Tatbestand
Der als Facharzt für Neurochirurgie zur vertragsärztlichen Versorgung in N zugelassene Kläger begehrt die Zahlung von 23.560,58
EUR aus einem Vergleich.
Nach Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise des Klägers in den Quartalen III/1999 bis II/2003 sprach der Prüfungsausschuss
der Ärzte und Krankenkassen (Prüfungsausschuss) Kürzungen i.H.v. insgesamt 1.267.436,65 Punkten aus. Der mit den gegen die
jeweiligen Bescheide erhobenen Widersprüchen angerufene Beschwerdeausschuss der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein (Beschwerdeausschuss)
unterbreitete dem Kläger mit Schreiben vom 07.07.2005 zum Abschluss der vorgenannten Quartale ein Vergleichsangebot auf Reduzierung
der Kürzung um 50%. Seinem Schreiben fügte er vier Vergleichsexemplare bei und bat den Kläger, alle vier unterschrieben zurückzusenden.
Dem Schreiben lag eine Aufstellung der Prüfungsausschuss beschlossenen Maßnahmen mit den entsprechenden Kürzungspunkten bei.
Der Kläger teilte daraufhin mit: "In Vorbereitung eines etwa denkbaren Vergleiches auf der von Ihnen genannten Basis bitten
wir Sie, uns doch in der Auflistung, die sie uns zugeleitet haben, jeweils am Rand zu vermerken, um welchen Betrag es sich
handelt, der als 50%iger Betrag herauskäme. Wir können aus unseren Unterlagen diese Beträge nicht ermitteln. Sie würden deshalb
durchaus die Dinge zur Beurteilung erleichtern." (Schreiben vom 18.07.2005).
Der Beklagte, handelnd durch die damalige Sachbearbeiterin, die Verwaltungsangestellte M, antwortete hierauf u.a.: "Zu den
Punktwerten für die gekürzten Leistungssparten ist darauf hinzuweisen, dass dem Beschwerdeausschuss nur gemittelte Punktwerte
vorliegen, da jede Leistungssparte einen anderen Punktwert hat. Erfragt werden können die genauen Werte jedoch bei der Bezirksstelle
Düsseldorf ..." (Schreiben vom 12.08.2005).
Der Kläger führte anschließend u.a. aus (Schreiben vom 16.08.2005):
" die Dinge sind, wie wir Ihnen bereits sagten, nicht schnell zu klären. Bei uns laufen noch einige Anfragen wegen der Kosten,
die nach dem Vergleich, den Sie sich vorstellen, von unserer Partei getragen werden müssen. Diese Anfragen müssen abgewartet
werden. Darüber hinaus hat uns unser Mandant auf folgendes aufmerksam gemacht: Bisher ist es so, dass nach seiner Vorstellung
ein Punkt etwa 5,11 Cent beträgt. Das würde bedeuten, dass Ihr Vorschlag, der von 1.267.436,65 ausgeht, einen Betrag von insgesamt
EUR 64.000,00: 2 = etwas über EUR 32.000,00 beinhaltet. Unsere Partei ist noch völlig unentschlossen, auch weil eine Übersicht
über die Verfahren fehlt, ob dieser Vergleich oder ein ähnlicher Vergleich denkbar ist. Wir hatten Sie mit unserem Schreiben
vom 18.07.2005 gebeten, uns doch ein Schreiben zuzuleiten, aus dem sich ergibt, um welche Beträge es sich in den einzelnen
Verfahren handelt. Es ist in dem Fall ja so, dass die Übersicht sehr leicht verloren geht und man natürlich auch wissen muss,
welche Verfahren sich nun für diesen Vergleich eignen und welche nicht. Es laufen immerhin auch Prozessverfahren, in denen
andere Kollegen tätig sind. Wir streben eine vergleichsweise Erledigung an, möglichst in einem Prozessverfahren, in dem alle
Dinge, die streitig sind, oder jedenfalls ein Problem betreffen, erledigt werden. Bitte geben Sie uns doch baldmöglichst die
Aufklärung, damit wir uns dem Vergleich nähern können."
Der Beklagte, wieder handelnd durch die Verwaltungsangestellte M teilte daraufhin mit (Schreiben vom 18.08.2005): "Wir bestätigen
Ihnen den Eingang Ihres Schreibens vom 16.08.05. Der Beschwerdeausschuss Nordrhein hat aufgrund Ihrer rechnerischen Ausführungen
die Abteilung Sonstige Sachgebiete bei der Bezirksstelle Düsseldorf um Bekanntgabe der genauen Punktwerte für die betroffenen
Quartale und Leistungssparten gebeten. Hier ist ausgewiesen, um welches Kürzungsvolumen es sich insgesamt handelt bzw. welche
Kürzungsbeträge auf die einzelnen Leistungssparten entfallen. Aufgrund des Vergleichsvorschlages würde die Hälfte dieses Betrages
erstattet. Darüber hinaus teilen wir Ihnen mit, dass es einen anderen abgeänderten Vergleichsvorschlag nicht geben wird. Ebenso
wenig würden die Antragsteller einem Teilvergleich bezogen auf einzelne Leistungssparten zustimmen. Zudem sind die Antragsteller
nur bereit die o. g. Verfahren vergleichsweise zu erledigen. Der Beschwerdeausschuss ist nur für die Wirtschaftlichkeitsprüfung
zuständig. Sollten Sie die in Ihrem Schreiben erwähnten Prozessverfahren evtl. noch die offenen Plausibilitätsverfahren meinen,
so ist hier nicht der Beschwerdeausschuss zuständig, sondern die KVNo und somit Ihr Ansprechpartner. Sollten Sie allerdings
zu dem Ergebnis kommen, dass Sie eine exakte quantifizierte Wirtschaftlichkeitsprüfung wünschen, so wird der Beschwerdeausschuss
Nordrhein die o. g. Verfahren in einer seiner Sitzungen im Oktober bzw. November diesen Jahres terminieren und den Sitzungstag
mit Ihnen bzw. Ihrem Mandanten absprechen. Es sollte aber auch bedacht werden, dass bei einem Vergleichsvorschlag eine gewisse
Toleranz eingeräumt wird. Für eine baldige Antwort wären wir Ihnen daher dankbar." Dem Schreiben war eine Aufstellung über
die Kürzungen im Einzelnen mit einem Gesamt-Kürzungsvolumen von insgesamt 55.921,16 EUR beigefügt:
Der Kläger erwiderte mit Schreiben vom 14.09.2005:
" ... wir kommen zurück auf Ihr Schreiben vom 18.08.2005. Wir verstehen Ihr Schreiben nebst Anlage so, dass ein Vergleich
geschlossen werden soll, der die Prozesse betrifft, die in Ihrer Auflistung erwähnt sind und dass ein Gesamtbetrag in Höhe
von EUR 55.921,16 in Rede steht, Sie also vergleichsweise die Hälfte dieses Betrages = EUR 27.960,58 anbieten bei gleichzeitiger
Übernahme der hier entstandenen und durch den Vergleich entstehenden Kosten. Wir bitten um Mitteilung, ob wir diese Dinge
richtig wiedergegeben haben. Unsere Partei ist geneigt, einem solchen Vergleich, der vor Gericht geschlossen werden müsste,
zuzustimmen, wobei sich das Sozialgerichtsverfahren S 33 KA 315/01 anbietet, in dem der Vergleich abgeschlossen werden könnte. Bitte geben Sie uns alsbald hierzu Nachricht."
Dieses Schreiben beantwortete der Beschwerdeausschuss mit von der Verwaltungs-Angestellten N2 unterzeichnetem Schreiben vom
04.10.2005 u.a. mit:
" ... Wir bestätigen den Eingang Ihres Schreibens vom 14.09.2005 und teilen Ihnen mit, dass es sich bei dem Vergleichsvorschlag
um einen Betrag in Höhe von 27.960,58 Euro handelt."
