Tatbestand
Die Klägerin, eine gesetzliche Krankenkasse, begehrt von dem Beklagten Schadensersatz.
Der 1953 geborene Beklagte wurde 1989 zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassen und war in E als Vertragszahnarzt tätig.
Das Landgericht (LG) E verurteilte ihn wegen Betruges in 41 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn
Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde (Urteil vom 30.08.2005 - 000 -). Im anschließenden Revisionsverfahren
wurde das Verfahren in fünf Fällen eingestellt; im Übrigen änderte der Bundesgerichtshof (BGH) das Urteil des LG dahingehend
ab, dass der Beklagte in 36 Fällen des gewerbs- und bandenmäßigen Betruges schuldig gesprochen wurde (Urteil vom 16.11.2006
- 000-).
Der Zulassungsausschuss für Zahnärzte für den Bezirk Nordrhein entzog dem Beklagten mit Beschluss vom 15.03.2004 die vertragszahnärztliche
Zulassung; der Berufungsausschuss bestätigte diese Maßnahme mit Beschluss vom 09.11.2004. Die von dem Beklagten eingelegten
Rechtsmittel blieben erfolglos (Urteil des Sozialgerichts (SG) E vom 20.11.2007 - S 19 KA 3/05 -; Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) vom 28.05.2008 - L 11 KA 16/08 -; Beschluss des Bundessozialgerichts (BSG) vom 05.11.2008 - B 6 KA 59/08 B -).
Hintergrund dieser Verfahren war: Der Beklagte hatte für seine Praxis von der Fa. H / O-E Handelsgesellschaft mbH (Fa. H)
in den Jahren 1999 bis 2002 Zahnersatz bezogen. Diese Firma ließ Zahnersatz im Ausland, überwiegend in Asien, fertigen, in
dem die Herstellungskosten weit unter deutschem Niveau lagen. Die Fa. H stellte den Vertragszahnärzten die Leistungen entsprechend
den in Deutschland üblichen Preisen in Rechnung, die diese dann zu diesen Preisen u.a. über die Kassenzahnärztliche Vereinigung
Nordrhein (KZV-No) abrechneten. Zwischen den jeweiligen Vertragszahnärzten und der Fa. H kam ein von dieser entwickeltes Rabattsystem
zur Anwendung, nach dem die Vertragszahnärzte von der Fa. H entsprechend derer Tarifbedingungen Rabattzahlungen, sog. "Kickback-Zahlungen",
in Höhe von (i.H.v.) bis zu 30 % erhielten, die sich u.a. aus der Differenz zwischen tatsächlichen Herstellungskosten und
abgerechneten Kosten berechneten. Die Rückerstattungen an die Vertragszahnärzte, die diese für sich einbehielten, erfolgten
in der Regel per Post oder in Form von Barzahlung durch Mitarbeiter von der Fa. H.
Im Rahmen der gegen die Mitarbeiter der Fa. H geführten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen (Staatsanwaltschaft X - 000
-) wurde u.a. eine Datenbank sichergestellt, nach der auch der Beklagte Rabattzahlungen von der Fa. H erhalten hatte. Dies
bestätigte u.a. der Geschäftsführer der Fa. H, P bei seiner Aussage vor dem Amtsgericht (AG) F (- 000-) am 22.10.2003. Er
gab an, dass an den Beklagten bis April 2002 Rabatte i.H.v. 191.535,00 EUR ausgezahlt worden seien. Nach der von ihm überreichten
Aufstellung wurden an den Beklagten in der Zeit von Juni 1999 bis April 2002 durchschnittlich ca. 5.500,00 EUR je Monat gezahlt.
Der Beklagte bestätigte u.a. bei seiner Vernehmung vor dem Amtsgericht X - 000 - am 23.09.2003 und bei der Vernehmung vor
der Kreispolizeibehörde F vom 29.10.2003 den Erhalt von "Kickback-Zahlungen".
Aufgrund dieser Vorgänge berühmt sich die Klägerin eigener Schadenersatzansprüche gegen den Beklagten: Die KZV-No habe für
den Beklagten einen Gesamt-Kickback i.H.v. 132.761,00 EUR ermittelt, von dem ein Anteil i.H.v. 36.908,75 EUR auf sie, die
Klägerin, entfalle. Dieser Anteil sei von der KZV-No eingezogen und an sie ausgezahlt worden. Ihr sei jedoch ein weitergehender,
über die KZV-No nicht ausgeglichener Schaden entstanden, nämlich der auf die bei der Fa. H handelnden Personen entfallende
"Gewinnanteil", der sich einschließlich eines bis zum 31.03.2006 entstandenen Zinsschadens auf 53.533,13 EUR belaufe.
Mit Schreiben vom 27.04.2006 und 23.05.2006 forderte die Klägerin den Beklagten zur Zahlung dieses Schadensbetrages auf. Unter
dem 01.06.2006 bestellte sich der Prozessbevollmächtigte des Beklagten und bat unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 23.05.2006
zur Prüfung der Ansprüche um Übersendung des Schreibens vom 27.04.2006, weil dieses dem Beklagten nicht bekannt sei. Dieser
Bitte entsprach die Klägerin. Gleichzeitig wies sie daraufhin, dass sie, wenn bis zu 20.06.2006 keine Stellungnahme des Beklagten
erfolge, dies als Ablehnung werte und das Mahnverfahren einleiten werde. Unter dem 09.08.2006 forderte die Klägerin, nun vertreten
durch ihre Prozessbevollmächtigten, den Beklagten nochmals zur Zahlung auf. Dies lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 25.08.2006
ab.
Der daraufhin von der Klägerin am 30.08.2006 beim AG Hagen beantragte Mahnbescheid vom 01.09.2006 ist dem Beklagten am 06.09.2006
zugestellt worden. Nach dessen Widerspruch hat das AG die Klägerin zur Zahlung der Kosten für die Durchführung des streitigen
Verfahrens unter Hinweis darauf aufgefordert, dass die Zahlung als Antrag auf Durchführung des streitigen Verfahrens angesehen
würde. Die angeforderten Kosten sind am 04.12.2006 eingegangen; unter dem gleichen Datum ist das Verfahren an das LG E - 000
- abgegeben worden. Über den Eingang der Akten ist die Klägerin mit Verfügung vom 12.12.2006 unterrichtet worden.
