Tatbestand
Der 1987 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte Kläger begehrt die Erstattung der Kosten einer selbstbeschafften
Magenbandoperation.
Am 11.05.2010 beantragte er bei der Beklagten die Übernahme der Kosten einer adipositaschirurgischen Maßnahme. In Auswertung
der Angaben des Klägers und der von ihm eingereichten Unterlagen gelangte Dr. E, Medizinischer Dienst der Krankenversicherung
Nordrhein - MDK -, in seinem sozialmedizinischen Gutachten vom 17.09.2010 zu dem Ergebnis, dass die Adipositaschirugie nicht
zu empfehlen sei, weil die konservativen Therapiemöglichkeiten nicht ausreichend genutzt worden seien. Es bestehe ein behandlungsbedürftiges
Übergewicht der Klasse III nach WHO ohne manifeste Folgeerkrankungen. Dieses Übergewicht erfordere ein multimodales Therapiekonzept
mit simultaner Beeinflussung der Lebensführung mittels Ernährungsberatung, Bewegungstherapie und psychotherapeutischer Begleitung.
Das Konzept solle minimal über sechs, besser sechs bis zwölf Monate konsequent durchgeführt werden. Eigenständige Therapieversuche
seien nicht ausreichend, um die frustrane konservative Therapie zu belegen.
Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 28.09.2010 die Übernahme der Kosten der geplanten Adipositaschirugie mit der
Begründung ab, die konservativen Behandlungsmethoden seien noch nicht ausgeschöpft.
Mit seinem Widerspruch reichte der Kläger ein Attest des Internisten Dr. P ein, trotz diätischer Maßnahmen, mehrerer psychologischer
Therapieversuche und professioneller Diätberatungen sei keine Gewichtsabnahme erfolgt.
Unter dem 07.01.2011 führte der Arzt C, MDK, in seinem sozialmedizinischen Gutachten aus, dass die Kostenübernahme für die
angestrebte Operation nicht empfohlen werden könne. Das vorrangig zu fordernde konservative multimodale Konzept sei nicht
nachvollziehbar durchgeführt worden, schwerwiegende adipositas-induzierte Folgeerkrankungen lägen bei dem Kläger bisher nicht
vor, die Situation einer Ultima Ratio sei nicht erkennbar.
Nachfolgend überreichte der Kläger eine Rechnung der St. N-Krankenhaus GmbH über 4.950,00 EUR für eine in der Zeit vom 22.
bis 25.11.2010 durchgeführte stationäre Behandlung, in deren Rahmen eine Magenbandoperation durchgeführt worden war. Er verwies
darauf, anhand unzähliger konservativer Maßnahmen in Eigenregie sein Gewicht zu reduzieren versucht zu haben; er habe auch
versucht, der Adipositas durch Sport in einem Fitnessstudio und durch regelmäßiges Joggen Einhalt zu gebieten. Zwar sei immer
wieder eine Gewichtsreduktion gelungen, durch den eintretenden Jo-Jo-Effekt habe sich sein Gewicht aber "hochgeschaukelt."
Deshalb habe er sich zu der Operation entschlossen.
Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2011 zurück, die konservativen Maßnahmen
seien nicht ausgeschöpft worden.
Mit seiner Klage vom 14.11.2011 hat der Kläger vorgetragen, die zwischenzeitlich durchgeführte Operation sei für ihn die Ultima
Ratio gewesen; deshalb habe er Anspruch auf Erstattung der vorverauslagten Kosten. Er habe in Eigenregie intensiv Sport betrieben
und anhand von herkömmlichen Diäten versucht, sein Gewicht zu reduzieren. Eine Ernährungsberatung, eine Verhaltenstherapie
sowie eine angewandte medikamentöse Therapie habe nicht stattgefunden.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.09.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2011 zu verurteilen,
an ihn 4.950,00 EUR zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass die ambulanten Möglichkeiten vor einer Ultima Ratio durchzuführenden magenchirurgischen
Operation nicht ausgeschöpft worden, insbesondere elementare Versorgungen mittels Ernährungsberatung und Verhaltenstherapie
nicht erfolgt seien.
Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden und die Klage mit am 19.01.2015
zugestelltem Urteil vom 19.12.2014 abgewiesen. Die von dem Kläger angefochtene Entscheidung der Beklagten sei rechtmäßig.