Der Kläger regte mit Schreiben vom 05.10.2005 zunächst einen vor Gericht zu schließenden Vergleich an, und zwar:
" ... Wir legen deshalb Wert darauf, dass der Vergleich vor Gericht geschlossen wird, weil es auf diese Weise erreicht werden
kann, dass die Rechtsschutzversicherung, die sonst nicht eintrittspflichtig ist, Kosten übernimmt. Für unsere Partei ist diese
Kostenübernahme wesentlich. Im Übrigen kann der Vergleich auch mit Beträgen ausgefüllt werden, wobei uns eine letzte Stellungnahme
Ihrerseits zu unserem Schreiben vom 16.08.2005 noch fehlt. Wir verweisen auf den Absatz, mit dem wir einen Betrag von etwa
EUR 64.000,00 angenommen hatten, der sich auf EUR 32.000,00 halbieren würde. Stehen Sie auf dem Standpunkt, dass die Hälfte
von EUR 55.921,16 angenommen werden muss? Wenn das der Fall ist, so bitten wir um Mitteilung, ob unsere Annahme, dass der
Punktwert 5,11 Cent ist, falsch ist. Wir bitten um Ihre umgehende Nachricht."
und mit Schreiben vom 11.10.2005:
" ... wir kommen nochmals auf die Dinge zurück und erlauben uns, folgendes vorzutragen:1. Unsere Partei ist bereit, sich auf
der Basis zu vergleichen, die von Ihnen vorgeschlagen worden ist. Es handelt sich dabei um einen Betrag von EUR 27.960,58,
wobei die hier entstandenen Kosten zu 50% von Ihnen übernommen werden. 2. Allerdings muss unsere Partei es zur Bedingung machen,
dafür bitten wir um Verständnis, dass der Vergleich gerichtlich protokolliert wird ..."
Sodann erklärte der Kläger mit Schreiben vom 07.11.2005 schließlich, nachdem der Beschwerdeausschuss darauf hingewiesen hatte,
dass kein gerichtliches Verfahren wegen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung anhängig sei, der Vergleich könne auch außergerichtlich
abgeschlossen werden:
" ... Wir haben es erreicht, dass der Vergleich auch außergerichtlich abgeschlossen werden kann. Unsre Partei nimmt deshalb
den Vergleichsvorschlag, den Sie unterbreitet haben an. Es bedarf keiner gerichtlichen Protokollierung. Wir werden dies dem
Gericht in dem Verfahren, in dem wir an sich die Protokollierung erbeten hatte, mitteilen, sobald uns insoweit auch Ihr Einverständnis
vorliegt. Der Vergleich ist also auf der von Ihnen vorgeschlagenen Basis zustande gekommen ... Bezüglich der Kostenabwicklung
verweisen wir auf die beigefügte Aktennotiz und bitten um Bestätigung. Auch bitten wir um baldige Überweisung des hier in
Rede stehenden Betrages ..."
Unter dem 16.11.2005 übersandte der Beschwerdeausschuss dem Kläger den von den Vertretern der Primär- und Ersatzkassen sowie
dem Vertreter der Beklagten unterschriebenen Vergleichsvertrag und teilte mit, dass die Weiterleitung an die Buchhaltung seinerseits
erfolge. Am 23.11.2005 gingen die von dem Kläger unterzeichneten Vergleichsexemplare beim Beschwerdeausschuss ein. Im Begleitschreiben
vom 22.11.2005 heißt es u.a.
"Bitte sorgen Sie umgehend dafür, dass der entsprechende Betrag, der sich aus den Ausführungen, die Ihrerseits gemacht worden
sind, ergibt, bezahlt wird."
Der Vergleichstext hat folgenden Inhalt:
"Zur Erledigung der Beschwerdeverfahren betr. die Widersprüche des des Herrn Dr. medic./MF C S, Neurochirurg, N, Arzt-Nr.
28 41 006 gegen die Bescheide des Prüfungsausschusses L betr. der Honorarabrechnungen der Quartale III und IV/99, I-IV/00,
I-IV/01, I-IV/02 und I und II/03 schließen
Herr Rechtsanwalt Dr. jur. F, N,
Frau N - für die beteiligten Primärkrankenkassen -
Herr N1 - für die beteiligten Ersatzkrankenkassen - und
Herr Dr. F - für die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein -
folgenden Vergleich
1. Die Honorarkürzungen in den oben genannten Quartalen werden um 50% auf 50% reduziert.
2. Die dem Widerspruchsführer entstandenen Rechtsanwaltskosten werden - entsprechend der Quote der aufgehobenen Kürzungen
- zur Hälfte erstattet. 50% der Rechtsanwaltskosten gehen zu Lasten des Widerspruchsführers.
3. Damit betrachten die Beteiligten die Widerspruchsverfahren als erledigt."
Der Beschwerdeausschuss schrieb am 25.11.2005:
"wir bestätigen den Eingang ihres Schreibens vom 22.11.2005 und teilen mit, dass wir schnellstmöglich unsere Buchhaltung anweisen
den Betrag an Sie zu überweisen."
Mit weiterem Schreiben vom 28.11.2005 teilte der Beschwerdeausschuss nochmals mit:
" ... wir bestätigen hiermit den zwischen Ihnen sowie Herrn N1 und Frau N - für die beteiligten Krankenkassen - und Herrn
Dr. F, für die Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein geschlossenen Vergleich folgenden Inhalts: (Anmerkung des Senats: Der
Vergleichstext s. oben wird wiederholt).
Mit Schreiben vom 11.01.2006 teilte die Beklagte dem Kläger sodann mit, aufgrund der Berechnung der Bezirksstelle habe sich
ergeben, dass eine Gutschrift für die Quartale III/1999 bis III/2002 und II/20303 nicht mehr erfolgen könne, da das Individualbudget
bereits vollständig ausgeschöpft worden sei und die anstehenden Verrechnungspunktzahlen Bestandteil des Individualbudgets
seien. Aufgrund dieser durchzuführenden Verrechnung erhöhe sich ausschließlich die Überschreitung des Individualbudgets, so
dass eine weitergehende Honorierung nicht erfolgen könne. Die Gutschrift für die verbleibenden Quartale IV/2002 und I/2003
betrage 4.528,43 EUR.
Der Kläger machte dagegen u.a. geltend, dass dieser Betrag nicht dem Vergleichsinhalt entspreche. Aus dem Vergleich ergebe
sich ein Anspruch auf Zahlung von 27.960,58 EUR. Ansonsten wäre der Vergleich nicht geschlossen worden.
Nachdem die Beklagte eine weitergehende Zahlung abgelehnt hatte, hat der Kläger am 08.05.2006 Klage auf Zahlung eines Betrages
von 23.560,58 EUR nebst Zinsen gegen die Beklagte und den Beschwerdeausschuss erhoben. Im Termin zur mündlichen Verhandlung
vom 14.01.2009 hat das Sozialgericht (SG) Düsseldorf das Verfahren bezüglich des Beschwerdeausschusses abgetrennt.
Der Kläger hat zur Begründung seiner Klage im Wesentlichen vorgetragen: Im Hinblick darauf, dass der Vergleich zustande gekommen
und mit einer baldigen Zahlung zu rechnen gewesen sei, habe sein Bevollmächtigter ihm den in Rede stehenden Betrag bereits
ausgezahlt. Dieser errechne sich aus der Vergleichssumme i.H.v. 27.960,58 EUR./. gezahlter 4.400,00 EUR. Er habe im Rahmen
seiner finanziellen Disposition mit diesem Betrag gerechnet. Sein Bevollmächtigter habe ihm schließlich den Betrag als Darlehen
mit einen Zinssatz von 6%zur Verfügung gestellt. Diese Zinsen mache er als Verzugsschaden geltend. Er gehe davon aus, dass
alle Beteiligten bei Vergleichsschluss von einem Zahlbetrag in Höhe von 27.960,58 EUR ausgegangen seien. Er könne sich nicht
vorstellen, dass die Beteiligten vorgehabt hätten, ihn zu täuschen. Der gesamte Verfahrensverlauf zeige, dass es ihm wesentlich
auf die Höhe des aus dem Vergleich resultierenden Zahlungsbetrags angekommen sei. Deshalb habe er sich wiederholt um Klärung
des Kürzungsvolumens bemüht. Der Beschwerdeausschuss habe u.a. im Schreiben vom 04.10.2005 den Betrag von 27.960,58 EUR bestätigt.
