PKH-Verfahren
Darstellung des Streitverhältnisses
Hinreichende Erfolgsaussicht
Darlegungsobliegenheit des Rechtschutzsuchenden
1. Ein bewilligungsreifer Prozesskostenhilfeantrag erfordert, das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen;
ein Rechtschutzsuchender muss wenigstens im Kern deutlich machen, auf welche Beanstandung er seine Klage stützt.
2. Er muss die hinreichende Erfolgsaussicht anhand konkret bezeichnender und darzulegender Tatsachen schlüssig und substantiiert
unter Angabe der Beweismittel aufzeigen.
3. Insoweit hat ein Rechtschutzsuchender eine Darlegungsobliegenheit, die auch unter Berücksichtigung des Amtsermittlungsgrundsatzes
im sozialgerichtlichen Verfahren gilt.
4. Die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussichten setzt u.a. eine Kenntnis der tatsächlichen Grundlage des Rechtschutzbegehrens
voraus.
5. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, sich im Prozesskostenhilfeverfahren die zur Beurteilung der Erfolgsaussichten der Klage
maßgeblichen tatsächlichen Aspekte selbst zu erarbeiten.
Gründe
I.
Die Kläger begehren mit ihrer Beschwerde Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren, das sich gegen einen Widerspruchsbescheid
vom 04.09.2015 richtet. Mit diesem ist der Widerspruch als unzulässig verworfen worden.
Das Sozialgericht hat mit Verfügung vom 05.04.2016 eine Frist zur Darstellung des Streitverhältnisses gesetzt und darauf hingewiesen,
dass bei Nichterfüllung der gerichtlichen Auflage die Erfolgsaussichten der Klage im Rahmen der Prüfung der Prozesskostenhilfe
nicht bejaht werden können. Eine Reaktion des Bevollmächtigten, der den Zugang der Aufforderung mit Empfangsbekenntnis quittierte,
erfolgte nicht.
Mit Beschluss vom 09.05.2016 hat das Sozialgericht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels Darlegung hinreichender
Erfolgsaussichten abgelehnt. Zur Begründung der Klage sei nichts vorgetragen worden.
Gegen diesen am 11.05.2016 zugestellten Beschluss haben die Kläger am 10.06.2016 ohne Begründung Beschwerde eingelegt.
II.
Der Senat lässt es ausnahmsweise dahinstehen, ob die Beschwerde nach §
172 Abs.
3 Nr.
2 b SGG zulässig ist, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes über 750,00 EUR liegt. Diese Wertbestimmung wäre dem Senat nur möglich,
wenn eine Darstellung des Streitverhältnisses erfolgt wäre, woran es vorliegend mangelt.
Die Beschwerde ist in jedem Fall unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts lagen die Voraussetzungen für die Bewilligung nach §§
73 a Abs.
1 Satz 1
SGG,
117 Abs.
1 Satz 2
ZPO nicht vor. Hiernach erfordert ein bewilligungsreifer Prozesskostenhilfeantrag, das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel
darzustellen (BVerfG, Beschluss vom 14.04.2010 - 1 BvR 362/10). Ein Rechtschutzsuchender muss wenigstens im Kern deutlich machen, auf welche Beanstandung er seine Klage stützt (BVerfG,
Beschluss vom 20.10.1993 - 1 BvR 1686/93). Er muss die hinreichende Erfolgsaussicht anhand konkret bezeichnender und darzulegender Tatsachen schlüssig und substantiiert
unter Angabe der Beweismittel aufzeigen (LSG Sachsen-Anhalt, Beschlüsse vom 05.03.2010 - L 5 AS 344/09 B und vom 29.04.2009 - L 8 SO 4/09 B). Insoweit hat ein Rechtschutzsuchender eine Darlegungsobliegenheit, die auch unter
Berücksichtigung des Amtsermittlungsgrundsatzes im sozialgerichtlichen Verfahren gilt (BVerfG, Beschluss vom 25.04.2012 -
1 BvR 2869/11). Die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussichten setzt u. a. eine Kenntnis der tatsächlichen Grundlage des Rechtschutzbegehrens
voraus (BVerfG, Beschluss vom 25.04.2012 - 1 BvR 2869/11). Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, sich im Prozesskostenhilfeverfahren die zur Beurteilung der Erfolgsaussichten der Klage
maßgeblichen tatsächlichen Aspekte selbst zu erarbeiten (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 29.04.2009 - L 8 SO 4/09 B mwN;
zusammenfassend LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 16.10.2013 - L 19 AS 1057/13 B).
Für die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Klageverfahrens ist grundsätzlich der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung
maßgeblich, es sei denn diese erfolgt verspätet. Dann kommt es auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife an (Bayerisches LSG,
Beschluss vom 29.07.2015 - L 15 VG 19/15 B PKH; Beschluss des Senats vom 01.04.2015 - L 7 AS 1904/14 B ER, L 7 AS 1905/14 B). Damit können grundsätzlich auch im Beschwerdeverfahren noch neue Angriffs- und Verteidigungsmittel vorgebracht werden
(§§
202 SGG,
571 Abs.
2 Satz 1
ZPO). Dies gilt jedoch nicht für die Vorlage der nach §
117 ZPO erforderlichen Unterlagen (vgl. Beschluss des Senats vom 11.12.2015 - L 7 AS 1445/15 B). Diese ermöglichen erst die Einleitung eines Bewilligungsverfahrens i. S. d §
118 ZPO und eine Sachprüfung des Antrags auf Prozesskostenhilfe, so dass ihre Berücksichtigung erst im Beschwerdeverfahren der gesetzlich
bestimmten funktionellen Zuständigkeit des Gerichts der Hauptsache für die Prüfung eines Antrags auf Prozesskostenhilfe zuwiderlaufen
würde. Da die Entscheidung über die Prozesskostenhilfe nicht der materiellen Rechtskraft fähig ist (vgl. BGH, Beschluss vom
03.03.2004, IV Z B 43/03), können die Kläger einen neuen Antrag stellen. Dieser ist erneut zu bescheiden und beschwerdefähig.
Kosten im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind nicht erstattungsfähig (§§
73 a Abs.
1 Satz 1
SGG,
127 Abs.
4 ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§
177 SGG).