Sozialversicherungspflicht als Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH
Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit
Rechtsmacht zum Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft
Bindung an die Weisungen der Gesellschafterversammlung
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens nach §
7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (
SGB IV) darüber, ob der Kläger in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 2) in der Zeit vom 1.2.1998 bis zum 13.4.2015 als Gesellschafter-Geschäftsführer
der Versicherungspflicht in den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung unterlag.
Die Beigeladene zu 2) wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 21.10.1997 und am 16.12.1997 erfolgter Eintragung in das Handelsregister
(zunächst Amtsgericht [AG] W, HRB 000; nunmehr AG N HRB 001) mit dem Unternehmensgegenstand Metallbau, Schlossereibetrieb sowie Haus- und Industrieinstandhaltungen gegründet. Als
einzelvertretungsberechtigte und von den Beschränkungen des §
181 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) befreite Geschäftsführer wurden der Kläger sowie Herr X T bestellt. Im Rahmen des Gesellschaftsvertrages vom 21.10.1997
(GesV) wurde u.a. folgendes vereinbart:
"[ ...] § 4 Stammkapital, Stammeinlagen 1. Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt DM 100.000,00. 2. Auf dieses Stammkapital
übernehmen a) Herr N, Metallbaumeister in W, eine Stammeinlage im Nennwert von DM 25.000,00, b) Herr X T, Maschinenschlosser
in W, eine Stammeinlage im Nennbetrag von DM 25.000,00, c) Herr G, Kaufmann in W, eine Stammeinlage im Nennbetrag von DM 25.000,00,
d) Herr T1, Kaufmann in L, eine Stammeinlage im Nennbetrag von DM 25.000,00. 3. [ ...] ...
§ 5 Geschäftsführung, Vertretung 1. Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer. Ist nur ein Geschäftsführer vorhanden,
vertritt dieser die Gesellschaft alleine. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, so wird die Gesellschaft durch zwei Geschäftsführer
gemeinschaftlich oder durch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten. 2. Durch Beschluss der
Gesellschafterversammlung kann einzelnen oder allen von ihnen die Befugnis erteilt werden, die Gesellschaft allein zu vertreten.
3. Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung kann ferner ein jeder der Geschäftsführer von den Beschränkungen des §
181 BGB befreit werden. 4. Die Gesellschafter können für die Geschäftsführung eine Geschäftsordnung beschließen. Darin kann insbesondere
bestimmt werden, für welche Geschäfte die Geschäftsführung der vorherigen Zustimmung der Gesellschaft bedarf.
§ 6 Gesellschafterversammlung [ ...]
§ 7 Gesellschafterbeschlüsse 1. Die Gesellschafterbeschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst,
soweit nicht das Gesetz oder dieser Vertrag eine andere Mehrheit vorschreibt. 2. Abgestimmt wird nach Geschäftsanteilen. Je
DM 100,00 eines Geschäftsanteiles gewähren eine Stimme. 3. [ ...]"
Auf den Inhalt des GesV im Übrigen wird Bezug genommen. Der GesV wurde im Streitzeitraum zweimal geändert. Im Rahmen der ersten
Änderung vom 15.11.2001 wurden maßgeblich die §§ 4, 7 des GesV neu gefasst. Das Stammkapital betrug sodann 100.000,00 Euro.
Je 50,00 Euro gewährten nach § 7 Abs. 2 Satz 2 GesV eine Stimme.
Am 15.12.1997 schlossen die Beigeladene zu 2) und der Kläger einen sog. Anstellungsvertrag (AV), in dem es u.a. wie folgt
heißt und auf den im Übrigen Bezug genommen wird:
"§ 1 Aufgabenbereich 1. Herr N mit Wirkung zum 1.1.1998 zum Geschäftsführer der Gesellschaft bestellt. 2. Der Geschäftsführer
vertritt die Gesellschaft allein nach Maßgabe von Gesetz und Satzung. Er ist verpflichtet und berechtigt, die Geschäfte der
Gesellschaft allein zu führen, auch wenn weitere Geschäftsführer bestellt sind. Der Geschäftsführer stellt seine Arbeitskraft
sowie alle Kenntnisse und Erfahrungen allein und vollständig der Gesellschaft zur Verfügung. Der Geschäftsführer ist von den
Beschränkungen des §
181 BGB nach der Satzung und diesem Vertrag befreit. Dem Geschäftsführer obliegt die Leitung des Betriebes. Er nimmt insoweit die
Aufgaben eines Arbeitgebers im Sinne des Arbeits- und Sozialrechts wahr. 3. Weisungen der Gesellschafterversammlungen sind
zu befolgen. Insbesondere folgende Geschäfte bedürfen der vorherigen Genehmigung der Gesellschafterversammlungen: [ ...] 4.
Der Geschäftsführer hat im Rahmen der Geschäftsführung die gesetzlichen und satzungsmäßigen Aufgaben der Gesellschaft zu erfüllen.
Des Weiteren hat er für die wirtschaftlichen, finanziellen und organisatorischen Belange der Gesellschaft in bester Weise
Sorge zu tragen. Bei allen Entscheidungen muss sich der Geschäftsführer vom Wohle der Gesellschaft leiten lassen. 5. [ ...]
6. [ ...] 7. Der Geschäftsführer haftet der Gesellschaft und den Gesellschaftern nur für eine vorsätzliche Schädigung der
Gesellschaft. 8. Der Geschäftsführer hat seine Leistung am Sitz der Gesellschaft zu erbringen. An bestimmte Arbeitszeiten
ist der Geschäftsführer nicht gebunden. Der Geschäftsführer ist verpflichtet, der Gesellschaft, wenn und soweit es das Wohl
der Gesellschaft erfordert, jederzeit zur Verfügung zu stehen.
§ 2 Sonstige Pflichten [ ...].
§ 3 Nebentätigkeiten, Befreiung vom Wettbewerbsverbot 1. Während der Dauer dieses Vertrages sowie der auf seine Beendigung
folgenden zwei Jahren ist es dem Geschäftsführer nicht gestattet, für eigene oder fremde Rechnung selbständig oder unselbständig
in einem Betrieb tätig zu sein, der gleichartig mit der GmbH ist oder Tätigkeiten ausübt, die in Konkurrenz mit der GmbH stehen.
In gleicher Weise ist es dem Geschäftsführer untersagt, einen solchen Betrieb zu beraten oder in anderer Weise zu fördern,
auch nicht vorübergehend oder gelegentlich. Er wird sich während des gesamten Zeitraums auch nicht an Geschäften beteiligen,
die auch von der GmbH getätigt werden könnten. 2. [ ...] 3. [ ...]. Der Geschäftsführer erhält das Recht im Verlaufe des Januars
1998 seine GbR abzuwickeln und verzichtet im Gegenzug auf alle Vergütungen innerhalb dieses Zeitraums.
§ 4 Vertragsdauer 1. Dieser Anstellungsvertrag tritt mit dem 1.1.1998 in Kraft und ist auf unbestimmte Zeit geschlossen. 2.
In den ersten zwei Jahren der Laufzeit kann der Vertrag von beiden Vertragspartnern nur aus wichtigem Grund gekündigt werden.