Die Parteien seien sich über diese Summe einig geworden. Der Beschwerdeausschuss habe die schnellstmögliche Überweisung des
Betrages bestätigt und auch die Hälfte seiner außergerichtlichen Kosten übernommen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, an ihn 23.560,58 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB
seit dem 28.11.2005 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat im Wesentlichen vorgetragen, aus dem Vergleich ergebe sich kein Zahlungsanspruch. Dieser sei als öffentlich-rechtlicher
Vertrag in Schriftform abzufassen. Ein Vergleich anderen Inhalts sei nicht, jedenfalls nicht formgültig zustande gekommen.
Auch der Schriftwechsel mit dem Beschwerdeausschuss lasse keine andere Deutung zu, da dieser gerade nicht in den Wortlaut
des Vergleichstextes eingeflossen sei. Anderenfalls könne lediglich davon ausgegangen werden, dass zwischen den Beteiligten
ein Dissens bestehe. Einem langjährigen Vertragsarzt dürfte die Systematik bekannt sein, nach der Wirtschaftlichkeitsprüfungen
quartalsgleich und damit zeitnah zur Abgabe der Honorarabrechnung durchgeführt würden. Das Ergebnis dieser Prüfung könne nur
eine Momentaufnahme darstellen, da es weiteren Budgetierungsmechanismen vorangestellt sei. Ergebnis könne nur ein Kürzungsbetrag
und kein Zahlbetrag sein. Soweit der Kläger dies anders sehe, sei keine Einigung durch weiteren Schriftwechsel zustande gekommen
(wird ausgeführt). Ein Zahlungsanspruch sei nicht entstanden. Auch die Kostenfestsetzung in Höhe von jeweils 50% stütze den
Zahlungsanspruch nicht.
Das SG hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen N2 und Dr. F. Auf die Sitzungsniederschrift vom 14.01.2009 wird Bezug genommen.
Sodann hat es die Klage mit Urteil vom 14.01.2009 abgewiesen. Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung
von 23.560,58 EUR, denn ein Vergleich dieses Inhalts sei zwischen den Beteiligten nicht zustande gekommen. Bei dem schriftlichen
Vergleich vom 15.11.2005 bzw. 22.11.2005 handele es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, der schriftlich zu schließen
sei. Diesem Erfordernis sei entsprochen worden. Aus dem Wortlaut des Vergleichs ergebe sich der Zahlungsanspruch nicht. Der
geltend gemachte Zahlbetrag könne nicht mittels Auslegung in den Vergleich hineingelesen werden. Es sei schon nicht ersichtlich,
dass diejenigen, die den Vergleich unterzeichnet hätten, mit Ausnahme des Klägers ein solches Erklärungsbewusstsein gehabt
hätten. Der Zeuge Dr. F habe in seiner Vernehmung ausgeführt, dass die Budgetierung in Verfahren dieser Art keine Rolle spiele
und letztlich niemand wisse, was am Ende durch die Budgetierung ausgeschlossen sei. Das Verfahren der Wirtschaftlichkeitsprüfung
gemäß Prüfvereinbarung vom 01.01.2001 (Rhein. Ärzteblatt 6/2001, S. 109 ff.) bestätige diesen Ansatz. Das Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahren
setze zu einem Zeitpunkt ein, zu dem die eingereichten Abrechnungsunterlagen des jeweiligen Quartals ausgewertet, aber noch
keiner konkreten Honorarberechnung nach Maßgabe des Honorarverteilungsmaßstabes bzw. des Honorarverteilungsvertrages der Beklagten
zugeleitet worden seien. So seien die Beklagte und die Krankenkassen nach § 10 Abs. 2 Prüfvereinbarung gehalten, unverzüglich,
spätestens jedoch 10 Tage nach Vorliegen der in § 9 Prüfvereinbarung im Einzelnen aufgeführten Unterlagen, eine Entscheidung
darüber zu treffen, ob ein Antrag auf Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Behandlungstätigkeit nach Durchschnittswerten gestellt
werde. Vergleichbares gelte für die Prüfung der Behandlungs- und Verordnungstätigkeit auf der Grundlage von Stichproben (§
14 Abs. 4 Prüfvereinbarung). In § 19 Abs. 2 Prüfvereinbarung sei ferner geregelt, dass der Prüfungsausschuss, um die Entscheidung
noch bei der quartalsbezogenen Festsetzung des Honoraranspruchs berücksichtigen zu können, den Arzt darauf hinzuweisen habe,
dass er seinen Anspruch auf rechtliches Gehör durch Widerspruch gegen den Prüfbescheid im Abhilfeverfahren geltend machen
könne. Soweit der Prüfungsausschuss eine Unwirtschaftlichkeit feststelle und dementsprechend eine Honorarkürzung ausspreche,
beziehe sich dies auf die Punktanforderung des anerkannten Leistungsbedarfs vor Budgetierung. Die infolge der Honorarkürzung
abgezogenen Punkte blieben bei der weiteren Berechnung der Vergütung und bei den zu berücksichtigenden vertraglichen Budgetierungsmaßnahmen
außen vor. Dies habe zur Folge, dass eine Honorarkürzung zwar regelmäßig in Quoten und Punkten ausgewiesen werde, ein konkreter
Zahlbetrag hiermit jedoch nicht verbunden sei. Eine von diesen Grundsätzen abweichende Regelung sei dem Vergleichstext nicht
zu entnehmen. Der Schriftverkehr zwischen dem Klägerbevollmächtigten und den Mitarbeiterinnen des Beschwerdeausschusses führe
zu keiner anderen Auslegung des Vergleichs. Das gelte auch im Hinblick darauf, dass die Mitarbeiterinnen des Beschwerdeausschusses
mit ihren Schreiben vom 18.08.2005 und 04.10.2005 unvollständige bzw. inhaltlich unrichtige Auskünfte zum Auszahlungsbetrag
gemacht hätten. Die Mitarbeiterin M habe dem Klägerbevollmächtigten mit Schreiben vom 18.08.2005 eine Aufstellung zum Kürzungsvolumen
übersandt und ausgeführt, dass eine Berechnung auf Basis der genauen Punktwerte für die betroffenen Quartale und Leistungssparten
erfolgt sei. Daraus ergebe sich, dass offensichtlich das Individualbudget noch keine Berücksichtigung gefunden habe. Allerdings
habe sie weiter ausgeführt, aufgrund des Vergleichsvorschlags werde die Hälfte dieses Betrages erstattet. Diese Auskunft sei
inhaltlich unrichtig, da die Budgetierungen bei der Berechnung des Kürzungsvolumens noch nicht berücksichtigt seien. Gleiches
gelte für die Auskunft der Zeugin N2 in ihrem Schreiben vom 04.10.2005. Soweit sie darin mitteile, dass es sich bei dem Vergleichsvorschlag
um einen Betrag in Höhe von 27.960,58 EUR handele, sei diese Auskunft im Hinblick auf die noch fehlende Berechnung unter Budgetbedingungen
inhaltlich unrichtig, was die Zeugin in ihrer Vernehmung auch eingeräumt habe. Zum damaligen Zeitpunkt sei ihr noch nicht
bekannt gewesen, dass für die endgültige Berechnung des Auszahlungsbetrages zunächst noch das Individualbudget zu berücksichtigen
sei. Diese inhaltlich unrichtige Auskunft habe sodann bei dem Kläger bzw. seinem Bevollmächtigten die Vorstellung erweckt,
dass der Vergleichsabschluss einen entsprechenden Zahlbetrag zur Folge habe. Weder die fehlerhafte Auskunft selbst noch die
dadurch verursachte Vorstellung des Klägers führten dazu, dass der Vergleich mit diesem Inhalt geschlossen worden sei. Soweit
der Kläger meine, bereits mit seinem Schreiben vom 07.11.2005 sei ein Vergleich zustande gekommen, weil er darin dessen Annahme
erklärt habe, könne dem nicht gefolgt werden. Bei dem Schreiben vom 04.10.2005 handele es sich lediglich um eine Auskunft
zum vermeintlichen Zahlbetrag. Diese Auskunft sei ferner von der Zeugin N2 als Verwaltungsangestellte unterzeichnet worden,
so dass der Kläger und sein Bevollmächtigter hätten erkennen können, dass die Abschlusskompetenz für Vergleiche fehle. Zudem
habe dem Kläger bzw. seinem Bevollmächtigten aufgrund des mit Schreiben des Beschwerdeausschusses vom 07.07.2005 erstmals
übersandten Vergleichstextes bewusst sein müssen, dass der Vergleichsabschluss von der Unterzeichnung sämtlicher Beteiligter
abhängig sei. Demzufolge habe er nicht davon ausgehen können, dass der Schriftwechsel zwischen dem Bevollmächtigten und den
Mitarbeiterinnen des Beschwerdeausschusses diese Verfahrensweise ersetze. Darüber hinaus setzt der Vergleichsabschluss zumindest
zwei übereinstimmende Willenserklärungen voraus. Dass der Beschwerdeausschuss in Gestalt der Zeugin N2 einen entsprechenden
Erklärungswillen gehabt habe, sei nicht ersichtlich. Die Motivation des Klägers für den Vergleichsabschluss sei offensichtlich
die durch die fehlerhaften Auskünfte verursachte Vorstellung, als Folge des Vergleichs ergebe sich ein Auszahlungsbetrag von
27.960,58 EUR. Mit diesem Erklärungsbewusstsein hätten die übrigen Beteiligten den Vergleich hingegen nicht abgeschlossen.