Am 09.01.2008 hat die Klägerin die Verweisung des Rechtsstreits an das SG Düsseldorf mit der Begründung beantragt, dass im
Verlauf bereits ähnlich gestalteter Verfahren Streit über die gerichtliche Zuständigkeit entstanden, zwischenzeitlich aber
u.a. durch Beschlüsse der Oberlandesgerichte (OLG) Düsseldorf, Hamm und Köln geklärt sei, dass der Rechtsweg zu den Sozialgerichten
gegeben sei.
Das LG E hat daraufhin den Rechtsstreit an das SG Düsseldorf verwiesen (Beschluss vom 12.02.2008).
Die Klägerin hat zur Begründung der Klage vorgetragen: Der Beklagte habe nach §
830 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) Schadensersatz in Höhe des "Gewinnanteils" zu leisten. Die Rechnung für die zahntechnischen Leistungen werde von der KZV
nach Prüfung auf Richtigkeit und Vollständigkeit der Belege an die Krankenkassen weitergeleitet. Diese überwiesen daraufhin
den Rechnungsbetrag an die KZV, die dann wiederum mit dem Vertragszahnarzt abrechne. Bei korrektem Abrechnungsverhalten des
Beklagten hätte sie nur die Preise nach dem Tarifmodell "Standard" der Fa. H zahlen müssen, bei dem der Preis für die Prothetik
bis zu 53 % unter den deutschen Höchstpreisen nach dem Bundeseinheitlichen Leistungsverzeichnis für zahntechnische Leistungen
(BEL II) gelegen habe. Stattdessen habe sie aufgrund des kollusiven Zusammenwirkens des Beklagten mit den Verantwortlichen
der Fa. H die überhöhten Preise nach dem sog. "Komforttarif" bezahlt, bei dem die Leistungen zum nach dem BEL II abrechnungsfähigen
Höchstpreis berechnet worden seien. Die Leistungen beider Tarife seien vollständig gleich gewesen, der "Komforttarif" habe
lediglich der Täuschung gedient. Damit ergebe sich ihre Forderung aus der Differenz von BEL II-Gesamtbetrag und Standard-Gesamtbetrag
zzgl. der auf die Differenz entfallenden Mehrwertsteuer unter Abzug der von der KZV-No eingezogenen Erstattung. Auf der Grundlage
der überreichten Heil- und Kostenpläne, Auftragsbestätigungen und Rechnungen der Fa. H und des auf den einzelnen, namentlich
benannten Versicherten entfallenden Schadensbetrags errechne sich unter Berücksichtigung eines Zinsschadens eine Gesamtforderung
i.H.v. 53.533,13 EUR. Der Zinsschaden sei durch die überhöhten Auszahlungen an den Beklagten in Form eines entgangenen Gewinns
aus Anlagezins oder in Form der Zahlung entsprechender Kreditzinsen entstanden und belaufe sich für die Zeit von Juli 1999
bis zum 31.03.2006 auf 6.582,09 EUR. Zudem seien ihr neben vorgerichtlicher Mahnkosten i.H.v. 20,00 EUR die vorprozessualen
Kosten ihres Bevollmächtigten i.H.v. 1.761,08 EUR zu erstatten; dessen Kosten würden nur zu einem halben Anteil auf die Anwaltsgebühren
des nachfolgenden Rechtsstreits angerechnet.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 53.533,13 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über
dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.04.2006 zzgl. 1.761,08 EUR vorgerichtlicher nicht anrechenbarer Anwaltsvergütung
und 20,00 EUR vorgerichtlicher Mahnkosten zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, ihm seien zu keinem Zeitpunkt die verschiedenen Tarifmodelle der Fa. H erläutert worden. Vielmehr sei
ihm nur das Angebot unterbreitet worden, eine vom Umsatz abhängige Rückerstattung zu erhalten. Er habe somit weder eine Wahlmöglichkeit
zwischen Standard- und Komfortarif noch Kenntnis über die Gewinnberechnung bzw. Preiskalkulation der Fa. H gehabt. Außer den
erhaltenen, zwischenzeitlich ausgeglichenen Barrückerstattungen bestehe kein Schaden. Die von der Fa. H erwirtschafteten Gewinne
stellten keinen Schaden dar, den er aus unerlaubter Handlung zu ersetzen habe. Zwischen ihm und der Fa. H sei ein Vertrag
über die Lieferung von Zahnersatz zu auf der Grundlage der BEL II beruhenden Preisen geschlossen worden. Dementsprechend habe
er Zahlung an die Fa. H geleistet. Erst nachdem er die Rückerstattungen erhalten habe, habe sich die Rechtslage ggf. dahin
geändert, dass er die Erstattungen hätte weiterleiten müssen. Im Übrigen diene ein Schadensersatzanspruch dazu, einen Schaden
auszugleichen, solle aber den Geschädigten nicht besser stellen. Seinerzeit sei von der Gesamtheit der Vertragszahnärzte Zahnersatz
zu annähernd 100 % nach dem BEL-Höchstpreis abgerechnet worden. Somit stehe die Klägerin schon jetzt besser da, als wenn ein
typisch abrechender Zahnarzt die Behandlung durchgeführt hätte. Zudem wäre ein Abschöpfen des vermeintlichen Gewinns der Fa.
H auch nicht möglich gewesen, wenn er die Rückerstattungen ausgekehrt hätte. Im Übrigen sei der Anspruch verjährt. Die Klägerin,
der das Ermittlungsverfahren gegen die Fa. H schon in den Jahren 2001 / 2002 bekannt gewesen sei, habe spätestens durch die
am 16.12.2003 genommene Einsicht in die Akten der Staatsanwaltschaft alle notwendigen Informationen erhalten, um ihre vermeintlichen
Ansprüche gegen ihn geltend zu machen. Damit wäre mit Ablauf des Jahres 2006 Verjährung eingetreten. Deren Lauf sei zwar durch
die Zustellung des Mahnbescheides gehemmt worden. Da die Klägerin den Rechtsstreit aber nicht betrieben habe, habe die Hemmung
mit Ablauf des 04.06.2007 geendet und habe am 05.06.2007 der Lauf der verjährungsrelevanten Verjährungsrestzeit von 16 Wochen
und 4 Tagen begonnen. Diese Zeit sei vor dem 08.01.2008 abgelaufen.