[ ...]. 3. [ ...]. 4. [ ...] 5. Unabhängig von der nach Abs. 1 und Abs. 2 geltenden Laufzeit des Anstellungsvertrages und
den darin geregelten Kündigungsfristen kann der Anstellungsvertrag von jeder der beiden Parteien jederzeit aus wichtigem Grund
gekündigt werden. Als wichtige Gründe gelten insbesondere eine schwerwiegende Verletzung übernommener Verpflichtungen, schwere
Verstöße gegen Weisungen der Gesellschafterversammlung, geschäftsschädigende Überschreitungen der dem Geschäftsführer im Innenverhältnis
auferlegten Beschränkungen, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft, die Ablehnung der Insolvenzeröffnung
mangels Masse sowie die Auflösung der Gesellschaft. [ ...].
§ 5 Bezüge 1. Als Vergütung für seine Tätigkeit erhält der Geschäftsführer ein festes Monatsgehalt i.H.v. 5.000,00 DM. Die
Gesellschaft übernimmt auch dann den Arbeitgeberanteil, wenn der Geschäftsführer freiwillig in der Kranken-, Pflege- oder
Rentenversicherung versichert ist. 2. Der Geschäftsführer erhält 12 Monatsgehälter. Die Gehälter sind jeweils am Monatsende
zahlbar. Zusätzlich zum 12. Gehalt ist ein Urlaubsgeld in Höhe eines Monatsgehalts zu zahlen. Zusätzlich zum 13. Gehalt ist
ein Weihnachtsgeld in Höhe eines Monatsgehaltes zu zahlen. 3. Außerdem steht dem Geschäftsführer eine Gewinntantieme zu. [
...]. 4. Im Falle der Arbeitsunfähigkeit durch Krankheit oder Unfall erhält der Geschäftsführer für die Dauer von 6 Wochen
alle Bezüge weiterbezahlt. 5. Zum Ende des 2. Tätigkeitsjahres erhält der Geschäftsführer eine Direktversicherung in höchstmöglicher
Form. Zum Ende des 3. Tätigkeitsjahres erhält er eine Pensionszusage bzgl. Altersrente, Berufsunfähigkeitsrente und 60% der
AR als Witwenrente, über die Höhe dieser Zusage wird im Verlauf des 3. Tätigkeitsjahres eine Vereinbarung getroffen, die den
steuerlichen Regelungen entspricht. Bei zukünftigen Gehaltsveränderungen ist dies entsprechend anzupassen.
§ 6 Nebenleistungen 1. Der Geschäftsführer hat Anspruch auf 30 Tage bezahlten Urlaub, die er in Abstimmung mit der Gesellschafterversammlung
zu nehmen hat. Ist es ausnahmsweise nicht möglich, den Urlaub ganz oder nur teilweise zu nehmen, kann die Urlaubsabgeltung
auch in Geld erfolgen. Pro Urlaubstag ist dabei ein Geldbetrag i.H.v. ein 30zigstel des jeweiligen Gehaltes anzusetzen. 2.
Der Geschäftsführer erhält von der Gesellschaft Aufwendungen und Spesen gegen Belegnachweis im Rahmen der steuerlichen Höchstbeträge
oder im Rahmen der steuerlichen Pauschbeträge ersetzt. 3. Der Geschäftsführer kann zum Wohl der Gesellschaft zeitweise, ganz
oder teilweise auf die Zahlung seines Gehaltes verzichten. Seine Ansprüche auf Gehaltszahlungen bleiben von diesem Verzicht
unberührt. In einem solchen Fall ist unverzüglich nach einem entsprechenden Gesellschafterbeschluss ein schriftlicher Darlehensvertrag
zu schließen, in dem die Verzinsung und Rückzahlungsmodalitäten im Voraus festzulegen sind. Gehaltsverzichtserklärungen ohne
schriftlichen Darlehensvertrag gelten als nicht abgegeben.
§ 7 Schlussbestimmungen 1. Dieser Anstellungsvertrag ist jedes Jahr zum 30.6. auf die Wirksamkeit und die Aktualität seiner
Bestimmungen sowie die Angemessenheit seines Geschäftsführergehaltes hin zu überprüfen. [ ...]. 2. Mündliche Nebenabreden
zu diesem Vertrag werden nicht getroffen. In der Regel sollen sämtliche Vereinbarungen und Vertragsergänzungen schriftlich
getroffen werden, können aber jederzeit im beiderseitigen Einvernehmen vorgenommen werden. Rückwirkende Änderungen und Ergänzungen
sind jedoch unzulässig. 3. In Zweifelsfällen hat die Satzung der Gesellschaft Vorrang vor den Bestimmungen dieses Anstellungsvertrages."
Mit Gesellschafterbeschluss vom 27.7.1999 wurde das Gehalt des Klägers zum 1.8.1999 auf 6.600,00 DM zuzüglich KV-Anteil erhöht.
Diese Regelung betraf ebenfalls das Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Am 15.1.2013 einigten sich die Beigeladene zu 2) und der
Kläger auf eine Änderung des § 1 Abs. 3 des AV, die zum 1.2.2013 wirksam wurde und auf deren Inhalt Bezug genommen wird.
Ferner schlossen die Beigeladene zu 2) und der Kläger am 20.2.2001 einen Darlehensvertrag über ein Darlehen des Klägers an
die Beigeladene zu 2) über 60.000,00 DM zu einem Zinssatz von 0,6% pro Monat. Am 21.10.2010 wurde für dieses Darlehen in Höhe
von noch 6.252,00 Euro (Stand: 31.12.2009) eine Rangrücktrittsvereinbarung vereinbart. Auf den Inhalt dieser Verträge im Übrigen
wird gleichfalls Bezug genommen.
Am 17.4.2014 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status nach §
7a SGB IV. Nach Anhörung der Beteiligten stellte die Beklagte mit Bescheid vom 9.7.2014 fest, dass der Kläger als Gesellschafter-Geschäftsführer
bei der Beigeladenen zu 2) seit dem 21.10.1997 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnis tätig sei und darin Versicherungspflicht
in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Auf die Bescheidbegründung
wird Bezug genommen.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 5.8.2014 Widerspruch ein. Diesem fügte er die Ergebnisse vorangegangener Betriebsprüfungen
der prüfenden Rentenversicherungsträger bei, nämlich: - eine Prüfmitteilung v. 30.6.2006 über den Prüfzeitraum vom 1.1.2002
bis zum 30.4.2006, aus dem sich i.R.d. durchgeführten stichprobenartigen Prüfung keine Beanstandungen ergaben, - einen Bescheid
v. 29.6.2010 über den Prüfzeitraum vom 1.5.2006 bis zum 31.12.2009 und eine dort festgestellte Nachforderung von 80,06 Euro
für die Beschäftigung eines Herrn Gregor Janissen sowie - einen Summenbescheid v. 21.1.2014 über eine am gleichen Tag durchgeführte
Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum vom 1.1.2010 bis zum 31.12.2013, welcher eine Nachforderung in Höhe von 361,47 Euro inkl.
85,- Euro Säumniszuschlägen feststellte. Die stichprobenartige Prüfung hatte die Auswertung des Lohnsteuerhaftungsbescheides
vom 17.1.2011 und die Berechnung von Säumniszuschlägen für die unterlassene Auswertung zum Gegenstand.
Die Beklagte wies sodann den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 1.12.2014 als unbegründet zurück.