Als Konsequenz könne sich lediglich die Prüfung anschließen, inwieweit sich eine Anfechtungslage oder ein versteckter Dissens
ergebe. Ein versteckter Dissens liege nicht vor, weil der Vergleichstext nach objektiven Kriterien keine mehrdeutige Interpretation
zulasse. Die Formulierung in Ziffer 1 des Vergleichs beziehe sich allein auf die Honorarkürzungen und verbinde damit keinen
konkreten Zahlbetrag. Vielmehr hätten die Beteiligten den Vergleich nach seinem objektiven Erklärungsgehalt jeweils subjektiv
anders bewertet. In Betracht käme danach allenfalls, dass der Kläger den Vergleich anfechten könne. Beide Varianten führten
lediglich dazu, dass der Vergleich in der bisherigen Fassung keinen Bestand mehr habe.
Gegen das am 19.03.2009 zugestellte Urteil hat der Kläger fristgerecht Berufung eingelegt und zu deren Begründung unter Wiederholung
und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens vorgetragen, ein Vergleich sei bereits aufgrund seiner Erklärung im Schreiben
vom 07.11.2005 zustande gekommen. Im Übrigen gelte der Grundsatz von Treu und Glauben. Die Beklagte müsse sich das Handeln
der Verwaltungsangestellten anrechnen lassen. Diese hätten falsche Auskünfte erteilt, dafür hafte die Beklagte im Rahmen der
Amtshaftung. Die Beklagte müsse sich so behandeln lassen, als wenn die Auskünfte richtig gewesen seien. Schließlich hafte
die Beklagte auch aus Verschulden bei Vertragsschluss; denn sie habe die gebotenen Sorgfaltspflichten bei Abschluss des Vertrages
verletzt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14.01.2009 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 23.432,15 EUR nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 28.11.2005 zu zahlen.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 1) beantragen,
die Berufung zurückweisen.
Sie beziehen sich auf das angefochtene Urteil.
Soweit der Kläger zivilrechtliche Schadensersatz- und Amtshaftungsansprüche geltend macht, hat der Senat das Verfahren abgetrennt
und insoweit an das Landgericht Düsseldorf verwiesen.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen nimmt der Senat Bezug auf die Streitakte, die Verfahrensakte L 11 KA 3/11 sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe
Die statthaft und im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Das Urteil des SG entspricht im Ergebnis der Sach- und Rechtslage.
I.
Der erkennende Senat ist zuständig, soweit der Kläger seinen Anspruch auf Zahlung weiteren Honorars auf vertraglicher Grundlage
begehrt. Es handelt sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts (§§
10 Abs.
2,
31 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG)), für die der 11. Senat des LSG Nordrhein-Westfalen nach dem Geschäftsverteilungsplan 2012 des Präsidiums vom 21.12.2011
ausschließlich zuständig ist. §§
10 Abs.
2,
31 Abs.
2 SGG begründen eine Sonderzuständigkeit für Streitigkeiten, die materiell dem Krankenversicherungsrecht zuzuordnen sind, aber
die besonderen Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten betreffen (Senat, Beschlüsse vom 27.06.2006 - L 11 B 30/06 KA ER -, 09.02.2011- L 11 KA 91/10 B ER -, 04.05.2011 - L 11 KA 120/10 B ER -, Urteile vom 11.11.2009 - L 11 KA 101/06 -, 27.10.2010 - L 11 (10) KA 14/07 -, 19.10.2011 - L 11 KA 29/09 -). Dem ist der vorliegende Rechtsstreit zuzuordnen. Das ergibt sich unter Berücksichtigung der Natur des Rechtsverhältnisses,
aus dem der Klageanspruch im Kern hergeleitet wird, bereits daraus, dass ein Vertragsarzt und eine Kassenärztliche Vereinigung
Hauptbeteiligte des Rechtsstreit sind (vgl. BSG, Urteil vom 23.03.2011 - B 6 KA 11/10 R - m.w.N; eingehend hierzu Senat, Beschluss vom 04.05.2011 - L 11 KA 120/10 B ER -). Dies gilt indes nicht, soweit der Kläger erstmals im Berufungsverfahren von der Beklagten Schadensersatz auf der
Grundlage eines Amtshaftungsanspruchs i.S.d. §
839 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB), Art.
34 Grundgesetz (
GG) begehrt. Die Amtshaftung nach §
839 BGB, Art.
34 GG gehört zum System der öffentlich-rechtlichen Schadensersatz- oder Entschädigungsleistungen. Diese Schadensersatzansprüche
- auch aus Aufopferung, Enteignung und enteignungsgleichem Eingriff - sind im Zivilrechtsweg geltend zu machen. Nach §
71 Abs.
2 Nr.
2 Gerichtsverfassungsgesetz (
GVG) sind die Zivilgerichte für Amtshaftungsansprüche zuständig. ergibt sich für die Amtshaftung aus. Unschädlich ist dabei,
dass die in Bezug genommenen Mitarbeiterinnen des Beschwerdeausschusses keine Beamtinnen sind, denn in Art.
34 Satz 1
GG wird über den Wortlaut des §
839 BGB hinausgehend die Staatshaftung auf die Handlung aller Bediensteten bei Ausübung eines ihnen anvertrauten öffentlichen Amtes
ausgedehnt; die Verantwortung trifft den Staat bzw. die Körperschaft, in deren Dienst sie stehen. Haftungsrechtlich ist als
Beamter jede Person ohne Rücksicht auf ihre statusrechtliche Qualifikation anzusehen, die von einer öffentlich-rechtlichen
Körperschaft mit öffentlicher Gewalt ausgestattet wurde (vgl. Palandt/Sprau,
BGB, 69. Auflage, 2010, §
839, Rdn. 13 ff; Zimmerling in jurisPK-
BGB,
BGB, 5. Auflage, 2010, §
839 Rdn. 5). Insoweit hat der Senat den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung 29.02.2012 an
das Landgericht Düsseldorf verwiesen (§§ 17a, 71 Abs.
2 GVG, §
12 Zivilprozessordnung (
ZPO); vgl. auch Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 14.12.2011 - B 6 KA 13/11 R -; Bundesgerichtshof (BGH), Beschlüsse vom 22.09.2011 - III ZR 217/10 - und 10.02.2011 - III ZR 37/10 -).
