien für glaubhaft gemachte Pflichtbeitragszeiten zur Ermittlung von EP als Bemessungsgrundlage die
Durchschnittsverdienste einer Vollzeitbeschäftigung zu berücksichtigen, die sich nach Einstufung der Beschäftigung in eine
der in Anl. 13 zum
SGB VI genannten Qualifikationsgruppen ergäben. Danach seien die nach dem Zeitpunkt des Abschlusses seiner Berufsausbildung im Februar
1972 zurückgelegten Beitragszeiten zu Recht der Qualifikationsgruppe 4 zugeordnet worden. Selbst wenn dieser Abschluss einem
Fachschulabschluss im Sinne der Qualifikationsgruppe 2 entsprochen habe, gebe es keinen Anhalt dafür, dass der Kläger tatsächlich
eine entsprechend qualifizierte Tätigkeit auch ausgeübt habe. Bei den von ihm angegebenen Tätigkeiten als Mechaniker bzw.
Ober- und Hauptmechaniker handele es sich um Facharbeitertätigkeiten. Erst mit dem Abschluss seines Studiums sei der Kläger
zutreffend in die höchste Qualifikationsgruppe eingestuft worden. Darüber hinaus seien sämtliche Kindererziehungs- und Kinderberücksichtigungszeiten
sowie die Zuschläge an persönlichen EP nach §
307d SGB VI für die vor 1992 geborenen Kinder dem Kläger zugeordnet worden. Zutreffend habe die Beklagte nach § 22 Abs. 3 FRG auch die ermittelten Entgeltpunkte für Beitragszeiten, die nicht nachgewiesen seien, um ein Sechstel gekürzt. Es müsse feststehen,
dass Unterbrechungen in der Beitragsentrichtung (z.B. durch krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit oder unbezahlten Urlaub)
nicht eingetreten seien, mithin im Einzelfall eine den Anteil von 5/6 übersteigende höhere Beitragspflicht erreicht worden
sei. Solche detaillierten Unterlagen habe der Kläger im Verfahren nicht beigebracht. Schließlich seien die Entgeltpunkte für
nach dem FRG einbezogene Beitragszeiten zutreffend mit dem Faktor 0,6 vervielfältigt worden.
Die anschließende Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision verwarf das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 27.04.2017 als unzulässig (B 13 R 83/17 B).
Am 16.03.2018 beantragte der Kläger die Überprüfung der Rentenbescheide vom 10.10.2014 und 24.10.2016 gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X). Für die Ausbildungszeit seien nicht 0,025 EP, sondern lediglich 0,0208 EP in Ansatz gebracht worden, obschon diese Zeiten
nicht lediglich glaubhaft gemacht, sondern belegt worden seien. Zudem sei die Zeit vom 02.06. bis 17.06.1970 (Fachschulausbildung)
sowie die Zeit vom 26.08.1971 bis 23.02.1972 als Anrechnungszeiten mit einem EP-Wert von 0,0223 bewertet worden; diese Zeiten
seien indes wie deutsche Zeiten zu bewerten. Zudem seien weder eine Begrenzung auf max. 25 EP noch der pauschale Abschlag
nach § 22 Abs. 4 FRG um 40 Prozent für ihn einschlägig bzw. verfassungsgemäß.
Mit Bescheid vom 18.06.2018 lehnte die Beklagte eine Rücknahme der Bescheide vom 10.10.2014 und vom 24.10.2016 ab. Es sei
weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden. Die Renten seien in zutreffender
Höhe festgestellt worden. Der Kläger habe weder neue Beweismittel vorgelegt noch neue Tatsachen vorgetragen, die eine günstigere
Entscheidung rechtfertigten. Die Ausbildungszeiten seien korrekt gespeichert. Eine Anrechnung in vollem Umfang könne nach
§ 22 Abs. 3 FRG nur dann erfolgen, wenn in Arbeitsbescheinigungen oder Lohnauszugslisten eingetragen bzw. bescheinigt sei, dass Fehlzeiten
nicht vorhanden gewesen seien. In allen anderen Fällen seien die Unterlagen, auch das Arbeitsbuch, grundsätzlich nur als Mittel
zur Glaubhaftmachung zu werten. Zudem seien nach § 22 Abs. 4 FRG bei der Berechnung anstelle von vollen EP nur noch 60 v.H. zugrunde zu legen. Diese Absenkung sei bereits verfassungsrechtlich
geprüft worden und grundsätzlich mit dem
Grundgesetz vereinbar. Die Ausbildungszeiten seien von dieser Reduzierung nicht betroffen. Der Kläger legte hiergegen am 26.06.2018 Widerspruch
ein.
