Übernahme der Kosten des Krankenhauses für eine stationäre Behandlung durch den Sozialhilfeträger als Nothelfer
Keine Klagebefugnis des Krankenhausträgers
Anforderungen an die Annahme der nach § 18 Abs. 1 SGB XII geforderten Kenntnis
Kein Anspruch des Krankenhausträgers auf Hilfe zur Gesundheit im Wege der Prozessstandschaft
Tatbestand
Die Klägerin beansprucht die Übernahme der Kosten für eine notfallmäßige Krankenhausbehandlung nach dem Zwölften Buches Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe (SGB XII).
Die Klägerin ist Trägerin eines Krankenhauses im Stadtgebiet der Beklagten. Am Montag, dem 28.01.2019, um 01:22 Uhr wurde
in diesem Krankenhaus Frau U A (eine bulgarische Staatsangehörige, *00.00.1974; fortan: Patientin) unter der Diagnose einer
benignen essentiellen Hypertonie mit Angabe einer hypertensiven Krise (ICD-10: I10.01) notfallmäßig stationär aufgenommen.
Mit Fax von 02:01 Uhr desselben Tages beantragte die Klägerin die Übernahme der Kosten der stationären Behandlung bei der
Beklagten; dem Antrag beigefügt war eine in kyrillischer Schrift verfasste und von der Patientin unterschriebene Kostensicherungsvereinbarung.
Am 30.01.2019 wurde die Patientin entlassen.
Die Beklagte wandte sich in der Folge schriftlich an die Patientin wie auch an die Klägerin und bat um persönliche Vorsprache
bzw. um Vorlage von Nachweisen zur Hilfebedürftigkeit und zum Krankenversicherungsschutz der Patientin (Mitwirkungsaufforderungen
vom 20.03.2019). Sodann versagte sie die Gewährung von Leistungen der Hilfe zur Gesundheit sowohl gegenüber der Patientin
als auch gegenüber der Klägerin, weil diese ihren jeweiligen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen seien (Bescheide vom
30.04.2019). Darüber hinaus lehnte die Beklagte einen Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Kosten für die stationäre Behandlung
als Nothelferin ab. Eine Klärung der Angelegenheit sei nicht möglich, weil die Patientin unter der seinerzeit angegebenen
Anschrift unbekannt und in ihrem Stadtgebiet nicht gemeldet sei; das Risiko der Unaufklärbarkeit des Sachverhalts gehe zulasten
des Nothelfers (weiterer Bescheid vom 30.04.2019).
Die Klägerin erhob - ausdrücklich auch im Namen der Patientin - Widerspruch gegen die "Ablehnungsbescheide" vom 30.04.2019.
Diesen wies die Beklagte nach Beteiligung sozial erfahrener Dritter mit jeweils einem an die Klägerin und einem an die Patientin
gerichteten Widerspruchsbescheid zurück. Gegenüber der Klägerin führte sie aus, obwohl die Aufklärung des Sachverhaltes nicht
im Interessenbereich des Sozialhilfeträgers liege, habe sie umfangreiche Ermittlungen angestellt, um die damaligen wirtschaftlichen
Verhältnisse der Patientin festzustellen. Eine Klärung der Hilfebedürftigkeit sei aufgrund der Unerreichbarkeit der Patientin
jedoch nicht möglich gewesen. Dass die Behandlung der Patientin aufgrund Eilbedürftigkeit unabweisbar und eine vorherige Antragstellung
unmöglich gewesen sei, bestreite sie nicht. Allerdings könnten die Kosten nur im Falle eines Leistungsanspruchs übernommen
werden und dieser Anspruch sei bisher nicht nachgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 10.07.2019). Zum für die Patientin durch
die "eventuell" bevollmächtigte Klägerin erhobenen Widerspruch führte die Beklagte aus, die Mitwirkungsaufforderung habe der
Patientin von der Post zugestellt werden können, es sei jedoch keine Reaktion erfolgt (Widerspruchsbescheid vom 11.07.2019).
Die Klägerin hat am 09.08.2019 Klage zum Sozialgericht (SG) Duisburg erhoben.
Mit der Klage hat sie einen Nothelferanspruch sowie Sozialhilfeansprüche der Patientin geltend gemacht. Insoweit hat sie sich
darauf berufen, hierzu in gewillkürter Prozessstandschaft berechtigt zu sein. Eine solche gewillkürte Prozessstandschaft beruhe
nicht auf einer Abtretung des Sozialhilfespruches und verstoße auch nicht gegen §
73 Sozialgerichtsgesetz (
SGG). Überdies habe die Patientin ihre Sozialhilfeansprüche an sie abgetreten.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie unter Aufhebung des Versagungs- und Ablehnungsbescheides vom 30.04.2019 in Gestalt der
korrespondierenden Widerspruchsbescheide vom 11.07.2019 und 10.07.2019 1.999,89 Euro nebst Prozesszinsen zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, der zu entscheidende Fall sei kein Notfall i.S.d. § 25 SGB XII, da schon der Aufnahmetag für eine Leistungsgewährung an die Patientin in Betracht komme. Denn die Patientin sei an einem
Montag aufgenommen worden und die Beklagte noch am selben Tag über die Aufnahme informiert worden. Hinsichtlich der Individualansprüche
der Patientin stehe der Klägerin kein Zahlungsanspruch zu. Die Klägerin sei auch nicht berechtigt, die Patientin zu vertreten