Auch soweit der Kläger im Berufungsverfahren nunmehr auch Schadensersatz wegen Pflichtverletzung nach §
280 BGB, der durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 (BGBl. I S. 3138) das zuvor ungeschriebene Rechtsinstitut der positiven Vertragsverletzung ersetzt, geltend macht, war zu verweisen. Nach
§
71 Abs.
1 GVG gehören vor die Zivilkammern, einschließlich der Kammern für Handelssachen, alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die nicht
den Amtsgerichten zugewiesen sind. Die Zuständigkeit der Amtsgerichte umfasst in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit
sie nicht ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes den Landgerichten zugewiesen sind u.a. Streitigkeiten über Ansprüche,
deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von fünftausend Euro nicht übersteigt (§
23 GVG). Demnach ist auch mit Blick auf den geltend gemachten zivilrechtlichen Schadensersatzanspruch (§
280 BGB) die Zuständigkeit des Landgerichts - wiederum Düsseldorf - gegeben (§§
71 Abs.
1,
23 GVG; vgl. auch Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, Beschluss vom 27.04.2010 - 24 U 205/09 - zu §
280 BGB).
II.
Die Klage, mit der der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung weiteren Honorars auf vertraglicher Grundlage
begehrt, war als Leistungsklage nach §
54 Abs.
5 SGG zulässig. Danach kann mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt
werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Das ist hier der Fall, denn der Kläger verfolgt mit der Klage die
Zahlung von 23.560,58 EUR Honorar aus einem Vergleich.
1. Begründet wäre die Berufung, wenn der Kläger aus einem Vergleich Anspruch auf Zahlung von 23.560,58 EUR gegen die Beklagte
hätte. Ein Vergleich dieses Inhalts ist zwischen den Beteiligten indes weder durch den Vergleichsvertrag vom 15.11.2007 (nachfolgend
a)) noch infolge des Schriftverkehrs zwischen den Beteiligten (nachfolgend b)) zustande gekommen.
a) Der Vergleichsvertrag ist vom 15.11.2007 ist wirksam (nachfolgend aa)). Eine vertragliche Regelungslücke (nachfolgend bb))
oder versteckter Dissens (nachfolgend cc)) liegen nicht vor. Die Schriftform ist gewahrt (nachfolgend dd)).
aa) Der Vergleichsvertrag setzt Angebot und Annahme voraus.
(1) Das Angebot muss alle Elemente einer wirksamen Willenserklärung erfüllen. Ein wirksames Angebot bedingt die Elemente Willenserklärung
und Wirksamwerden der Willenserklärung. Die Willenserklärung muss im äußeren Tatbestand inhaltlich bestimmt sein nach a) Vertragsparteien,
b) Vertragsgegenstand und c) Gegenleistung. Im subjektiven Tatbestand muss der Erklärenden um diese Elemente wissen. Die Ziffern
a) und b) sind unproblematisch. Die Vertragsparteien sind benannt. Der Vertragsgegenstand folgt aus dem Einleitungssatz "Zur
Erledigung der Beschwerdeverfahren betr. Widersprüche gegen die Bescheide". Strittig zwischen den Beteiligten ist der Inhalt
von Leistung und Gegenleistung, was den eigentlich Vertragsinhalt zu Ziffer 1 und 2 anlangt.
Für die Auslegung empfangsbedürftiger Willenserklärungen ist maßgebend, wie diese vom Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben
und nach der Verkehrssitte verstanden werden mussten (vgl. §
133 BGB). In diese Würdigung sind auch außerhalb der Erklärung liegende Begleitumstände einzubeziehen, soweit sie für den Erklärungsempfänger
erkennbar waren und einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen (BGH, Urteile vom 12.03.1992 - IX ZR 141/91 - und 25.02.1999 - VII ZR 8/98 -).
Das Angebot auf Abschluss des Vergleichsvertrags hat der Beschwerdeausschuss für die Primärkassen, Ersatzkassen und die beklagte
KV Nordrhein mit Schreiben vom 07.07.2005 dem Kläger unterbreitet. Der dem beigefügte Vergleichsvorschlag ist indes weder
aktenkundig noch konnten die Beteiligten ihn vorlegen. Allerdings folgt schon aus dem Schreiben der seinerzeitigen Klägerbevollmächtigten
vom 18.07.2005, dass der Vergleichsvorschlag auf der "Basis 50:50" unterbreitet worden ist und unklar insoweit bleibt, um
welchen Betrag es sich dabei handelt. Indessen gibt es kein anderes Vergleichsangebots als jenes, dass die Beteiligten letztlich
am 15.11.2005 unterzeichnet haben. Zu klären ist damit allein, ob und inwieweit sich die Vertragsparteien über den Inhalt
von Leistung bzw. Gegenleistung geeinigt haben.
Von den Mindestbestandteilen des objektiven Tatbestandes einer Willenserklärung (Handlungswille, Erklärungsbewusstsein (Rechtsbindungswille),
Geschäftswille (Rechtsfolgewille); hierzu z.B. Hk-BGB/Dörner, 3. Auflage, 2003, vor § 116 Rdn. 1 ff.) kann allenfalls der
Geschäftswille (Rechtsfolgewille) zweifelhaft sein. Dieser betrifft Frage, welches konkrete Rechtsgeschäft aus Sicht des Anbietenden
abgeschlossen werden soll (Hk-BGB/Dörner, a.a.O., vor § 116 Rdn. 3). Das Angebot haben die Ersatzkassen, Primärkassen und
die beklagte KV Nordrhein abgegeben, was letztlich schon daraus folgt, dass nur diese auf Seiten der Anbietenden unterzeichnet
haben. Deren (verobjektivierter) Wille war darauf gerichtet, den Vergleichsvertrag mit dem Regelungsgehalt der Ziffern 1.
bis 3. abzuschließen, mithin angesichts des eindeutigen Wortlauts die Honorarkürzung von 50% auf 50% und nicht um einen bestimmten
EUR-Betrags zu reduzieren. Unzweifelhaft ist, dass die Anbietenden insoweit Handlungswillen, Rechtsbindungswillen und Geschäftswillen
hatten (subjektiver Tatbestand).
(2) Dieses Angebot hat der Kläger mit Schriftsatz vom 22.11.2005 angenommen, indem er das Vergleichsangebot durch seinen Bevollmächtigten
unterzeichnet und in drei Ausfertigungen dem Beschwerdeausschuss zurückgereicht hat (" ... wir haben die unterschriebenen
Vergleichsexemplare erhalten, von denen drei Ausfertigungen diesem Schreiben beigefügt sind. Für den Unterzeichner hat als
Vertreter von Herrn Dr. S ebenfalls unterschrieben. Der Vergleich ist damit zustande gekommen ..."). Das Verhalten des Klägers
lässt für die Vertragspartner objektiv den Schluss darauf zu, den Vergleich im Sinn des unterbreiteten Angebots angenommen
zu haben. Allerdings trägt er vor, den Vergleich mit der Vorstellung abgeschlossen zu haben, dass die Hälfte des Kürzungsbetrags
erstattet wird. Unterstellt der Kläger hat dies angenommen, wäre sein Geschäftswille auf eine andere (konkrete) Rechtsfolge
gerichtet als jener der Anbietenden. Fallen objektiver und subjektiver Erklärungstatbestand im Bereich des Geschäftswillens
auseinander, ist eine Anfechtungslage nach§ 119 Abs. 1
BGB gegeben (vgl. Ellenberger, in: Palandt, 69. Auflage, 2010,§
119 Rdn. 15 f.). Losgelöst von der Frist des §
121 BGB hat der Kläger jedenfalls ausdrücklich keine Anfechtung erklärt (§
119 BGB). Selbst wenn eine seiner vorprozessual oder im Gerichtsverfahren abgegebenen Äußerungen nunmehr im Wege der Auslegung (§
133 BGB) mit der Rechtsfolge des §
142 Abs.
1 BGB als Anfechtungserklärung interpretiert würde, kann dies nicht dazu führen, dass ihm der geltend gemachte Anspruch zuwächst.
