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LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25.11.2015 - 8 R 273/12
Sozialversicherungspflicht einer in einer GmbH mitarbeitenden atypisch stillen Gesellschafterin (hier: Leiterin des Controllings und Ehefrau des mit 50,1% am Stammkapital der GmbH beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers) Zuordnung der Tätigkeit hier zum rechtlichen Typus der Beschäftigung Bejahung einer vollständigen Eingliederung der Betroffenen in einen fremden Betrieb und Annahme einer Weisungsgebundenheit im Sinne einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess Keine Anerkennung einer "Schönwetter-Selbständigkeit" Erhalt von gewinnabhängigen Tantiemenzahlungen als nicht gewichtiges Indiz für Selbstständigkeit Nur partielle Sperrminorität der Betroffenen
1. Die Regelung im Beschäftigungsvertrag, dass die Betroffene grundsätzlich frei von Weisungen tätig wird und in der Bestimmung ihres Arbeitsortes wie ihrer Arbeitszeit frei ist, steht der Annahme einer Beschäftigung nicht entgegen, wenn bei näherer Betrachtung der Gesamtheit der vertraglichen Regelungen diese Freiheiten nur vordergründig bestehen: Ist die Betroffene laut Beschäftigungsvertrag gegenüber der Gesellschaft für eine funktionierende Organisation der Buchhaltung, der Rechnungsstellung und des internen Controllings verantwortlich, eröffnen Mängel in diesen Bereichen dem Unternehmen damit sofort das Recht zur Erteilung von Weisungen. Soweit eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung durch die Betroffene eine Tätigkeit zu einer bestimmten Zeit und/oder an einem bestimmten Ort erfordert, besteht damit die Rechtsmacht für das Unternehmen, auch hierzu Weisungen zu erteilen. Soweit die Betroffene nach Beschäftigungsvertrag eine vorübergehende Arbeitsverhinderung und ihre voraussichtliche Dauer dem Unternehmen unverzüglich mitzuteilen und bei einer länger dauernden Arbeitsverhinderung für eine Vertretung zu sorgen hat, ergibt sich im Umkehrschluss ihre Verpflichtung, ihre Arbeitsleistung für die Klägerin kontinuierlich zu erbringen.
2. Bringen die Beteiligten im Beschäftigungsvertrag ihren Willen zum Ausdruck, dass die Betroffene aufgrund der Bestimmungen des "Vertrages über die Errichtung einer atypisch stillen Gesellschaft" und der Bestimmungen des "Beschäftigungsvertrages" als Mitunternehmerin und nicht als weisungsgebundene Arbeitnehmerin der Gesellschaft anzusehen, und die GmbH daher nicht verpflichtet sei, Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge für sie zu entrichten, enthält diese Vertragsbestimmung damit lediglich die von den vertragschließenden Parteien angenommene Rechtsfolge ihrer (unzutreffenden) Beurteilung des Status der Betroffenen. Eigenständiger Indizwert für die Gesamtabwägung kommt ihr aufgrund dessen nur sehr eingeschränkt zu.
3. Eine "Schönwetter-Selbständigkeit", die sich ausschließlich daraus ableitet, dass dem Betroffenen in harmonischen Zeiten freie Hand gelassen wird, während im Fall eines Zerwürfnisses dessen Weisungsunterworfenheit zum Tragen käme, ist nicht anzuerkennen.
4. Vor dem Hintergrund, dass die Gewährung einer Tantieme an Arbeitnehmer nicht ungewöhnlich ist, ist deren Gewicht für die Abgrenzung der Beschäftigung gegenüber einer selbständigen Tätigkeit nicht wesentlich.
Normenkette:
SGB IV § 7a Abs. 1 S. 1-2
,
SGB VI § 1 S. 1 Nr. 1
,
SGB V § 5 Abs. 1 Nr. 1
,
SGB XI § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
,
SGB III § 25 Abs. 1 S. 1
,
SGB IV § 7 Abs. 1
Vorinstanzen: SG Köln 31.01.2012 S 5 R 1642/10
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 31.01.2012 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind im gesamten Rechtsstreit nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

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