Vor Erteilung des den Widerspruch zurückweisenden Widerspruchsbescheides vom 18.10.2018 hat der Kläger am 11.09.2018 Klage
vor dem SG Münster erhoben. Die ihm zustehende Rente sei nicht korrekt berechnet worden, da die erworbenen EP reduziert worden
sein. Die Berechnung berücksichtige nicht seinen akademischen Grad, er habe mit zwei Diplomen über 40 Jahre im erlernten Beruf
gearbeitet.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 18.06.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2018 aufzuheben, die Beklagte zu
verpflichten, den Bescheid vom 10.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2015 und den Bescheid vom 24.10.2016
abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm höhere Rentenleistungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie Bezug auf die angefochtenen Bescheide genommen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 29.05.2019 abgewiesen. Das Recht sei richtig angewandt worden, auch sei von einem zutreffenden
Sachverhalt ausgegangen worden. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung höherer Rentenleistungen. Es lägen keine Anhaltspunkte
dafür vor, dass die Bescheide vom 10.10.2014 und 24.10.2016 im Hinblick auf die Berechnung der jeweiligen Rente rechtsfehlerhaft
seien. Hierzu werde insbesondere Bezug auf das Urteil des LSG vom 25.01.2017 (L 3 R 383/16) genommen. Neue Tatsachen, die eine abweichende Entscheidung begründen könnten, habe der Kläger nicht vorgetragen. Auch im
Hinblick auf den Bescheid vom 24.10.2016 seien keine Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Rentenberechnung ersichtlich, zumal
auch betreffend dieses Bescheides kein neuer bzw. weitergehender Vortrag erfolgt sei.
Gegen das am 12.06.2019 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11.07.2019 Berufung eingelegt. Die Beklagte habe die EP ohne
vernünftigen Grund halbiert, in einer Rentenauskunft aus September 2007 sei ihm mitgeteilt worden, er habe 38,7704 EP erworben.
Die Kindererziehungszeiten seien nicht korrekt berücksichtigt, da er vier Kinder erzogen habe. Der Rentenwert sei ebenfalls
nicht richtig berechnet. Er habe zwei akademische Abschlüsse und mehr als 40 Jahre in den studierten Fächern gearbeitet.
Der Kläger beantragt schriftlich sinngemäß,
das Urteil des SG Münster vom 29.05.2019 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.06.2018 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2018 zu verpflichten, ihm unter Abänderung der Bescheide vom 10.10.2014 in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2015 und vom 24.10.2016 höhere Rentenleistungen auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt schriftlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil. Neue Tatsachen habe der Kläger nicht vorgetragen.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 15.05.2020 und 18.05.2020 ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche
Verhandlung erklärt.
Am 10.10.2020 hat der Kläger beim BSG Sprungrevision gegen das Urteil des SG eingelegt. Diese ist mit Beschluss vom 03.11.2020 als unzulässig verworfen worden (B 5 R 18/20 R).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Vorprozessakten
des SG Münster - S 14 R 480/11 (= L 14 R 268/13), S 14 R 207/15 (= L 3 R 383/16) - und der beigezogenen Akten des SG Münster S 17 R 876/17 sowie der beigezogenen Akte der Beklagten Bezug genommen, der insgesamt Gegenstand der Entscheidung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Der Senat kann in der Sache durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis
erteilt haben (§§
124 Abs.
2,
153 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz <SGG>). Die Einverständniserklärung des Klägers hat sich durch die Einlegung der Sprungrevision nicht verbraucht, da diese
aus Sicht des Klägers allein einer Beschleunigung der Überprüfung der Entscheidung des SG diente. Im Berufungsverfahren, das der Senat durch den pandemiebedingt eingeschränkten Sitzungsbetrieb erst jetzt entscheiden
konnte, sind seit der Erklärung des Klägers weder Ermittlungen durchgeführt worden, noch haben sich andere wesentlich neue
Erkenntnisse bzw. Umstände ergeben.