Dagegen hat der Kläger am 19.12.2014 vor dem Sozialgericht Düsseldorf Klage erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt
hat. Der AV enthalte nicht lediglich Regelungen, die für ein Arbeitsverhältnis typisch seien. Er übernehme darin die Arbeitgeberfunktion
und sei in der Lage, Rechtsgeschäfte mit einem Verfügungswert bis zu DM 100.000,00 einzugehen. Darüber hinaus verkenne die
Beklagte die tatsächliche Situation im Unternehmen. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes habe stets betont, dass nicht
die vertragliche Vereinbarung, sondern die tatsächliche Durchführung der Tätigkeit ausschlaggebendes Indiz sei. Die Gesellschafter
G und T1 seien in das Tagesgeschäft nicht eingebunden. Der Beklagten sei zwar insofern beizupflichten, dass er über keine
Sperrminorität aufgrund seines Gesellschaftsanteiles verfüge. Es gebe jedoch - so der Kläger unter Vorlage einer auf den 6.1.1998
datierenden Vereinbarung, auf deren Inhalt Bezug genommen wird - eine Geschäftsordnung der Gesellschafterversammlung, die
eine Klausel zur Stimmbindung enthalte. Vereinbarungen dieser Art sei in der Rechtsprechung maßgeblicher Einfluss zuerkannt
worden, wenn sie die Gesellschafter schuldrechtlich zu einem bestimmten Abstimmungsverhalten verpflichte. Letztlich habe er
- der Kläger - für die Existenz des Unternehmens wesentliche Bedeutung. Die von ihm und der Gesellschaft praktizierte Tätigkeit
sei in ihrer rechtlichen Zulässigkeit maßgeblich vom Meisterzwang gem. § 1 Handwerksordnung geprägt. Ein Einzelunternehmen dürfe insoweit nur von einem Metallbaumeister betrieben werden. Zu diesem Personenkreis gehöre
bei der Gesellschaft nur er. Darüber hinaus verfüge er auch über eine private Kranken- und Pflegeversicherung und sei hinreichend
abgesichert. Er überschreite zudem die Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG).
Nachdem mit notariell beurkundetem Geschäftsanteilskauf- und -abtretungsvertrag vom 9.4.2015 die Gesellschafter G und T1 jeweils
ihren hälftigen Geschäftsanteil veräußert hatten, verfügen der Kläger und Herr T seither über jeweils einen Anteil von 37.500,00
Euro am Stammkapital. Zudem hat die Gesellschafterversammlung in § 7 Abs. 1 GesV nunmehr eine 2/3 Mehrheit für Gesellschafterbeschlüsse
vereinbart (Gesellschafterversammlung v. 9.4.2015, Eintragung in das Handelsregister am 8.5.2015), woraufhin die Beklagte
das "Vorliegen einer selbstständigen Tätigkeit seit dem 14.4.2015" anerkannt hat (Schriftsatz v. 2.6.2016).
Der Kläger hat daraufhin - sinngemäß - beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 9.7.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1.12.2014 festzustellen, dass eine
die Versicherungspflicht gem. §
7 SGB IV begründende abhängige Beschäftigung in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der
Arbeitsförderung für eine Tätigkeit des Klägers bei der Beigeladenen zu 2) seit dem 21.10.1997 bis zum 13.4.2015 nicht bestanden
hat.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat zur Begründung auf ihre Bescheide Bezug genommen und ergänzend auf die Entscheidungen des BSG vom 29.7.2015, 19.8.2015 und 11.11.2015 verwiesen.
Das SG hat mit Beschlüssen v. 5.1.2017 und v. 23.3.2017 die Beigeladenen zu 1) und zu 2) am Verfahren beteiligt, die in der mündlichen
Verhandlung keine Anträge gestellt haben. Es hat sodann mit Urteil vom 20.6.2017 die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe
wird Bezug genommen.
Gegen das ihm am 3.7.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27.7.2017 Berufung eingelegt. Die Beklagte sei an einer Feststellung
der Versicherungspflicht bereits formell gehindert gewesen. Mit Schreiben vom 21.1.2014 habe der betriebsprüfende Rentenversicherungsträger
dem zuständigen Träger der Berufsgenossenschaft (BG) das Ergebnis einer Betriebsprüfung nach § 28p
SGB IV i.V.m. §
166 Abs.
2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (
SGB VII) für den Prüfzeitraum vom 1.1.2010 bis zum 31.12.2012 mitgeteilt und sich mit der hier streitigen Rechtsbeziehung zwischen
dem Kläger und der Beigeladenen zu 2) befasst. In dem Bericht an die BG Holz und Metall heiße es wörtlich:
"Nach unseren Erkenntnissen üben die nachfolgend genannten Personen keine abhängige Beschäftigung aus und unterliegen demnach
nicht der Sozialversicherungspflicht. [ ...] N, , Gesellschafter-Geschäftsführer, Gefahrentarifstelle 232301, 47.163,00 Euro,
2011 [ ...]."
Da die Beklagte das Vertragsverhältnis des Klägers zur Beigeladenen zu 2) bereits gesamtsozialversicherungsrechtlich - nicht
nur unfallversicherungsrechtlich - geprüft habe, sei die Beklagte an einer erneuten Statusfeststellung formell gehindert gewesen.
Im Rahmen der Gesamtabwägung seien die tatsächlichen Verhältnisse nicht in ausreichender Form berücksichtigt worden. Er, der
Kläger, habe 1992 gemeinsam mit dem weiteren Gesellschafter, Herrn T, die N und T GbR gegründet, die auf demselben Geschäftsfeld
tätig gewesen sei wie die Beigeladene zu 2). Die N und T GbR sei in den Jahren 1992 und 1993 hauptsächlich für die J Immobilienverwaltung-Beteiligungs
GmbH tätig geworden. Aus dieser Geschäftsbeziehung sei der Kontakt zu den weiteren Gesellschaftern G und T1 entstanden, die
Gesellschafter der J GmbH seien. In den Jahren nach der Gründung der GbR hätten das Auftragsvolumen und die Zahl der Geschäftspartner
stetig zugenommen, gleiches gelte für die eingestellten Mitarbeiter. Daraufhin hätten sich Herr T und er im Jahr 1996 entschlossen,
haftungsbegrenzende Maßnahmen - wie die Gründung einer GmbH - in Erwägung zu ziehen. Diese Überlegungen hätten schließlich
in der Gründung der Beigeladenen zu 2) gemündet. Es sei damals üblich gewesen, für Geschäftsführer einen Anstellungsvertrag
zu schließen. An seiner Stellung habe sich dadurch jedoch nichts geändert. Der Anstellungsvertrag sei insbesondere nicht so
gelebt worden. Die im Anstellungsvertrag unter § 3a bis i geregelten Gesellschafterversammlungen seien nie durchgeführt worden.
Ihm - dem Kläger - seien auch vertraglich garantierte Tantiemen nie ausgezahlt worden. Ebenso habe er keine Entgeltfortzahlungen
im Krankheitsfall in Anspruch genommen. Sein vertraglich garantiertes Urlaubs- und Weihnachtsgeld habe er sich nach der jeweiligen
Kassenlage auszahlen lassen. Spesen habe er nicht erhalten. Im Anstellungsvertrag vom 15.12.1997 sei unter § 3 am Ende geregelt
worden, dass er im Verlauf des Januars 1998 seine GbR abzuwickeln habe und innerhalb dieses Zeitraums auf alle Vergütungen
der Beigeladenen zu 2) verzichte. Dieser Passus spreche ganz eindeutig gegen eine abhängige Beschäftigung. Er habe sein Entnahmeverhalten
der wirtschaftlichen Lage der Beigeladenen zu 2) angepasst und seine Bezüge nur dann erhalten, wenn diese entsprechende Einnahmen
verbuchen konnte. Die in § 5 Ziff. 5 des AV geregelte Pensionszulage zum Ende des 3. Tätigkeitsjahres sei nie ins Leben gerufen
worden, obgleich die wirtschaftliche Lage dies zwischenzeitlich zugelassen hätte. Obgleich er aufgrund der jeweiligen Kassenlage
des Öfteren auf seine Entnahmen verzichtete, hätten weder er noch die Gesellschafterversammlung von der Regelung des § 6 Ziff.