Das SG Düsseldorf hat der Klage mit Urteil vom 25.02.2009 stattgegeben: Die Klägerin sei unmittelbar aktivlegitimiert, einen
Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten geltend zu machen, ohne dass zuvor die Prüfgremien der gemeinsamen Selbstverwaltung
einen entsprechenden Schaden festzustellen hätten. Den Prüfungseinrichtungen sei die Kompetenz zur Feststellung von "sonstigen
Schäden" nur innerhalb des Rechtszwecks der Gewährleistung einer wirtschaftlichen Versorgung der Kranken zugewiesen worden.
Vorliegend gehe es aber um einen Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher unerlaubter Handlung, der auf §§
823 Abs.
2 BGB,
263 Strafgesetzbuch (
StGB), 830
BGB i.V.m. §
69 Abs.
1 Satz 3
SGB V beruhe. Deren Tatbestandsvoraussetzungen seien erfüllt; der Beklagte habe sich wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges
strafbar gemacht und sei als Mittäter einer gemeinschaftlich begangenen unerlaubten Handlung für den gesamten Schaden verantwortlich.
Der der Höhe nach unbestrittene Schaden ergebe sich aus der Wertdifferenz zwischen der tatsächlichen, durch das schädigende
Ereignis (mit-)geschaffenen und der hypothetischen Vermögenslage, die bestünde, wenn das schädigende Ereignis hinweg gedacht
werde. Bei rechtmäßigem Abrechnungsverhalten des Beklagten wären sowohl die ihm zugeflossenen "Kickback"-Rabatte als auch
die Gewinnanteile für die Verantwortlichen der Fa. H nicht entstanden. Der Anspruch der Klägerin sei auch nicht verjährt.
Positive Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Beklagten habe die Klägerin erst in der zweiten
Jahreshälfte 2003 im Rahmen der gegen die Fa. H geführten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen, nämlich aufgrund der sichergestellten
Datenbank, der Aussage des P am 22.10.2003 und den Einlassungen des Beklagten am 23.09.2003 bzw. 29.10.2003 erhalten. Die
damit zum Ende des Jahres 2003 beginnende Verjährung sei vor Ablauf des Jahres 2006 durch Zustellung des Mahnbescheides an
den Beklagten gehemmt worden. Da das Verfahren durchgängig betrieben worden sei, habe die Hemmung fortgedauert.
Mit seiner gegen das am 14.04.2009 zugestellte Urteil am 08.05.2009 eingelegten Berufung hat der Beklagte vorgetragen, er
habe keine Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Tarifen gehabt; ihm sei nur das Tarifmodel mit Kick-Back vorgeschlagen worden;
dieses Angebot habe er angenommen. Der daraus entstandene Schaden sei vollumfänglich ausgeglichen. Ein der Fa. H entstandener
Gewinn sei kein von ihm zurückzuerstattender Schaden. Im Übrigen sei ein möglicher Anspruch verjährt. Die Verjährung sei zwar
durch Zustellung des Mahnbescheides zunächst gehemmt worden; da das Verfahren aber nicht betrieben worden sei, habe die Wirkung
der Hemmung geendet und sei die restliche Verjährungszeit abgelaufen, bevor die Klägerin das Verfahren weiter betrieben habe.
Nachdem die Klägerin ihre Forderung hinsichtlich Zahlung von Verzugszinsen auf die Zeit ab 26.05.2006 beschränkt hat, beantragt
der Beklagte,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25.02.2009 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsvorgänge der Klägerin und
die Akten des SG E - S 19 KA 3/05 = L 11 KA 16/08 LSG NRW - und die Akten der Staatsanwaltschaft X - 000 bzw. 000 - Bezug genommen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung
gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die Klägerin hat gegen den Beklagten Anspruch auf Schadensersatz in nach Rücknahme
der Klage hinsichtlich des überschießenden Teils der Verzugszinsen geltend gemachter Höhe. Der Senat nimmt Bezug auf die Gründe
der erstinstanzlichen Entscheidung (§
153 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG)) und führt ergänzend aus:
1. Die Entscheidungszuständigkeit des Senats ist sowohl in Bezug auf den Rechtsweg als auch in Bezug auf die Spruchkörperzuständigkeit
gegeben.
Nach §
17a Abs.
5 Gerichtsverfassungsgesetz obliegt dem Senat, der über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht die Prüfung, ob
der beschrittene Rechtsweg zulässig ist.
Der erkennende Senat ist zuständig. Es handelt sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts (§
31 Abs.
2 SGG), für die der 11. Senat nach dem Geschäftsverteilungsplan des LSG NRW in Berufungsverfahren ausschließlich zuständig ist.
§§
10 Abs.
2,
31 Abs.
2 SGG begründen eine Sonderzuständigkeit für Streitigkeiten, die materiell dem Krankenversicherungsrecht zuzuordnen sind, aber
die besonderen Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten betreffen (Senat, Beschlüsse vom 27.06.2006 - L 11 B 30/06 KA ER - und vom 09.02.2011 - L 11 KA 91/10 B ER -, Urteile vom 11.11.2009 - L 11 KA 101/06 -, vom 27.10. 2010 - L 11 (10) KA 14/07 - und vom 11.05.2011 - L 11 KA 84/06 - und - L 11 KA 23/11 -). Unter diese Streitigkeiten fällt der vorliegende Rechtsstreit. Das ergibt sich bereits daraus, dass eine gesetzliche
Krankenkasse und ein Vertragszahnarzt Hauptbeteiligte des Rechtsstreit sind, aber auch aus der Natur des Rechtsverhältnisses,
aus dem der Klageanspruch im Kern hergeleitet wird (vgl. BSG, Urteil vom 23.03.2011 - B 6 KA 11/10 R - m.w.N.). Die klagende Krankenkasse stützt ihren Anspruch zwar auf deliktisches Schadensersatzrecht i.S.d. §§
823 Abs.
2,
830 BGB, diese Vorschriften finden aber über §
69 Abs.
1 Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) entsprechende Anwendung.
2. Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet.
