Tatbestand
Der am 00.00.1966 geborene Kläger war zunächst in der Krankenpflege und später im IT-Bereich tätig. Vom 8.5.2000 bis 14.2.2001
absolvierte er einen Fortbildungslehrgang "Datenbankadministrator mit Oracle Zertifizierung OCP DBA" im Vollzeitunterricht. Dieser Zeitraum ist in seinem Versicherungskonto einerseits als Fachschulausbildung und andererseits
als "Beitragszeit mit Pflichtbeiträgen für berufliche Ausbildung, Bezug von Leistungen der Bundesagentur für Arbeit", gespeichert.
Für die anschließende Zeit vom 15.2.2001 bis 6.7.2004 sind durchgehend "Beitragszeiten mit Pflichtbeiträgen" bzw. "Beitragszeiten
mit Pflichtbeiträgen, Bezug von Leistungen der Bundesagentur für Arbeit", vermerkt (Versicherungsverlauf vom 8.12.2020).
Durch einstweilige Anordnung des Amtsgerichts Düsseldorf vom 4.9.2003 wurde dem Kläger, der seit 2001 geschieden ist, das
Aufenthaltsbestimmungsrecht und mit weiterem Beschluss vom 26.1.2004 die elterliche Sorge für seine am 00.00.1994 geborene
Tochter A übertragen (Az.: 267 F 236/03).
Zum 7.7.2004 nahm der Kläger eine selbstständige Tätigkeit auf. Hierfür bewilligte die Beigeladene ihm Überbrückungsgeld gem.
§
57 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (
SGB III) in den Fassungen (idF) vom 23.4.2004 und 19.11.2004 für die Zeit vom 7.7.2004 bis zum 6.1.2005 (Bescheid vom 31.8.2004).
Die (vorige) Bewilligung von Arbeitslosenhilfe hob die Beigeladene ab dem 7.7.2004 auf (Bescheid vom 20.8.2004). Auf die Nachfrage
des Klägers nach der Berechnungsgrundlage des Überbrückungsgeldes erläuterte sie ihm mit Schreiben vom 10.9.2014, dass sich
dieses aus dem Betrag, den der Arbeitnehmer zuletzt als Arbeitslosengeld bzw. -hilfe bezogen habe, und den darauf entfallenden
pauschalierten Sozialversicherungsbeiträgen zusammensetze.
Der Kläger teilte der Beklagten die Aufnahme seiner selbstständigen Tätigkeit seit Juli 2004 und den Bezug des Überbrückungsgeldes
mit und bat um Informationen und Unterlagen "zum Thema freiwillige Fortsetzung des Versicherungsschutzes sowohl im Falle vorzeitiger
Berufsunfähigkeit als auch für die Rente nach Erreichung des gesetzlichen Rentenalters". Explizit interessiere ihn, ob die
Berufsunfähigkeit ohne Nachteile auch ohne normale gesetzliche Rentenbeiträge versichert werden könne (Schreiben vom 18.7.2004).
Dieses Begehren wiederholte er mit gleichlautendem Schreiben vom 6.8.2004.
Die Beklagte erteilte ihm eine Rentenauskunft unter Berücksichtigung rentenrechtlicher Zeiten bis 14.7.2004 mit Hinweisen
u.a. zu den einzelnen Rentenarten und unter Beifügung eines Versicherungsverlaufs, der rentenrechtliche Zeiten bis Juli 2014
ausweist (Schreiben vom 12.8.2004). Mit Bescheid vom 4.2.2005, der vom Kläger nicht angefochten wurde, stellte sie fest, dass
im Zusammenhang mit der selbstständigen Tätigkeit ab dem 7.7.2004 keine Versicherungspflicht nach §
2 S. 1 Nr. 9
SGB VI bestehe, weil der Kläger nicht auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sei.
Unter Bezugnahme auf seine Schreiben vom 18.7. und 6.8.2004 und den Bescheid der Beklagten vom 4.2.2005 wiederholte der Kläger
am 8.2.2005 seine Bitte um Zusendung von ausführlichen Unterlagen zum "Thema freiwillige Fortsetzung des Versicherungsschutzes
im Falle vorzeitiger Berufsunfähigkeit" und begehrte erneut eine Mitteilung, ob die Berufsunfähigkeit ohne Nachteile auch
ohne normale gesetzliche Rentenbeiträge versichert werden könne. Gleichzeitig kündigte er (in Fettdruck) an, dass er diese
Angelegenheit auf dem gerichtlichen Wege regeln werde, sollte die Beklagte "auch diesmal" seiner Anfrage nicht nachkommen.
Die Beklagte beantwortete die Anfrage des Klägers mit Schreiben vom 24.2.2005. Da der Kläger die allgemeine Wartezeit von
fünf Jahren nicht vor dem 1.1.1984 erfüllt habe, bestehe nicht die Möglichkeit, den Versicherungsschutz für eine Rente wegen
Erwerbsminderung mit der Zahlung freiwilliger Beiträge aufrechtzuerhalten. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für
eine Rente wegen Erwerbsminderung könne er nur durch Zahlung von Pflichtbeiträgen erfüllen. Als selbstständig Tätiger sei
es jedoch möglich, auf Antrag versicherungspflichtig zu werden. Hierzu möge er die beigefügte Informationsbroschüre Nr. 1
beachten und bei Interesse an einer Beitragszahlung dies der Beklagte mitteilen. Sie würde ihm dann die entsprechenden Antragsformulare
übersenden. Ein entsprechendes Interesse äußerte der Kläger gegenüber der Beklagten nicht.
Mit Bescheid vom 29.2.2008 und Widerspruchsbescheid vom 12.11.2008 stellte die Landeshauptstadt Düsseldorf bei dem Kläger
einen Grad der Behinderung (GdB) von 30 mit Wirkung ab dem 1.1.2007 fest. Dieser wurde ab dem 1.1.2009 entsprechend eines
am 22.2.2011 im Streitverfahren S 42 SB 255/08 des Sozialgerichts (SG) Düsseldorf geschlossenen Vergleichs mit Bescheid vom 8.3.2011 auf 40 angehoben.
Am 21.11.2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Erwerbsminderung
bestehe seit dem 31.12.2006 wegen eines Freizeitunfalls (Sturz auf Eis). Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung habe
er seit dem 7.7.2004 als selbstständiger Programmierer nicht gezahlt. Seine Tochter A habe er seit dem Jahr 2000 erzogen.
Zu seinem Antrag übersandte er den Entlassungsbericht des E-Krankenhauses Schladming vom 23.2.2007, in dem er am 31.12.2006
wegen der Unfallfolgen, einer Weber C-Luxationsfraktur mit Ruptur der Syndesmose, operativ und anschließend stationär vom
31.12.2006 bis 7.1.2007 behandelt wurde sowie verschiedene für die private Berufsunfähigkeitsversicherung erstellte medizinische
Unterlagen des ihn behandelnden Chirurgen Dr. S, Unterlagen aus seiner Schwerbehindertenrechtsangelegenheit und Behandlungs-
und Befundunterlagen zu LWS-Syndromen.
Die Beklagte lehnte die Bewilligung einer Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung mit Bescheid vom 19.1.2009 ab.
Unter Zugrundelegung einer Erwerbsminderung vom 31.12.2006 fehle es an den erforderlichen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen.
Neben der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit müsse der Versicherte in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung,
wobei sich dieser Zeitraum um bestimmte Zeiten verlängere, drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder
Tätigkeit haben. Diese Pflichtbeitragszeit von drei Jahren sei nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines
Tatbestandes eingetreten sei, der die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfülle. Im danach maßgebenden Zeitraum vom 31.12.2001
bis 30.12.2006 bestünden - auch unter Berücksichtigung von in Polen zurückgelegten Versicherungszeiten nach den gemeinsamen
Vorschriften der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft - nur 32 Monate mit Pflichtbeiträgen. Es liege mit dem Freizeitunfall
vom 31.12.2006 auch weder ein Tatbestand vor, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt werde, noch seien die Voraussetzungen
des §
241 Abs.
2 SGB VI gegeben.
Mit seinem am 6.2.2009 erhobenen Widerspruch machte der Kläger unter Verweis auf einen von ihm beigefügten Änderungsbescheid
des (damaligen) Arbeitsamtes Düsseldorf vom 1.6.2004 geltend, ihm sei Arbeitslosenhilfe bis zum 31.12.2004 gewährt worden.
