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LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.02.2016 - 20 SO 476/12
Streit um die Erstattung von Aufwendungen eines Jugendhilfeträgers für die Unterbringung eines geistig behinderten Kindes (hier: Klage des Jugendhilfeträgers gegen den Landschaftsverband) Zulässigkeit der Anschlussberufung zum Zwecke der Klageerweiterung im Berufungsverfahren der erstinstanzlich mit ihrer Klage vollständig erfolgreichen Klägerin Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs nach § 104 Abs. 1 SGB X Vorrang der sozialhilferechtlichen Eingliederungshilfe gegenüber Leistungen der Jugendhilfe Betreuung in Familien als Hilfe in stationären Einrichtungen Als Betreuungsstellen agierende Familien Prüfung eines Anspruchs auf Prozesszinsen
1. Auch im Anschluss an sein erstinstanzliches vollständiges Obsiegen kann ein Kläger seine Anschlussberufung allein zum Zwecke der Klageerweiterung im Berufungsverfahren führen.
2. In Fällen einer zweifachen, aufeinander rückwirkenden seelischen und geistigen Behinderung löst § 10 Abs. 4 S. 2 SGB VIII das Konkurrenzverhältnis zwischen Jugend- und Sozialhilfe von vornherein zu Lasten des Sozialhilfeträgers auf; eine fiktive Prüfung, ob bei einem Hinwegdenken der seelischen Behinderung die zugunsten des Hilfeempfängers durchgeführte Maßnahme gleichwohl auch ausschließlich aufgrund der geistigen Behinderung erforderlich gewesen wäre, findet nicht statt.
3. Keineswegs schließt die gewählte Form der dezentralen Unterbringung in Betreuungsstellen aus, dass es sich um eine stationäre Unterbringung handelte. Denn hierfür bedarf es nicht notwendig einer zentralen Unterkunft (etwa Heim oder Anstalt); vielmehr können betreute Personen auch in einer dezentralen Unterkunft stationär untergebracht sein. Eine dezentrale Unterkunft zählt dann zu den Räumlichkeiten der Einrichtung, wenn die Unterkunft der Rechts- und Organisationssphäre des Einrichtungsträgers so zugeordnet ist, dass sie als Teil des Einrichtungsganzen anzusehen ist.
4. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind auf Erstattungsansprüche von Sozialleistungsträgern untereinander Prozesszinsen nicht zu entrichten.
Normenkette:
SGB X § 104 Abs. 1
,
SGB X § 104 Abs. 3
,
SGB XII § 97 Abs. 1
,
SGB XII § 97 Abs. 2
,
SGB X § 111
,
SGB X § 113
,
SGB XII § 75 Abs. 3
,
SGB VIII § 10 Abs. 4 S. 2
,
SGB VIII § 35a
,
SGB XII § 53 Abs. 1
,
SGB IX § 2 Abs. 1
,
SGB XII § 54
,
SGB XII § 13 Abs. 2
,
SGG § 99
,
BGB § 291
,
SGB X § 108 Abs. 2
,
SGB I § 44 Abs. 1
Vorinstanzen: SG Detmold 09.10.2012 S 2 SO 153/11
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten sowie auf die im Berufungsverfahren erweiterte Klage wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 09.10.2012 geändert. Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die in Sachen Q M im Zeitraum vom 01.04.2010 bis zum 30.09.2014 entstandenen Aufwendungen in Höhe von 454.258,34 EUR zu erstatten. Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die notwendigen Kosten des Verfahrens für beide Rechtszüge. Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 454.258,34 EUR festgesetzt.

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