Die Klägerin hat sowohl nach §
823 Abs.
2 BGB i.V.m. §
263 StGB als auch nach §
830 BGB gegen den Beklagten Anspruch auf Schadensersatz.
a) Nach §
69 Abs.
1 Satz 3
SGB V gelten für die Rechtsbeziehungen zwischen den Krankenkassen und ihren Verbänden zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten
und sonstigen Leistungserbringern im Übrigen die Vorschriften des
BGB entsprechend, soweit sie mit den Vorgaben des §
70 SGB V und den übrigen Aufgaben und Pflichten der Beteiligten nach dem 4. Kapitel des
SGB V vereinbar sind. Das bedeutet, dass den Regelungen des
SGB V der Vorrang zukommt und die Vorschriften des
BGB nur dann ergänzend herangezogen werden können, wenn die genannten Rechtsbeziehungen nicht abschließend im
SGB V geregelt sind (BSG, Urteile vom 28.09.2005 - B 6 KA 71 /04 R - und vom 29.11.2006 - B 6 KA 21/06 R -). Das ist vorliegend nicht der Fall; das
SGB V enthält keine abschließenden Regelungen zu einer Schadensersatzpflicht. Insbesondere sind die Vorschriften über eine Wirtschaftlichkeitsprüfung
(§
106 SGB V) nicht abschließend, so dass auch insoweit die Anwendung der §§
823 ff
BGB nicht ausgeschlossen ist (vgl. BSG, Urteile vom 28.08.1996 - 6 RKa 88/95 - und vom 17.12.2009 - B 3 KR 13/08 R -). Die den Prüfgremien von den Vertragspartnern des Bundesmantelvertrags-Zahnärzte (BMV-Z) - vgl. §§ 23 f BMV-Z - zugewiesene
Kompetenz, auch über das Vorliegen sog. sonstiger Schäden zu befinden, ist an die den Prüfgremien gesetzlich vorgegebene Aufgabe
der Überwachung der Wirtschaftlichkeit der vertragszahnärztlichen Versorgung gebunden, auch wenn § 23 BMV-Z nach seinem Wortlaut
den Prüfungseinrichtungen eine Zuständigkeit zur Feststellung sonstiger Schäden in umfassendem Sinn einräumt. In §
106 Abs.
5 SGB V ist nämlich der Aufgabenbereich der Prüfungsgremien einengend auf die Prüfung der Wirtschaftlichkeit festgeschrieben. § 23
BMV-Z ist deshalb einschränkend dahin zu verstehen, dass den Prüfungseinrichtungen nur eine Schadensfeststellungskompetenz
innerhalb des Rechtszwecks der Gewährleistung einer wirtschaftlichen Versorgung der Kranken zugewiesen wird (BSG, Urteil vom
16.10.1991 - 6 RKa 32/90 -). Diese ist aber nicht Streitgegenstand. Der hier in Rede stehende deliktische Schadensersatzanspruch bedarf deshalb vor
seiner Geltendmachung keines besonderen, formalisierten Verfahrens durch unabhängige Prüfungseinrichtungen, das im Wesentlichen
durch seinen öffentlich-rechtlichen Charakter und die Einbindung in das kassen(zahn)ärztliche Vergütungssystem geprägt ist
(BSG, Urteil vom 28.08.1996 a.a.O.).
b) Nach §
823 Abs.
2 Satz 1
BGB ist derjenige zum Schadensersatz verpflichtet, der gegen ein den Schutz eines Anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Schutzgesetz
in diesem Sinne ist §
263 StGB. Danach ist derjenige, der in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen,
das Vermögen eines Anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung
wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält, mit Freiheits- bzw. Geldstrafe zu bestrafen. Mit Freiheitsstrafe ist
der zu bestrafen, der den Betrug als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Straftaten nach den §§
263 bis
264 oder 267 bis 269
StGB verbunden hat, gewerbsmäßig begeht (§
263 Abs.
5 StGB).
Der Beklagte hat nach den Feststellungen des BGH in seinem Urteil vom 16.11.2006 in Zusammenwirken mit den Verantwortlichen
der Fa. H (U, P und K) in der Zeit zwischen 1999 bis 2002 in zumindest 36 Fällen gewerbs- und bandenmäßige Betrügereien zum
Nachteil der KZV und der Patienten, die einen Eigenanteil zu entrichten bzw. insgesamt privat abgerechnet hatten, begangen.
Das strafgerichtliche Urteil hat für den Senat zwar keine Bindungswirkung, gleichwohl können aber nicht nur die Beweisprotokolle
aus dem Ermittlungs- bzw. Strafverfahren sondern auch die in den strafgerichtlichen Urteilen getroffenen tatsächlichen Feststellungen
in dem vorliegenden Rechtsstreit als Beweismittel verwertet werden (BGH, Urteil vom 26.01.1989 - X ZR 100/87 - m.w.N.; OLG Brandenburg, Urteil vom 30.04.2008 - 4 U 16/06 -). Angesichts der weitgehenden Identität des den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits und des Strafverfahrens bildenden
Sachverhalts darf das rechtskräftige Strafurteil nicht unberücksichtigt bleiben. In der Regel wird den strafgerichtlichen
Feststellungen zu folgen sein, sofern nicht gewichtige Gründe für deren Unrichtigkeit vorgebracht werden (OLG Koblenz, Urteil
vom 07.04.1994 - 5 U 89/91 - m.w.N.).
Davon ausgehend und unter Einbeziehung der vom Senat bereits in seinem Urteil vom 28.05.2008 - L 11 KA 16/08 - getroffenen Feststellungen steht fest, dass der Beklagte in Zusammenwirken mit den vorgenannten Verantwortlichen der Fa.
H einen Betrug nicht nur zu Lasten der KZV und der aufgeführten Patientengruppe, sondern auch zu Lasten der Klägerin begangen
hat. Der von §
823 Abs.
2 BGB vorausgesetzte "Verstoß" gegen ein Schutzgesetz erfordert, dass der objektive und subjektive Tatbestand des Schutzgesetzes
erfüllt, nicht aber dass eine entsprechende strafrechtliche Verurteilung erfolgt ist.
§
263 StGB setzt das Erfüllen der Tatbestandsmerkmale Täuschung, Irrtum, Vermögensverfügung und einen Vermögensschaden voraus. Die Täuschung
des Täters muss den Irrtum des Getäuschten hervorrufen, der Irrtum zu einer Vermögensverfügung und diese dann zu einem Vermögensschaden
führen (Cramer/Perron in Schönke/ Schröder,
Strafgesetzbuch, 28. Auflage, 2010, §
263 Rdn. 5).
Diese Voraussetzungen sind erfüllt.
Eine Täuschungshandlung i.S.d. §
263 StGB besteht nach dem Wortlaut des Gesetzes in der Vorspiegelung falscher oder in der Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen.