Der Kläger habe keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der von ihm selbstbeschafften Magenbandoperation. § 12 Fünftes Buch
Sozialgesetzbuch gebe vor, dass die den Versicherten zu gewährenden Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich
sein müssten und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürften. Dabei sei vorliegend zu berücksichtigen, dass ein chirurgischer
Eingriff in ein gesundes Körperorgan streitig sei. Die Implantation eines Magenbandes komme nur als Ultima Ratio und nur dann
in Betracht, wenn die konservativen Behandlungsmöglichkeiten (diätische Therapie, Bewegungstherapie, medikamentöse Therapie,
Psychotherapie) ausgeschöpft worden seien. Dies sei hier nicht der Fall. Nach der zugrunde zu legenden evidenzbasierten Leitlinie
"Prävention und Therapie der Adipositas", Version 2007 der Deutschen Adipositasgesellschaft, Deutschen Diabetesgesellschaft,
Deutschen Gesellschaft für Ernährung, Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin sei Grundlage jedes Gewichtsmanagements
ein Basisprogramm, das die Komponenten Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie umfasse und zwei Phasen, nämlich die
Gewichtsreduktion und die Gewichtserhaltung mit langfristiger Ernährungsumstellung, beinhalte. Vor Indikationsstellung für
eine chirugische Therapie solle wenigstens eine sechs- bis zwölfmonatige konservative Behandlung nach den im Einzelnen definierten
Qualitätskriterien stattgefunden haben. Auch in der "S 3 Leitlinie Chirurgie der Adipositas, Version Juni 2010 der chirurgischen
Arbeitsgemeinschaft für Adipositastherapie" werde für die Indikation zur Operation ein Versagen einer intensiven konservativen
Therapie vorausgesetzt. Die konservativen Behandlungsmöglichkeiten seien nach der Leitlinie dann erschöpft, wenn durch eine
multimodale konservative Therapie von sechs bis zwölf Monaten das Therapieziel nicht erreicht und gehalten worden sei. Der
Kläger habe ein solches mutlimodales Therapiekonzept unstreitig nicht durchgeführt. Insbesondere habe keine koordinierte,
geleitete und dokumentierte Langzeitbehandlung stattgefunden.
Mit seiner Berufung vom 17.02.2015 hat der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen vertieft. Dr. P habe bescheinigt, dass
er mehrere diätische Maßnahmen, mehrere psychologische Therapieversuche sowie professionelle Diätberatung durchgeführt habe.
Dr. L habe darauf verwiesen, dass durch die Gewichtszunahme verschiedene gesundheitliche Probleme entstanden seien. Dr. I
habe dargelegt, dass die Gewichtsreduktion auf konservativem Weg keinen langfristigen Erfolg versprochen habe. Der Kläger
beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.12.2014 entsprechend seinem erstinstanzlichen
Antrag zu verurteilen.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 13.07.2015 und 19.11.2015 darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, die Berufung
durch Beschluss gemäß §
153 Abs.
4 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) zurückzuweisen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge
der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat kann die Berufung durch Beschluss zurückweisen, da die Berufsrichter sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche
Verhandlung nicht für erforderlich halten. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden (§
153 Abs.
4 Satz 1 und
2 SGG).
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid nicht im Sinn des §
54 Abs.
2 Satz 1
SGG beschwert. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der von ihm selbstbeschafften Magenbandoperation.
Hierzu verweist der Senat in entsprechender Anwendung von §
153 Abs.
2 SGG auf die zutreffenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung, die er sich nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu eigen
macht, und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Auch das Vorbringen des Klägers zur Begründung seiner Berufung führt zu keiner abweichenden Entscheidung, denn es besteht
im Wesentlichen in einer Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens, das jedoch bereits umfassend gewürdigt wurde.
Lediglich ergänzend wird ausgeführt:
Der Kläger hat zwar, wie er auf Befragen des SG ausdrücklich ausgeführt hat, in Eigenregie intensiv Sport getrieben und in Eigenregie diverse herkömmliche Diäten nebst Akupunktur
durchgeführt. Dies wird auch weitgehend von den behandelnden Ärzten bestätigt, reicht aber nicht aus, um die chirurgische
Behandlung als notwendige und wirtschaftliche Maßnahme anzuerkennen. Denn der Kläger hat, wie vom MDK zutreffend festgestellt,
und im Übrigen auch gar nicht streitig, bisher keine wenigstens sechs Monate dauernde ärztlich begleitete Maßnahme der Gewichtsreduktion
durchlaufen, die durch ein Konzept der psychologischen Begleitung und Ernährungsberatung sowie Bewegungsanregung begleitet
wurde (multimodales Konzept). Diese alternative ambulante und im Vergleich mit der Magenbandoperation auch wegen der dort
erforderlichen lebenslangen Nachbetreuung wirtschaftlichere Maßnahme genießt Vorrang vor dem streitigen Eingriff.
Soweit der Kläger behauptet, Dr. I habe in seinem Attest vom 14.05.2010 dargelegt, dass die Gewichtsreduktion auf konservativem
Weg keinen langfristigen Erfolg versprochen habe, ist diese Behauptung unrichtig. Dr. I hat in seinem Attest ausgeführt "Konservative
diätische Massnahmen wurden von meinem o.g. Patienten mehrfach durchgeführt, sie bleiben jedoch ohne anhaltenden Erfolg."
Er belegt damit die o.a. Voraussetzung der Durchführung eines multimodalen Konzepts, weil nur dieses, nicht aber die von dem
Kläger in Eigenregie durchgeführten Maßnahmen überhaupt Erfolg versprechen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§
160 Abs.
2 SGG).