Rechtsfolge einer erfolgreichen Anfechtung wäre die Nichtigkeit des Vertrags von Anfang an (§
142 Abs.
1 BGB).
bb) Der Vergleichsvertrag kann auch nicht im Sinne der Vorstellungen des Klägers ausgelegt werden. Maßgebend ist insoweit
§
157 BGB. Danach sind Verträge so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Voraussetzung
einer ergänzenden Vertragsauslegung ist das Bestehen einer Regelungslücke, also einer planwidrigen Unvollständigkeit der Bestimmungen
des Rechtsgeschäfts (BGH, Urteil vom 01.02.1984 - VIII ZR 54/83 -), die nicht durch die Heranziehung von Vorschriften des dispositiven Rechts sachgerecht geschlossen werden kann (BGH, Urteil
vom 13.11.1997 - IX ZR 289/96 -). Allein der Umstand, dass ein Vertrag für eine bestimmte Fallgestaltung keine Regelung enthält, besagt nicht, dass es
sich um eine planwidrige Unvollständigkeit handelt. Von einer planwidrigen Unvollständigkeit kann nur gesprochen werden, wenn
der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan der Parteien
zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrages eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen
wäre (vgl. BGH, Urteile vom 17.01.2007 - VIII ZR 171/06 - und 02.07.2004 - V ZR 209/03 -). Die ergänzende Vertragsauslegung muss sich als zwingende selbstverständliche Folge aus dem ganzen Zusammenhang des Vereinbarten
ergeben, so dass ohne die vorgenommene Ergänzung das Ergebnis in offenbarem Widerspruch mit dem nach dem Inhalt des Vertrages
tatsächlich Vereinbarten stehen würde (BGH, Urteil vom 10.07.1963 - VIII ZR 204/61 -).
Ausgehend hiervon fehlt es schon an einer planwidrigen Lücke. Der Wortlaut des Vergleichsvertrags ist eindeutig: Nach Ziffer
1. werden "die Honorarkürzungen in den oben genannten Quartalen um 50 % auf 50 % gekürzt." Die Honorarkürzungen wiederum beziehen
sich lediglich auf Punkte, wie sich bereits aus der Bezugnahme auf die Entscheidungen des Prüfungsausschusses "Zur Erledigung
der Beschwerdeverfahren betr. die Widersprüche des des Herrn Dr. medic./MF C S, Neurochirurg, N, Arzt-Nr. 28 41 006 gegen
die Bescheide des Prüfungsausschusses L betr. der Honorarabrechnungen der Quartale III und IV/99, I-IV/00, I-IV/01, I-IV/02
und I und II/03" ergibt. Sämtliche Bescheide weisen Kürzungen in Punkten auf. Es ist nicht ansatzweise ersichtlich, dass die
Vertragspartner des Klägers ein von dem Wortlaut der Vereinbarung abweichendes Verständnis bzw. dahingehenden Geschäftswillen
hatten, dem Kläger solle ein feststehender Betrag i.H.v. 27.960,58 EUR ausgezahlt werden. Auch der zwischen Kläger und Beschwerdeausschusses
geführte Schriftwechsel führt zu keiner anderen Auslegung des Vergleichs. Wenn die Beteiligten den dabei erörterten feststehenden
Erstattungsbetrag hätten vereinbaren wollen, hätte nichts näher gelegen, als diesen Betrag auch in den Vergleich einzusetzen
und von der Festlegung einer Kürzung abzusehen. Allein die aufgrund der unzutreffenden Mitteilungen der Mitarbeiterinnen des
Beschwerdeausschusses erweckten Erwartungen des Klägers, mit dem Vergleich werde ein Erstattungsbetrag i.H.v. 27.960,58 EUR
vereinbart, führen nicht zu einem entsprechenden Vertragsschluss mit anderen Vertragspartnern. Auf die zutreffenden Ausführungen
des SG im Urteil vom 14.01.2009 (S 8 des Urteilsumdrucks) wird gem. §
153 Abs.
2 SGG Bezug genommen.
cc) Läge ein versteckter Dissens (§
155 BGB) vor, würde dies das Begehren des Klägers nicht tragen. Ein versteckter Dissens setzt voraus, dass die Erklärungen der Parteien
sich ihrem Inhalt nach nicht decken (BGH, Urteil vom 30.06.1995 - V ZR 184/94 -). An einer Einigung fehlt es dann, wenn der durch Auslegung (§§
133,
157 BGB) ermittelte objektive Inhalt ihrer Erklärungen in dem betreffenden Punkt voneinander abweicht und sich hinter einem abweichenden
Erklärungsinhalt auch kein übereinstimmende innerer Wille feststellen lässt. Dagegen ist ein Vertragsschluss zu bejahen, wenn
der Inhalt beider Erklärungen objektiv deckungsgleich ist (BGH, Urteil vom 03.12.1992 - III ZR 30/91 -).
Hiernach besteht für die Annahme eines versteckten Dissenses kein Raum. Der Inhalt von Angebot und Annahme ist objektiv deckungsgleich;
es besteht lediglich eine Anfechtungslage (s oben). Im Übrigen führt auch eine ergänzende Vertragsauslegung nicht weiter.
Ohne die streitige Regelung ist der Vertrag schwerlich denkbar.
dd) Grundsätzlich bedarf es keiner Feststellung, ob der schriftliche Vergleich vom 15.11.2005 als öffentlich-rechtlicher Vertrag
(§§ 53 ff. Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)) wirksam zustande gekommen ist. Mängel der durch § 56 SGB X bestimmten Schriftform würden zur Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit des Vertrages führen (vgl. Engelmann, in: von Wulffen, SGB X, 7. Auflage, 2010, § 56 Rdn. 10 m.w.N.), stünden mithin dem aus dem Vertrag herzuleitenden Anspruch entgegen. Indes wird die Wirksamkeit des Vertrages
von keinem der Beteiligten in Frage gestellt. Auch dem Senat bieten insoweit keine gegenteiligen Anhaltspunkte. Die Beteiligten
haben das zwischen ihnen bestehende Rechtsverhältnis dahingehend geändert, dass sie eine bestehende Ungewissheit über die
Rechtmäßigkeit der gegen den Kläger auf Antrag der Beklagten bzw. der Krankenkassen von dem Prüfungsausschuss festgesetzten
Kürzungsansprüche durch gegenseitiges Nachgeben beseitigt haben (§ 54 SGB X - Vergleichsvertrag). Dem stehen Rechtsvorschriften nicht entgegen (§ 53 Abs. 1 letzter Halbsatz SGB X). Auch das Schriftformerfordernis des§ 56 SGB X ist letztlich erfüllt. Beteiligte des Vergleichs sind die Krankenkassen, so dass es auf die Frage, ob dem Vergleich deren
fehlende Zustimmung entgegenstehen könnte (§ 57 SGB X), nicht ankommt (hierzu BSG, Urteil vom 28.04.2004 - B 6 KA 8/03 R -).
b) Soweit der Kläger geltend macht, angesichts der gewechselten Korrespondenz, insbesondere angesichts seines Schreibens vom
07.11.2005 sei ein Vergleich zustande gekommen, weil er darin die Annahme erklärt habe, ist dem nicht zu folgen. Es fehlt
sowohl an einem wirksamen Vertragsschluss infolge von Angebot und Annahme (nachfolgend aa)) noch ist die Schriftform gewahrt
(nachfolgend bb)).
aa) Außer dem mit Schreiben vom 07.07.2005 übermittelten Angebot gibt es weder ein Angebot des Beschwerdeausschusses, noch
ein solches der Beklagten, der Primärkassen und Ersatzkassen zum Vergleichsabschluss. Auch der Kläger hat kein Angebot unterbreitet.
In sämtlichen wechselseitigen Schreiben werden lediglich die Modalitäten bzw. der Inhalt eines möglichen Vergleichs erörtert.
Das Schreiben des Beschwerdeausschusses vom 12.08.2005 beantwortet die Fragen des Klägerbevollmächtigten aus dem Schreiben
vom 18.07.2005. Im Schreiben vom 16.08.2005 teilt der Kläger u.a mit, "wir streben eine vergleichsweise Erledigung an, möglichst
in einem Prozessverfahren, in dem alle Dinge, die hier streitig sind, oder jedenfalls ein Problem betreffen, erledigt werden".