Vorspiegeln einer Tatsache bedeutet, dass der Täter einem Anderen eine nicht bestehende Tatsache als bestehend zur Kenntnis
bringt (Cramer/Perrin a.a.O. Rdn. 6 m.w.N.).
Im Ergebnis nicht entscheidungserheblich ist, ob der Beklagte Täuschungshandlungen unmittelbar oder lediglich mittelbar gegenüber
der Klägerin begangen hat.
Gegen eine unmittelbare Täuschungshandlung spricht, dass der Beklagte der Klägerin für die einzelnen Behandlungsfälle lediglich
einen Heil- und Kostenplan (HKP) eingereicht hat, der Befund, Behandlungsplan und Schätzung der voraussichtlichen Laborkosten
unter Zugrundelegung des einschlägigen Leistungsverzeichnisses enthielt (§
88 Abs.
1 SGB V i.V.m. mit dem BEL). Getäuscht hat der Beklagte die Klägerin damit indes nicht; denn durch seine Unterschrift auf dem HKP
hat er lediglich die ordnungsgemäße Planung des notwendigen Zahnersatzes bestätigt. Weitere unmittelbare Kontakte fanden zwischen
Beklagtem und Klägerin nicht statt.
Der Beklagte hat aber jedenfalls die für die Prüfung seiner Leistungen zuständige KZV getäuscht. Nach § 30 Abs. 4
SGB V (i.d. vom 01.01.1999 bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung) war bei der nach Abschluss der Behandlung durch die KZV vorzunehmenden
Abrechnung eine Durchschrift der Rechnung des gewerblichen oder des praxiseigenen Labors über zahntechnische Leistungen beizufügen.
Ergänzend war dazu in den bundesmanteltarflichen Verträgen (z.B. § 11 Abs. 2 Ersatzkassenvertrag - Zahnärzte bzw. § 3 Absatz 1a
RVO-Gesamtvertrag Nordrhein) geregelt, dass die abgerechneten Material- und Laborkosten der gewerblichen Laboratorien tatsächlich
entstanden sind, dass der Zahnarzt Rückvergütungen, wie Preisnachlässe, Rabatte, Umsatzbeteiligungen, Bonifikationen und rückvergütungsgleiche
Gewinnbeteiligungen mit Ausnahme von Barzahlungsrabatten an die Primär- bzw. Ersatzlasse weitergibt, und dass die zahntechnischen
Leistungen des Zahnarztlabors tatsächlich von diesem erbracht worden sind. Dementsprechend hat der Beklagte auch bestätigt,
dass die von der Fa. H in Höhe des Tarifmodells "Komfort" abgerechneten Material- und Laborkosten tatsächlich entstanden sind.
Diese Bestätigung war jedoch falsch, da letztlich Kosten lediglich i.H. des Tarifmodells "Standard" entstanden waren.
Der Beklagte kann sich demgegenüber nicht darauf berufen, dass er die von der Fa. H in Rechnung gestellten Kosten zunächst
in vollständiger Höhe beglichen hat oder dass ihm ein günstiger Leistungstarif der Fa. H nicht bekannt gewesen sei. Denn ihm
war von Anfang an aufgrund der mit der Fa. H bzw. deren Außendienstmitarbeiter L getroffenen Rabattvereinbarungen (s. dazu
die Angaben des Klägers vor der Kreispolizeibehörde F vom 29.10.2003) bewusst, dass in den in Rechnung gestellten Kosten die
ihm nachfolgend gewährten Rückerstattungen enthalten waren, es sich bei den der KZV gegenüber abgerechneten Kosten also keineswegs
um die tatsächlich entstandenen Material- und Laborkosten gehandelt hat, mithin dass die von der Fa. H erstellten Rechnungen
unrichtig waren. Gleiches gilt hinsichtlich des sog. "Gewinnanteils" der Fa. H bzw. derer Mitarbeiter. Es steht außer jedem
Zweifel, dass dem Beklagten aufgrund der Gesamtumstände des Falles bewusst war, dass die Fa. H ebenso wie er selber aus dem
mit deren Verantwortlichen vereinbarten Betrugsgeschäft einen erheblich über den üblichen Gewinnmargen liegenden "Beuteanteil"
ziehen würde. Alles andere wäre wirklichkeitsfremd. Unerheblich ist, ob der Beklagte den genauen Betrag der auf jeden der
Tatbeteiligten entfallenden Anteil an der "Beute" beziffern konnte oder nicht.
Aufgrund der unrichtigen Angaben des Beklagten ist die KZV irrig davon ausgegangen, dass in den Rechnungen der Fa. H die tatsächlich
entstanden Labor- und Materialkosten ausgewiesen worden sind. Sie ist deshalb bei der ihr obliegenden rechnerischen und gebührenordnungsrechtlichen
Prüfung zu keiner Beanstandung gelangt und hat nachfolgend, nachdem die Klägerin den auf sie entfallenden Kostenanteil an
sie gezahlt hat, die auf dieser unzutreffenden Grundlage zu erstattenden Kosten ausgezahlt. Durch diese Vermögensverfügung
der KZV hat die Klägerin einen Schaden erlitten, da sie den auf sie entfallenden Anteil an den "unrichtigen" überhöhten Kosten
an die KZV überwiesen hat. Im Ergebnis handelt es sich somit um einen sog. Dreiecksbetrug, bei dem die verfügende (KZV) und
die geschädigte Person (Klägerin) nicht identisch sind, aber auch nicht sein müssen. Eine Zurechnung setzt allerdings nach
ständiger Rechtsprechung (vgl. Fischer,
Strafgesetzbuch, 58. Auflage, 2011, §
263 Rdn. 82 m.w.N.) voraus, dass der Verfügende "im Lager des Vermögensinhabers" steht. Voraussetzung dafür ist ein besonderes
Näheverhältnis des Getäuschten/Verfügenden zu dem geschädigten Drittvermögen. Dieses ergibt sich vorliegend aus der sich auf
§ 30 Abs. 4
SGB V a.F. beruhenden gesetzlichen Befugnis und Pflicht der KZV über die Zuordnung von Vermögensteilen zu entscheiden (s.o. zur
Prüfungspflicht der KZV vgl. Fischer a.a.O. § 263 Rdn. 85).