(§
73 SGG).
Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 12.01.2021). Soweit sich die Klage gegen den gegenüber der Patientin ergangenen
Versagungsbescheid richte, sei sie unzulässig. Die Klägerin mache den Anspruch der Patientin nicht in Vertretung für diese,
sondern in eigenem Namen geltend. Die Patientin habe die Klägerin aber nicht wirksam ermächtigt, das Verfahren für sie zu
führen. Die Geltendmachung eines Anspruchs der Patientin in gewillkürter Prozessstandschaft sei auch deshalb unzulässig, weil
die Klägerin kein eigenes rechtliches (nicht nur wirtschaftliches) Interesse an der Geltendmachung des Anspruchs habe. Soweit
die Klage sich gegen den gegenüber der Klägerin ergangenen (Ablehnungs-)Bescheid richte, sei sie nicht begründet. Ein Nothelferanspruch
bestehe nicht, weil die Klägerin die Beklagte noch am Aufnahmetag innerhalb der Öffnungszeiten hätte informieren können.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 10.02.2021 eingelegten Berufung.
Sie macht geltend, ihr Klagebegehren rechtfertige sich bereits insgesamt als Nothelferanspruch. Für das Einsetzen des Sozialhilfeanspruchs
der Hilfebedürftigen komme es dabei nicht darauf an, wann der Sozialhilfeträger hätte informiert werden können, sondern vielmehr
darauf, wann dieser tatsächlich die notwendige Kenntnis (i.S.d. § 18 Abs. 1 SGB XII) erlange. Die Beklagte sei nach dem Eingang des Kostenübernahmeantrages aber zunächst knapp zwei Monate völlig untätig geblieben,
obwohl sie verpflichtet gewesen wäre, unverzüglich umfassend zur Ermittlung des Sachverhalts tätig zu werden. Damit habe die
Beklagte während des gesamten Behandlungszeitraums keine Kenntnis von den Voraussetzungen des Leistungsfalles gehabt bzw.
sich diese nicht verschafft. Mehr als die stationäre Aufnahme der Patientin noch am selben Tag an die Beklagte zu melden,
habe sie (die Klägerin) nicht tun können. Eigene Ermittlungen vor Ort seien vielmehr Sache der Beklagten. Wenn das Klagebegehren
nicht auf einen Nothelferanspruch gestützt werden könnte, sei sie berechtigt, einen Sozialhilfeanspruch der Patientin gerichtlich
geltend zu machen. Zum ersten habe die Patientin ihren Sozialhilfeanspruch wirksam an sie abgetreten. Das sozialhilferechtliche
Abtretungsverbot stehe nicht entgegen, denn es erfasse nicht Kostenfreistellungsansprüche, die einer bereits erbrachten Hilfeleistung
- hier: der Krankenhausbehandlung - denknotwendig nachfolgten. Sei die Abtretung eines nach laufenden Kostenerstattungsanspruchs
vom Patienten an den Nothelfer aber rechtswirksam, gebe es keine Gründe dafür, dem Hilfeempfänger verbieten zu wollen, einen
Nothelfer zur gewillkürten Prozessstandschaft zu ermächtigen. Dies benachteilige den Hilfeempfänger auch nicht, sondern stärke
seine Position, weil er nicht auf Dauer mit einer Verbindlichkeit gegenüber dem Nothelfer persönlich belastet bleibe. Sie
sei insbesondere straf- und berufsrechtlich verpflichtet gewesen, die Patientin zu behandeln, aber weder rechtlich noch sittlich
verpflichtet, die entsprechenden Kosten zu finanzieren
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 12.01.2021 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom
30.04.2019 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 10.07.2019 und 11.07.2019 zu verurteilen, an sie 1.999,89 Euro nebst
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.08.2019 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem Klageverfahren und führt ergänzend aus, dass die Klägerin nicht ansatzweise
zur Bedürftigkeit der Patientin vorgetragen habe; dass die Patientin nicht in der Lage sei, Zahlungen zu erbringen, reiche
nicht aus. So sei im Antrag auf Übernahme der Behandlungskosten (vom 28.01.2019) die Frage unbeantwortet geblieben, womit
die Patientin in den letzten zwei Monaten vor dem Krankenhausaufenthalt ihren Lebensunterhalt sichergestellt habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte
der Beklagten verwiesen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des SG Duisburg vom 12.01.2021 hat keinen Erfolg.
A. Gegenstand des Berufungs- wie auch des vorangegangenen Klageverfahrens sind die die beiden Versagungsbescheide sowie der
Ablehnungsbescheid vom jeweils 30.04.2019 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 10.07.2019 und 11.07.2019 (§
95 SGG), deren Aufhebung die Klägerin begehrt. Dass alle drei Bescheide Verfahrensgegenstand sind, ergibt sich bereits daraus, dass
die Klägerin im Klage- wie auch im Berufungsantrag zum einen die Ausgangsbescheide im Plural und zudem ausdrücklich beide
Widerspruchsbescheide benannt hat. Mit dem Anfechtungsbegehren verbunden (§
56 SGG) ist ein Leistungsbegehren, gerichtet auf die Zahlung von 1.999,98 Euro. Dieses Leistungsbegehren stützt die Klägerin alternativ
auf eigene Ansprüche als Nothelferin oder aber auf Sozialhilfeansprüche der Patientin, die sie in gewillkürter Prozessstandschaft
geltend macht bzw. die die Patientin an sie abgetreten haben soll. Obschon diese Begründungen einander ausschließen und zudem
unterschiedliche Streitgegenstände bilden (zum Begriff vgl. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Auflage 2020, §
95 Rn. 4 ff., 8), steht der einheitlichen Geltendmachung des Leistungsbegehrens die grundsätzliche Unzulässigkeit alternativer
Klagehäufungen (dazu Keller ebd., § 56 Rn. 4) nicht entgegen. In Fällen wie dem vorliegenden handelt es sich nicht um eine
echte objektive Klagehäufung, da es der Klägerin letztlich nur um ein Prozessziel geht (BSG Urteil vom 16.06.1994, 13 RJ 67/93, juris Rn. 16; vgl. auch Urteil vom 20.04.2016, B 8 SO 5/15 R, juris Rn. 9), namentlich die Zahlung von 1.999,98 Euro. Dieses
Begehren stützt sie auf verschiedene Begründungen, begehrt die Zahlung aber nur einmal und im Ergebnis unabhängig davon, welche
ihrer Begründungen durchgreift. Dies hat die Klägerin dem Senat in der mündlichen Verhandlung so bestätigt. Dementsprechend
hat die Klägerin keine Reihung zwischen den einzelnen Streitgegenständen des Leistungsbegehrens (etwa im Sinne von Haupt-
und Hilfsantrag, dazu Keller a.a.O., § 56 Rn. 4, 7) vorgenommen.
B. Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung bestehen nicht. Verfahrenshindernisse liegen ebenfalls nicht vor, insbesondere
war die Patientin nicht notwendig zum Rechtsstreit beizuladen.
Dritte sind gem. §
75 Abs.
1 SGG vielmehr nur notwendig beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung
auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Dies ist nicht der Fall, soweit die Klägerin einen eigenen Anspruch als
Nothelferin geltend macht; eine Entscheidung hierüber greift nicht unmittelbar in die Rechtssphäre der Patientin ein (BSG Urteil vom 12.12.2013, B 8 SO 13/12 R, juris Rn. 12). Etwas anderes gilt auch nicht, soweit die Klägerin für sich in Anspruch
nimmt, Sozialhilfeansprüche der Patientin in gewillkürter Prozessstandschaft geltend machen zu können. Eine aufgrund gerichtlicher
Beiladung "zwangsweise" Einbeziehung der Patientin in einen Prozess, den sie ausdrücklich selbst nicht führen will, sondern
die Klägerin erledigen lassen möchte, würde den Sinn und Zweck einer gewillkürten und für zulässig erachteten Prozessstandschaft
geradezu konterkarieren (so auch: BSG Urteil vom 11.12.2019, B 6 KA 10/18 R, juris Rn. 19; Ulmer in Hennig,
SGG <Stand der Einzelkommentierung: Jun. 2015>, §
75 Rn. 60a; dem folgend auch: Straßfeld in Roos/Wahrendorf/Müller, BeckOKG-
SGG <Stand des Gesamtwerks: Jan. 2021>, §
75 Rn. 63). Dass die Patientin den Rechtsstreit nicht selbst führen wollte, ergibt sich für den Senat aus der Kostensicherungsvereinbarung.
Deren deutsche Übersetzung ist dem Senat aus einem Parallelverfahren zwischen den hiesigen Beteiligten (L 12 SO 222/20) bekannt.
Die Klägerin hat hierzu in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Senats ausdrücklich bestätigt, dass der Inhalt der
formularmäßig eingesetzten Kostensicherungsvereinbarung in allen Fällen und Sprachfassungen identisch ist. Danach lautet die
Kostensicherungsvereinbarung auszugsweise wie folgt:
"[...] Ziel dieser Vereinbarung ist, [der Klägerin] zu helfen, jedweden denkbaren Anspruch auf Kostenfreistellung, Kostenerstattung
oder Kostenersatz für die zu meinen Gunsten erbrachten und noch zu erbringenden krankenhäuslichen Maßnahmen Dritten gegenüber
in dem Umfang und in der Höhe im Nachhinein effektiv realisieren zu können, der sich aus den jeweiligen Leistungspreisen für
gesetzlich versicherte Patienten nach dem Gesetz ergibt. [...]
Ich beauftrage, bevollmächtigte und ermächtige [die Klägerin] unter Befreiung von den Beschränkungen des §
181 BGB, mich gegenüber allen privaten und Behörden im Rechtsverkehr unbeschränkt vertreten zu können, um die Kosten für meine krankenhäusliche
Behandlung in dem vorstehend genannten Umfange für Vergangenheit und Zukunft sicherzustellen. Die Vollmacht umfasst insbesondere
das Recht, in meinem Namen jedwede Anträge zu stellen, Verträge zu schließen, Erklärungen, Urkunden oder Geld entgegenzunehmen
[...] [Die Klägerin] ist darüber hinaus ausdrücklich bevollmächtigt, in meinem Namen jede [ihr] sachdienlich erscheinende
Klage zu erheben oder jede sonstige gerichtliche Hilfe unter Ausschöpfung aller gesetzlichen Rechtsmittel in Anspruch zu nehmen,
sofern und soweit dies dem angestrebten wirtschaftlichen Ziel dieser Vereinbarung dient. [...]
Jeden denkbaren gegenwärtigen oder künftigen Anspruch, den ich gegen einen Dritten auf Kostenersatz, Kostenerstattung oder
Kosten Freistellung wegen meiner Behandlung im Hause der [Klägerin] innehabe oder innehaben werde, trete ich hiermit einschließlich
aller Nebenrechte unwiderruflich an [die] dies annehmende [Klägerin] ab. [...]"
Dass die Patientin bei Abgabe dieser Erklärung nicht in der Lage war, den Inhalt dieser Vereinbarung zu verstehen, ist nicht
ersichtlich. Insbesondere wurde die Patientin auch nicht wegen einer Erkrankung behandelt, die ihre Geschäftsfähigkeit von
vorneherein hätte beeinträchtigen können. Anlass für die Behandlung der Patientin war vielmehr eine benigne essentielle Hypertonie
mit Angabe einer hypertensiven Krise.
Selbst wenn man in Fällen gewillkürter Prozessstandschaft eine notwendige Beiladung des Rechteinhabers grundsätzlich für erforderlich
hielte (dafür: Schmidt a.a.O., §
75 Rn. 10a; Gall in Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGG, 1. Auflage 2017, § 75 Rn. 48; offen: BSG Urteil vom 18.03.1982, 7 RAr 90/80, juris Rn. 19 m.w.N.), konnte eine solche vorliegend aber jedenfalls deshalb unterbleiben, weil die Rechte der Patientin
wegen des Ausgangs des Verfahrens schlechthin nicht berührt werden können (vgl. BSG Urteil vom 02.08.2001, B 7 AL 18/00 R, juris Rn. 18); der Senat trifft gerade aufgrund der Unzulässigkeit der gewillkürten Prozessstandschaft (dazu unten C3b/aa)
keine Sachentscheidung über die geltend gemachten Ansprüche nach dem Fünften Kapitel des SGB XII, die in die Rechte der Patientin eingreifen könnte. Auch soweit die Klägerin sich auf eine Abtretung der Sozialhilfeansprüche
der Patientin stützt, ist eine Beiladung nicht notwendig. Wäre diese Abtretung wirksam, stünden die entsprechenden Ansprüche
der Patientin nicht mehr zu (vgl. §
398 S. 2
Bürgerliches Gesetzbuch <BGB>). Eine Entscheidung über wirksam abgetretene Ansprüche könnte die Rechtssphäre daher von vorneherein nicht mehr berühren.
C. Die Berufung ist aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Versagungsbescheide (dazu 1 und 2) wie auch bezüglich
des Ablehnungsbescheides (dazu 3).
1. Soweit sich die Klage gegen den gegenüber der Patientin ergangenen Versagungsbescheid vom 30.04.2019 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 11.07.2019 richtet, ist sie bereits unzulässig. Die Klägerin ist insoweit nicht klagebefugt (§
54 Abs.
1 S. 2
SGG), denn sie ist weder Adressatin dieses Bescheides, noch als Dritte durch diesen beschwert. Die Klagebefugnis für eine Anfechtungsklage
setzt voraus, dass der Kläger behauptet, durch den angefochtenen Verwaltungsakt beschwert zu sein. Es muss die Möglichkeit
bestehen, dass der Kläger in eigenen Rechten verletzt ist (sog. Möglichkeitstheorie; zum Ganzen: BSG Urteil vom 16.07.2019, B 12 KR 6/18 R, juris Rn. 23 m.w.N.). Dass der an die Patientin gerichtete Versagungsbescheid die Klägerin in irgendeinem eigenen Recht
verletzen könnte, ist indes nicht ersichtlich. Das nachvollziehbare Interesse der Klägerin an der Begleichung der angefallenen
Krankenhauskosten begründet die Klagebefugnis nicht, weil es sich lediglich um ein wirtschaftliches Interesse handelt (vgl.
BSG Urteil vom 12.03.2013, B 1 A 1/12 R, juris Rn. 12). In eigenen Rechten betroffen ist die Klägerin dagegen nicht. Ein rechtliches Interesse ergibt sich auch nicht,
soweit die Klägerin geltend macht, straf- und berufsrechtlich zur Behandlung der Patientin verpflichtet gewesen zu sein (§
323c Strafgesetzbuch <StGB>, § 7 Abs. 2 S. Musterberufsordnung-Ärzte <MBO-Ä>). Unabhängig davon, dass nicht ersichtlich ist, weshalb sich aus einer Behandlungspflicht ein Vergütungsanspruch gerade
gegen den Sozialhilfeträger nach den Vorschriften des SGB XII ergeben sollte, betrifft der angefochtene Bescheid lediglich die Versagung von Hilfen zur Gesundheit gegenüber der Patientin.
Die von der Klägerin geltend gemachten Behandlungspflichten sind hiervon rechtlich unabhängig. Dies gilt auch, soweit die
Klägerin geltend macht, sie sei der Patientin aus §§ 630a Abs.
1,
630c Abs.
3 S. 1
BGB vertraglich zu einer in deren Interesse liegenden Klärung der Kostenfrage verpflichtet.
Die Leistungsklage ist insoweit überdies bereits deshalb unzulässig, weil gegen einen Versagungsbescheid grundsätzlich nur
die Anfechtungsklage eröffnet ist (BSG Urteil vom 01.07.2009, B 4 AS 78/08 R, juris Rn. 12 m.w.N.).
2. Soweit es den gegenüber der Klägerin ergangenen Versagungsbescheid vom 30.04.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 10.07.2019 angeht, ist die Geltendmachung des Leistungsbegehrens aus den eben ausgeführten Gründen ebenfalls unzulässig.
Die hiermit kombinierte Anfechtungsklage ist zwar zulässig (dazu a), aber unbegründet. Der angefochtene Versagungsbescheid
dürfte zwar rechtswidrig (dazu b), die Klägerin aber durch diesen nicht beschwert sein (dazu c).
a) Die Anfechtungsklage gegen den an die Klägerin gerichteten Versagungsbescheid ist zulässig. Dem steht insbesondere nicht
entgegen, dass sich der Widerspruchsbescheid vom 10.07.2019 ausdrücklich nur zum "Ablehnungsbescheid [...] vom 30.04.2019"
verhält. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Beklagte sämtliche Widersprüche gegen die Bescheide vom 30.04.2019 bescheiden
wollte (§
78 Abs.
1 S. 1
SGG). So hatte die Klägerin Widerspruch gegen sämtliche Bescheide vom 30.04.2019 erhoben und diese dabei ihrerseits missverständlich
als "Ablehnungsbescheide" bezeichnet. Weiter hat die Beklagte den Widerspruch der Patientin gegen den an diese gerichteten
Versagungsbescheid unter dem 11.07.2019 ausdrücklich zurückgewiesen. Vor diesem Hintergrund wäre zu erwarten gewesen, dass
die Beklagte, wenn sie mit dem Widerspruchsbescheid vom 10.07.2019 (nur) den Widerspruch gegen den an die Klägerin gerichteten
Versagungsbescheid bescheiden wollte, dies klargestellt hätte.
b) Es bestehen ernstliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des an die Klägerin gerichteten Versagungsbescheides. Dieser betrifft
in der Sache Leistungsansprüche der Patientin nach dem Fünften Kapitel des SGB XII, weshalb zweifelhaft ist, ob die Klägerin insoweit überhaupt Mitwirkungspflichten i.S.d. §§
60 ff., 66 Abs.
1 S. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil (
SGB I) treffen können. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Klägerin mit dem Kostenübernahmeantrag zugleich Leistungen der
Hilfe zur Gesundheit beantragt hätte, wäre sie jedenfalls nicht Adressatin dieser Leistungen, sondern die Patientin (vgl.
Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB I, 3. Auflage 2018, §
60 Rn. 34). Aus denselben Gründen wäre die Klägerin auch nicht Empfängerin entsprechender Leistungen. Etwas anderes ergibt sich
nicht aus der von der Klägerin bemühten gewillkürten Prozessstandschaft oder einer vermeintlichen Abtretung. Beides ist vielmehr
unzulässig (näher dazu unten 3b).
c) Die Anfechtungsklage ist aber in jedem Fall deshalb unbegründet, weil die Klägerin durch den ihr gegenüber ergangenen Versagungsbescheid
nicht in ihren Rechten verletzt, also materiell beschwert ist (dazu: Keller a.a.O., § 54 Rn. 9). Der Anspruch, den die Beklagte
gegenüber der Klägerin versagt hat, steht dieser aus den eben ausgeführten Gründen nämlich unter keinem Gesichtspunkt zu.
Eine Beschwer ergibt sich auch nicht aus einem vermeintlichen Rechtsschein. Selbst wenn von dem an die Klägerin gerichteten
Versagungsbescheid ein Rechtsschein ausginge, ginge dieser nicht weiter als die Rechtsfolgen des §
66 SGB I, beträfe also insbesondere die materiell-rechtliche Rechtslage nicht (vgl. BSG Urteil vom 22.02.1995, 4 RA 44/94, juris Rn. 16). Ein etwaiger Rechtsschein wäre damit allenfalls günstiger als die tatsächliche Rechtslage.
3. Die Klage gegen den Ablehnungsbescheid vom 30.04.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2019 hat ebenfalls
keinen Erfolg. Soweit sie Nothelferansprüche der Klägerin aus eigenem Recht betrifft, ist sie unbegründet (dazu a). Soweit
die Klägerin Ansprüche der Patientin im Wege der Prozessstandschaft sowie aus abgetretenem Recht geltend macht, ist die Klage
unzulässig (dazu b und c).
a) Der geltend gemachte Nothelferanspruch kommt der Klägerin nicht zu. Dabei kann dahinstehen, inwieweit die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen
des § 25 Abs. 1 SGB XII erfüllt sind und insbesondere ein Eilfall vorliegt. Der Nothelferanspruch der Klägerin wird jedenfalls durch die originären
Sozialhilfeansprüche der Patientin selbst verdrängt. Ein Nothelferanspruch nach § 25 Abs. 1 SGB XII besteht in Abgrenzung zum Anspruch der Hilfebedürftigen nämlich nur, solange die Beklagte keine Kenntnis vom Leistungsfall
hatte und ein Anspruch der Hilfebedürftigen gegen den Sozialhilfeträger (allein) deshalb nicht entstanden war (§ 18 Abs. 1 SGB XII). Die Kenntnis des Sozialhilfeträgers bildet die Zäsur für die sich gegenseitig ausschließenden Ansprüche der Klägerin als
Nothelferin und der Hilfebedürftigen (vgl. BSG Urteil vom 23.08.2013, B 8 SO 19/12 R, juris Rn. 18).
aa) Die notwendige Kenntnis hat die Beklagte hier am Aufnahmetag, dem 28.01.2019, erlangt (dazu <1>), womit dieser Tag im
Ganzen nicht mehr vom Nothelferanspruch umfasst ist (dazu <2>).
(1) Die Beklagte hat die notwendige Kenntnis vorliegend bereits am Aufnahmetag erlangt und zwar aufgrund des noch in der Nacht
auf den 28.01.2019 um 02:01 Uhr an die Beklagte übermittelten Faxes. Dass sich dieses Fax bei den Verwaltungsakten der Beklagten
nicht findet, ist unschädlich. Die Klägerin hat hierzu substantiiert - unter Nennung insbesondere der auf die Minute genauen
Uhrzeit der Faxsendung - vorgetragen und die Beklagte ist diesem Vorbringen nicht entgegengetreten. Vielmehr hat die Beklagte
selbst ausdrücklich darauf abgestellt, dass die Klägerin sie noch am Aufnahmetag über den Behandlungsfall der Patientin unterrichtet
habe, weshalb ein Nothelferanspruch bereits für den Aufnahmetag ausscheide. Damit besteht für den Senat kein Anlass, an der
Richtigkeit des unbestrittenen Klägervorbringens zu zweifeln.
(2) Wann ein Bediensteter der Beklagten das Fax tatsächlich erstmals zur Kenntnis genommen hat, ist dagegen ohne Belang. Gleiches
gilt auch für die Frage, ob die Kenntnis i.S.d. § 18 Abs. 1 SGB XII überhaupt voraussetzt, dass eine bestimmte (natürliche) Person, die für die zuständige Körperschaft zu handeln befugt ist,
die positive Kenntnis von dem Hilfefall erlangt haben muss (so: Deckers in Grube/Wahrendorf/Flint, SGB XII, 7. Auflage 2020, § 18 Rn. 20 m.w.N.) oder ob bereits der Eingang des Leistungsbegehrens beim Sozialhilfeträger ausreicht (dafür: Krohn in Hauck/Noftz,
SGB XII <Stand der Einzelkommentierung: Apr. 2021>, § 25 Rn. 19, unter Verweis auf: BSG Beschluss vom 13.02.2014, B 8 SO 58/13 B, juris Rn. 8; vgl. auch: Buchner in Oestreicher/Decker, SGB II/SGB XII <Stand der
Einzelkommentierung: Mrz. 2014>, § 18 Rn. 10). Zwar spricht nichts dafür, dass ein zuständiger Bediensteter der Beklagten
das Fax noch um 02:01 Uhr und damit weit vor Beginn der Dienstzeit tatsächlich wahrgenommen und gelesen hat. Die Dienstzeiten
der Beklagten erstreckten sich täglich von 06:30 bis 18:30 Uhr; dies hat die Beklagte im Parallelverfahren zum Az. L 12 SO
222/20 auf Nachfrage mitgeteilt. Ebenso wenig bestehen aber Anhaltspunkte dafür, dass ein zuständiger Bediensteter das Fax
nicht zumindest irgendwann im Laufe des 28.01.2019 tatsächlich zur Kenntnis genommen hat. Wann genau die Kenntnisnahme im
Laufe des Tages erfolgte, ist nicht von Bedeutung (dazu sogleich bb).
(3) Die nach § 18 Abs. 1 SGB XII geforderte Kenntnis liegt nicht erst dann vor, wenn der Sozialhilfeträger die notwendige Sachverhaltsermittlung durchgeführt
hat. Zwar setzt die Kenntnis i.S.d. § 18 Abs. 1 SGB XII die positive Kenntnis aller Tatsachen voraus, die den Leistungsträger in die Lage versetzen, die Leistung zu erbringen (BSG Urteil vom 02.02.2012, B 8 SO 5/10 R, juris Rn. 18). Für die Annahme der Kenntnis ist es aber ausreichend (wenn auch erforderlich),
dass die Notwendigkeit der Hilfe dargetan oder auf sonstige Weise erkennbar ist, damit der Sozialhilfeträger ggf. in die weitere
Sachverhaltsaufklärung eintreten kann (BSG Urteile vom 20.04.2016, B 8 SO 5/15 R, juris Rn. 11; und vom 26.08.2008, B 8/9b SO 18/07 R, juris Rn. 23); die Kenntnis wird
dabei durch die positive Kenntnis vom spezifischen Bedarfsfall vermittelt, nicht erst durch den konkreten finanziellen Bedarf
(BSG Urteil vom 28.08.2018, B 8 SO 9/17 R, juris Rn. 18; jeweils m.w.N.). Die Kenntnis i.S.d. § 18 Abs. 1 SGB XII setzt eine vollständige Sachverhaltsaufklärung nicht voraus, sondern versetzt den Sozialhilfeträger erst in die Lage, die
notwendigen Amtsermittlungen anzustellen. Dass der Nothelferanspruch insoweit auch in seinem zeitlichen Umfang zurücktritt,
ist die denknotwendige Kehrseite dessen, dass der Kenntnisgrundsatz zum Schutz des Hilfebedürftigen einen niedrigschwelligen
Zugang zum Sozialhilfesystem sicherstellen will (BSG a.a.O.). Weil die Kenntnis die Zäsur zwischen den Sozialhilfeansprüchen des Hilfebedürftigen auf der einen und dem Nothelferanspruch
auf der anderen Seite markiert, verbietet sich auch eine Auslegung, die mit Blick auf den Nothelferanspruch höhere Anforderungen
an die Kenntnis stellt als in Bezug auf die Sozialhilfeansprüche der Hilfebedürftigen.
bb) Die im Laufe des 28.01.2019 erlangte Kenntnis schließt einen Nothelferanspruch für den gesamten Tag, d.h. rückwirkend
ab 00:00 Uhr, aus (LSG NRW Urteil vom 22.06.2017, L 9 SO 137/15, juris Rn. 44; nachgehend: BSG Beschluss vom 01.03.2018, B 8 SO 63/17 B, juris Rn. 7 f.; Waldhorst-Kahnau in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Auflage 2020, § 25 Rn. 28; Bieback in Grube/Wahrendorf/Flint, SGB XII, 7. Auflage 2020, § 25 Rn. 16, 47; ähnlich auch: LSG Hamburg Urteil vom 30.08.2018, L 4 SO 41/17, juris Rn. 25 f.). Dies folgt daraus, dass zum
einen die Ansprüche des Nothelfers und die Sozialhilfeansprüche des Hilfebedürftigen einander ausschließen und zum anderen
die Sozialhilfe tageweise gewährt wird, der Tag also der kleinste Zeitraum eines Sozialhilfebezuges ist (LSG NRW a.a.O. Rn.
44). Die Kenntniserlangung im Laufe des 28.01.2019 begründete damit - vorbehaltlich der übrigen Voraussetzungen - dem Grunde
nach einen Sozialhilfeanspruch der Patientin für den gesamten Tag und steht damit zugleich einem Nothelferanspruch der Klägerin
entgegen. Ob eine Kenntnisnahme auch in den Fällen für den gesamten Tag wirkt, an dem ein Nothelfer den Sozialhilfeträger
über einen Eilfall unterrichtet hat, wenn diese Unterrichtung nicht - wie hier - vor Dienstbeginn (vgl. dazu auch bereits
Senatsurteil vom 25.11.2020, L 12 SO 9/18, juris Rn. 38 f., 50), sondern erst nach Dienstschluss des Sozialhilfeträgers erfolgt,
also insbesondere in den späten Abendstunden, bedarf keiner Entscheidung.
b) Soweit die Klägerin Ansprüche der Patientin auf Hilfe zur Gesundheit geltend macht, ist die Klage wiederum unzulässig.
Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Beklagte wegen der Hilfe zur Gesundheit lediglich Versagungsbescheide erlassen (§
66 SGB I), aber noch keine Sachentscheidung getroffen hat; die Leistungsklage ist daher unstatthaft (dazu bereits oben 1 m.w.N.).
Darüber hinaus ist die Klägerin im Übrigen auch nicht klagebefugt. Ihr selbst kommt ein Anspruch auf Hilfe zur Gesundheit
nicht zu und sie ist weder berechtigt, etwaige Ansprüche der Patientin nach dem Fünften Kapitel des SGB XII in Prozessstandschaft geltend zu machen (dazu aa), noch ist eine Abtretung dieser Ansprüche zulässig (dazu bb).
aa) Eine gewillkürte Prozessstandschaft setzt - unabhängig von ihrer Zulässigkeit im Sozialgerichtsprozess im Übrigen - grundsätzlich
voraus, dass das geltend gemachte Recht übertragbar ist (Straßfeld a.a.O., §
54 Rn. 56; nochmals strenger: Groß in Berchtold,
SGG, 6. Auflage 2021, §
54 Rn. 58: "i.d.R. ausgeschlossen"). Eine Übertragung (Abtretung) des Sozialhilfeanspruchs des Patienten auf die Klägerin schließt
§ 17 Abs. 1 S. 2 SGB XII indes aus (dazu sogleich bb). Jedenfalls dann, wenn ein Abtretungsverbot dahin auszulegen ist, dass ein Anspruch nicht durch
einen Dritten geltend gemacht werden kann, ist eine diesen Anspruch betreffende Prozessführungsermächtigung unwirksam; ansonsten
könnte das Abtretungsverbot durch sie unterlaufen werden (vgl. BGH Urteil vom 02.12.2003, VI ZR 243/02, juris Rn. 21 m.w.N.). Stets unzulässig ist eine gewillkürte Prozessstandschaft zudem, wenn das einzuklagende Recht höchstpersönlichen
Charakter hat und mit dem Rechtsinhaber, in dessen Person es entstanden ist, so eng verknüpft ist, dass die Möglichkeit, seine
gerichtliche Geltendmachung einem Dritten im eigenen Namen zu überlassen, dazu im Widerspruch stünde (vgl. BGH Beschluss vom
14.05.2008, XII ZB 225/06, juris Rn. 13 m.w.N.; dazu auch Straßfeld a.a.O.). Beides trifft auf den vorliegenden Fall zu. Insbesondere handelt es sich
bei dem Sozialhilfeanspruch der Patientin um ein höchstpersönliches Recht; das Abtretungsverbot trägt dem Umstand Rechnung,
dass die Sozialhilfe ihren Zweck (§ 1 S. 1 SGB XII) nur erfüllen kann, wenn sie dem Bedürftigen zu Gute kommt und dem Zugriff Dritter entzogen ist (vgl. dazu BSG Urteil vom 21.09.2017, B 8 SO 3/16 R, juris Rn. 18).
bb) Der Anspruch auf Sozialhilfe kann nach § 17 Abs. 1 S. 2 SGB XII nicht übertragen, verpfändet oder gepfändet werden. Diese Regelung berücksichtigt, dass der Sozialhilfeanspruch höchstpersönlicher
Art ist und deshalb die Forderung gegen den Sozialhilfeträger nicht übertragen werden kann; es handelt sich um ein uneingeschränktes
gesetzliches Verbot, das absolut ist und keine Ausnahmen kennt (BSG Urteile vom 21.09.2017, B 8 SO 3/16 R, juris Rn. 18 f.; und B 8 SO 4/16 R, juris Rn. 14; zum
AsylbLG vgl. BSG Urteil vom 30.10.2013, B 7 AY 2/12 R, juris Rn. 27). Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem von der Klägerin in Bezug genommenen
§
53 Abs.
2 Nr.
1 SGB I. Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass anderes in Fällen gelten mag, in denen es nicht mehr um den Sozialhilfeanspruch selbst
geht, sondern um Erstattungsansprüche. Wegen des höchstpersönlichen Charakters des primären Sozialhilfeanspruchs setzt eine
Abtretung dann aber voraus, dass dieser bereits festgestellt ist (BSG a.a.O. B 8 SO 4/16 R, juris Rn. 15; B 7 AY 2/12 R, juris Rn. 28); ein Abtretungsempfänger kann die Feststellung des Anspruchs
nicht selbst betreiben (Coseriu/Filges in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Auflage 2020, § 17 Rn. 28). Soweit ersichtlich hat die Beklagte etwaige Primäransprüche der Patientin bislang nicht beschieden. Unabhängig davon
ist das Abtretungsverbot des § 17 SGB XII lex specialis gegenüber dem von der Klägerin bemühten §
53 Abs.
2 Nr.
1 SGB I (Pflüger in Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB I, 3. Auflage 2018, §
53 Rn. 101).
Dass ungewiss ist, ob und ggf. mit welchem Erfolg die Patientin ihr etwaig gegen die Beklagte zustehende Sozialhilfeansprüche
geltend machen wird, ist in diesen Zusammenhang ohne Belang. Besteht ein Anspruch der Hilfeberechtigten, sieht der Gesetzgeber
auch dann keinen Raum für eine Erstattung von Aufwendungen des Nothelfers auf Grundlage des § 25 SGB XII, wenn dieser die entstandenen Kosten letztlich deshalb nicht erhält, weil der Leistungsberechtigte die Leistung tatsächlich
nicht in Anspruch nimmt (so BSG Beschluss vom 01.03.2018, B 8 SO 63/17 B, juris Rn. 8; zum Ganzen auch bereits Senatsurteil vom 25.11.2020, a.a.O. Rn. 56
f.).
D. Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183,
193 Abs.
1 SGG. Die Klägerin gehört in ihrer Eigenschaft als Nothelferin nach § 25 SGB XII zum kostenprivilegierten Personenkreis des §
183 SGG (vgl. BSG Beschluss vom 11.06.2008, B 8 SO 45/07 B, juris Rn. 9; sowie Urteil vom 12.12.2013, B 8 SO 13/12 R, juris Rn. 23). Das Verfahren
ist auch nicht insoweit gerichtskostenpflichtig (§
197a SGG), als die Klägerin einen Sozialhilfeanspruch der Patientin in Prozessstandschaft bzw. aus abgetretenem Recht geltend zu machen
versucht hat (ebenso: LSG NRW Beschluss vom 26.04.2021, L 20 SO 143/21 B - n.v. -). Zwar ist anerkannt, dass die Kostenprivilegierung
des §
183 SGG nicht gilt, soweit ein Beteiligter Ansprüche, die an sich unter §
183 SGG fielen, in Prozessstandschaft geltend macht (BSG Beschluss vom 04.06.2007, B 11a AL 153/06 B, juris Rn. 7). Steht aber ein unteilbarer Streitgegenstand zur Beurteilung (zur
"unechten" alternativen Klagehäufung vgl. oben A) und ist einer der Beteiligten mit einem von mehreren geltend gemachten "Belangen"
privilegiert, gilt für alle Beteiligten des betreffenden Rechtszugs einheitlich das Kostenregime der §§
184 bis
195 SGG (vgl. BSG Urteil vom 19.06.2018, B 2 U 2/17 R, juris Rn. 30; a.A. für eine Eventualklagehäufung aber: BSG Beschluss vom 26.07.2006, B 3 KR 6/06 B, juris Rn. 12 f.; Urteil vom 26.09.2006, B 1 KR 1/06 R, juris Rn. 31). Fälle, in denen ein Nothelfer sein Begehren auch auf vermeintlich abgetretene Rechte gestützt hat, hat im
Übrigen auch das BSG als kostenprivilegiert behandelt (vgl. BSG Urteil vom 30.10.2013, B 7 AY 2/12 R, juris Rn. 32). Ein sachlicher Grund, Fälle, in denen ein Nothelfer Ansprüche des Hilfebedürftigen
in Prozessstandschaft geltend zu machen versucht, insoweit anders zu behandeln, sind nicht ersichtlich.
E. Die Zulassung der Revision stützt sich auf §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG. Bereits die Frage, ob ein Nothelfer berechtigt ist, Ansprüche des vermeintlich Hilfebedürftigen geltend zu machen, zumal
in gewillkürter Prozessstandschaft (vgl. dazu LSG Hamburg Urteil vom 05.06.2019, L 4 SO 11/17, juris Rn. 18), ist von grundsätzlicher
Bedeutung
F. Einer Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren bedarf es nach dem soeben (unter D) Gesagten nicht. Die Aufhebung
der erstinstanzlichen Streitwertfestsetzung beruht auf §
197a Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Gerichtskostengesetz (GKG).