Hieraus wird hinlänglich deutlich, dass der Kläger bis zu diesem Zeitpunkt jedenfalls noch keinen Geschäftswillen hatte. Mit
Schreiben vom 18.08.2005 teilt der Beschwerdeausschuss zwar mit, "aufgrund des Vergleichsvorschlags würde die Hälfte des Kürzungsvolumens
erstattet". Dieses von der Verwaltungsangestellten M unterzeichnete Schreiben enthält indes kein Angebot. Auf die zutreffenden
Ausführungen des SG im Urteil vom 14.01.2009 (Seite 8 des Umdrucks) wird Bezug genommen (§
153 Abs.
2 SGG). Das Schreiben des Klägerbevollmächtigten vom 14.09.2005 kann demzufolge keine Annahme eines Angebots sein, was überdies
aus der Formulierung folgt: "Wir verstehen Ihr Schreiben nebst Anlage so, dass ein Vergleich geschlossen werden soll, der.
Sie also vergleichsweise die Hälfte dieses Betrags = EUR 27.960,58 anbieten bei gleichzeitiger Übernahme der hier entstandenen
und durch den Vergleich entstehenden Kosten". Das Schreiben vom 14.09.2005 stellt auch kein Angebot dar. Der Text belegt,
dass der Klägerbevollmächtigte allein das Schreiben des Beschwerdeausschusses vom 18.08.2005 zu interpretieren versucht, um
sodann seine Vorstellung mitzuteilen und dieserhalb um Bestätigung zu bitten ("Wir bitten um Mitteilung, ob wir diese Dinge
richtig wiedergegeben haben."). Demzufolge fehlt es dem Kläger insoweit schon nach dem äußeren Tatbestand einer Willenserklärung
sowohl am Erklärungsbewusstsein (Rechtsbindungswillen), also dem Bewusstsein, eine rechtsgeschäftliche Erklärung abzugeben
(vgl. Hk-BGB/Dörner, a.a.O., vor § 116 Rdn. 2), als auch am Geschäftswillen (Rechtsfolgewillen). Das nachfolgende Schreiben
des Beschwerdeausschusses vom 04.10.2005, unterzeichnet von der Verwaltungsangestellten N2, enthält mithin mangels Angebots
des Klägers keine Annahme eines Angebots. Es kann zudem nicht als Angebot verstanden werden. Zwar ist ein Handlungswille,
also der Wille, überhaupt eine Handlung vorzunehmen (vgl. Ellenberger, in: Palandt, a.a.O., vor § 116 Rdn. 16), gegeben. Aber
auch hier fehlt es im objektiven Tatbestand am Erklärungsbewusstsein und am Geschäftswillen. Dass die Verwaltungsangestellte
N2 nicht das Bewusstsein hatte, "irgendwie rechtsgeschäftlich zu handeln", ergibt sich schon daraus, dass das Schreiben vom
04.10.2005 ersichtlich in eine Korrespondenz eingebettet ist, in der es im Meinungsaustausch von Klägerbevollmächtigtem und
Beschwerdeausschuss allein darum geht, den aus Sicht des Klägerbevollmächtigten unklaren Vergleichsinhalt zu fixieren. Demzufolge
enthält das Schreiben vom 04.10.2005 lediglich eine Auskunft zum vermeintlichen Zahlbetrag. Diese Auskunft hat die Zeugin
N2 als Verwaltungsangestellte unterzeichnet, so dass auch für den Kläger bzw. seinen Bevollmächtigten ersichtlich war, dass
diese keine Abschlusskompetenz für Vergleiche hatte, mithin es auch aus verobjektivierter Sicht am Erklärungsbewusstsein fehlt.
Dieser Schluss war zudem deswegen zwingend, weil dem Kläger bzw. seinem Bevollmächtigten aufgrund des mit Schreiben des Beschwerdeausschusses
vom 07.07.2005 erstmals übersandten Vergleichstextes bewusst sein musste, dass der Vergleichsabschluss von der Unterzeichnung
durch sämtliche Beteiligten abhängig war. Er konnte daher nicht davon ausgehen, dass der zwischen seinem Bevollmächtigten
und den Mitarbeiterinnen des Beschwerdeausschusses erfolgte Schriftwechsel diese Verfahrensweise ersetzt. Ein verobjektivierter
Geschäftswille ist aus denselben Erwägungen zu verneinen. Darauf, dass die Zeugin ausweislich ihrer Bekundungen in der Beweisaufnahme
vor dem SG auch im subjektiven Tatbestand weder Erklärungsbewusstsein (Rechtsbindungswille) noch Geschäftswille (Rechtsfolgewille) hatte,
kommt es infolgedessen nicht an. Im Übrigen musste der Kläger dies nicht nur (verobjektiviert) so sehen, er hat dies auch
so gesehen, denn mit Schreiben vom 05.10.2005 hat er erklärt: " ... Wir legen deshalb Wert darauf, dass der Vergleich vor
Gericht geschlossen wird, ...". Dem entspricht sein Schreiben vom 11.10.2005, in dem er mitteilt: "Unsere Partei ist bereit,
sich auf der Basis zu vergleichen, die von Ihnen vorgeschlagen worden ist. Es handelt sich dabei um einen Betrag von EUR 27.960,58.
wobei die hier entstandenen Kosten zu 50 % von Ihnen übernommen werden. Allerdings muss unserer Partei zur Bedingung machen,
, dass der Vergleich gerichtlich protokolliert wird ...".
Das Schreiben vom 11.10.2005 ist auch nicht als Angebot zu verstehen, denn dem Kläger fehlte der Geschäftswille, da er nur
seine Bereitschaft erklärt hat, sich unter einer Bedingung zu vergleichen. Dies folgt im Übrigen auch daraus, dass er erstmals
mit Schriftsatz vom 07.11.2005 mittels der Formulierung "Unsere Partei nimmt deshalb den Vergleichsvorschlag, den Sie unterbreitet
haben, an. Der Vergleich ist also auf der von Ihnen vorgeschlagenen Basis zustandegekommen." seinen Geschäftswillen verdeutlicht
hat. Dieses trifft zu, indessen weichen die (subjektiven) Vorstellungen den Klägers über den Vergleichsinhalt vom Angebot
mit der Folge ab, dass eine Anfechtungslage gegeben ist (s oben).
Der Beschwerdeausschuss hat hiernach zu keinem Zeitpunkt angeboten, dem Kläger eine Zahlung zu leisten. Einen in irgendeiner
Form erkenntlichen Willen, sich selber zu binden, hat der Beschwerdeausschuss nie gehabt; er hat auch zu keinem Zeitpunkt
einen solchen Anschein erweckt. Die Anscheinsvollmacht setzt voraus, dass bei ihr der Vertretene das Handeln des in seinem
Namen Auftretenden zwar nicht kennt und duldet, es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen müssen und verhindern können
(vgl. BGH, Urteil vom 05.03.1998 - III ZR 183/96 -) und der Geschäftsgegner nach Treu und Glauben annehmen darf, der als Vertreter Handelnde sei bevollmächtigt; das bedingt
in der Regel, dass der Geschäftsgegner die Tatsachen kennt, aus denen sich der Rechtsschein der Bevollmächtigung ergibt (BGH,
Urteil vom 10.01.2007 - VIII ZR 380/04 -). Hieran fehlt es. Der Beschwerdeausschuss hat schon keinen Rechtsschein gesetzt, sich als Vertreter der Primärkassen,
Ersatzkassen und der beklagten KV zu gerieren. Er hat kraft seiner verfahrensrechltichen Stellung vielmehr darauf hingewirkt,
dass zwischen dem Kläger und seinen späteren Vertragspartnern, nämlich den Primärkassen, den Ersatzkassen und der Beklagten
ein Vergleich geschlossen wird. Damit geht das Vorbringen des Klägers, er habe einen Vergleich mit dem Beschwerdeausschuss
geschlossen, ungeachtet der Nichtigkeit eines solchen Vertrages wegen Formmangels, ins Leere. Ein Ausnahme besteht allein
hinsichtlich der Beteiligung des Beschwerdeausschusses an den Kosten des Verfahrens, an denen er unstreitig beteiligt hat.