Die zulässige, insbesondere statthafte (§
144 Abs.
1 SGG) und fristgerecht eingelegte (§
151 Abs.
1 SGG) Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die zulässige Klage ist als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage nach §
54 Abs.
1 Satz 1, Abs.
4, §
56 SGG statthaft; neben der Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides vom 18.06.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 18.10.2018 begehrt der Kläger die Verpflichtung der Beklagten, den Bescheid vom 10.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 18.03.2015 sowie den Bescheid vom 24.10.2016 zurückzunehmen und ihm eine höhere Rente zu gewähren.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Kläger ist durch den streitigen (Überprüfungs-)Bescheid vom 18.06.2018 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2018 nicht im Sinne von §
54 Abs.
2 SGG beschwert, da diese Entscheidung rechtmäßig ist. Der Kläger hat keinen Anspruch aus § 44 Abs. 1 SGB X auf Rücknahme des Bescheides vom 10.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2015 sowie des Bescheides
vom 24.10.2016 und auf Gewährung höherer Rente wegen voller Erwerbsminderung in der Zeit vom 01.01.2014 bis zum 30.06.2015
bzw. auf Gewährung höherer Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 01.08.2015.
Nach § 44 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit
sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt
ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder
Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Beklagte hat bei Erlass der Bescheide weder das Recht unrichtig angewandt,
noch ist sie von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erweist.
Der Bescheid vom 10.10.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2015 ist rechtmäßig. Insoweit verweist der
Senat zunächst vollumfänglich auf das Urteil des Landessozialgerichts vom 25.01.2017 - L 3 R 383/16 -, in dem der 3. Senat ausführlich ausgeführt hat, dass die Berechnung der Rentenhöhe von der Beklagten unter Beachtung aller
gesetzlichen Bestimmungen zutreffend erfolgt ist. Neue Tatsachen, die zu einer anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage
führen könnten, hat der Kläger nicht vorgetragen; er hat insbesondere keine weiteren Unterlagen vorgelegt, aus denen eine
andere Bewertung erforderlich würde.
Dementsprechend ist auch der Bescheid vom 24.10.2016 rechtmäßig. Auch insoweit hat die Beklagte die Höhe der Altersrente wegen
Schwerbehinderung zutreffend unter Zugrundelegung von 21,7997 an persönlichen EP festgestellt. Dabei hat die Beklagte der
Berechnung zu Recht weiterhin die - der zuvor gewährten Rente wegen voller Erwerbsminderung zugrunde liegenden - höheren persönlichen
EP zugrunde gelegt. Denn nach der Bestandsschutzregelung des §
88 Abs.
1 Satz 2
SGB VI werden für eine Folgerente mindestens die bisherigen persönlichen EP zugrunde gelegt, wenn der Versicherte eine Rente wegen
verminderter Erwerbsfähigkeit bezogen hat und - wie hier - spätestens innerhalb von 24 Kalendermonaten nach Ende des Bezugs
dieser Rente erneut eine Rente beginnt.
Es ist nicht ersichtlich, dass die zugrunde zu legenden persönlichen EP den angesetzten Wert von 21,7997 übersteigen. Die
Beklagte hat vielmehr alle rentenrechtlich erheblichen Zeiten zutreffend festgestellt und rechnerisch richtig einbezogen.
Insbesondere hat die Beklagte die vom Kläger in der UdSSR ausgeübten Tätigkeiten zutreffend bewertet; denn diese sind aufgrund
seines Status als Spätaussiedler nach §§ 15, 16 FRG i.V.m. § 22 Abs. 1 FRG, §
256b Abs.
1 Satz 1
SGB VI in die Berechnung der deutschen Rente nach dem
SGB VI einzubeziehen. Nach §
256b SGB VI sind für glaubhaft gemachte Pflichtbeitragszeiten zur Ermittlung von Entgeltpunkten als Beitragsbemessungsgrundlage für ein
Kalenderjahr einer Vollzeitbeschäftigung die Durchschnittsverdienste zu berücksichtigen, die sich u.a. nach Einstufung der
Beschäftigung in eine der in Anlage 13 zum
SGB VI genannten Qualifikationsgruppen ergeben, die sich an den Verhältnissen in der ehemaligen DDR orientieren. Nach dieser Maßgabe
hat die Beklagte den Kläger nach Abschluss seiner Ausbildung zum Techniker und bis zum Abschluss seines Studiums zutreffend
als Facharbeiter in die Qualifikationsgruppe 4 zugeordnet. Dies ist nicht zu beanstanden; Merkmal eines darin definierten
DDR-Facharbeiters war ebenfalls eine umfassende, zwischen eineinhalb und vier Jahren dauernde Berufsausbildung, die es ihm
ermöglichte, komplizierte Tätigkeiten zu verrichten (vgl. Müller: Die Qual mit den Qualifikationsgruppen, DAngVers 10/95,
S. 354, 364). Selbst wenn der von ihm erworbene Abschluss einem Fachschulabschluss im Sinne der Qualifikationsgruppe 2 (Fachschulabsolventen)
entsprochen haben sollte, müsste der Kläger zudem (kumulativ) eine dementsprechend qualifizierte Tätigkeit ausgeübt haben
(vgl. BSG, Urteil vom 12.11.2003 - B 8 KN 2/03 R - Rn. 30, juris). Für die Ausübung einer entsprechend qualifizierten Tätigkeit von Februar 1973 bis zur Aufnahme des Ingenieurstudiums
im September 1980 gibt es aber auch weiterhin keinen tragfähigen Anhalt. Allein die Angabe des Klägers, er habe zwei Diplome
erworben, führt daher zu keiner anderen Einschätzung, diese Berufsabschlüsse hat die Beklagte vielmehr zutreffend berücksichtigt.