Der Beklagte hat rechtswidrig gehandelt; Rechtfertigungsgründe liegen nicht vor. Der Beklagte hat auch in der Absicht gehandelt,
sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. In diese Absicht eingeschlossen war zwangsläufig auch die Absicht,
der Fa. H bzw. deren Verantwortlichen einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, da - wie bereits dargelegt - der
gemeinsame Tatplan ansonsten nicht hätte umgesetzt werden können.
c) Der Schadensersatzanspruch der Klägerin ergibt sich darüber hinaus aus §
830 Abs.
1 Satz 1 und Abs.
2 BGB. Danach ist, wenn mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht haben, jeder
für den Schaden verantwortlich (§
830 Abs.
1 Satz 2
BGB); dabei stehen Anstifter und Gehilfen Mittätern gleich (§
830 Abs.
2 BGB).
Diese Regelungen stellen eine selbständige Anspruchsgrundlage dar, die in den Fällen von Mittäterschaft oder Teilnahme die
Haftungsvoraussetzungen auf das Vorliegen einer deliktischen Solidargemeinschaft verkürzt. Es handelt sich nicht um eine Beweis-,
sondern um eine Zurechnungsregel, nach der sich ein Kausalitätsnachweis bezüglich der einzelnen Tatbeiträge erübrigt, ohne
dass den betreffenden Tatbeteiligten insoweit die Möglichkeit eines Entlastungsbeweises eröffnet ist (OLG Bamberg, Urteil
vom 20.10.2004 - 4 W 108/04 -). §
830 Abs.
1 Satz 1 und Abs.
2 BGB verlangen eine deliktische Tatbeteiligung im strafrechtlichen Sinne (BGH, Urteil vom 04.11.1997 - VI ZR 348/96 -), vorliegend also Mittäterschaft oder Beihilfe. Die Teilnahme verlangt demgemäß neben der Kenntnis der Tatumstände wenigstens
in groben Zügen den jeweiligen Willen der einzelnen Beteiligten, die Tat gemeinschaftlich mit anderen auszuführen oder sie
als fremde Tat zu fördern. Objektiv muss eine Beteiligung an der Ausführung der Tat hinzukommen, die in irgendeiner Form deren
Begehung fördert und für diese relevant ist. Da Mittäter und Gehilfen nach §
830 Abs.
2 BGB deliktsrechtlich gleich zu behandeln sind, kommt es auf diese rechtliche Unterscheidung der Beteiligungsform nicht an. Jedenfalls
aber muss für den einzelnen Teilnehmer ein Verhalten festgestellt werden können, das den rechtswidrigen Eingriff in das fremde
Rechtsgut unterstützt hat und das (gemäß den im Rahmen des §
830 Abs.
1 Satz 1 und Abs.
2 BGB maßgeblichen strafrechtlichen Grundsätzen) von der Kenntnis der Tatumstände und dem auf die Rechtsgutverletzung gerichteten
Willen getragen war (BGH, Urteil vom 04.11.1997 - VI ZR 348/96 -). Zu beachten ist, dass dafür die strafrechtlich relevante Feststellung der Bandenmitgliedschaft des Beklagten allein nicht
ausreicht; denn die Bandenzugehörigkeit ist für sich genommen keine auf die aktuelle Tat bezogene Form der Beteiligung (BGH,
Beschluss vom 15.01.2002 - 4 StR 499/01 -).
Die dargestellten Voraussetzungen einer deliktrechtlichen Beteiligung des Beklagten als Täter bzw. als Mittäter im Zusammenwirken
mit den Verantwortlichen der Fa. H sind erfüllt. Dies ergibt sich bereits aus den o.a. Feststellungen des Senats zu §
823 BGB, aber auch aus den Ausführungen des BGH in seinem Urteil vom 16.11.2006, dessen Wertungen der Senat sich nach Würdigung des
sich aus den Ermittlungs- und Strafakten ergebenden Beweisergebnisses in vollem Umfang beitritt:
"Auf der Grundlage der von der Strafkammer rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen haben sich der Angeklagte, die bereits
rechtskräftig abgeurteilten Zeugen U, P und K sowie der Außendienstmitarbeiter L zu bandenmäßiger Begehung der Betrugstaten
zusammengeschlossen.
Nach den Abreden, die er vor Beginn der Tatserie mit den Verantwortlichen der Firma H getroffenen hatte, sollte der Angeklagte
für eine gewisse Dauer und in einer Vielzahl im Einzelnen noch unbestimmter selbständiger Fälle unter Vorlage der Rechnungen
der Dentalhandelsgesellschaft, die das vereinbarte "kickback" nicht auswiesen, als Täter Betrugstaten zum Nachteil der Kassenzahnärztlichen
Vereinigung und von Patienten begehen. An diesen sollten sich die rechtskräftig abgeurteilten Zeugen sowie der Außendienstmitarbeiter
L durch Erstellung und Übergabe der um die Rückvergütungen überhöhten Rechnungen beteiligen. Ob sich diese Beteiligung rechtlich
als Mittäterschaft oder Beihilfe darstellt, ist für die Frage der bandenmäßigen Begehung ohne Belang. Es liegt nahe, zumindest
die Zeugen U, P und K als Mittäter einzuordnen. Dafür spricht schon, dass die Idee und die Initiative zu den Betrugstaten
von ihnen ausging und für diese ihre Tatbeiträge zwingend erforderlich waren. Außerdem hatten sie ein erhebliches eigenes
Interesse am Taterfolg, weil sie durch das auf Betrug aufgebaute Rabattsystem den Angeklagten als Kunden an sich binden und
dadurch ihren eigenen Gewinn steigern konnten. Aber selbst wenn man die Verantwortlichen der Firma H nicht als Mittäter ansehen,
sondern ihre Beteiligung als die eines Gehilfen einordnen wollte, stünde dies der Annahme einer Bande nicht entgegen."
d)
Rechtsfolge der §§
823 und
830 BGB ist, dass der Beklagte der Klägerin den aus der deliktischen Handlung entstandenen Schadens ersetzen muss.
aa)
Der Vermögensschaden der Klägerin bemisst sich aus der Differenz zwischen den Kosten für den Zahnersatz nach dem "Standardtarif"
und dem abgerechneten "Komforttarif" zuzüglich Mehrwertsteuer abzüglich der von dem Beklagten bereits über die KZV erstatteten
Kickbacks. Damit wird die Klägerin so gestellt, als wenn die Material- und Laborkosten ordnungsgemäß abgerechnet worden wären.