Darauf allein bezieht sich die von dem Kläger in Bezug genommene Mitteilung des Beschwerdeausschusses vom 14.11.2005 "wir
bestätigen den Eingang Ihres Schreibens vom 07.11.2005 und teilen mit, dass wir mit dem Vorschlag btr. der Kostenabwicklung
einverstanden sind." Soweit der Kläger allerdings im Schriftsatz vom 22.02.2012 (S. 4) das Schreiben vom 07.11.2005 wiedergibt,
lässt er einen entscheidenden Satz aus und vermittelt so den Eindruck, der Beschwerdeausschuss habe schriftlich mehr als einer
Kostenbeteiligung zugestimmt. Das Schreiben vom 07.11.2005 lautet "Der Vergleich ist also auf der von Ihnen vorgeschlagenen
Basis zustande gekommen. Bezüglich der Kostenabwicklung verweisen wir auf die beigefügte Aktennotiz und bitten um Bestätigung.
Auch bitten wir um baldige Überweisung des hier in Rede stehenden Betrages"
Damit ergibt sich dann auch der Sinn des o.a. Schreibens des Beschwerdeausschusses vom 14.10.2005.
bb) Da sich die Vertragspartner, namentlich der Beschwerdeausschuss, mit dem nach dem Vorbringen des Klägers allein ein Vertrag
zustande gekommen sein soll, nur durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag i.S.d. §§ 53 ff. SGB X wirksam verpflichten können, gilt das Schriftformerfordernis des § 56 SGB X, das indes nicht eingehalten wäre und damit zur Nichtigkeit des behaupteten Vertrages führen würde (Engelmann in von Wulffen,
a.a.O., §
57 Rdn. 10 unter Hinweis auf §
125 BGB). Schriftform im Sinne dieser Vorschrift heißt nach dem gemäß § 61 Satz 2 SGB X entsprechend anzuwendenden §
126 Abs.
1 BGB im Grundsatz, dass die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten
Handzeichens zu unterzeichnen ist. Bei einem Vertrag ist darüber hinaus nach §
126 Abs.
2 BGB erforderlich, dass entweder beide Vertragsparteien auf derselben Urkunde unterzeichnen oder bei mehreren gleichlautenden
Urkunden jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet (BSG, Urteil vom 28.10.1992 - 6 Rka 19/91 -). Daran fehlt es schon nach dem Wortlaut des Gesetzes. Es gibt weder eine Unterzeichnung
der Parteien auf derselben Urkunde, noch gibt es mehrere gleichlautende Urkunden, die die Parteien wechselseitig unterzeichnet
haben. Umstritten ist zwar, ob entsprechend §
126 Abs.
2 BGB die Unterzeichnung durch Vertragspartner auf derselben Urkunde erfolgen muss, also immer Urkundeneinheit erforderlich ist
(so z.B. OVG Lüneburg, Urteil vom 13.08.1991 - 9 L 362/89 -), wonach Schriftwechsel zwischen den Beteiligten für den wirksamen Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages nicht
ausreicht, da dies der Warn- und Beweisfunktion widersprechen würde (OVG Lüneburg, Urteil vom 25.07.1997 - 1 L 5856/95 -). Demgegenüber soll es nach abweichender Auffassung für die Formgültigkeit schriftlicher Vertragserklärungen durch Schriftwechsel
ausreichen, wenn diese von einem entsprechenden Erklärungsbewusstsein getragen und mit Bindungswillen abgegeben sind (Stelkens/Bonk/Sachs,
VwVfG, 7. Auflage, 2008, § 57 Rdn 19 ff.). Hiernach wird der Warn- und Beweisfunktion genügend Rechnung getragen, wenn über den Vertrag mehrere gleich
lautende Urkunden aufgenommen werden, sofern jede Partei die für die andere Partei bestimmte Ausfertigung unterschreibt (Kopp/Ramsauer,
VwVfG, 10. Auflage, 2008, § 57 Rdn 9; Krasney, in: KassKomm, SGB X, § 56 Rdn 5). Für diese Auffassung könnte streiten, dass mittels § 36a Abs. 2 S. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch eine durch Rechtsvorschrift
angeordnete Schriftform durch die elektronische Form ersetzt werden kann, soweit nicht durch Rechtsvorschrift etwas anderes
bestimmt ist, denn bei Vertragsabschluss im Wege elektronischer Form ist Urkundeneinheit von vornherein nicht möglich (so
Engelmann, a.a.O., § 56 Rdn. 7). Ob dem zu folgen ist, mag zweifelhaft sein, denn es liegen zumindest auf Seiten der Beklagten
keine Schriftwechsel vor, die von einem entsprechenden Erklärungsbewusstsein getragen und mit Geschäftswillen abgegeben sind.
Im Übrigen sind über den Vertrag nicht mehrere gleich lautende Urkunden aufgenommen worden und hat nicht jede Partei die für
die andere Partei bestimmte Ausfertigung unterschrieben.
Nach der Rechtsprechung des BSG kann ein öffentlich-rechtlicher Vertrag schließlich auch dadurch geschlossen werden, dass wegen §
151 BGB auf schriftlicheAnnahmeerklärung eines schriftlichen Vertragsangebotes stillschweigendverzichtet wird (BSG, Urteile vom 29.06.1995 - 11 RAr 109/94 - und 18.07.2006- B 1 KR 24/05 R -). Angesichts der Warn- und Beweisfunktion der Schriftform wird allerdings von dem Erfordernis der Schriftform und dem der
Urkundeneinheit nur in engen Grenzen abgesehen werden können (Engelmann, a.a.O., §
56 Rdn. 4). Das führt jedoch nicht weiter. Die Voraussetzungen des §
151 Satz 1
BGB liegen ersichtlich nicht vor. Vorliegend ist in keiner Weise stillschweigend auf eine schriftliche Annahmeerklärung eines
schriftlichen Vertragsangebotes verzichtet worden. Vielmehr hat der Beschwerdeausschuss auf das Schreiben des Klägers vom
07.11.2005 unverzüglich (Schreiben vom 16.11.2005) vier Ausfertigungen des schriftlichen Vergleichs übersandt.
2. Der Kläger hat auch aus keinem anderen Rechtsgrund einen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte. Diese hat zu keinem Zeitpunkt
ein Schuldanerkenntnis (§
781 BGB) abgegeben. Sie war auch nie öffentlich-rechtliche Schuldnerin des Klägers. Fehl gehen auch die Versuche des Klägers, den
Beschwerdeausschuss als "Vertreter" der Primärkassen, der Ersatzkassen und/oder der Beklagten hinzustellen. Die für den Beschwerdeausschuss
tätigen Mitarbeiterinnen M und N2 haben keine Willenserklärung abgegeben (s oben). Fehlt es - wie dargestellt - am Erklärungsbewusstsein
bzw. Geschäftswillen, so ist die Eingangsvoraussetzung des Vertretungsrecht (Abgabe einer Willenserklärung, vgl. §
164 Abs.1
BGB) zu verneinen. Entgegen der Auffassung des Klägers führt auch §
166 Abs.
1 BGB nicht weiter. Der Beschwerdeausschusses ist nicht Vertreter der Primärkassen, der Ersatzkassen und/oder der Beklagten (vgl.
auch BSG, Urteil vom Urteil des BSG vom 28.04.2004 - B 6 KA 8/03 R -). Da er oder seine Mitarbeiterinnen auch keinen Anschein gesetzt haben (s oben), geht sämtliches Vorbringen zu schuldrechtlichen
oder sonstigen Zurechnungsregelungen ins Leere.
3. Ob und inwieweit der Kläger einen Anspruch gegen den Beschwerdeausschuss hat, ist Gegenstand des Verfahrens L 11 KA 3/11 und hier nicht zu prüfen.
Nach alledem konnte Berufung keinen Erfolg haben.
III.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§
160 Abs.
2 SGG).