3 AV Gebrauch gemacht. Dass erm der Kläger, innerhalb der Beigeladenen zu 2) frei schalten und walten konnte, ergebe sich
zudem aus dem Stimmbindungsvertrag. Die diesbezügliche Rechtsprechung des BSG vom 11.11.2015 überzeuge nicht. Ferner sei er von den Beschränkungen des §
181 BGB befreit und einzelvertretungsbefugt. Auch im Gesellschaftsvertrag sei in § 5 geregelt, dass das Weisungsrecht gegenüber den Angestellten der Beigeladenen zu 2) Sache der laufenden Geschäftsführung und
nicht der Gesellschafterversammlung sei.
Darüber hinaus sei das SG zu Unrecht davon ausgegangen, dass er die jeweilige JAEG nicht überschritten habe.
Zudem habe das SG übersehen, dass die Bescheide der Beklagten berechtigtes Vertrauen verletzten. Dieses ergebe sich nicht nur aus der Mitteilung
an die BG Holz und Metall sondern auch aus der Mitteilung der Beklagten als prüfendem Rentenversicherungsträger vom 5.6.2018,
wonach sich im Hinblick auf die Einschätzung gegenüber der BG weitere Feststellungen für den Geschäftsführer, Herrn T, nicht
ergeben würden.
Da die Beklagte die streitigen Bescheide im Rahmen der mündlichen Verhandlung dahingehend geändert hat, dass sie die Versicherungspflicht
des Klägers in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer der Beigeladenen zu 2) in der Zeit vom 1.2.1998 bis zum
13.4.2015 in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung und zudem in der Zeit vom 1.2.1998
bis zum 31.12.1999 sowie vom 1.1.2010 bis zum 13.4.2015 in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung
festgestellt hat, beantragt der Kläger nunmehr,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 20.6.2017 zu ändern und den Bescheid der Beklagten vom 9.7.2014 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 1.12.2014 und der Fassung des Bescheides vom 24.10.2018 aufzuheben und festzustellen, dass
der Kläger in seiner Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 2) in der Zeit vom 1.2.1998 bis
zum 13.4.2015 nicht der Versicherungspflicht der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung und
in der Zeit vom 1.2.1998 bis zum 31.12.1999 sowie vom 1.1.2010 bis zum 13.4.2015 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen
Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung unterlegen hat.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 24.10.2018 abzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil im Übrigen für zutreffend.
Der Senat hat weitere Unterlagen der Beteiligten beigezogen und mit Beschluss v. 29.5.2018 die Beigeladenen zu 3) bis 5) am
Verfahren beteiligt, die ebenso wie die Beigeladenen zu 1) und 2) keine Anträge gestellt haben.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten, insbesondere die Niederschrift
der mündlichen Verhandlung, und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten. Diese sind Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Der Senat hat in Abwesenheit der Beigeladenen zu 3) und 5) in der Sache verhandeln und entscheiden können, da er sie in ordnungsgemäßer
Terminmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen hat.
Die am 27.7.2017 schriftlich eingelegte Berufung des Klägers gegen das ihm am 3.7.2017 zugestellte Urteil des Sozialgerichtes
Düsseldorf vom 20.6.2017 ist zulässig, insbesondere ohne gerichtliche Zulassung statthaft (§§
143,
144 Sozialgerichtsgesetz &61531;SGG&61533;) sowie form- und fristgerecht erhoben worden (§§
151 Abs.
1,
3,
64, 63
SGG).
Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die für das Rechtsschutzbegehren (§
123 SGG) statthafte (§
54 Abs.
1 Satz 1 Alt. 1, 55 Abs.
1 Nr.
1,
56 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht (§§
87 Abs.
1 Satz 1,
90, 64, 63
SGG) eingelegte Anfechtungs- und Feststellungsklage im Ergebnis zu Recht als unbegründet abgewiesen. Die angefochtenen Feststellungen
beschweren den Kläger nicht im Sinne des §
54 Abs.
2 Satz 1
SGG, weil sie sich nicht als rechtswidrig erweisen. Die Beklagte hat im Rahmen des §
7a Abs.
1 SGB IV formell (hierzu I.) und materiell (hierzu II.) rechtmäßig festgestellt, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als am Gesellschaftsvermögen
beteiligter Geschäftsführer für die Beigeladene zu 2) der Versicherungspflicht in der Zeit vom 1.2.1998 bis zum 13.4.2015
in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung und zudem in der Zeit vom 1.2.1998 bis zum
31.12.1999 sowie vom 1.1.2010 bis zum 13.4.2015 in der gesetzlichen Krankenversicherung und der sozialen Pflegeversicherung
unterlegen hat.
I. Der nach ordnungsgemäßer Anhörung (§
7a Abs.
4 SGB IV i.V.m. §
24 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch [SGB X]) des Klägers (Schreiben v. 3.6.2014) ergangene Verwaltungsakt ist formell rechtmäßig.
So war die Beklagte abweichend von §
28h Abs.
2 SGB IV für die Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers im Rahmen der Statusfeststellung nach §
7a Abs.
1 Satz 1
SGB IV zuständig (§
7a Abs.
1 Satz 3
SGB IV). Ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Entscheidung am 9.7.2014 ein Verfahren zur Feststellung der Versicherungspflicht
des Klägers in der streitigen Auftragsbeziehung als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 2) mit der Folge einer nach §
7a Abs.
1 Satz 1 a.E.
SGB IV ausgelösten formellen Sperrwirkung nicht eingeleitet.
1. Dabei sperrt insbesondere nicht das Betriebsprüfungsverfahren vom 21.1.2014 die Zuständigkeit der Beklagten. Der diesbezügliche
Bescheid v. 21.1.2014 über den Prüfzeitraum vom 1.1.2010 bis zum 31.12.2013 verhielt sich zu einer Nachforderung von 361,47
Euro inkl. 85,00 Euro an Säumniszuschlägen. Die Prüfung wurde am 21.1.2014 durchgeführt und durch nicht personenbezogenen
Summenbescheid mit gleichem Datum - mithin vor Antragstellung nach §
7a SGB IV am 17.4.2014 - bereits wieder abgeschlossen. Die Zuständigkeit für Statusentscheidungen wechselte mit Abschluss der Betriebsprüfung
zurück zur Clearingstelle.
2. Soweit sich der Kläger auf das Ergebnis der gleichzeitig durchgeführten Betriebsprüfung nach § 28p
SGB IV i.V.m. §
166 Abs.
2 SGB VII bezieht, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. Der prüfende Rentenversicherungsträger hat nicht die Kompetenz, im Bereich
des Unfallversicherungsrechts bindende Bescheide zu erlassen. Stattdessen teilt er nach § 28p Abs. 1c
SGB IV lediglich das Prüfergebnis dem Unfallversicherungsträger mit, welcher sodann die erforderlichen Bescheide erlassen kann.
