Vertragszahnärztliche Versorgung
Berichtigung von abgerechneten kieferorthopädischen Maßnahmen nach vorzeitigem Abbruch einer Behandlung
Rückforderung von Honorar sowie Material- und Laborkosten
Prüfung eines rückwirkenden Wegfalls des Honoraranspruchs eines Vertragsarztes
Genehmigungsbedürftigkeit einer Änderung der kieferorthopädischen Behandlung eines Patienten nach unvorhergesehener Extraktion
eines Zahnes durch den Hauszahnarzt
Tatbestand
Die als Kieferorthopädin in X niedergelassene und zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassene Klägerin wendet sich gegen
die Rückforderung von Honorar sowie Material- und Laborkosten.
Unter dem 02.08.2002 erstellte sie für die Behandlung des Kindes K Q einen kieferorthopädischen Behandlungsplan, der von der
Beigeladenen genehmigt wurde. Unter der Rubrik "Therapie" ist in dem Behandlungsplan aufgeführt: "OK u. UK: Extraktion von
25, 35, 45, symmetr. u. mittengleiche Ausformung d. Zahnbogen, Einordnen u. Nivellieren aller Zähe in den ZB unter Korrektur
von Zahnfehlstellungen, Schließen der Lücken, Okkl.: Herst. einer Normokkl. mit max. Interkuspidation, Heben des Bisses, Bißlage:
Einstellen der Regelbißlage, Verwend. Geräte: herausnehmb. Geräte, MB, Hg, Ret.-geräte".
Mit Schreiben vom 19.03.2007 teilte die Klägerin der Beigeladenen mit, dass die Behandlung der Patientin nicht planungsgemäß
verlaufe. Die Patientin habe die vereinbarten Termine wiederholt nicht eingehalten; sie sei vom 29.08.2006 bis zum 07.03.2007
nicht erschienen. Mit weiterem Schreiben vom 31.12.2007 teilte die Klägerin der Beigeladenen den Abbruch der kieferorthopädischen
Behandlung mit. Die Patientin sei zuletzt am 16.08.2007 in der Praxis erschienen; sie habe wiederholt Termine nicht eingehalten;
die Extraktion sei nicht gewünscht worden.
Die Beigeladene übersandte der Beklagten unter dem 26.06.2008 ein Schreiben der Eltern der Patientin vom 23.06.2008, mit dem
diese um Prüfung der ihnen durch die Klägerin in Rechnung gestellten Leistungen für das Entfernen der Brackets baten. Sie
hätten sich entschlossen, die Behandlung bei der Klägerin abzubrechen. Ihnen sei nicht bekannt gewesen, dass die Klägerin
die kieferorthopädische Behandlung ihrer Tochter bereits abgebrochen habe.
Zur Klärung des Sachverhalts lud die Beklagte die Klägerin mehrfach zu einem persönlichen Gespräch; alle Termine sagte die
Klägerin unter Hinweis auf gesundheitliche Gründe ab.
Mit Bescheid vom 19.08.2009 berichtigte die Beklagte daraufhin die in den Quartalen III/2002 bis III/2007 abgerechneten kieferorthopädischen
Maßnahmen. Für diese Maßnahmen fehle die vertragliche Grundlage, da die im KFO-Behandlungsplan beantragte Therapie "Extraktion
von 25, 35, 45" nicht durchgeführt und eine Therapieänderung nicht beantragt worden seien. Die Höhe der Berichtigung gab die
Beklagte mit 4.619,81 EUR an; in dem Betrag sind auf die Quartale IV/2000 bis II/2001 entfallende 567,40 EUR enthalten.