Auf Anfrage der Beklagten teilte die Agentur für Arbeit Düsseldorf am 17.2.2009 mit, dass der Kläger Arbeitslosenhilfe vom
1.1. bis 14.7.2004 bezogen habe. Ab dem 15.7.2004 sei der Anspruch wegen Arbeitsaufnahme beendet gewesen. Mit mehreren Schreiben
bat die Beklagte den Kläger, diese Unstimmigkeit zu klären und auch die behauptete Erziehung seiner Tochter ab 2000 zu belegen.
Diese Schreiben beantwortete der Kläger nicht.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 21.9.2009 zurück. Nach dem Ergebnis der bei der
Agentur für Arbeit durchgeführten Ermittlung habe er keine drei Jahre Pflichtbeiträge innerhalb des maßgebenden Fünf-Jahreszeitraumes
zurückgelegt. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung seien weiterhin
nicht erfüllt.
Der Kläger hat am 9.10.2009 Klage beim SG Düsseldorf erhoben und sein Begehren weiterverfolgt. Er erfülle die besonderen versicherungsrechtlichen
Voraussetzungen und sei nicht in der Lage, leichte Tätigkeiten mehr als drei Stunden pro Tag zu verrichten. Zwar träfen die
von der Beigeladenen genannten Daten zum Bezug von Arbeitslosenhilfe zu. Er sei jedoch davon ausgegangen, dass die Zeit der
Zahlung von Überbrückungsgeld auf den Dreijahreszeitraum angerechnet werde, da er angenommen habe, jede Leistung durch das
Arbeitsamt enthalte auch eine Zahlung an den Rentenversicherungsträger. Erst jetzt habe er festgestellt, dass während der
Zeit der Zahlung von Überbrückungsgeld keine Beiträge an den Rentenversicherungsträger gezahlt worden seien. Hierüber habe
die Beklagte ihn trotz einer entsprechenden Verpflichtung nie informiert. Eine derartige Hinweispflicht treffe in jedem Falle
das Arbeitsamt. Er habe die Beklagte mehrfach und unbeantwortet um Auskunft darüber gebeten, unter welchen Voraussetzungen
er seinen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente aufrechterhalten könne. Da seine Anfragen nicht beantwortet worden seien, liege
ein Beratungsfehler vor. Nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches müsse er so gestellt werden, wie
er stehen würde, wenn er ordnungsgemäß beraten worden wäre. In diesem Fall hätte er einen Antrag auf Entrichtung von Pflichtbeiträgen
gestellt und diese auch gezahlt. Hilfsweise sei ihm die Nachentrichtung von Versicherungsbeiträgen zu gestatten. Bei einer
Nachentrichtung wären die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gleichfalls erfüllt, sodass ihm auch dann Rente wegen voller
Erwerbsminderung gezahlt werden müsse.
Der Kläger hat den Bescheid der Beigeladenen vom 31.8.2004 über die Bewilligung des Überbrückungsgeldes vom 7.7.2004 bis zum
6.1.2005 beigebracht.
Er hat beantragt,
den Bescheid vom 19.1.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.9.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,
ihm eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen
zu gewähren sowie äußerst hilfsweise weitere Gutachten nach §
106 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) auf gefäßchirurgischem und schmerztherapeutisch-psychiatrischem Gebiet einzuholen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen seien im Fall des Eintritts einer
Erwerbsminderung mit einem Leistungsfall bis zum 14.2.2007 gem. §
43 Abs.
5 SGB VI i.V.m. §
53 Abs.
2 SGB VI erfüllt. Im Hinblick auf die im Verfahren erfolgte medizinische Beweisaufnahme hat sie beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Sie hat erneut bekräftigt, dass die Arbeitslosenhilfe mit Beginn der Zahlung von
Überbrückungsgeld aufgehoben und entsprechend keine Pflichtbeiträge mehr vom 7.7.2004 bis zum Ende des Jahres entrichtet worden
seien. Vielmehr habe der Kläger im Rahmen des Überbrückungsgeldes gem. §
57 Abs.
5 SGB III idF des Jahres 2004 pauschalierte Sozialversicherungsbeiträge erhalten. Dies sei ihm nicht nur im Schreiben vom 10.9.2004,
sondern auch mit Widerspruchsbescheid vom 6.12.2004, den der Kläger mit einer Klage beim Sozialgericht angefochten habe (Az.:
S 3 AL 446/04), erläutert worden. Dem Kläger sei seine sozialversicherungsrechtliche Situation während des Bezugs von Überbrückungsgeld
klar gewesen.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung von Gutachten.
Der Sachverständige Dr. B hat in seinem neurologisch-psychiatrischen Zusatzgutachten aufgrund einer ambulanten Untersuchung
des Klägers am 4.5.2012 eine depressive Stimmung, jetzt remittiert, ein Ulnaris-Rinnensyndrom links und ein Taubheitsgefühl
im Versorgungsbereich des Nervus peroneus superficialis rechts diagnostiziert. In seiner sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung
ist er zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger bei qualitativen Leistungseinschränkungen noch vollschichtig arbeiten könne
und eine Einschränkung der Wegefähigkeit nicht vorliege (Gutachten vom 4.5.2012).
Der Sachverständige Dr. C hat im orthopädischen Hauptgutachten nach Untersuchung des Klägers am 8.11.2011 die Diagnosen "Chronisches
Lendenwirbelsäulensyndrom mit wiederkehrenden Schmerzen und Schmerzausstrahlung ins rechte Bein bei im MRT nachgewiesenen
Verschleißveränderungen im rechten Bein und der Bandscheiben L3/4 und L4/5 sowie eine Bewegungseinschränkung des rechten Sprunggelenks
nach operativ versorgtem Sprunggelenkverrenkungsbruch mit nachfolgender Wundheilungsstörung und Störung der lymphatischen
und venösen Zirkulation im rechten Bein" gestellt. In seiner sozialmedizinischen Beurteilung hat er den Kläger unter Einbeziehung
des neurologisch-psychiatrischen Zusatzgutachtens für in der Lage erachtet, bei Beachtung der qualitativen Leistungseinschränkungen
körperlich leichte Arbeiten vollschichtig zu verrichten. Der Kläger könne viermal arbeitstäglich zu Fuß Wege von mehr als
500 m zurücklegen und öffentliche Verkehrsmittel und einen PKW als Fahrer benutzen. Die Leistungsbeurteilung gelte seit dem
Zeitpunkt des Auftretens der Rückenprobleme im Oktober 2007. Die Beschwerden im Bereich des rechten Sprunggelenkes lägen seit
dem Unfall am 31.12.2006 vor (Gutachten vom 31.5.2012).
Auf die Vorlage einer Vielzahl weiterer medizinischer Unterlagen durch den Kläger und dessen ausführliche kritische Stellungnahme
zu den Gutachten sind die Sachverständigen ergänzend gehört worden. Dr. C hat sich in seiner Stellungnahme vom 9.2.2013 eingehend
mit der Kritik des Klägers auseinandergesetzt, seine sozialmedizinische Beurteilung jedoch nicht revidiert. Auch Dr. B hat
in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 1.5.2013 keine Veranlassung zur Änderung seiner sozialmedizinischen Beurteilung gesehen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 19.11.2013 abgewiesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und insbesondere den Gutachten der
gerichtlichen Sachverständigen stehe für die Kammer fest, dass der Kläger trotz der bei ihm vorliegenden Gesundheitsstörungen
noch in der Lage sei, mindestens sechs Stunden täglich körperlich leichte Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten.