II. Die streitgegenständlichen Bescheide in ihrer jetzigen Fassung sind auch materiell rechtmäßig. Die Beklagte hat zutreffend
festgestellt, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als Geschäftsführer für die Beigeladene zu 2) der Versicherungspflicht in
der Zeit vom 1.2.1998 bis zum 13.4.2015 in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung und
zudem in der Zeit vom 1.2.1998 bis zum 31.12.1999 sowie vom 1.1.2010 bis zum 13.4.2015 in der gesetzlichen Krankenversicherung
und der sozialen Pflegeversicherung unterlag [hierzu 1.]. Tatbestände, die eine Versicherungsfreiheit des Klägers in diesen
Zweigen der Sozialversicherung begründen, bestehen nicht [hierzu 2.]. Der Eintritt der Versicherungspflicht wurde auch nicht
nach §
7a Abs.
6 SGB IV aufgeschoben [hierzu 3.].
1. Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt
beschäftigt sind (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes
Buch [SGB XI], § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch
[SGB III]).
Der Kläger ist in der Zeit vom 1.2.1998 bis zum 13.4.2015 bei der Beigeladenen zu 2) gegen Entgelt (§
14 SGB IV) beschäftigt gewesen. Fehlen - wie im vorliegenden Fall - in Bindungswirkung erwachsene (§
77 SGG) behördliche Feststellungen zum sozialversicherungsrechtlichen Status in einer konkreten Auftragsbeziehung, beurteilt sich
das Vorliegen einer Beschäftigung nach §
7 Abs.
1 SGB IV.
Beschäftigung ist gemäß §
7 Abs.
1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind
eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen
Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung
in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer,
Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich
bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein.
Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen
Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und
Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild
der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. Rspr.; vgl. BSG, Urteil v. 14.3.2018, B 12 KR 13/17 R, zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen; Urteil v. 16.8.2017, B 12 KR 14/16 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 31; Urteil v. 31.3.2017, B 12 R 7/15 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 30; Urteil v.30.4.2013, B 12 KR 19/11 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 21; jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger
Tätigkeit vgl. BVerfG, Beschluss v. 20.5.1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder
selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt,
in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar,
d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil v. 23.5.2017, B 12 KR 9/16 R, SozR 4-2400 § 26 Nr. 4).
Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom - wahren und wirksamen - Inhalt der zwischen den
Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Auf dieser Grundlage ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses
zum Typus der abhängigen Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen,
ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (vgl. hierzu im Einzelnen BSG, Urteil v. 24.3.2016, B 12 KR 20/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 29; Urteil v. 18.11.2015, a.a.O.; Urteil v. 29.7.2015, a.a.O.).
a) Diese Maßstäbe gelten auch für Geschäftsführer einer GmbH (BSG, Urteil v. 14.3.2018, a.a.O.; Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 28; Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 24), und zwar ungeachtet der konkreten Bezeichnung des der Geschäftsführertätigkeit zugrunde liegenden
Vertrags. Eine abhängige Beschäftigung von Geschäftsführern ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil nach § 5 Abs. 1 Satz 3 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung
einer juristischen Person berufen sind, nicht als Arbeitnehmer gelten. Diese Regelung beschränkt sich auf das ArbGG und hat keine Bedeutung für das Sozialversicherungsrecht. Der Zugehörigkeit zu den Beschäftigten der juristischen Person
steht auch nicht entgegen, dass Geschäftsführer im Verhältnis zu sonstigen Arbeitnehmern Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen
(BSG, Urteil v. 14.3.2018, a.a.O.; Urteil v. 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 20).
Ist ein GmbH-Geschäftsführer - wie hier - zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang
der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches
Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit. Selbstständig ist nur derjenige Geschäftsführer,
der über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung
die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht ist bei einem Gesellschafter gegeben, der mehr
als 50 v.H. der Anteile am Stammkapital hält. Ein Geschäftsführer, der nicht über diese Kapitalbeteiligung verfügt und damit
als Mehrheitsgesellschafter ausscheidet, ist grundsätzlich abhängig beschäftigt. Er ist ausnahmsweise nur dann als Selbstständiger
anzusehen, wenn er exakt 50 v.H. der Anteile am Stammkapital hält oder ihm bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem
Gesellschaftsvertrag eine umfassende ("echte" oder "qualifizierte"), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität
eingeräumt ist. Demgegenüber ist eine "unechte", auf bestimmte Gegenstände begrenzte Sperrminorität nicht geeignet, die erforderliche
Rechtsmacht zu vermitteln (BSG, Urteil v. 14.3.2018, a.a.O.; Urteil v. 11.11.2015, B 12 R 2/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 27; Urteil v. 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 28; Urteil v. 29.6.2016, B 12 R 5/14 R, juris).
Die für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit notwendige Rechtsmacht, die den Gesellschafter-Geschäftsführer in die
Lage versetzt, die Geschicke der Gesellschaft bestimmen oder zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung
verhindern zu können, muss gesellschaftsrechtlich eingeräumt sein. Außerhalb des Gesellschaftsvertrags bestehende Vereinbarungen
über die Ausübung von Stimmrechten, wirtschaftliche Verflechtungen oder tatsächliche Einflüsse kraft familiärer Verbundenheit
oder überlegenen Wissens ("Kopf und Seele") sind nicht zu berücksichtigen. Sie vermögen die sich aus dem Gesellschaftsvertrag
ergebenden Rechtsmachtverhältnisse nicht mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben, weil sie nicht dem Grundsatz
der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände genügen (BSG, Urteil v. 14.3.2018, a.a.O. mit umfangreichen weiteren Nachweisen).
b) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist der Kläger im Streitzeitraum für die Beigeladene zu 2) im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses
tätig geworden.
(1) Der Kläger besaß im Zeitraum vom 1.2.1998 bis zum 13.4.2015 keine im Gesellschaftsrecht wurzelnde Rechtsmacht, die ihn
in die Lage versetzte, eine Einflussnahme auf seine Tätigkeit, insbesondere durch ihm unter Umständen unangenehme Weisungen,
jederzeit zu verhindern. Vielmehr unterlag er nach §§ 37 Abs. 1, 46 des Gesetzes über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbHG) dem Weisungsrecht der Gesellschafterversammlung der Beigeladenen zu 2). Ein maßgebender Einfluss auf diese war ihm verwehrt,
da er im Streitzeitraum nur einen Anteil von 25% an deren Stammkapital hielt. Er verfügte auch nicht über eine umfassende
gesellschaftsvertraglich vereinbarte Sperrminorität.
Die Regelung zum Abstimmverhalten in der Geschäftsordnung vom 6.1.1998 ist bereits deshalb unerheblich, da sie nach der Erklärung
des Klägers in der mündlichen Verhandlung im Streitzeitraum nicht galt. Darüber hinaus hätte sie auch keine relevante Rechtsmachtverschiebung
bewirkt, denn einer solchen stand bereits das stets bestehende Kündigungsrecht bei Dauerschuldverhältnissen entgegen (vgl.
dazu: BSG, Urteile v. 11.11.2015, B 12 R 2/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 27; B 12 KR 13/14 R BSGE 120, 59 und B 12 KR 10/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 28).