Das entspricht den Regelungen des §
249 Abs.
1 BGB, nach denen der zum Schadensersatz Verpflichtete den Zustand herzustellen hat, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende
Umstand nicht eingetreten wäre. Weder ist vom Beklagten vorgetragen noch bestehen Anhaltspunkte dafür, dass der nach dem "Komforttarif"
gelieferte Zahnersatz qualitativ besser gewesen sein könnte als der Zahnersatz nach dem "Standardtarif". Auf diese Frage kommt
es aber auch ansonsten nicht an. Denn die Klägerin ist und war lediglich verpflichtet, ihren Versicherungsnehmern eine ausreichende,
zweckmäßige und wirtschaftliche, aber keine darüberhinausgehende Versorgung (§
12 SGB V) zu gewähren. Gleiches gilt hinsichtlich einer möglicherweise mit dem "Komforttarif" verbundenen Verlängerung der Gewährleistungsfrist.
Auch zu einer solchen "Leistung" war die Klägerin nicht verpflichtet, unabhängig davon, dass diese über eine Einzel- und Gruppenvereinbarung
zwischen Klägerin und Beklagtem hätte geregelt werden müssen.
Hinsichtlich der Schadenshöhe von 46.960,78 EUR wird auf die Berechnung der Klägerin verwiesen, die von dem Beklagten nicht
in Abrede gestellt wird und auch dem Senat keinen Anlass zur Beanstandung gibt.
bb)
Die Klägerin hat auch Anspruch auf Ersatz eines Zinsschadens i.H.v. 6.582,09 EUR. Diesen hat sie mit der Begründung eines
entgangenen Gewinns aus Anlage bzw. von Kreditzinsen geltend gemacht; bei ihrer Schadensberechnung hat sie geringfügig über
dem Basiszinssatz (vgl. dazu § 1 Diskontsatz-Überleitungsgesetz vom 09.06.1998 (BGBl. I 1242) bzw. seit dem 01.01.2002 §
247 BGB) liegende Zinssätze nach den Geldmarktsätzen am Frankfurter Bankplatz eingestellt. Unabhängig davon, dass der Beklagte dem
nicht entgegen getreten ist, erachtet der Senat diesen Ansatz der Klägerin im Rahmen der ihm in §
287 Zivilprozessordnung (
ZPO) eingeräumten Befugnis zur Schadensschätzung (vgl. dazu OLG Düsseldorf, Urteil vom 13.05.2002 - I-8 U 32/01 - bei einem Zinssatz von 9%; Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.01.1997 - 5 AZR 441/95 - bei einem Zinssatz von 7,25%) für zutreffend. Dabei zieht der Senat in seine Überlegungen ein, dass die Klägerin zum Einen
dazu verpflichtet ist, ihre Mittel so anzulegen, dass u.a. ein angemessener Ertrag erzielt wird, und dass zum Anderen der
Geldmarktzins unter Berücksichtigung von Laufzeit, Währung und Bonität realistisches Kriterium zur Bemessung von zu erzielenden
Zinsen auf dem Geldmarkt ist. Auf eine ggf. erforderliche Kapitalaufnahme kommt es nicht weiter an, da insoweit offenkundig
deutlich höhere Zinssätze in Ansatz zu bringen gewesen wären.
cc)
Insgesamt ergibt sich somit ein Schadensersatzanspruch i.H.v. 53.542,87 EUR; dass die Klägerin insoweit nur 53.533,13 EUR
geltend macht, beschwert den Beklagten nicht.
dd)
Die ihr entstandenen Rechtsverfolgungskosten i.H.v. 1.761,08 EUR (Ansatz von 1,3 Gebühren bei einem Gegenstandswert 53.533,13
EUR) macht die Klägerin ebenfalls zu Recht als Schadensersatz i.S.d. §
249 Abs.
1 BGB geltend. Anhaltspunkte dafür, dass die Aufwendungen in dieser Höhe unzweckmäßig oder nicht erforderlich gewesen wären, bestehen
nicht und werden von dem Beklagten auch nicht geltend gemacht. Gleiches gilt hinsichtlich der vorgerichtlichen Mahnkosten.
ee)
Die Hauptforderungen der Klägerin sind ab Verzug des Beklagten am 26.05.2006 i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz
(§
288 BGB) zu verzinsen.
e)
Der Anspruch der Klägerin ist nicht verjährt.
Der Schadensersatzanspruch der Klägerin unterliegt der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren (§
195 BGB). Diese Frist beginnt nach §
199 Abs.
1 BGB (i.d. ab 01.01.2002 geltende Fassung des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001 (BGBl. I S. 3138), die auch für am 01.01.2002 bestehende noch nicht verjährte Ansprüche Anwendung findet (§ 6 Abs. 1 Satz 1
EGBGB)) mit dem Schluss des Jahres, in dem 1. der Anspruch entstanden ist und 2. der Gläubiger von den den Anspruch begründenden
Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Wie bereits das SG zutreffend festgestellt hat und von dem Beklagten in der Berufungsinstanz auch nicht in Abrede gestellt wird, hat die Klägerin
Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Beklagten frühestens im Verlauf des Jahres 2003, u.a.
durch Einsicht in die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft am 16.12.2003, erlangt, so dass die Frist des §