Ausweislich der Feststellungen des Sachverständigen Dr. C leide er an einer Bewegungseinschränkung des rechten Sprunggelenks
nach operativ versorgtem Sprunggelenksverrenkungsbruch mit nachfolgender Wundheilungsstörung und Störung der lymphatischen
und venösen Zirkulation im rechten Bein. Des Weiteren liege bei ihm ein chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom mit wiederkehren
Schmerzen und Schmerzausstrahlung ins rechte Bein bei nachgewiesenen Verschleißveränderungen und Veränderungen der Bandscheiben
L3/4 und L4/5 vor. Auf nervenärztlichem Fachgebiet bestehe nach dem Sachverständigen Dr. B eine depressive Störung, gegenwärtig
remittiert. Dieser habe ausgeführt, dass sich die Diagnose einer wiederkehrenden depressiven Störung oder einer bipolaren
Störung weder aus den Angaben des Klägers zum Krankheitsverlauf noch aus den Berichten des behandelnden Facharztes für Psychiatrie
und Psychotherapie Dr. K zweifelsfrei ableiten lasse. Ebenfalls leide der Kläger nach der Untersuchung an einem sensomotorischen
Ulnaris-Rinnensyndrom links mit Beugeparese des linken Kleinfingers und positivem Froment-Zeichen. Dessen Prognose sei bei
leitlinienkonformer Behandlung gut. Auch bestünden Taubheitsgefühle im inkompletten Versorgungsbereich des Nervus peroneus
rechts mit einer streifigen Hypästhesiezone im lateralen unteren Drittel des rechten Beines, dies jedoch ohne motorische Einbußen.
Ausweislich der Ausführungen des Arztes für Innere Medizin Dr. D bestehe darüber hinaus eine chronisch obstruktive Atemwegserkrankung
bei einer allergischen Disposition mit Sensibilisierung gegenüber Tieren und Schimmelpilzen.
Aufgrund seiner Gesundheitsstörungen sei der Kläger zwar nicht mehr uneingeschränkt leistungsfähig, doch könne er zur Überzeugung
der Kammer noch ohne unmittelbaren Schaden für die Gesundheit und ohne unzumutbare Schmerzen körperlich leichte Tätigkeiten
auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten. Auch bestehe keine relevante Einschränkung der Wegstrecke. Ein Rentenanspruch
ergebe sich auch nicht daraus, dass der Kläger unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden allgemeinen
Arbeitsmarktes keine Tätigkeit finden würde. Bei ihm lägen weder ein nur eine Teilzeit erlaubendes Erwerbsvermögen noch eine
Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, durch die für ihn
der Arbeitsmarkt verschlossen werde.
Den Hilfsantrag, weitere Gutachten nach §
106 SGG auf gefäßchirurgischem und schmerztherapeutisch-psychiatrischem Gebiet einzuholen, lehne die Kammer ab, da weitere Ermittlungen
von Amts wegen nach den eingeholten umfangreichen Sachverständigengutachten mit umfassender Darstellung der Funktionsbeeinträchtigungen
des Klägers nicht erforderlich gewesen seien. Die Sachverständigen hätten die Notwendigkeit von Zusatzgutachten auch nicht
mitgeteilt.
Gegen das ihm am 27.11.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16.12.2013 Berufung eingelegt und sein bisheriges Vorbringen
einschließlich der Einwände gegen die eingeholten Sachverständigengutachten wiederholt und unter Vorlage einer Vielzahl weiterer
medizinischer Unterlagen sowie Fotos vertieft. Das SG habe sich nicht auf die Gutachten von Dr. C und Dr. B stützen dürfen, die Befunde fehlerhaft erhoben und relevante Vorbefunde
in ärztlichen Attesten, Bescheinigungen, Gutachten und Röntgenbilder unberücksichtigt gelassen hätten. Seine volle Erwerbsminderung
seit Anfang 2007 ergebe sich u.a. aus den von Dr. S und Dr. K erstatteten Berichten und einem Gutachten des Ärztlichen Dienstes
der Beigeladenen vom 22.10.2015. Im Übrigen sei er seit dem 31.12.2006 ununterbrochen krankgeschrieben. Seit Juli 2016 werde
bei ihm das BTM-Schmerzmittel "Dronabinol" wegen chronischer Schmerzen angewendet. Seit Juli 2016 bestehe eine Pflegebedürftigkeit
der Pflegestufe I (Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen - MDK - vom 22.8.2016). Diese habe die Pflegekasse
seit Januar 2017 dauerhaft auf den Pflegegrad 3 hochgestuft (Gutachten vom 27.6.2017). Er befürchte, dass die von der Beklagten
im Versicherungsverlauf vom 8.12.2020 berücksichtigten Anwartschaftszeiten grob fehlerhaft seien, da sie nicht mit seinen
Unterlagen übereinstimmten. So fehlten Einträge der Barmer für seine Arbeitsunfähigkeit vom 1.1.2007 bis 31.12.2008, vom 5.1.2009
bis 8.6.2010 und vom 11.2.2011 bis 9.8.2012 mit teilweisem Bezug von Krankengeld. Ab dem 1.9.2012 bis dato sei er ununterbrochen
auf Alg-II-Unterstützung angewiesen und wegen multiplen medizinischen Beschwerden als erwerbsunfähig eingestuft worden. Die
von ihm schriftlich im April 2014 niedergelegten medizinischen Befürchtungen hätten sich leider nahezu in vollem Umfang bestätigt.
Seinen Anspruch auf Durchführung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme habe die Beklagte in den vergangenen 13 Jahren
wiederholt abgelehnt. Infolgedessen hätten auch ambulante Hilfsmaßnahmen durch die Barmer nicht in vollem Umfang durchgeführt
werden können, so dass er zum Opfer eines "Teufelskreises" geworden sei. Mittlerweile leide er neben wie in 2014 angekündigt
"CAEP Grad III" sogar an "Grad IV" und zudem unter "Thrombosebildungszuständen und Thrombosewanderungsgefahr". Zusätzlich
neben seiner Pflegebedürftigkeit 3. Grades sei er seit August 2020 tagtäglich selbst auf die Hilfe des Krankenpflegedienstes
angewiesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.11.2013 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 19.01.2009
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.09.2009 zu verurteilen, ihm eine Rente wegen voller, hilfsweise teilweiser
Erwerbsminderung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren,
hilfsweise die Sachverständigen Prof. Dr. L, Prof. Dr. T und Prof. Dr. F im Verhandlungstermin persönlich zur Frage von Mehrdeutigkeit
in ihren Äußerungen und zu Widersprüchlichkeiten gegeneinander und miteinander zu hören,
hilfsweise das Gutachten von Prof. Dr. L aus einem parallelen Verfahren gegen die Beklagte wegen Schadensersatz (ca. 2020
erstellt) vorlegen zu können, in dem Prof. Dr. L festlegt, dass die Beschwerden im Bein schon 2007 so schlecht waren, dass
keine Rehabilitation helfen könne, um die Erwerbsfähigkeit zu erhalten.
Die Beklagte, die das angefochtene Urteil für zutreffend erachtet und durch die Beweiserhebung im Berufungsverfahren bestätigt
sieht, beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat weiteren Beweis erhoben. Er hat die Beweisanordnung, die das SG Düsseldorf im parallel vom Kläger um die Gewährung
von medizinischen Rehabilitationsleistungen geführten Verfahren (Az: S 44 R 2319/10) erlassen hat sowie das dort nach §
109 SGG von Prof. Dr. L am 2.3.2015 erstattete Gutachten beigezogen. Der Sachverständige ist nach ambulanter Untersuchung zu der
Einschätzung gelangt, der Kläger könne leichte Tätigkeiten überwiegend im Sitzen vollschichtig verrichten und zu Fuß viermal
500 m täglich zurücklegen sowie öffentliche Verkehrsmittel und einen PKW benutzen.