(2) Ob der Kläger das Alltagsgeschäft allein gestalten konnte und die Beigeladene zu 2) aufgrund einer Darlehensübernahme
wirtschaftlich von ihm abhängig gewesen ist, ist angesichts der vom BSG entwickelten Abgrenzungskriterien unerheblich. Etwas anderes gilt auch nicht, weil nur der Kläger in die Handwerksrolle eingetragen
ist. Die Eintragung besitzt keine Aussagekraft für den Status (mit näheren Ausführungen zum Status eines Dachdeckermeisters:
Senat, Urteil v. 12.2.2014, L 8 R 1108/12, juris).
(3) Darüber hinaus weist auch der zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 2) geschlossene frei vereinbarte AV maßgebliche
Gesichtspunkte einer abhängigen Beschäftigung auf.
(a) Nach diesem war der Kläger als Geschäftsführer an die Weisungen der Gesellschafterversammlung gebunden (§ 1 Abs. 3 AV),
wobei schwere Verstöße gegen Weisungen der Gesellschafterversammlung aus Sicht der Vertragsschließenden ein außerordentliches
Kündigungsrecht rechtfertigten (§ 4 Abs. 5 AV). Dienstort des Klägers war der Sitz der Beigeladenen zu 2) (§ 1 Abs. 8 AV).
Im Hinblick auf die Arbeitszeit hatte der Kläger seine volle Arbeitskraft in den Dienst der Beigeladenen zu 2) zu stellen
(§ 1 Abs. 8 AV). Er unterlag während der Dauer und zwei Jahre nach Beendigung der Tätigkeit einem Nebentätigkeitsverbot (§
3 AV). Ihm standen eine regelmäßige Vergütung durch ein festes Monatsgrundgehalt von 5.000,00 DM, später 6.600,- DM brutto
nebst Urlaubs- und Weihnachtsgeld und Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung (§ 5 Abs. 1, 2 AV), Entgeltfortzahlung
im Krankheitsfall (§ 5 Abs. 4 AV) sowie Jahresurlaub von 30 Tagen (§ 6 Abs. 1 AV) zu.
(b) Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, dass die im AV unter § 3a bis i geregelten Gesellschafterversammlungen nie durchgeführt
worden sind, er keine Tantiemen sowie Entgeltfortzahlungen im Krankheitsfall in Anspruch genommen und sich sein vertraglich
garantiertes Urlaubs- und Weihnachtsgeld nur nach der jeweiligen Kassenlage habe auszahlen lassen bzw. sein Entnahmeverhalten
generell der wirtschaftlichen Lage der Beigeladenen zu 2) angepasst und er seine Bezüge nur dann erhalten habe, wenn die Beigeladene
zu 2) entsprechende Einnahmen verbuchen konnte.
Zwar lässt § 7 Abs. 2 AV grundsätzlich mündliche und sogar konkludente Vertragsänderungen zu, denn Vereinbarungen zum AV sollten
nur in der Regel schriftlich getroffen werden. Die konkludente Abbedingung auch dieser Klausel ist zudem möglich. Allerdings
hat der Kläger bereits entsprechende, mit Rechtsbindungswillen vorgenommene Vertragsänderungen nicht vorgetragen. Zu einer
beidseitigen Vertragsänderung reicht nicht aus, dass vertragliche Regelungen nicht durchgeführt oder Ansprüche einseitig zeitweilig
nicht geltend gemacht werden (Gesellschafterversammlungen i.S.v. § 3a bis i AV, mangelnde Inanspruchnahme der Pensionszulage
nach § 5 Ziff. 5 AV, verringerte Auszahlung des Entgeltes inkl. Urlaubs- und Weihnachtsgeld, etc.). Hinzu kommt, dass hinsichtlich
des Gehaltsverzichts bereits im AV eine Regelung getroffen worden und das vorgetragene Verhalten im Vertrag daher schon angelegt
gewesen ist. Nach § 6 Abs. 3 AV konnte der Geschäftsführer nämlich zeitweilig, ganz oder teilweise auf die Zahlung seines
Gehaltes verzichten. Seine Ansprüche auf Gehaltszahlung blieben indessen ausdrücklich unberührt. Im Übrigen ist im Falle der
Krise der GmbH die - zum Teil auf eine entsprechende Anwendung des § 87 Abs. 2 Aktiengesetz (AktG), zum Teil auf die Treuepflicht gestützte - Verpflichtung des Geschäftsführers anerkannt, seine festen Bezüge (zeitweilig)
zu reduzieren. Unterlässt er dies, kann sich daraus ein Schadenersatzanspruch der GmbH ergeben (Oberlandesgericht [OLG] Köln,
Beschluss v. 6.11.2007, 18 U 131/07, NZG 2008, 637; Schmidt in: Schmidt/Uhlenbruck, Die GmbH in der Krise, 4. Auflage, B.3 Rdnr. 2.200; Kleindiek in: Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, 18. Auflage, Anhang zu § 6 Rdnr. 34a; Senat, Urteil v. 24.6.2015, L 8 R 1054/14, juris).
cc) Auf dieser vertraglichen Grundlage ist der Kläger in der streitigen Zeit in einem für ihn fremden Betrieb, nämlich dem
der Beigeladenen zu 2) tätig geworden. Alleinige Unternehmensträgerin ist die als juristische Person des Privatrechts mit
eigener Rechtspersönlichkeit ausgestaltete GmbH selbst. Diese ist von den als Gesellschaftern dahinterstehenden juristischen
oder natürlichen Personen unabhängig (vgl. hierzu nur BSGE 95, 275 = SozR 4-2600 § 2 Nr. 7, Rdnr. 21 m.w.N.) und von verwandtschaftlichen oder wirtschaftlichen Beziehungen getrennt zu betrachten
(vgl. BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr. 17 Rdnr. 18).
dd) Es kommt hinzu, dass wesentliche für eine selbstständige Tätigkeit des Klägers sprechende Gesichtspunkte ebenfalls nicht
erkennbar sind:
(1) Er verfügte nicht über eine eigene Betriebsstätte, auf die er im Rahmen der hier streitigen Auftragsbeziehung als Geschäftsführer
der Beigeladenen zu 2) zurückgriff.
(2) Es bestand für ihn auch kein wesentliches unternehmerisches Risiko: Angesichts der ihm zustehenden Festvergütung lief
er nicht Gefahr, seine Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes einzusetzen. Seine Tätigkeit verlangte auch keinen substanziell
relevanten, mit einem Verlustrisiko verbundenen Kapitaleinsatz. Nach dem AV stand ihm etwa ein Anspruch auf Spesen zu. Auch
die Übernahme des Darlehens bewirkt kein maßgebliches unternehmerisches Risiko des Klägers. Zwar gewährt die Darlehnsgewährung
noch einen gewissen Einfluss in wirtschaftlicher Hinsicht, allerdings schafft sie typischerweise keine unternehmerische Position
im eigentlichen Sinne, denn durch sie erhöhen sich nicht die rechtlichen Einflussmöglichkeiten auf die Gesellschaft (BSG, Urteil v. 29.7.2015, B 12 KR 23/13 R, juris; Senat, Urteil v. 20.4.2016, L 8 R 761/15). Das ursprüngliche Darlehen wurde - wie sich aus der Rangrücktrittserklärung ergibt - in den vergangenen Jahren getilgt
und mit 0,6% verzinst. Die Rangrücktrittvereinbarung selbst ist Ausfluss der Gesellschafterstellung des Klägers.
(3) Die dem Kläger eingeräumte Einzelvertretungsbefugnis und die Befreiung von den Beschränkungen des §
181 BGB sind nicht untypisch und deuten deshalb nicht zwingend auf eine selbstständige Tätigkeit hin (vgl. BSG, Urteil v. 6.3.2003, B 11 AL 25/02 R; BSG, Urteil v. 4.7.2007, B 11a AL 5/06 R, a.a.O.; Senat, Urteil v. 17.10.2012, a.a.O.; Senat, Urteil v. 18.6.2014, L 8 R 5/13, juris).
ee) In der gebotenen Gesamtabwägung aller für und gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung sprechenden Merkmale entsprechend
ihrem Gewicht überwiegen im Gesamtbild die für die Annahme einer Beschäftigung des Klägers streitenden Indizien erheblich.
c) Der Kläger kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen.
aa) Dieser wird ihm zunächst nicht aus der 2014 durchgeführten Betriebsprüfung gewährt.
(1) Nach der gesicherten Rechtsprechung des BSG vermitteln durchgeführte Betriebsprüfungen keine Entlastungswirkung (vgl. z.B. BSG, Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 1/04 R, BSGE 93, 119 = SozR 4-2400 § 22 Nr. 2, Rdnr. 35 ff. und B 12 KR 7/04 R, SozR 4-2400 § 22 Nr. 1 Rdnr. 37 ff.; eingehend zur Relevanz von Betriebsprüfungen auch in Kleinbetrieben BSG, Urteil v. 30.10.2013, B 12 AL 2/11 R, BSGE 115, 1, SozR 4-2400 § 27 Nr. 5, Rdnr. 24 ff.). Hiernach hat das BSG sich nicht nur in sog. Beitragserstattungsfällen (hierzu BSG, Urteil v. 29.7.2003, B 12 AL 1/02 R, SozR 4-2400 § 27 Nr. 1; BSG, Urteil v. 29.7.2003, B 12 AL 3/03 R, AuB 2003, 341), sondern insbesondere auch in sog. Beitragsnachforderungsfällen (hierzu BSG, Urteil v. 30.11.1978, 12 RK 6/76, BSGE 47, 194, SozR 2200 § 1399 Nr. 11; BSG, Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 10/02 R, SozR 4-5375 § 2 Nr. 1, Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 7/04 R, SozR 4-2400 § 22 Nr. 1) mit den "Rechtsfolgen" von Betriebsprüfungen befasst, bei denen es zunächst keine Beanstandungen
gab, sich später allerdings herausstellte, dass die Versicherungs- und Beitragspflicht von Mitarbeitern des geprüften Arbeitgebers
schon im Prüfungszeitraum unrichtig beurteilt wurde, dieses aber im Rahmen der Betriebsprüfung nicht aufgefallen war. Nach
den von dem BSG entwickelten Maßstäben können Arbeitgeber (und Arbeitnehmer) aus solchen Betriebsprüfungen keine weitergehenden Rechte herleiten,
weil Betriebsprüfungen unmittelbar das Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten nur den
Zweck haben, die Beitragsentrichtung zu einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern (etwa BSG, Urteil v. 14.7.2004, B 12 KR 1/04 R, BSGE 93, 119, SozR 4-2400 § 22 Nr. 2, Rdnr. 36 [Nachforderungsfall]; BSG, Urteil v. 29.7.2003, B 12 AL 1/02 R, SozR 4-2400 § 27 Nr. 1 Rdnr. 20 [Erstattungsfall]). Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt Betriebsprüfungen
nicht zu und kann ihnen auch deshalb nicht zukommen, weil die Betriebsprüfung nicht umfassend oder erschöpfend zu sein braucht
und sich auf bestimmte Einzelfälle oder Stichproben beschränken darf (BSG, Urteil v. 29.7.2003, B 12 AL 1/02 R, SozR 4-2400 § 27 Nr. 1 Rdnr. 19 ff.).
Betriebsprüfungen sowie das Ergebnis der Prüfung festhaltende Abschlussmitteilungen der Versicherungsträger bezwecken insbesondere
nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm etwa - mit Außenwirkung - "Entlastung" zu erteilen. Eine
materielle Bindungswirkung kann sich lediglich dann und insoweit ergeben, als Versicherungs- und/oder Beitragspflicht (und
Beitragshöhe) im Rahmen der Prüfung personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt
wurden (BSG, Urteil v. 29.7.2003, B 12 AL 1/02 R, SozR 4-2400 § 27 Nr. 1 Rdnr. 20; zum Ganzen auch BSG, Beschluss v. 17.3.2017, B 12 R 44/16 B, juris, Rdnr. 20 ff.).
(2) Dass eine diesen Anforderungen genügende personenbezogene Feststellung zur (fehlenden) Versicherungspflicht ergangen ist,
ist nicht erkennbar. Für den Prüfzeitraum vom 1.1.2002 bis zum 30.4.2006 endete die - ausdrücklich - stichprobenartige Prüfung
zwar ohne Beanstandungen, allerdings auch ohne positive Feststellung zum Status des Klägers (Prüfmitteilung v. 30.6.2006).
Vergleichbares gilt für den sich anschließenden Prüfzeitraum vom 1.5.2006 bis zum 31.12.2009, welcher mit einer Nachforderung
von 80,06 Euro für die Beschäftigung eines Herrn Gregor Janissen endete (Bescheid v. 29.6.2010). Die danach zum Gesamtsozialversicherungsbeitrag
durchgeführte Betriebsprüfung endete am 21.1.2014 ohne Statusfeststellung und mit einem Summenbescheid vom gleichen Tag. Etwas
anderes folgt auch nicht aus dem auf § 28p Abs. 1c
SGB IV basierendem Prüfbericht vom 21.1.2014 gegenüber der BG Holz und Metall, der bereits keine verbindlichen Feststellungen enthielt.
bb) Ob bereits im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens und nicht erst in einem darauf folgenden Beitragsverfahren das
Vertrauen in den Bestand der "Kopf und Seele"-Rechtsprechung des BSG" schutzwürdig sein kann, kann der Senat offen lassen (diskutiert im Rahmen von §
7a SGB IV-Verfahren jedenfalls in: BSG, Beschluss v. 17.3.2017, B 12 R 44/16 B; BSG, Beschluss v. 28.2.2017, B 12 R 21/16 B, jeweils juris). Vorliegend kann sich der Kläger jedenfalls nicht auf ein schutzwürdiges Vertrauen berufen.
(1) Zwar kann nach der Rechtsprechung des BSG aus Gründen des Vertrauensschutzes eine zum Nachteil eines Arbeitgebers geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung grundsätzlich
nicht rückwirkend zu dessen Lasten angewendet werden, wenn dieser aufgrund der "neuen" Rechtsprechung nunmehr Beiträge auf
bestimmte Arbeitnehmerbezüge abzuführen hat, die noch nach der zuvor maßgebend gewesenen Rechtsprechung beitragsfrei waren
(hierzu im Einzelnen BSG, Urteil v. 18.11.1980, 12 RK 59/79, BSGE 51, 31, 36 ff. und Leitsatz 1, SozR 2200 § 1399 Nr. 13). Allerdings endet der Vertrauensschutz eines Arbeitgebers, wenn er von der
Einzugsstelle über die geänderte Rechtsprechung unterrichtet werde. Bereits vorher endet der Vertrauensschutz, wenn er die
geänderte Rechtsprechung und ihre Folgen für seine Beitragspflicht schon vor der Unterrichtung kannte oder wenn er nach den
Umständen des Falles Anlass hatte, insoweit bestehende Zweifel von sich aus zu klären (BSG, Urteil v. 18.11.1980, a.a.O., Leitsatz 2). Darüber hinaus kann der aus Art.
20 Abs.
3 Grundgesetz (
GG) hergeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes, auch wenn höchstrichterliche Urteile kein Gesetzesrecht sind und keine vergleichbare
Rechtsbindung erzeugen, erfordern, einem durch gefestigte Rechtsprechung begründeten Vertrauenstatbestand erforderlichenfalls
durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung
zu tragen (hierzu im Einzelnen BSG, Urteil v. 16.12.2015, B 12 R 11/14 R, SozR 4-2400 § 28p Nr. 6 unter Verweis auf BVerfGE 122, 248, 277 f; vgl. dazu auch BAG, Urteil v. 19.6.2012, 9 AZR 652/10, juris Rdnr. 27 m.w.N.; Senat, Urteil v. 9.5.2018, L 8 R 400/17).
(2) Soweit das BSG in den Entscheidungen vom 29.8.2012 präzisierend für den Fall einer GmbH als Familienbetrieb eine sozialversicherungsrechtlich
relevante faktische Weisungsfreiheit wegen einer familiären Verbundenheit verneint hat (BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 R 14/10 R, juris, Rdnr. 26 ff.), ist die Erwartung des Klägers, der nicht mit den weiteren Gesellschaftern der Beigeladenen zu 2)
familiär verbunden ist, auf eine nicht bestehende Versicherungspflicht nicht unzulässig enttäuscht worden. Die genannte Rechtsprechung
bezog sich durchweg auf Eheleute oder Verwandte (BSG, Urteil v. 29.8.2012, B 12 KR 25/10 R, BSGE 111, 257; BSG, Beschluss v. 28.2.2017, a.a.O., Rdnr. 16) und betraf ihn zu keiner Zeit.
d) Soweit hingegen die Beigeladene zu 1) als zuständige Einzugsstelle erstinstanzlich die gegenüber der Beigeladenen zu 2)
bestehende Beitragsforderung auf insgesamt 146.704,93 Euro bezifferte (Schriftsatz v. 30.1.2017), ist dies nicht streitgegenständlich.
Allerdings sieht sich der Senat im Hinblick auf diese Auskunft der Beigeladenen zu 1) zu dem Hinweis veranlasst, dass die
offenbar dort von ihr angenommene 30jährige Verjährungsfrist nach §
25 Abs.
1 Satz 2
SGB IV nicht in Betracht kommen dürfte. Von einem vorsätzlichen Verhalten der Geschäftsführung der Beigeladenen zu 2) im Sinne einer
billigenden Inkaufnahme der Beitragsvorenthaltung, welches diese Verjährungsfrist auslösen würde, kann bereits vor dem Hintergrund
der Prüfmitteilung der Beklagten vom 21.1.2014 als prüfenden Rentenversicherungsträger an die BG Holz und Bau nicht ausgegangen
werden. Während die Beklagte im hiesigen Verfahren eine Versicherungspflicht des Klägers bejaht hat, hat sie sie dort - ebenso
wie die des weiteren Geschäftsführers der Beigeladenen zu 2) - verneint. Dies gilt auch eingedenk des nachfolgenden Statusbescheides
vom 9.7.2014. Denn die Beklagte teilte sodann im Rahmen einer im März 2018 turnusmäßig durchgeführten Betriebsprüfung auf
einen Hinweis der Beigeladenen zu 2) auf die obige Prüfmitteilung zu dem weiteren Geschäftsführer Herrn T mit, dass sich hinsichtlich
seiner Beurteilung insofern keine Feststellungen ergeben würden (Schreiben der Beklagten v. 5.6.2018).
Ob sich die Beigeladene zu 1) darüber hinaus aufgrund des vorliegenden Statusfeststellungsverfahrens und damit eines allein
auf die Feststellung der Versicherungspflicht gerichteten Verfahrens im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung auf die
verjährungshemmende Wirkung des §
198 Satz 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (
SGB VI) stützen kann, ist im Rahmen eines sich gegebenenfalls anschließenden Beitragsverfahrens zu klären (BSG, Beschluss v. 4.4.2018, B 12 KR 97/17 B, Rdnr. 11; Mutschler in: jurisPK-
SGB VI, 2. Aufl. §
198 Rdnr. 8.2, wonach jedenfalls für die Frage des Beitragszuschusses die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens nicht
zu einer Verjährungshemmung führt).
2. Nach Änderung der streitigen Bescheide im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat kommen weitere Tatbestände, die
eine Versicherungsfreiheit des im Jahr 1964 geborenen Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung, der gesetzlichen Kranken-
und sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung begründen, nicht in Betracht. Insbesondere besteht
in der Zeit vom 1.2.1998 bis zum 31.12.1999 und vom 1.1.2010 bis zum 13.4.2015 keine Versicherungsfreiheit des Klägers in
der Kranken- und Pflegeversicherung wegen des Überschreitens der JAEG.
a) In der Zeit bis 31.12.2002 waren nach §
6 Abs.
1 Nr.
1 SGB V (i.d.F. v. 18.12.1989, 22.12.1999, 16.2.2001) versicherungsfrei Arbeiter und Angestellte, deren regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt
75 vom Hundert der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten, die JAEG, überstieg.
Dabei endete die Versicherungspflicht nach §
6 Abs.
4 SGB V, wenn die JAEG überschritten würde, mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie überschritten wurde. Im sodann wieder streitigen
Zeitraum galt nach §
6 Abs.
1 Nr.
1 SGB V (i.d.F. v. 26.3.2007, 28.5.2008, 15.12.2008 bis zum 30.12.2010 derjenige Arbeiter und Angestellte als versicherungsfrei,
dessen regelmäßiges Jahresarbeitsentgelt die JAEG nach den Absätzen 6 oder 7 überstieg und in drei aufeinander folgenden Kalenderjahren
überstiegen hatte. Nach §
6 Abs.
4 SGB V endete die Versicherungspflicht mit Ablauf des dritten Kalenderjahres, in dem die JAEG überschritten wurde. Seither galt
im Streitzeitraum nach §
6 Abs.
1 Nr.
1 SGB V (i.d.F. v. 22.12.2010, 22.6.2011) die folgende Regelung. Danach waren Arbeiter und Angestellte versicherungsfrei, deren regelmäßiges
Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze nach den Absätzen 6 oder 7 überstieg.
b) Im noch streitigen Zeitraum überstieg das sich aus den vorgelegten Einkommensteuerbescheiden ergebende Jahresentgelt des
Klägers nicht (mehr) regelmäßig die geltende JAEG. Dabei war auf die sich aus §
6 Abs.
6 SGB V ergebende JAEG abzustellen, da der Kläger nicht bereits seit dem Stichtag am 31.12.2002 über eine private Krankenvollkostenversicherung
verfügte.
3. Eine Verschiebung des Eintritts der Versicherungspflicht nach §
7a Abs.
6 SGB IV kommt nicht in Betracht, da der Antrag auf Statusfeststellung nicht binnen Monatsfrist gestellt worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183,
193 SGG. Sie berücksichtigt das Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens der Beteiligten.
Gründe im Sinne des §
160 Abs.
2 SGG für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.