Mit ihrem Widerspruch trug die Klägerin vor, die Beigeladene sei mit Schreiben vom 26.07.2005 darüber aufgeklärt worden, dass
bei der Patientin der Zahn 36 vom Zahnarzt aus Gründen der Nichterhaltungsfähigkeit habe extrahiert werden müssen und dass
daher die ursprünglich gemäß Behandlungsplan geplante Extraktionsmaßnahme in der Form keine Gültigkeit mehr habe. Im weiteren
Verlauf der Behandlung hätten nach Anfertigung von Zwischenunterlagen die Zähne 25 und 45 extrahiert werden sollen. Aufgrund
der verzögerten Eruption der Zähne 25 und 45 - die Extraktion von 35 sei durch die Extraktion von 36 durch den Hauszahnarzt
hinfällig geworden - seien die Zwischenunterlagen am 13.03.2007 angefertigt und die Extraktionsanweisung für die nunmehr eruptierten
Zähne ausgestellt worden. Die nächsten beiden Termine habe die Patientin versäumt. Am 12.06.2007 habe deren Mutter erklärt,
sie wünsche keine Extraktion. In den darauffolgenden Gesprächen sei die Mutter über die Notwendigkeit der Ausgleichextraktion
aufgeklärt und auf die mögliche Folge eines Abbruchs bei Verweigerung der Extraktion hingewiesen worden. Die Patientin sei
erneut zur Extraktion überwiesen worden. Der Abbruch sei mit Mitteilung vom 31.12.2007 an die Beigeladene erfolgt, die Gründe
seien benannt worden. Eine ihr zu Lasten zu legende Therapieänderung, die sie nicht beantragt haben solle, sei damit in keiner
Weise gegeben gewesen. Die vertragliche Grundlage sei damit von ihr eingehalten worden. Im Übrigen würden Kosten für die Quartale
IV/2000 bis II/2001 zurückgefordert, die mit dem Behandlungsplan nicht in Zusammenhang stünden.
Die Beklagte gab dem Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22.02.2010 i.H.v. 587,40 EUR statt und wies ihn im Übrigen zurück.
Der Betrag von 587,40 EUR sei zu Unrecht erhoben; der Bescheid vom 19.08.2009 werde daher insoweit aufgehoben. Im Übrigen,
d.h. i.H.v. 4.032,41 EUR, sei der Honorarberichtigungsbescheid jedoch zu Recht ergangen. Die für eine kieferorthopädische
Behandlung abgerechneten Leistungen müssten grundsätzlich mit den Eintragungen auf dem kieferorthopädischen Behandlungsplan
übereinstimmen. Werde ein kieferorthopädischer Behandlungsplan ergänzt oder geändert, sei die entsprechende Ergänzung/Änderung
schriftlich bei der Krankenkasse zu beantragen. Ein Ergänzungs-/Änderungsantrag unterliege einer leistungsrechtlichen Prüfung
durch die Krankenkasse und müsse von dieser genehmigt werden. Ausweislich des Schreibens der Klägerin vom 31.12.2007, mit
dem sie der Beigeladenen den Abbruch der kieferorthopädischen Behandlung anzeigt habe, sei die im KFO-Behandlungsplan vom
02.08.2002 beantragte Therapie "Extraktion von 25, 35, 45" nicht durchgeführt worden. Eine Therapieänderung habe die Klägerin
zu keinem Zeitpunkt bei der Beigeladenen beantragt. Durch die Nichtbeachtung der vertraglichen Regelungen habe der am 08.02.2002
ausgestellte kieferorthopädische Behandlungsplan seine anspruchsbegründende Wirkung verloren. Damit habe für die in den Quartalen
III/2002 bis III/2007 durchgeführten kieferorthopädischen Maßnahmen die vertragliche Grundlage gefehlt. Die entsprechenden
Honorarabrechnungen seien daher ohne Rechtsgrund erfolgt. Die Material- und Laborkosten würden auch nicht ein zweites Mal
zurückgefordert; sie seien von einem vorhergehenden Rückforderungsbescheid nicht erfasst. Eine Doppelbelastung aufgrund Punktwertdegression
und HVM-Einbehalt bestehe ebenfalls nicht.
Mit ihrer Klage vom 23.03.2010 hat die Klägerin vorgetragen, sie habe keine Therapieänderung vorgenommen. Sie habe während
des gesamten Behandlungszeitraums die gleiche Therapie, und zwar eine Extraktionstherapie verfolgt. Die medizinisch notwendige,
unvorhergesehene Extraktion des Zahnes 36 durch den behandelnden Hauszahnarzt habe keine Therapieänderung, sondern lediglich
zur Folge gehabt, dass der daneben liegende Zahn 35 aus medizinischer Sicht nicht mehr habe gezogen werden dürfen. Darüber
habe sie die Beigeladene unterrichtet. Es habe keine Notwendigkeit bestanden, einen Therapieänderungsantrag zu stellen. Auch
die Krankenkasse habe sie auf die Mitteilung, dass statt des Zahnes 35 der Zahn 36 extrahiert worden sei, nicht zu einem Therapieänderungsantrag
aufgefordert. Im Übrigen sei der Behandlungsplan weiter ausgeführt worden. Nach verzögerter Eruption der Zähne 25 und 45 seien
weitere Zwischenunterlagen erstellt und sei eine weitere Extraktionsanweisung ausgesprochen worden. Die Extraktionsanweisung
sei erst zu dem von ihr angegebenen Zeitpunkt sinnvoll gewesen; die Phase des Lückenschlusses habe aufgrund der vorliegenden
individuellen Gegebenheiten bei dem zugrundeliegenden Behandlungskonzept erst zu jenem Zeitpunkt vorgenommen werden können.
Nachfolgend habe die Patientin die Therapie abgebrochen. Im Übrigen liege hinsichtlich der Material- und Laborkosten ein unzulässiger
doppelter Abzug vor. Es würden Laborkosten der Quartale I/2000 bis IV/2004 zurückgefordert, die die Beklagte bereits mit Bescheid
vom 15.02.2006 zurückgefordert habe. Zudem sei ihr das nunmehr zurückgeforderte Honorar aufgrund von Budget- und Degressionseinbehalten
nie in dieser Höhe ausgezahlt worden.
Die Klägerin hat beantragt,
den Honorarberichtigungsbescheid der Beklagten vom 19.08.2009 betreffend die kieferorthopädische Behandlung der Patientin
K Q, geb. 00.00.1992, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.2010 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, die am 02.08.2002 beantragte Therapie unter Einschluss einer Extraktion der Zähne 25, 35, 45 sei nicht
durchgeführt worden. Damit fehle es an der Kongruenz zwischen leistungsrechtlicher Genehmigung und der von der Klägerin erbrachten
Leistungen. Der Honoraranspruch der Klägerin sei aufgrund der nicht genehmigten Therapieänderung entfallen. Ergebe sich durch
Veränderung der Zahn-, Kieferverhältnisse aufgrund der nicht vorhersehbaren Extraktion oder des Verlustes von Zähnen eine
notwendige Änderung der kieferorthopädischen Behandlung im Vergleich zur ursprünglich geplanten und genehmigten, bedürfe es
nämlich einer neuerlichen Behandlungsplanung und Genehmigung. Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass die Extraktionsanweisung
für die Zähne 25 und 45 erst ca. 4 1/2 Jahre nach Behandlungsbeginn gegeben worden sei.
Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat die Klage mit Urteil vom 02.10.2013 abgewiesen. Die sachlich-rechnerische Richtigstellung sei zu Recht erfolgt,
weil die Klägerin bundesmantelvertragliche Bestimmungen nicht eingehalten und damit zu Unrecht Honorare und Kostenerstattungen
erlangt habe. Vor Beginn einer kieferorthopädischen Behandlung und bei einer Therapieänderung sei ein Behandlungsplan aufzustellen
und der zuständigen Ersatzkasse zur Genehmigung vorzulegen. Vorliegend sei die geplante Extraktionsmaßnahme nicht durchgeführt
worden und habe in der genehmigten Weise auch nicht mehr durchgeführt werden können, nachdem der Zahn 36 gezogen worden sei.
Durch den Verlust eines Zahnes im Kauzentrum habe sich eine neuartige Situation ergeben, die eine Therapieänderung notwendig
gemacht habe. Diese habe die Klägerin jedoch nicht geplant und beantragt. Die Höhe des Rückforderungsbetrages unterliege keinen
Beanstandungen. Hinsichtlich der Laborkosten liege kein doppelter Abzug vor; die Honorarrückforderung sei auch nicht auf die
Höhe der durch HVM- und Degressionseinbehalte reduzierten Summen zu begrenzen.
Gegen das ihr am 08.11.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am Montag, dem 09.12.2013, Berufung eingelegt und zu deren
Begründung vorgetragen, das SG gehe apodiktisch davon aus, dass sich durch den Verlust des Zahnes 36 eine neuartige Situation ergeben habe, die eine Therapieänderung
notwendig gemacht habe. Eine Begründung dafür gebe das SG jedoch nicht. Tatsächlich sei die anzuwendende Therapie mit Ausnahme der Extraktion des Zahnes 35 identisch geblieben; die
im Behandlungsplan gewählte Therapie sei weiterhin maßgeblich und zutreffend gewesen. Dass der Hauszahnarzt im Sommer 2005
den Zahn 36 entfernt habe, bewirke hinsichtlich der anzuwendenden Therapie lediglich, dass die im Plan vorgesehene Extraktion
des Zahnes 35 entfallen sei, wie sie der Beigeladenen mitgeteilt habe. Eine andere Therapie als die im Behandlungsplan vorgestellte
sei nicht angezeigt bzw. nicht erforderlich gewesen; es werde auch weder von der Beklagten noch vom SG angegeben, welche geänderten Therapiemaßnahmen sie denn hätte planen und beantragen sollen. Unabhängig hiervon seien die
für die Mitglieder der Beklagten verbindlichen, von der Beklagten herausgegebenen Informationen zu beachten. Nach dem Informationsdienst
der Beklagten 5/2003 vom 15.05.2003 setze der Begriff der Kfo-Therapieänderung eine grundlegende Änderung der anzuwendenden
therapeutischen Maßnahmen voraus. Darüber hinaus sei bestimmt, dass nur solche Leistungen nachträglich zu beantragen seien,
die über den bewilligten Kfo-Erstbehandlungsplan hinausgingen. Die Information laute: "Bei einer Kfo-Therapieänderung, beispielsweise
Umstellung von Non-Ex auf Ex, Einsatz von Multiband, hat der behandelnde Zahnarzt/Kieferorthopäde dies mittels des Kfo-Behandlungsplanes
mit dem Kreuz im Feld 'KfoTherapieänderung' bei der Krankenkasse zu beantragen. Hierbei sind alle erforderlichen Angaben zu
den Gründen der Therapieänderung anzugeben. Im Leistungskamm sind nur die Leistungen nachträglich zu beantragen, die über
den bewilligten Kfo-Erstbehandlungsplan hinausgehen. Der Erstbehandlungsplan behält seine Gültigkeit." In dem von dem Vorstand
der Beklagten herausgegebenen Ratgeber - Band III Abrechnung, gültig ab dem 01.01.2004 - werde auf der Seite III-70 genau
dasselbe formuliert. Dem entspreche auch die Beschlusslage bei der Arbeitsgemeinschaft KZBV-VdAK/AEV. Im Beschluss Nr. 110
vom 30.05.1989 heiße es: "Erkennt der Vertragszahnarzt jedoch während einer begonnenen Behandlung, dass zusätzliche Behandlungsmaßnahmen
erforderlich werden, so hat er der Vertragskasse von der Änderung seiner ursprünglichen Behandlungsplanung Mitteilung zu machen."
Im Informationsdienst der Beklagten 04/2002 vom 05.08.2002 werde dementsprechend ausgeführt "Wir weisen darauf hin, dass die
Beantragung einzelner zusätzlicher Gebührenpositionen nicht auf dem KFO-Behandlungsplan "Therapieänderung", sondern formlos
bei den Krankenkassen beantragt werden sollte."
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 02.10.2023 abzuändern und im Fall Q (L 11 KA 113/13) den Honorarberichtigungsbescheid der Beklagten vom 19.08.2009 betreffend die kieferorthopädische Behandlung der Patientin
Q in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.02.2010 aufzuheben
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückweisen.
Sie hält das Urteil des SG unter Hinweis auf eine von ihr schriftsätzlich wiedergegebene Stellungnahme des Facharztes für Kieferorthopädie Dr. C, die
nach Angaben der Beklagten lediglich den zahnmedizinischen Hintergrund beleuchten, nicht aber dem Bescheid eine andere Begründung
geben soll, für zutreffend. Die beantragte und durchgeführte Therapie wichen voneinander ab. Damit sei die leistungsrechtliche
Genehmigung entfallen. Ihre, der Beklagten, eigenen Veröffentlichungen stünden ebenso wie die Dritter dem nicht entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der Verwaltungsvorgänge
der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.
Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Klägerin ist durch den Bescheid der Beklagten vom 19.08.2009 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 22.02.2010 beschwert (§
54 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG)); denn ihre Honorarabrechnungen im Behandlungsfall Q sind nicht zu berichtigen.
Die Beklagte ist berechtigt, die Abrechnungen der Vertragszahnärzte sachlich und rechnerisch zu berichtigen. Dieses Recht
ergab sich bislang aus den bundesmantelvertraglichen Regelungen über sachlich-rechnerische Richtigstellungen (vgl. § 19 Buchst. a Bundesmantelvertrag-Zahnärzte und § 12 Abs. 1 Satz 1 Zahnarzt-Ersatzkassenvertrag (EKV-Z) in der vom 01.01.2002 bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung). Mit Wirkung ab 01.01.2004 ist die Beklagte aufgrund von §
106a Abs.
2 Satz 1 Halbsatz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V), gesetzlich berechtigt und verpflichtet, die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertragszahnärzte
festzustellen. Die Prüfung auf sachlich-rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen des Vertragszahnarztes zielt auf die Feststellung,
ob die Leistungen rechtmäßig, also im Einklang mit den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen, mit Ausnahme des Wirtschaftlichkeitsgebots,
abgerechnet worden sind. Festzustellen ist, ob die Abrechnungen mit den Abrechnungsvorgaben des Regelwerks, also mit den einheitlichen
Bewertungsmaßstäben, den Honorarverteilungsverträgen sowie weiteren Abrechnungsbestimmungen übereinstimmen oder ob zu Unrecht
Honorare angefordert werden. Bei Fehlern in der Abrechnung des Vertragszahnarztes berichtigt die Beklagte dessen Honoraranforderung.
Dies kann auch im Wege nachgehender Richtigstellung erfolgen (s. dazu BSG, Urteile vom 05.11.2008 - B 6 KA 1/08 R - und vom 19.10.2011 - B 6 KA 30/10 R -).
Diese Voraussetzungen für eine sachlich-rechnerische Berichtigung sind vorliegend nicht erfüllt. Die Klägerin hat entgegen
der Auffassung der Beklagten und des SG bei ihren kieferorthopädischen Honorarabrechnungen insbesondere nicht gegen die Vorgaben des § 14 EKV-Z verstoßen; deshalb ist auch nicht die Grundlage für die Honorierung der Kfo-Behandlung entfallen.
§ 14 Abs. 3 Nrn. 1 und 4, Abs. 6 und 7 EKV-Z bestimmen u.a.:
(3) BEMA-Teil 3:
1. Vor Beginn einer kieferorthopädischen Behandlung oder bei einer Therapieänderung stellt der Vertragszahnarzt persönlich
und eigenverantwortlich einen Behandlungsplan (Anlage 8 a) in zweifacher Ausfertigung auf und leitet beide Exemplare der Ersatzkasse
zu.
...
4. Mit der Behandlung soll erst begonnen werden, wenn die Ersatzkasse eine Kostenübernahmeerklärung auf dem Behandlungsplan
abgegeben hat.
...
(6) Behandlungen, für die die Ersatzkasse auf Grund des Heil- und Kostenplanes, des KFO-Behandlungs-, Therapieänderungs- oder
Verlängerungsantrages und des Parodontalstatus die Kosten übernommen oder einen Zuschuss gewährt hat, unterliegen keiner nachträglichen
Prüfung auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit es sei denn, die abgerechneten Leistungen gehen über den Umfang der genehmigten
Leistungen hinaus.
(7) Kieferorthopädische Maßnahmen (einschließlich zahntechnischer Leistungen), die ohne Therapieänderung über die ursprünglich
geplanten hinausgehen, sind durch den Vertragszahnarzt der Ersatzkasse anzuzeigen und von der Ersatzkasse zu genehmigen. Die
genehmigten Leistungen unterliegen nicht der Prüfung auf Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit. Im Übrigen gilt § 14 Absatz
6.
Daraus ergibt sich, dass sowohl vor Beginn einer kieferorthopädischen Behandlung als auch bei einer Therapieänderung ein Behandlungsplan
aufzustellen und der Krankenkasse zur Genehmigung (Kostenübernahmeerklärung) vorzulegen ist. Die Bewilligung der Krankenkasse
zur Durchführung einer kieferorthopädischen Behandlung nach vorgelegtem ärztlichem Behandlungsplan umfasst die gesamte Maßnahme
im vorgesehenen Umfang. Als Verwaltungsakt erlangt sie bindende Wirkung, sie steht lediglich unter der Bedingung, dass die
Behandlung planmäßig durchgeführt wird (BSG, Urteil vom 10.10.1979 - 3 RK 3/78 -). Der gesetzlich Versicherte kann nach Genehmigung von der Krankenkasse die Übernahme von Kosten einer kieferorthopädischen
Behandlung verlangen, die von einem Vertragszahnarzt durchgeführt wird (BSG, Urteil vom 18.01.1996 - 1 RK 22/95 -). Dementsprechend ist der Vertragszahnarzt nunmehr berechtigt bzw. verpflichtet, die kieferorthopädische Behandlung nach
dem ärztlichen Behandlungsplan durchzuführen, aber auch abzurechnen. Eine Unterbrechung erfolgt bei einer Therapieänderung,
da nun nicht mehr nach dem ärztlichen Behandlungsplan behandelt wird. Insoweit sieht § 14 Abs. 3 Satz 1 EKV-Z einen neuen Behandlungsplan vor, der zur weiteren Genehmigung bei der Krankenkasse einzureichen ist. Mithin besteht auch
die weitere Behandlung unter dem Vorbehalt der Kostenübernahmeerklärung der Krankenkasse.
Die Beklagte geht zunächst in ihrer Argumentation fehl, eine den Honoraranspruch der Klägerin beeinflussende Therapieänderung
liege darin, dass keine Extraktion der Zähne 25 und 45 erfolgt ist. Dass die Zähne 25 und 45 nicht gezogen worden sind, ist
keine Frage der Therapieänderung, sondern schlicht Konsequenz der vorzeitigen Behandlungsbeendigung, für die § 16 Abs. 6 EKV-Z regelt "Wird die kieferorthopädische Behandlung abgebrochen oder entfällt die Leistungspflicht der Ersatzkasse, so erhält
der Vertragszahnarzt die bis zum Zeitpunkt des Behandlungsabbruchs bzw. des Wegfalls der Leistungspflicht fällig gewordene
Vergütung." Das Vorbringen der Beklagten trägt mithin insoweit ihre Entscheidung nicht.
§ 16 Abs. 6 EKV-Z weist zudem darauf hin, dass der Auffassung der Beklagten, durch die Extraktion des Zahnes 36 und einen nachfolgend unterlassenen
Änderungsantrag sei der Honoraranspruch der Klägerin auch rückwirkend entfallen, kaum beigetreten werden kann. § 16 Abs. 6 EKV-Z stellt auf den Zeitpunkt des Wegfalls der Leistungspflicht ab und schließt damit an die Vorgaben des § 48 Zehntes Buch
Sozialgesetzbuch an, nach der ein Verwaltungsakt frühestens mit Wirkung des Zeitpunkts der Änderung der Verhältnisse aufgehoben
werden kann. Der erste danach in Betracht kommende Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse ist der Zeitpunkt der Extraktion
des Zahnes 36. Nicht einmal ansatzweise erschließt sich, aus welchen Rechtsgründen darüber hinaus Änderungen der geplanten,
d.h. im Behandlungsplan prognostisch vorgesehenen Therapie dann, wenn sie nicht zur Genehmigung gestellt werden, zu einem
rückwirkenden Wegfall des Honoraranspruchs des Vertragsarztes von Anfang an führen sollen.
Darauf kommt es aber im Ergebnis nicht an, denn die Extraktion des Zahnes 36 bzw. der dadurch bedingte Entfall der ursprünglich
vorgesehenen Extraktion des Zahnes 35 stellen keine einer Genehmigung bedürfende Therapieänderung dar. Die von der Klägerin
verfolgte Therapie war nicht nur nach ihrem unbestrittenen Vorbringen, sondern auch aus dem Behandlungsplan selbst ersichtlich
eine sog. Extraktionstherapie, d.h. durch die Entfernung von Zähnen aus einer Zahnreihe sollte durch die entstehenden Lücken
mehr Raum für die verbleibenden Zähne geschaffen werden. Weder an diesem Behandlungsziel noch an dem zugrundliegenden Behandlungskonzept
sind durch die Extraktion des Zahnes 36 Änderungen eingetreten. Geändert hat sich allein eine einzelne im Rahmen des kieferorthopädischen
Behandlungskonzepts vorgesehene Maßnahme, die beabsichtigte Extraktion des Zahnes 35 war nicht mehr erforderlich. Dass nicht
jedwede Änderung zu einer Genehmigungspflicht führt, ergibt sich bereits aus dem Erfordernis der Therapieänderung in § 14 Abs. 3 Nrn. 1 EKV-Z. Dementsprechend haben die Vertragsparteien des EKV-Z auch ergänzend vereinbart, dass lediglich kieferorthopädische Maßnahmen einschließlich zahntechnischer Leistungen, die
ohne Therapieänderung über die ursprünglich geplanten hinausgehen, durch den Vertragszahnarzt der Ersatzkasse anzuzeigen und
von dieser zu genehmigen sind (§ 14 Abs. 7 EKV-Z). Die Vertragsparteien haben damit u.a. auch deutlich gemacht, dass die Erstellung eines Behandlungsplans und dessen Genehmigung
durch die Krankenkasse kein Selbstzweck sind. Der Behandlungsplan und dessen Prüfung dienen vielmehr u.v.a. der Prüfung der
Wirtschaftlichkeit einer kieferorthopädischen Versorgung und sind in der vorliegenden Konstellation einer schon genehmigten
Behandlung im Wesentlichen dann von Bedeutung, wenn - anders als vorliegend - zusätzliche Maßnahmen erforderlich werden, die
Kosten verursachen.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§
160 Abs.
2 SGG).