Ebenfalls sind ein Befundbericht des Chirurgen Dr. G vom 7.2.2017 und 22.2.2017 sowie anschließend nach Aktenlage ein chirurgisch-gefäßchirurgisches
Gutachten des Prof. Dr. F vom 18.5.2017/9.8.2017 und ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten des Dr. J vom 18.7.2017 eingeholt
worden. Prof. Dr. F ist in seiner sozialmedizinischen Beurteilung zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger bei Vorliegen von
qualitativen Einschränkungen noch in der Lage sei, leichte bis mittelschwere Arbeiten, insb. Tätigkeiten wie z.B. Sortieren,
Verpacken, Zusammensetzen von Teilen, Empfangen von Besuchern, vollschichtig zu verrichten. Er könne täglich viermal mehr
als 500 m in jeweils weniger als 20 Minuten gehen und öffentliche Verkehrsmittel bzw. einen PKW benutzen. Den Gutachten von
Prof. Dr. L und Dr. C werde zugestimmt. Dr. J hat ausgeführt, dass bis Juli 2009 keine Erkrankung des neurologisch-psychiatrischen
Fachgebiets festgestellt werden könne. Das Gutachten des Dr. B sei unter Würdigung der kompletten Aktenlage in sich schlüssig
und nachvollziehbar. Die einzige Diagnose, die derzeit mit Sicherheit auf psychiatrischem Fachgebiet gestellt werden könne,
sei die einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit überwiegend querulatorischen Zügen. Eine gravierende Einschränkung des
Leistungsvermögens im Erwerbsleben resultiere hieraus jedoch nicht. Ein definitives positives und negatives Leistungsbild
für den jetzigen Zeitpunkt erfordere eine Untersuchung des Klägers.
Die Sachverständigen sind auch im Hinblick auf die vom Kläger vorgelegten MDK-Pflegegutachten vom 23.8.2016 und 27.6.2017
nicht zu einer anderen Auffassung gelangt. Prof. Dr. F hat das Gutachten vom 23.8.2016 zudem im Hinblick auf die Untersuchungsbefunde
von Prof. Dr. L als nicht nachvollziehbar angesehen (ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. F vom 24.9.2017 und ergänzende
Stellungnahme des Dr. J vom 2.11.2017). In einer weiteren Stellungnahme vom 29.11.2017 hat Prof. Dr. F auf Nachfrage des Senats
ergänzt, dass hinsichtlich der Funktion der rechten unteren Extremität bei dem Kläger keine nennenswerten Funktionseinschränkungen
bestünden, wie durch zahlreiche objektive Begutachtungen nachgewiesen sei. Dieser könne Arbeiten auch im Sitzen zu mindestens
51% der Arbeitszeit verrichten und der Wechsel der Körperhaltung im Rahmen der persönlichen Wechselzeiten erfolgen.
Der Senat hat den Kläger mit Schreiben vom 22.12.2017 darauf hingewiesen, dass Erfolgsaussichten für sein Begehren ohne ambulante
Untersuchungen durch die gerichtlichen Sachverständigen nicht bestehen dürften. Es werde um verbindliche Mitteilung gebeten,
ob der Kläger bereit sei, sich ambulant untersuchen und begutachten zu lassen. Nach vielfachen Erinnerungen sowie mehrfachen
Wechseln von Bevollmächtigten hat der Kläger mit Schreiben vom 31.3.2019 mitgeteilt, dass er diese Frage im Hinblick auf seine
schwerwiegenden momentanen Beschwerden keinesfalls im Voraus bindend beantworten könne. Leider müsse er auch zugeben, dass
seine und seines Erachtens voll berechtigte Abneigung zu diesen Formen der Begutachtung sehr belastende und nur erfahrungsbedingte
Gründe aus der Vergangenheit habe. Er befinde sich aktuell weiter bei seinen Ärzten Dres. S und K in Behandlung. In einem
- von ihm beigefügten - Schmerzgutachten des Prof. Dr. T vom 31.7.2018 einschließlich ergänzender Stellungnahme vom 27.11.2018
habe dieser festgestellt, dass eine Wiederherstellung der Funktions- und Leistungsfähigkeit wie vor dem Unfall im Dezember
2006 auch mit einer multimodalen Schmerztherapie sehr unwahrscheinlich sei. Seinem Schreiben fügte der Kläger auch einen Auszug
aus der Patientenkarteikarte des Erstbehandlers Dr. G bei.
Die Beklagte hat das vom Kläger beigebrachte Gutachten von Prof. Dr. T und die Eintragungen in die Patientenkartei von ihrer
beratenden Abteilungsärztin Gabriele Ludwig auswerten lassen. Diese ist zu der Beurteilung gelangt, dass unter Berücksichtigung
auch dieser medizinischen Dokumente ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit qualitativen
Einschränkungen (wie z.B. ohne besonderen Anspruch an Konzentrationsvermögen, überwiegend sitzende Tätigkeit mit der Möglichkeit
von Haltungswechseln) zu bescheinigen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere auch der ärztlichen Gutachten und der vom Kläger
beigebrachten medizinischen Befundunterlagen, wird auf den Inhalt der Streitakten, der Verwaltungsakten der Beklagten und
der Beigeladenen und der beigezogenen Akte S 42 SB 255/08 Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG Düsseldorf hat die Klage mit Urteil vom 19.11.2013 zu Recht
abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente nach dem
SGB VI wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
1. Gemäß §
43 Abs.
2 S. 1 Nr.
1 SGB VI bzw. §
43 Abs.
1 S. 1 Nr.
1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersrente Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung,
wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind, die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung
erfüllen (§
43 Abs.
1 S. 1 Nr.
3, Abs.
2 S. 1 Nr. 3
SGB VI) und in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung
oder Tätigkeit haben (sog. 3/5-Belegung, §
43 Abs.
1 S. 1 Nr.
2, Abs.
2 S. 1 Nr. 2
SGB VI).
Der Kläger erfüllt die allgemeine Wartezeit gem. §
50 Abs.
1 S. 1
SGB VI von fünf Jahren, jedoch weder die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der 3/5-Belegung (hierzu unter a) noch
die medizinischen Voraussetzungen der Erwerbsminderung (hierzu unter b).
a) Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gem. § 43 Abs. 1 S. 1 Nr.
2 bzw. Abs.
2 S. 1 Nr. 2
SGB VI (sog. 3/5-Belegung) liegen ausgehend von dem vom Kläger als Versicherungsfall angesehenen Freizeitunfall am 31.12.2006 nicht
vor (hierzu unter aa). Gleiches gilt für einen etwaig später eingetretenen Versicherungsfall der teilweisen bzw. vollen Erwerbsminderung
(hierzu unter bb).
aa) Die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzung der 3/5-Belegung, die beim Kläger ausgehend von einem Versicherungsfall
am 31.12.2006 erfüllt sein mussten (hierzu unter (1), sind nicht erfüllt (hierzu unter (2).
(1) Das Erfordernis der 3/5-Belegung entfällt nicht aufgrund der Ausnahmevorschriften des §
241 Abs.
2 SGB VI und des §
43 Abs.
5 SGB VI i.V.m. §
53 Abs.
2 SGB VI.
(a) Die Voraussetzungen des §
241 Abs.
2 SGB VI liegen nicht vor, da der Kläger die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren gem. §
50 Abs.
1 S. 1
SGB VI nicht bis zum 1.1.1984 erfüllt hat. Bis zu diesem Zeitpunkt hat der Kläger vielmehr keinerlei Pflichtbeitragsmonate.
(b) Auch die Voraussetzungen der §§
43 Abs.
5,
53 Abs.
2 SGB VI sind nicht gegeben. Nach §
43 Abs.
5 SGB VI ist die sog. 3/5-Belegung nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch
den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist. Nach dem vorliegend allein in Betracht kommenden §
53 Abs.
2 SGB VI ist die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt, wenn Versicherte vor Ablauf von sechs Jahren nach Beendigung einer Ausbildung
voll erwerbsgemindert geworden oder gestorben sind und in den letzten zwei Jahren vorher mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge
für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben. Der Zeitraum von zwei Jahren vor Eintritt der vollen Erwerbsminderung
oder des Todes verlängert sich um Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren
(§
53 Abs.
2 S. 2
SGB VI).
Die Fachschulausbildung des Klägers vom 8.5.2000 bis 14.2.2001 führt - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht zum Vorliegen
der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen gem. §§
43 Abs.
5,
53 Abs.
2 SGB VI für einen bis zum 14.2.2007 eingetretenen Versicherungsfall.
Die Voraussetzungen der genannten Normen liegen bereits deshalb nicht vor, weil die Fachschulausbildung vom 8.5.2000 bis 14.2.2001
keine "Ausbildung" im Sinne des §
53 Abs.
2 SGB VI darstellt. Unter den Begriff der "Ausbildung" im Rahmen der Erfüllung der vorzeitigen Wartezeit fallen entsprechend der Systematik
und nach Sinn und Zweck der Vorschrift nur solche Ausbildungen, die die Arbeitskraft des Versicherten ganz oder überwiegend
in Anspruch nehmen, so dass er an der Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit und infolgedessen
am Erwerb von Pflichtbeitragszeiten gehindert ist. Die Rechtfertigung für eine Begünstigung dieses Personenkreises im Rahmen
der "Wartezeiterfüllung" entfällt hingegen, wenn Pflichtbeitragszeiten, die - typisierend - durch die Regelung des §
53 Abs.
2 SGB VI ersetzt werden sollen, durch die Ausbildung gerade nicht verhindert werden (vgl. BSG Urt. v. 21.6.2000 - B 4 RA 14/99 R - juris Rn. 16 ff., 21; Urt. v. 28.4.1989 - 5 RJ 27/88 - juris Rn. 12; Urt. v. 27.9.1979 - 4 RJ 115/78 - juris Rn. 19 ff.; Fichte in: Hauck/Noftz,
SGB VI 01/08, §
53 Rn. 47; Gürtner in: Kasseler Kommentar, 112. EL 9/2020, §
53 SGB VI Rn. 21; Kreikebohm in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, 6. Aufl. 2019, §
53 SGB VI Rn. 9; Verbandskommentar zum Recht der Gesetzlichen Rentenversicherung 34. Erg.liefg. 2001, §
53 SGB VI Rn. 12; aA Heidemann in: jurisPK-
SGB VI, §
53 Rn. 56). Letzteres war beim Kläger der Fall. Denn er hat während der Dauer der o.g. Fortbildung Pflichtbeitragszeiten erworben,
wie sich aus der Speicherung im Versicherungsverlauf vom 8.12.2020 ergibt. Fällt der Versicherte aber - wie hier - schon durch
den Erwerb von Pflichtbeitragszeiten unter den Schutz der gesetzlichen Rentenversicherung, besteht Veranlassung für die Gewährung
eines erweiterten Schutzes über eine fiktive Gleichstellung nicht.
Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Kläger im Übrigen auch nicht die weitere Voraussetzung des §
53 Abs.
2 S. 1
SGB VI erfüllt, wonach er in den letzten zwei Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens ein Jahr Pflichtbeiträge für eine
versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben muss. So sind die Jahre 2005 und 2006 aufgrund der 2004 aufgenommenen selbstständigen
Tätigkeit des Klägers (überhaupt) nicht mit Beitragszeiten belegt.
(2) In dem danach bezogen auf einen Versicherungsfall vom 31.12.2006 maßgeblichen Fünf-Jahres-Zeitraum vom 31.12.2001 bis
30.12.2006 hat der Kläger keine 36 Monate, sondern nur 32 Monate mit Pflichtbeiträgen. Dabei ist ausweislich des Versicherungsverlaufs
vom 8.12.2020 der Juli 2004 der letzte mit einem Pflichtbeitrag belegte Monat. Mithin fehlen für die 3/5-Belegung vier Monate
mit Pflichtbeiträgen. Eine Verlängerung des Fünf-Jahres-Zeitraums gem. §
43 Abs.
4 SGB VI um mindestens vier Monate ist nicht gegeben (hierzu unter (a). Weitere Pflichtbeitragszeiten liegen nicht vor (hierzu unter
(b) und können auch nicht mehr auf der Grundlage eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs wirksam gezahlt werden (hierzu
unter (c).
(a) Es liegen keine Verlängerungstatbestände gem. §
43 Abs.
4 SGB VI vor, mit denen der Fünf-Jahres-Zeitraum entscheidend verlängert werden könnte.
(aa) Anrechnungszeiten gem. §
58 SGB VI als Verlängerungstatbestände gem. §
43 Abs.
4 Nr.
1 SGB VI sind nicht gegeben. Dies gilt auch für das von der Beigeladenen für den Zeitraum vom 8.7.2004 bis 6.1.2005 für die Aufnahme
der selbstständigen Tätigkeit bewilligte Überbrückungsgeld. Gem. §
58 Abs.
4 SGB VI liegen Anrechnungszeiten bei Beziehern von Arbeitslosengeld oder Übergangsgeld u.a. nicht vor, wenn die Bundesagentur für
Arbeit (BA) Beiträge an diese selbst gezahlt hat. Derartige Beiträge waren als pauschalierte Sozialversicherungsbeiträge in
dem an den Kläger nach §
57 Abs.
5 SGB III in den Fassungen vom 23.4.2004 und 19.11.2004 gezahlten Überbrückungsgeld enthalten. Dies ergibt sich aus dem Bescheid der
Beigeladenen vom 31.8.2004 in Verbindung mit dem dortigen Erläuterungsschreiben vom 19.9.2014 und entspricht dem (damaligen)
Gesetzeswortlaut.
(bb) Kinderberücksichtigungszeiten gem. §
57 SGB VI für die am 00.00.1994 geborene Tochter A könnten - unabhängig von weiteren Voraussetzungen - als Verlängerungstatbestand
gem. §
43 Abs.
4 Nr.
2 SGB VI nur bis zur Vollendung deren 10. Lebensjahres am 21.7.2004, 24 Uhr, vorliegen, sodass eine Verlängerung des 5-Jahres-Zeitraumes
nur um 15 Tage vom 6. bis 21.7.2004 in Betracht käme. Ersichtlich kann hierdurch eine ausreichende Verlängerung des Fünf-Jahres-Zeitraums
von vier Monaten nicht begründet werden.
(b) Weitere Pflichtbeitragszeiten als diejenigen, die im Versicherungsverlauf vom 8.12.2020 gespeichert sind, liegen nicht
vor.
(aa) Über den 6.7.2004 hinaus sind - entgegen der ursprünglichen Behauptung des Klägers - keine Pflichtbeiträge wegen des
Bezugs von Arbeitslosenhilfe gezahlt worden (vgl. Versicherungsverlauf vom 8.12.2020). Dies hat der Kläger mit Schriftsatz
vom 25.2.2011 auf das entsprechende Vorbringen der Beigeladenen im Schriftsatz vom 18.1.2011 hin letztlich auch eingeräumt.
(bb) Auch die Zahlung des Überbrückungsgeldes durch die Beigeladene an den Kläger vom 7.7.2004 bis 6.1.2005 begründet keine
Pflichtbeitragszeiten. Wie bereits ausgeführt sind gem. §
57 Abs.
5 SGB III idF vom 23.4.2004 und 19.11.2004 von der Beigeladenen pauschalierte Sozialversicherungsbeiträge an den Kläger selbst gezahlt,
nicht hingegen Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung an die Beklagte entrichtet worden. Durch die Gewährung
von Überbrückungsgeld ist eine Versicherungspflicht des Klägers als Selbstständiger gem. §
2 SGB VI in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht begründet worden (vgl. Fichte in: Hauck/Noftz,
SGB VI, 12/15, §
2 Rn. 26). Mit dem bestandskräftig gewordenen Bescheid vom 4.2.2005 hat die Beklagte zudem bindend festgestellt, dass der Kläger
ab dem 7.7.2004 nicht der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung als Selbstständiger gem. §
2 S. 1 Nr. 9
SGB VI unterlag.
(cc) Der Kläger hat auch keine Pflichtbeiträge im Rahmen einer Antragspflichtversicherung gem. §
4 Abs.
2 SGB VI, die für ihn als Selbstständigem in Betracht kam, gezahlt, einen entsprechenden Antrag ja auch nicht gestellt. Eine solche
Versicherungspflicht nach §
4 Abs.
2 SGB VI konnte bzw. kann mit einer Antragstellung nach dem 31.12.2006, dem vom Kläger behaupteten Eintritt des Versicherungsfalls,
nicht mehr herbeigeführt werden. Die Versicherungspflicht beginnt gem. §
4 Abs.
4 S. 1 Nr.
1 SGB VI erst mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt, frühestens jedoch mit dem Tag, an dem die Voraussetzungen eingetreten
sind. Eine Rückwirkung auf die Zeit vor einer Antragstellung ist damit ausgeschlossen.
(c) Die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs, auf den sich der Kläger beruft, liegen nicht vor. Die
Zahlung von Pflichtbeiträgen im Rahmen einer allein in Betracht kommenden Antragspflichtversicherung als selbstständig Tätiger
gem. §
4 Abs.
2 SGB VI kann daher nicht erfolgen.
Der von der Rechtsprechung entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist auf die Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung
des Zustandes gerichtet, der bestehen würde, wenn der Versicherungsträger die ihm aufgrund eines Gesetzes oder eines konkreten
Sozialversicherungsverhältnisses den Versicherten gegenüber erwachsenen Haupt- oder Nebenpflichten, insbesondere zur Auskunft
und Beratung, ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (st. Rspr., vgl. z.B. BSG Urt. v. 16.5.2019 - B 13 R 37/17 R - juris Rn. 35 m.w.N., Urt. v. 22.3.2018 - B 5 RE 1/17 R - juris Rn. 36 m.w.N.). Voraussetzung hierfür ist u.a. eine der
Beklagten zurechenbare Verletzung einer ihr aufgrund Gesetzes oder Sozialversicherungsverhältnisses obliegenden Pflicht und
ein hierdurch begründeter Schaden. Insbesondere kommt die Verletzung von Auskunfts- und Beratungspflichten nach §§
14 und
15 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB I) in Betracht. §
14 SGB I normiert den Anspruch jeder Person auf Beratung über ihre Rechte und Pflichten nach diesem Gesetzbuch. In der Regel wird
die Beratungspflicht durch ein entsprechendes Begehren ausgelöst. Aber auch wenn ein Beratungsbegehren nicht vorliegt, ist
der Versicherungsträger gehalten, die Versicherten bei Vorliegen eines konkreten Anlasses auf klar zutage tretende Gestaltungsmöglichkeiten
hinzuweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und die von jedem verständigen Versicherten mutmaßlich genutzt
werden (vgl. BSG Urt. v. 16.5.2019 - B 13 R 37/17 R - juris Rn. 36 m.w.N.). Weder hat jedoch die Beklagte (dazu unter (aa) noch die Beigeladene (dazu unter (bb) eine Beratungspflicht
verletzt. Im Übrigen fehlt es bei unterstellter Pflichtverletzung auch an einem kausal dadurch verursachten Schaden (hierzu
unter (cc).
(aa) Die Beklagte ist der vom Kläger mit Schreiben vom 8.2.2005 erbetenen Aufklärung über die Möglichkeiten zur Aufrechterhaltung
seines Versicherungsschutzes, insbesondere der "freiwilligen Fortsetzung des Versicherungsschutzes im Falle vorzeitiger Berufsunfähigkeit"
mit Schreiben vom 24.2.2005 nachgekommen. Zutreffend hat sie darauf hingewiesen, dass eine Anwartschaft auf eine Rente wegen
Erwerbsminderung nicht durch freiwillige Beiträge aufrechterhalten werden könne, da die Voraussetzungen des §
241 Abs.
2 SGB VI nicht vorlägen. Der Kläger habe die allgemeine Wartezeit von 60 Monaten nicht vor dem 1.1.1984 erfüllt. Auf den weiteren
Hinweis der Beklagten, Versicherungsschutz für eine Rente wegen Erwerbsminderung könne nur durch die Zahlung von Pflichtbeiträgen
aufrechterhalten werden und für ihn als Selbstständiger komme die Antragspflichtversicherung für Selbstständige in Betracht,
hat der Kläger nicht reagiert. Insbesondere hat er den genannten Antrag auf Versicherungspflicht gem. §
4 Abs.
2 SGB VI nicht gestellt.
Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang behauptet, seine Anfragen bei der Beklagten bezüglich der Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes
seien unbeantwortet geblieben, ist dies im Hinblick auf das genannte Schreiben der Beklagten vom 24.2.2005 ersichtlich unzutreffend.
Der Kläger hat das Schreiben offensichtlich auch erhalten. Dies ist aus dem Umstand zu schließen, dass er in seinem Schreiben
vom 8.2.2005 ausdrücklich angekündigt hat, er werde "die Angelegenheit auf dem gerichtlichen Wege regeln", sollte die Beklagte
seiner Anfrage nicht nachkommen. Der Kläger, der in seinen Angelegenheiten umfassend und nachdrücklich gerichtlichen Rechtsschutz
in Anspruch nahm und nimmt, hat seine Ankündigung vom 8.2.2005 jedoch nicht umgesetzt und auch keine weitere Erinnerung an
die Beklagte gesendet. Anhaltspunkte dafür, dass er das Antwortschreiben der Beklagten vom 24.2.2005 nicht erhalten haben
könnte, sind auch im Übrigen nicht ersichtlich, da es an die richtige Adresse gerichtet war und kein Rückbrief bei der Beklagten
eingegangen ist. Da der Kläger keine "Regelung auf gerichtlichem Wege" vorgenommen hat, ist nicht nur davon auszugehen, dass
er das Schreiben erhalten hat, sondern auch, dass sein Auskunftsbegehren mit diesem erschöpfend erledigt worden ist.
Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass ein Beratungsmangel aber auch dann nicht vorliegt, wenn dem Kläger das Schreiben
der Beklagten vom 24.2.2005 tatsächlich nicht zugegangen wäre. In diesem Fall hätte er selbst innerhalb angemessener Frist
nachfragen müssen, wo die Antwort auf sein Auskunftsbegehren bleibe. Da er dies nicht getan hat, ist ein sozialrechtlicher
Herstellungsanspruch nicht gegeben (vgl. BSG Urt. v. 10.12.2013 - B 13 R 91/11 R - juris Rn. 34).
(bb) Die Beigeladene hat ebenfalls keine Beratungspflichten verletzt. Soweit der Kläger geltend macht, diese habe ihn aufklären
müssen, dass das Überbrückungsgeld nicht mit der Zahlung von Pflichtbeiträgen zur Rentenversicherung verbunden sei, liegt
die behauptete Verletzung einer Beratungspflicht schon nicht vor. Die Beigeladene hat den Kläger mit Schreiben vom 10.9.2004
ausdrücklich über die Zusammensetzung des Überbrückungsgeldes informiert. Ihm war damit bekannt, dass in dem ihm gezahlten
Überbrückungsgeld pauschalierte Sozialversicherungsbeiträge enthalten waren, dass also er diese erhielt und damit nicht die
Beklagte. Zudem hat die Beklagte in ihren Hinweisen vom 24.2.2005 Bezug auf die dem Kläger erteilte Rentenauskunft vom 12.8.2004
genommen, die lediglich Pflichtbeitragszeiten bis Juli 2004 ausweist. Auch danach war für den Kläger ersichtlich, dass nur
bis dahin, nicht aber auch für die Zeit des Bezugs von Überbrückungsgeld, Pflichtbeitragszeiten vorliegen.
Die Behauptung des Klägers vom 20.6.2011, er habe "erst jetzt" erfahren, dass während der Zeit der Zahlung von Überbrückungsgeld
keine Beiträge an den Rentenversicherungsträger gezahlt worden seien, ist daher unwahr. Dies gilt umso mehr als der Kläger
in seinem Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung vom 21.11.2008 selbst angegeben hat, in dem Zeitraum ab
dem "07.07.2004 - laufend" seien wegen seiner selbstständigen Tätigkeit als Programmierer keine Beiträge zur gesetzlichen
Rentenversicherung gezahlt worden. Bereits mit seinem Schreiben an die Beklagte vom 13.12.2008 hat der Kläger zudem auf den
Versicherungsverlauf vom 12.8.2004, der Pflichtbeitragszeiten während der Zahlung des Überbrückungsgeldes nicht enthielt,
Bezug genommen und hier mitgeteilt, diesen auf seine Richtigkeit hin überprüft zu haben. Unrichtigkeiten hat er nicht geltend
gemacht. Schließlich ergab sich die fehlende Pflichtbeitragszeit ab Juli 2004 für den Kläger auch daraus, dass die Beklagte
(s)eine etwaige Versicherungspflicht als Selbstständiger ab Juli 2004 geprüft und mit abschließendem Bescheid vom 4.2.2005
verneint hat.
(cc) Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch selbst bei unterstellter Pflichtverletzung
nicht besteht, da für diesen als weitere Voraussetzung (auch) ein Kausalzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem
Schadenseintritt erforderlich ist (st. Rspr, vgl. z.B. BSG Urt. v. 22.3.2018 - B 5 RE 1/17 R - juris Rn. 36 m.w.N.). An einem solchen Zusammenhang fehlt es, weil eine etwaig unterbliebene
oder fehlerhafte Beratung nicht kausal für den Verlust dieses Versicherungsschutzes wäre. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten
stets zu erkennen gegeben, dass er nur an der Zahlung freiwilliger Beiträge zur Rentenversicherung interessiert war, nicht
jedoch an einer Pflichtversicherung mit Pflichtbeiträgen, also nicht an der Fortführung seines Versicherungsschutzes "um jeden
Preis". Eine Bereitschaft zur Zahlung von Pflichtbeiträgen hat der Kläger trotz der Information über die Notwendigkeit solcher
Beiträge durch die Beklagte nie erklärt.
bb) Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Sinne der sog. 3/5-Belegung sind auch dann nicht gegeben, wenn der Versicherungsfall
der vollen oder teilweisen Erwerbsminderung nach dem 31.12.2006 eingetreten wäre, da das Erfordernis von drei Jahren Pflichtbeiträgen
vom Kläger (auch) zu keinem späteren Zeitpunkt mehr erfüllt wird. Vielmehr sind in seinem Versicherungskonto lediglich 2 Monate
mit Pflichtbeiträgen für die Zeit vom 8.9. bis 17.10.2008 gespeichert (Versicherungsverlauf vom 8.12.2020). Weitere Pflichtbeitragszeiten
liegen nicht vor.
(1) (Allein) das Vorliegen von Arbeitsunfähigkeit begründet keine Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung
und damit nicht die Pflicht zur Zahlung von Beiträgen. Zeiten der Arbeitsunfähigkeit können vielmehr lediglich als Anrechnungszeiten
gem. §
58 Abs.
1 Nr.
1, Abs.
2 und
3 SGB VI zu berücksichtigen sein.
(2) Auch die vom Kläger unter Vorlage von Bescheiden der Barmer Ersatzkasse (Barmer) angegebene Zahlung von Krankengeld in
den Zeiträumen vom 3.3.2008 bis 31.5.2008, vom 19.1.2009 bis 8.6.2010 und vom 11.2.2011 bis 9.8.2012 führt nicht zu seiner
Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und damit nicht zur Beitragspflicht. Solche Beiträge hat die Barmer
(dementsprechend) nicht gezahlt, wie sich aus deren Bescheid vom 23.12.2009 für den Zeitraum vom 19.1.2009 bis 8.6.2010 ergibt.
Danach sind - zu Recht - allein Beiträge zur Pflegeversicherung, nicht aber zur Rentenversicherung geleistet worden. Nach
§
3 S. 1 Nr. 3
SGB VI in der vom 18.12.2007 bis 31.12.2012 geltenden Fassung sind Personen in der Zeit versicherungspflichtig, für die sie von
einem Leistungsträger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld oder Arbeitslosengeld beziehen, wenn
sie im letzten Jahr vor Beginn der Leistung zuletzt versicherungspflichtig waren. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind
nicht erfüllt. Der Kläger hat zwar in den drei vorgenannten Zeiträumen Krankengeld erhalten, war allerdings bezogen auf diese
Zeiträume im letzten Jahr vor Bezug der Leistungen nicht zuletzt versicherungspflichtig. So unterlag er aufgrund seiner vorangegangenen
selbstständigen Erwerbstätigkeit nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung gem. §§
2,
4 Abs.
2 SGB VI. Die in §
3 S. 1 Nr.
3 SGB VI angeordnete Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung wegen des Bezugs von Entgeltersatzleistungen findet
ihren Grund darin, dass diese Leistungen ausfallendes Arbeitsentgelt bzw. Arbeitseinkommen ersetzen. Dementsprechend sollen
beim Bezug dieser Entgeltersatzleistungen auch die Risiken des Alters und der Erwerbsminderung in der gesetzlichen Rentenversicherung
abgesichert sein. Die Versicherungspflicht der Lohnersatzleistung ist damit akzessorisch verbunden mit der Versicherungspflicht
der vorangehenden Erwerbstätigkeit; sie stellt sich als eine Ergänzung der Versicherungspflicht nach den §§
1,
2 und
4 Abs.
2 SGB VI dar (vgl. BSG Urt. v. 15.12.2016 - B 5 RE 2/16 R - juris Rn. 24 m.w.N.). In einem solchen Fall, in dem die eigentliche Erwerbstätigkeit
wie vorliegend keine Versicherungspflicht begründet, kann der infolge der Arbeitsunfähigkeit entstehende Anspruch auf Krankengeld
als Lohnersatzleistung keinen weitergehenden rentenversicherungsrechtlichen Schutz vermitteln (vgl. zum Verletztengeld: BSG Urt. v. 15.12.2016 - B 5 RE 2/16 R - juris Rn. 22).
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 4.2.2005 hat die Beklagte zudem festgestellt, dass der Kläger in seiner seit dem 7.7.2004
ausgeübten selbstständigen Tätigkeit auch nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung gem. §
2 S. 1 Nr.
9 SGB VI unterliegt. Eine Antragspflichtversicherung gem. §
4 Abs.
2 SGB VI bestand trotz der entsprechenden Hinweise der Beklagten in ihrem Schreiben vom 24.2.2005 mangels Antragstellung des Klägers
ebenfalls nicht.
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der Kläger darüber hinaus in Bezug auf keinen der vorgenannten drei Zeiträumen im
letzten Jahr vor Beginn des jeweiligen Leistungsbezugs "zuletzt" versicherungspflichtig war, weil den jeweiligen Bezugszeiträumen
jeweils unmittelbar Zeiten der Versicherungsfreiheit entweder - wie dargelegt - wegen Selbstständigkeit oder wegen Arbeitsunfähigkeit
vorausgegangen sind (vgl. LSG Hamburg Urt. v. 30.7.2019 - L 3 R 38/18 - juris Rn. 26 ff, Revision anhängig beim BSG unter B 5 RE 7/19 R). Dass Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung "zuletzt" vorgelegen hat, ist nur
dann anzunehmen, wenn im letzten Jahr vor Beginn der Entgeltersatzleistung ein Pflichtbeitrag liegt und dieser den versicherungsrechtlichen
Status des Leistungsbeziehers bis zum Beginn der Entgeltersatzleistung bestimmt (vgl. Fichte in: Hauck/Noftz, SGB, 11/15,
§
3 SGB VI Rn. 79). Entfällt zwar ein Pflichtbeitrag auf den Jahreszeitraum vor Beginn der Entgeltersatzleistung, war der Leistungsbezieher
jedoch danach versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder hat er zuletzt freiwillige Beiträge gezahlt, so
kommt nur eine - hier nicht vorliegende - Versicherungspflicht auf Antrag nach §
4 Abs.
3 S. 1 Nr.
1 SGB VI in Betracht (vgl. Fichte a.a.O. m.w.N.).
(3) Aufgrund des Bezuges von Arbeitslosengeld II ab dem 1.9.2012 sind ebenfalls keine Zahlungen von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen
Rentenversicherung erfolgt. Seit 2011 führt der Bezug dieser Sozialleistung nicht mehr zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen
Rentenversicherung, sondern kann nur noch Anrechnungszeiten gem. §
58 Abs.
1 S. 1 Nr.
6 SGB VI idF ab dem 1.1.2011 begründen (vgl. hierzu auch den Hinweis im Bescheid des Jobcenters Düsseldorf vom 12.2.2021). Dementsprechend
enthalten die Bescheide des Jobcenters (vgl. z.B. Bescheid vom 1.3.2013) lediglich Hinweise dazu, dass der Kläger aufgrund
des Bezugs von Arbeitslosengeld II in der Kranken- und Pflegeversicherung pflichtversichert war. Im Bescheid vom 5.10.2016
wird ausdrücklich aufgeführt, dass der Krankengeldbezug an den Rentenversicherungsträger gemeldet werde, der dann prüfe, ob
eine "Anrechnungszeit" berücksichtigt werden könne.
b) Auch das Vorliegen einer vollen oder teilweisen Erwerbsminderung konnte weder am 31.12.2006 noch zu einem späteren Zeitpunkt
zur Überzeugung des Senats festgestellt werden.
Gem. §
43 Abs.
2 S. 2
SGB VI sind Versicherte voll erwerbsgemindert, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter
den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Teilweise erwerbsgemindert
sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen
des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§
43 Abs.
1 S. 2
SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden
täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§
43 Abs.
3 SGB VI).
Diese Voraussetzungen einer Erwerbsminderung liegen beim Kläger nicht vor. Sämtliche Sachverständige, die ihn in den sozialgerichtlichen
Verfahren gegen die Beklagte ambulant untersucht haben, haben ein hinreichendes Leistungsvermögen attestiert. Dies sind zunächst
die erstinstanzlich von Amts wegen gehörten Sachverständigen Dr. B und Dr. C, die auch nach den Einwendungen des Klägers bei
ihren sozialmedizinischen Beurteilungen geblieben sind. Danach waren dem Kläger noch zumindest körperlich leichte Tätigkeiten
in wechselnder Körperhaltung vollschichtig bei bestehender Wegefähigkeit möglich. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf
die zutreffende Begründung des angefochtenen Urteils des SG verwiesen, der sich der Senat vollinhaltlich anschließt (§
153 Abs.
2 SGG).
Darüber hinaus hat auch der auf Antrag des Klägers nach §
109 SGG im (Reha-)Streitverfahren S 44 R 2319/10 vom SG Düsseldorf gehörte Sachverständige Prof. Dr. L in seinem Gutachten vom 2.3.2015 den Kläger unter Berücksichtigung
seiner Fachgebiete für in der Lage erachtet, vollschichtig eine leichte körperliche Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung
und überwiegend im Sitzen auszuüben. Ortsübliche Wegstrecken könnten ggf. mit Hilfsmitteln zurückgelegt werden, öffentliche
Verkehrsmittel und ein Kraftfahrzeug, dieses bis zu 2 Stunden täglich, benutzt werden.
Die vorgenannten Leistungsbeurteilungen sind schließlich im Berufungsverfahren von den von Amts wegen gehörten Sachverständigen
Prof. Dr. F und Dr. J in ihren Gutachten und ergänzenden Stellungnahmen unter Einbeziehung der vom Kläger eingereichten Unterlagen
nach Aktenlage bestätigt worden. Zu einer erneuten ambulanten Untersuchung hat sich der Kläger trotz Hinweises des Senats
auf die Rechtslage bereits im Dezember 2017 und nach folgender vielfacher Erinnerung nicht bindend entschließen können.
Soweit der Kläger sein Rentenbegehren insbesondere auf die Atteste und Gutachten der ihn behandelnden Ärzte Dr. S und Dr.
K, das im Auftrag der Beigeladenen erstellte Gutachten des Dr. N vom 30.4.2015 und die MDK-Gutachten zur Pflegebedürftigkeit
stützt, vermag dies nicht zu einem anderen Ergebnis zu führen. Die im Verlauf des Verfahrens stetig wiederholten Einschätzungen
der Dres. S und K sind hinsichtlich der von diesen Ärzten mitgeteilten Befunde von allen gerichtlich beauftragten Gutachtern
differenziert und kritisch gewürdigt worden. Ihren Bewertungen vermochte sich keiner der Sachverständigen anzuschließen. Dem
Gutachten des Dr. N sind - im Gegensatz zu den umfangreichen Untersuchungen der Dres. C, B und L - kaum eigene ärztliche Befunde
zu entnehmen. Im Übrigen kann die von Dr. N geäußerte Einschätzung auch deshalb nicht zugunsten des Klägers herangezogen werden,
weil sie auch auf der - im gerichtlichen Verfahren gerade nicht bestätigten - Diagnose einer bipolaren Störung beruht. Schließlich
haben sowohl dieses Gutachten als auch die Gutachten zur Pflegebedürftigkeit den Sachverständigen Prof. Dr. F und Dr. J vorgelegen.
Ob die Feststellung der Pflegestufe bzw. des Pflegegrades in den Pflegegutachten, die nicht von einem Arzt, sondern von einer
Pflegefachkraft erstattet worden sind, zurecht erfolgt ist oder ob die von den Sachverständigen Prof. Dr. F und Dr. J hieran
geäußerten Bedenken zutreffen, kann im vorliegenden Verfahren dahinstehen.
Das zuletzt vom Kläger aus einem von ihm geführten zivilgerichtlichen Verfahren beigebrachte Gutachten nach Aktenlage von
Prof. Dr. T vom 31.7.2018 nebst ergänzender Stellungnahme vom 27.11.2018 rechtfertigt ebenfalls keine abweichende Beurteilung.
Der Senat folgt insoweit der von ihm für zutreffend erachteten Auffassung der beratenden Abteilungsärztin der Beklagten. So
hat Prof. Dr. T, dessen Beurteilung im Übrigen allein auf zivilgerichtliche Fragestellungen beschränkt ist, noch nicht einmal
eine "Berufsunfähigkeit im Sinne der Versicherungsbedingungen" bezogen auf die Tätigkeit des Klägers als "IT-Consultant im
Oracle-Umfeld, E-Business, Datawarehouse" mit überwiegend Programmiertätigkeiten attestieren können. Eine Aussage zur Einschränkung
der Leistungsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist (erst recht) nicht erfolgt.
2. Die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit scheidet bereits deshalb aus, weil der
Kläger am 00.12.1966 und damit nicht vor dem 2.1.1961 geboren ist (§
240 Abs.
1 Nr.
1 SGB VI).
3. Den vom Kläger hilfsweise gestellten Anträgen ist nicht zu entsprechen, weil es auf die weitere medizinische Tatsachenfeststellung
zur Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt (vgl. z.B. B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl. 2020, §
103 Rn. 8). Eine solche Beweiserhebung zu den medizinischen Tatsachen kann dem Rentenbegehren des Klägers bereits mangels Vorliegens
der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht zum Erfolg verhelfen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§
183,
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.