Für die in der UdSSR zurückgelegten Pflichtbeitragszeiten (vom 18.06.1971 bis 25.08.1971, vom 03.04.1972 bis 03.05.1973, vom
16.06.1975 bis 31.08.1080 und vom 20.07.1983 bis 15.03.2000) hat die Beklagte die ermittelten EP zutreffend nach § 22 Abs. 3 FRG um ein Sechstel gekürzt. Die Kürzung der ermittelten Entgeltpunkte auf 5/6 für lediglich glaubhaft gemachte Beitrags- oder
Beschäftigungszeiten beruht auf der Erfahrungstatsache, dass auch die durchschnittliche Beitragsdichte im Bundesgebiet (nur)
diesem Umfang entspricht (vgl. BSG, Urteil vom 20.08.1974 - 4 RJ 241/73 - Rn. 25, juris; Bayerisches LSG, Urteil vom 22.02.2017 - L 6 R 331/14 - Rn.16, juris). Hinreichende Nachweise für eine höhere Beitragsdichte hat der Kläger nach wie vor nicht beigebracht. Insbesondere
reicht allein die Vorlage des Arbeitsbuches mit Angaben zu Anfang und Ende der Beschäftigung hierfür nicht aus. Aus dem Nachweis
einer ununterbrochenen Beschäftigungszeit ergibt sich nämlich nicht zwingend, dass während dieser Zeit auch ununterbrochen
Beiträge entrichtet worden sind. (vgl. BSG, Urteil vom 12.11.1979 - 5 RKn 10/68 - Rn. 21, juris).
Soweit sich der Kläger auf eine Probeberechnung aus dem Jahr 2007 beruft, in der höhere EP angegeben waren, übersieht er,
dass sich diese lediglich auf die Ermittlung der EP für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten im Rahmen der Grundbewertung
bezogen haben und mithin lediglich ein Element der komplexen Rentenberechnung nach den damaligen Grundlagen betrafen. Es handelte
sich dabei nicht um die EP für die letztlich tatsächlich zurückgelegten Beitragszeiten.
Entgegen der Auffassung des Klägers sind auch alle Kindererziehungs- und Kinderberücksichtigungszeiten (§ 28b FRG i.V.m. §§
56,
57 SGB VI) sowie die Zuschläge an persönlichen EP (§
307 d SGB VI) zutreffend berücksichtigt worden. Ein Zuschlag an EP in Höhe jeweils eines EP ist dabei nach §
307d Abs.
1 SGB VI nur für die vor 1992 geborenen Kinder (O, F, Q) zu bewilligen. Für das nach 1992 geborene Kind B wurden - wie für alle nach
1992 geborenen Kinder gesetzlich geregelt - gemäß §
56 SGB VI bereits 36 Monate mit Kindererziehungszeiten berücksichtigt, so dass insoweit kein weiterer EP hinzukommt. Damit sind die
Zeiten der Kindererziehung aller vier Kinder umfassend und korrekt berücksichtigt worden.
Schließlich ist der Berechnung der vorzeitigen Altersrente für schwerbehinderte Menschen der richtige Zugangsfaktor zugrunde
gelegt worden. Nach §
77 Abs.
3 Satz 1
SGB VI bleibt für diejenigen EP, die bereits Grundlage von persönlichen EP einer früheren Rente waren, der frühere Zugangsfaktor
maßgebend. Nach dieser Maßgabe hat die Beklagte zutreffend den bei der Berechnung der Erwerbsminderungsrente jeweils maßgebenden
Zugangsfaktor beibehalten.
Hat die Beklagte somit bei Berechnung der Renten in den überprüften Rentenbescheiden das Recht richtig angewandt und ist sie
dabei von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen, liegen auch die Voraussetzungen für die vom Kläger begehrte Aufhebung
der überprüften Bescheide nicht vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Der Senat hat die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG) nicht als gegeben angesehen.