195 BGB mit Ablauf des Jahre 2003 begann.
aa)
Die danach grundsätzlich am 31.12.2006 ablaufende Verjährungsfrist war zunächst in der Zeit vom 28.04.2006 bis 29.08.2006
nach Maßgabe des §
203 BGB gehemmt. Nach dieser Regelung ist, wenn zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die
den Anspruch begründenden Umstände schweben, die Verjährung solange gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung
der Verhandlungen verweigert. Bei der Berechnung der Hemmungsfrist ist zu beachten, dass dann, wenn es zu schwebenden Vergleichsverhandlungen
kommt, die Verjährungshemmung auf den Zeitpunkt der Geltendmachung der Ansprüche des Berechtigten gegen den Verpflichteten
zurückwirkt. Dabei kommt es auf den Zugang des Schreibens an, mit dem die Ansprüche geltend gemacht werden (OLG Hamm, Urteil
vom 19.03.1997 - 13 U 190/96 - m.w.N.). Die Hemmung der Verjährung endet mit der endgültigen Ablehnung des Anspruchs bzw. der Weigerung, die Verhandlungen
fortzusetzen. Auch hier kommt es auf den Zugang des Ablehnungsschreiben an (BGH, Urteil vom 26.01.1988 - VI ZR 120/87 -). Der Begriff Verhandlungen ist weit auszulegen. Es genügt jeder Meinungsaustausch über den Schadensfall zwischen dem Berechtigten
und dem Verpflichteten, sofern nicht sofort und eindeutig jeder Ersatz abgelehnt wird. Verhandlungen schweben schon dann,
wenn der Verpflichtete Erklärungen abgibt, die den Geschädigten zu der Annahme berechtigen, der Verpflichtete lasse sich jedenfalls
auf Erörterungen über die Berechtigung von Schadensersatzansprüchen ein. Nicht erforderlich ist, dass dabei eine Vergleichsbereitschaft
oder eine Bereitschaft zum Entgegenkommen signalisiert wird (std. Rspr. vgl. BGH, Urteile vom 26.01.1988 - VI ZR 120/87 - und vom 20.02.2001 - VI ZR 179/00 -).
Auf dieser Grundlage ergibt sich, dass die Verjährung in der Zeit vom 28.04.2006 bis 29.08.2006 gehemmt war. Fristbeginn ist
der 28.04.2006; an diesem Tag ist dem Beklagten das Schreiben der Klägerin vom 27.04.2006, mit dem diese ihre Forderung geltend
gemacht hat, zugegangen. Die vorprozessuale Behauptung des Beklagten, dass ihm dieses Schreiben nicht bekannt sei, beinhaltet
schon in seiner Aussage kein Bestreiten des Zugangs. Darauf kommt es indes auch nicht an, denn der Zugang ist durch Rückschein
nachgewiesen. Zwischen den Beteiligten haben auch Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände
im o.a. Sinne geschwebt. Unter dem 01.06.2006 hat der Beklagte die Klägerin nämlich zur "Überprüfung der behaupteten Ansprüche"
um Übersendung deren Schreibens vom 27.04.2006 gebeten. Hiermit hat er hinreichend Anlass zur Annahme der Klägerin gegeben,
dass er sich auf Erörterungen über die Berechtigung des Schadensersatzanspruchs einlasse. Erst mit Schreiben vom 25.08.2006
hat der Beklagte die Forderung endgültig abgelehnt, so dass die Hemmung mit Zugang dieses Schreibens endete.
Demgegenüber kann sich der Beklagte nicht darauf berufen, die Verhandlungen seien schon durch das Schreiben der Klägerin vom
09.06.2006 zum 20.06.2006 beendet worden, weil für diesen Zeitpunkt eine Frist zur Stellungnahme gesetzt und dazu mitgeteilt
worden ist, dass eine fehlende Reaktion als Ablehnung gewertet werde. Zwar ist das für den Beginn der Verjährungshemmung maßgebliche
"Verhandeln" grundsätzlich weit zu verstehen; dies gilt jedoch nicht für den Abbruch bereits aufgenommener Verhandlungen.
Diese können auch weiterlaufen, wenn eine Vergleichsbereitschaft zurücktritt, solange der an den Verhandlungen Beteiligte
gesprächsbereit bleibt. Für die Beendigung von Verhandlungen ist deshalb eine Erklärung erforderlich, mit der klar und eindeutig
der Abbruch der Verhandlungen zum Ausdruck gebracht wird (BGH, Urteil vom 30.06.1998 - VI ZR 260/97 -). Eine Erklärung, dass sie Verhandlungen abbreche, hat die Klägerin jedoch nicht abgegeben. Sie hat den Beklagten vielmehr
nachdringlich dazu anzuhalten versucht, sich weiter zu dem geltend gemachten Anspruch zu erklären. Dass ihre Gesprächsbereitschaft
damit nach Ablauf der gesetzten Frist beendet sei, kommt in ihrem Schreiben vom 09.06.2006 nicht zum Ausdruck. Dieses Verständnis
wird schließlich auch dadurch belegt, dass die Klägerin sich nachfolgend nochmals außergerichtlich mit Schreiben vom 09.08.2006
an den Beklagten gewandt und diesen erneut zur Zahlung aufgefordert hat.
bb)
Bereits am 30.08.2006 trat wegen der Zustellung des Mahnbescheids vom 01.09.2006 am 06.09.2006 erneut Hemmung der Verjährung
ein. Nach § 204 Abs. 1 Nr. 3
Zivilprozessordnung (
ZPO) tritt Hemmung zwar erst mit Zustellung eines Mahnbescheids ein; für die Berechnung der Hemmungsfrist bestimmt aber §
167 ZPO, dass in den Fällen, in denen durch die Zustellung u.a. eine Frist nach §
204 BGB gehemmt werden soll, diese Wirkung bereits mit Eingang des Antrags - vorliegend also am 30.08.2006 - eintritt, wenn die Zustellung
wie hier demnächst erfolgt.
Die erneute Hemmung endete durch Nichtbetreiben des Verfahrens am 12.06.2007. Das folgt aus §
204 Abs.
2 BGB. Danach endet die u.a. infolge Zustellung eines Mahnbescheids eingetretene Hemmung sechs Monate nach der rechtskräftigen
Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens (Satz 1). Dabei tritt an die Stelle der Beendigung
des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle,
wenn das Verfahren dadurch in Stillstand gerät, dass die Parteien es nicht betreiben (Satz 2). Nach Einzahlung des auf den
gegen den Mahnbescheid erhobenen Widerspruch des Beklagten vom AG Hagen angeforderten weiteren Kostenvorschusses, der zur
Abgabe des Verfahrens an das LG E führte, hat die Klägerin den Rechtsstreit nicht weiterbetrieben. Die letzte Verfahrenshandlung
war die des LG E, das am 12.12.2006 den Eingang der Akten bestätigt hat, so dass nach §
204 Abs.
2 Satz 1 und
2 BGB die Hemmung nach sechs Monaten am 12.06.2007 endete und somit ab 13.06.2007 der weitere Lauf der Verjährungsfrist begann.
Diese betrug aber noch 8 Monate und 2 Tage und lief damit weit über den 09.01.2008 hinaus, an dem nach §
204 Abs.
2 Satz 3
BGB erneut Hemmung durch Weiterbetreiben des Verfahrens eintrat.
Die Revision ist zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG).