Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Regelaltersrente (RAR).
Die am 00.00.1940 geborene Klägerin betreibt ein landwirtschaftliches Unternehmen. Sie ist seit dem 1.12.1972 Pflichtmitglied
bei der Beklagten. Die Klägerin ist Eigentümerin land- bzw. forstwirtschaftlich genutzter Flächen mit einer Gesamtgröße von
etwa 60 ha. Ausweislich des Unternehmenskatasters nutzt sie 18,97 ha Forst, 18,14 ha Grünland und 3,92 ha Brachland selbst.
Die restlichen Flächen sind nach eigenen Angaben an verschiedene Pächter auf die Dauer von jeweils ein bis zwei Jahren verpachtet.
Am 26.4.2010 beantragte die Klägerin bei der Beklagten RAR. Im Formantrag vom 30.5.2010 teilte sie mit, sie werde den Hof
nicht verpachten oder verkaufen. Sie bitte um sofortigen Bescheid. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, weil die Klägerin ihr
landwirtschaftliches Unternehmen nicht gemäß §§ 11 Abs. 1 Nr. 3, 21 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) abgegeben habe (Bescheid v. 9.6.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides v. 21.7.2010).
Die Klägerin hat am 18.8.2010 Klage zum Sozialgericht (SG) Köln erhoben und vorgetragen, das Erfordernis der Unternehmensabgabe sei verfassungswidrig.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 9.6.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.7.2010 zu verurteilen,
ihr ab April 2010 Regelaltersrente zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat den angefochtenen Bescheid verteidigt.
Das SG hat die Klage abgewiesen und der Klägerin Verschuldenskosten in Höhe von 150 Euro auferlegt (Urteil v. 25.2.2011). Auf die
Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 2.3.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28.3.2011 Berufung eingelegt. Sie hält das Erfordernis der
Unternehmensabgabe für verfassungswidrig. Das damit verfolgte Ziel strukturpolitischer Veränderungen lasse sich angesichts
der hohen Zahl von Nebenerwerbslandwirten und sog. "Scheinabgaben" nicht mehr erreichen. Die Verpflichtung zur Hofabgabe beeinträchtige
sie unangemessen in ihrem Grundrecht aus Art.
14 Abs.
1 Grundgesetz (
GG). Es sei ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art.
20 Abs.
3 GG), wenn der Landwirt gezwungen werde, Pflichtmitglied der Alterskasse zu werden, die Alterssicherung dann jedoch nur als eine
Teilsicherung ausgestaltet sei. Ergänzend überreicht sie eine Stellungnahme des "Arbeitskreises für die Abschaffung der Hofabgabeklausel"
zum Referentenentwurf des Gesetzes zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV-NOG).
Schließlich wendet sich die Klägerin gegen die Auferlegung von Verschuldenskosten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.2.2011 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 9.6.2010
in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.7.2010 zu verurteilen, ihr ab April 2010 Regelaltersrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für richtig und weist darauf hin, dass die Verfassungsmäßigkeit des Abgabeerfordernisses in der Rechtsprechung hinreichend
geklärt sei.
Der Senat hat mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Diskussion über Änderungen an der Hofabgabeklausel (BT-Drs. 17/5691), die Tabelle 3 "Einnahmen
und Ausgaben in der Alterssicherung der Landwirte von 2004 bis 2008" im Lagebericht der Bundesregierung über die Alterssicherung
der Landwirte 2009 (BT-Drs. 17/55), die Daten des Statistischen Bundesamtes zur Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe nach
Größenklassen der landwirtschaftlichen Flächen von 1949 bis 2007 sowie die Informationen des Bundesministeriums für Ernährung,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) zum Referentenentwurf zum LSV-NOG (Stand Oktober 2011) erörtert.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Die das vorliegende Verfahren betreffende Rentenakte der Beklagten ist beigezogen worden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung
gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Wie das SG zutreffend entschieden hat, ist die Klage unbegründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, der Klägerin RAR zu gewähren.
I.
Nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 ALG setzt der Anspruch auf RAR aus der Alterssicherung der Landwirte voraus, dass das Unternehmen der Landwirtschaft abgegeben
ist. Die Voraussetzungen der Abgabe sind in § 21 ALG geregelt. Nach § 21 Abs. 7 i.V.m. § 84 Abs. 5 ALG gilt ein Unternehmen der Landwirtschaft auch dann als abgegeben, wenn der Flächenwert des nicht abgegebenen Teils 25 v. H.
der von der landwirtschaftlichen Alterskasse festgelegten Mindestgröße, d.h. bei landwirtschaftlichen Flächen 1,5 ha bis zum
31.12.2010 bzw. 2 ha ab dem 1.1.2011 nicht überschreitet.
Die Klägerin erfüllt die Voraussetzungen der Abgabe nicht. Sie selbst bewirtschaftet landwirtschaftliche Flächen von mindestens
18,14 ha und damit in einer den zulässigen Rückbehalt übersteigenden Höhe. Darüber hinaus hat sie auch die verpachteten Flächen
nicht wirksam abgegeben, weil die Pachtverträge nicht, wie von § 21 Abs. 2 Satz 2 ALG gefordert, auf mindestens neun Jahre abgeschlossen worden sind.
Schwierigkeiten bei der Unternehmensabgabe können die vom Gesetz vorbehaltlos verlangte Abgabe weder erfüllen noch ersetzen
(BSG, Urteil v. 25.2.2010, B 10 LW 1/09 R, SozR 4-5868 § 13 Nr. 5). Überdies beruht die Nichtabgabe des Unternehmens der Klägerin im vorliegenden Fall nicht auf Schwierigkeiten,
sondern auf ihrer persönlichen unternehmerischen Entscheidung.
II.
Der Senat hält entsprechend seiner ständigen Rechtsprechung (Urteil v. 12.9.2007, L 8 LW 2/07; Urteil v. 8.8.2007, L 8 LW 5/07; Urteil v. 8.3.2006, L 8 LW 12/05; Urteil v. 4.6.2003, L 8 LW 2/03) das Erfordernis der Unternehmensabgabe als Voraussetzung des Anspruchs auf RAR nicht für verfassungswidrig (Art.
100 Abs.
1 GG)
1. Die Entscheidung des Gesetzgebers, die Gewährung einer Altersrente von der vorherigen Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens
abhängig zu machen, verstößt zunächst nicht gegen Art
3 Abs.
1 GG.
a) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber nicht
jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich
zu anderen Normadressaten verschieden behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem
Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (std. Rspr., vgl. nur BVerfG, Beschluss v. 27.2.2007,
1 BvL 10/00, BVerfGE 117, 272 [300 f.]). Dabei muss er an ein sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungsmerkmal anknüpfen. Auf dem Gebiet des Sozialrechts
ist ihm insoweit eine besonders weite Gestaltungsfreiheit zuzugestehen (vgl. BVerfG, Urteil v. 23.1.1990, 1 BvL 44/86, 1 BvL 48/87, BVerfGE 81, 156 [205]; BVerfG, Beschluss v. 7.7.2010, 1 BvR 2556/09, SozR 4-4200 § 11 Nr. 33; m.w.N.). Die verfassungsrechtliche Kontrolle beschränkt sich daher darauf, ob seine Erwägungen
offensichtlich verfehlt oder mit der Wertordnung des
GG unvereinbar sind (vgl. BVerfG, Beschluss v. 18.12.1981, 1 BvR 943/81, SozR 5850 § 2 Nr. 8), was insbesondere dann der Fall sein kann, wenn sich für die Ungleichbehandlung kein in angemessenem
Verhältnis zum Grad der Ungleichbehandlung stehender Rechtfertigungsgrund finden lässt (BVerfG, Beschluss v. 15.3.2000, 1 BvL 16/96 u.a., BVerfGE 102, 68 [87]).
b) Das Erfordernis der Abgabe dient der Erreichung eines mit der landwirtschaftlichen Alterssicherung verfolgten strukturpolitischen
Zieles, nämlich die Übergabe landwirtschaftlicher Unternehmen an jüngere Inhaber zu fördern (vgl. BVerfG, Beschluss v. 18.12.1981,
1 BvR 943/81, SozR 5850 § 2 Nr 8; Beschluss v. 1.3.2004, 1 BvR 2099/03, SozR 4-5868 § 1 Nr. 3; BSG, Urteil v. 19.2.2009, B 10 LW 3/07 R, SozR 4-5868 § 1 Nr. 7). Mit dem prinzipiell endgültigen Verlust der Unternehmereigenschaft soll zugleich sichergestellt
werden, dass der Übernehmer die landwirtschaftliche Fläche sinnvoll weiter bewirtschaften kann (BSG, Urteil v. 16.11.1995, 4 RLw 6/94, [...]). Denn nur wer das unternehmerische Risiko trägt, kann die Betriebsstruktur modernisieren, die erforderlichen technischen
Innovationen vornehmen und ggf. die Ausrichtung des Unternehmens den Marktgegebenheiten anpassen (vgl. auch BMELV, Informationen
zu den Modifizierungen der Hofabgabeverpflichtung in der Alterssicherung der Landwirte im Entwurf des LSV-NOG, zu Ziff. 2).
c) Die genannten Zielsetzungen sind weder offensichtlich verfehlt noch mit der Wertordnung des
GG unvereinbar. Im Gegenteil gehören die Förderung der land- und forstwirtschaftlichen Produktion und die Verbesserung der Agrarstruktur
zu den legitimen Staatsaufgaben, wie Art
74 Abs.
1 Nr.
17 GG und Art.
91 Abs.
1 Nr.
2 GG belegen. Diese Ziele darf der Bundesgesetzgeber auch im Rahmen der ihm gleichfalls (durch Art.
74 Nr. 12
GG) zugewiesenen Aufgabe der Sozialversicherung verfolgen. Die Legitimation hierzu ergibt sich aus dem Umstand, dass unverändert
die Bundeszuschüsse an die Alterssicherung der Landwirte (§ 78 ALG) deren tragende Finanzierungssäule sind. Sie betrugen in den Jahren 2008 bis 2010 zuletzt rund 77 Prozent der Gesamtausgaben
(BT-Drs. 17/5691, S. 2).
d) Im Rahmen der im Bereich der Sozialpolitik und Sozialversicherung eingeschränkten verfassungsrechtlichen Prüfungskompetenz
lässt sich nicht feststellen, dass der Grad der Ungleichbehandlung zwischen Landwirten, die ihr Unternehmen abgeben und, solchen,
die darauf verzichten, in einem unangemessenen Verhältnis zu den mit dem Abgabeerfordernis verfolgten Zielen steht. Da das
Abgabeerfordernis seit Einführung der landwirtschaftlichen Altershilfe durch das Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte
(GAL) vom 27.7.1957 (BGBl. I S. 1063) besteht, kann sich jeder pflichtversicherte Landwirt von Beginn seiner Tätigkeit an darauf einstellen, dass der Bezug einer
Altersrente die Abgabe des landwirtschaftlichen Unternehmens voraussetzt. Das ermöglicht eine langfristige Planung, auch hinsichtlich
etwaiger Investitionen. Die Ausgestaltung des Abgabeerfordernisses in § 21 ALG eröffnet darüber hinaus zahlreiche Gestaltungsformen, die von der vollständigen Entäußerung über die langfristige Verpachtung
bis hin zur Stilllegung reichen und vom Landwirt entsprechend den individuellen Bedürfnissen genutzt werden können. Damit
wird auch in wirtschaftlicher Hinsicht der Ausgestaltung der Alterssicherung als einem Teilsicherungssystem Rechnung getragen,
das von einer Ergänzung der Renten durch andere Einkommensquellen, insbesondere das Altenteil und/oder Pachteinnahmen, ausgeht
(vgl. BT-Drucks. 14/4230 zu Art. 10 Nr. 11). Es kommt hinzu, dass kein Zwang zur Abgabe besteht und die Entscheidung gegen
eine Abgabe bei Veränderung der für sie maßgeblichen tatsächlichen oder rechtlichen Umstände nach Erreichen der Altersgrenze
mit der Folge des Rentenbeginns mit dem nächsten Kalendermonat jederzeit korrigiert werden kann (vgl. §§ 30 Abs. 1 Satz 1 ALG, 99 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI]).
e) Ohne Erfolg hält die Klägerin dieser Beurteilung entgegen, dass die vom Gesetzgeber angestrebten agrarstrukturellen Effekte
aufgrund zwischenzeitlich eingetretener Entwicklungen nicht mehr erreichbar und ein Festhalten am Abgabeerfordernis daher
unangemessen sei.
aa) Insoweit übersieht die Klägerin bereits im Ansatz, dass im Rahmen der verfassungsrechtlichen Kontrolle einer Rechtsnorm
nicht zu prüfen ist, ob der Gesetzgeber im Einzelnen die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat.
Gewiss mag es dem Gesetzgeber, wenn ihm ein weiter Gestaltungsspielraum eröffnet ist, obliegen, die weitere Entwicklung des
von ihm geschaffenen Regelungssystems zu beobachten und beim Auftreten von Fehlentwicklungen gegebenenfalls korrigierend einzugreifen
(vgl. hierzu BVerfG, Beschluss v. 27.1.2011, 1 BvR 3222/09, NJW 2011, 1578 [1582]; Urteil v. 16.3.2004, 1 BvR 1778/01, BVerfGE 110, 141 [166]). Wie die Entwicklung des Abgabeerfordernisses zeigt, ist der Gesetzgeber dieser Verpflichtung im Bereich der Hofabgabe
jedoch stetig nachgekommen. Insbesondere hat er den zunehmenden Schwierigkeiten, einen geeigneten Hofübernehmer zu finden,
durch immer weiter gehende Abgabemöglichkeiten Rechnung getragen. Lediglich beispielhaft seien der Verzicht auf die Übergabe
an den Hoferben durch § 2 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) in der Fassung des Gesetzes zur Neuregelung
der Altershilfe für Landwirte v. 3.7.1961 (BGBl. I S. 845), die Gleichstellung der Stilllegung mit der Abgabe sowie die Lockerung des Abgabeverbots unter Ehegatten durch das Agrarsozialreformgesetz
v. 29.7.1994 (BGBl. I S. 1890) bzw. Art. 9 Ziff. 2 Buchst. b) des Gesetzes zur Änderung des Vierten Buchs Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze v. 19.12.2007
(BGBl. I S. 3024) erwähnt.
bb) Unabhängig davon vermag der Senat den Hinweis der Klägerin nicht nachzuvollziehen, dass eine Strukturverbesserung schon
wegen der hohen Anzahl an versicherungsfreien Nebenerwerbslandwirten nicht erreicht werden könne. Unbeschadet der Versicherungspflicht
der jeweiligen Landwirte hat sich seit Einführung der landwirtschaftlichen Altershilfe die Zahl der kleinen Betriebe kontinuierlich
verringert. So ist in den alten Bundesländern die Zahl der Betriebe mit landwirtschaftlichen Nutzflächen von bis zu 10 ha
von 730.086 im Jahr 1960 auf 93.373 im Jahr 2007 gesunken, während im selben Zeitraum die Zahl der Betriebe mit einer landwirtschaftlichen
Nutzfläche von 100 ha und mehr von 2.639 auf 22.791 gestiegen ist (Statistisches Jahrbuch über Ernährung, Landwirtschaft und
Forsten 2010, Tabelle 31, www.bmelv-statistik.de). Dies belegt, dass es agrarstrukturpolitisch erfolgreich gelungen ist, einer
unerwünschten Zersplitterung der Bodenbewirtschaftung entgegenzuwirken.
cc) Ebenfalls ohne Erfolg weist die Klägerin auf die vermeintlich hohe Zahl von "Scheinabgaben"hin. Zunächst wird mit der
Hofabgabe nicht die Einstellung jeglicher Arbeit im landwirtschaftlichen Betrieb verlangt. Aus den dargestellten Gründen ist
maßgebliches Kriterium für die Unternehmensabgabe vielmehr der Übergang des unternehmerischen Risikos auf den Hofnachfolger.
Daher steht eine Mitarbeit in dem früher selbst bewirtschafteten Betrieb mit der Abgabeverpflichtung durchaus in Einklang
(vgl. BT-Drs. 17/5691, S. 4 zu Frage 14). Es ist folglich nicht nur sprachlich falsch, sondern auch inhaltlich nicht gerechtfertigt,
in solchen Fällen verallgemeinernd von einer "Scheinabgabe" zu sprechen. Im Übrigen haben Gesetzgeber und Rechtsprechung die
Gefahr lediglich zum Schein vorgenommener Abgaben indessen erkannt und ihnen angemessene Schranken gesetzt. So begegnet die
Rechtsprechung derartigen Fallgestaltungen mit dem abgabeschädlichen Einwand des Rechtsmissbrauchs (BSG, Urteil v. 24.4.2003, B 10 LW 6/02 R, SozR 4-5864 § 3 Nr. 1; Urteil v. 30.8.2007, B 10 LW 4/06 R, SozR 4-5868 § 30 Nr. 1; Urteil v. 7.12.2000, B 10 LW 5/00 R, Die Beiträge Beilage 2002, 302). Auch die in § 21 Abs. 9 ALG vorgesehenen Beschränkungen bei der Abgabe unter Ehegatten sollen im Einzelfall beabsichtigten "Scheinabgaben" entgegenwirken
(BSG, Urteil v. 9.8.2001, B 10 LW 18/00 R, SozR 3-5868 § 13 Nr. 1; Urteil v. 6.5.1999, B 10 LW 3/98 R, SozR 3-5868 § 21 Nr.1). Soweit es gleichwohl Gestaltungen geben sollte, in denen der Übergang des unternehmerischen Risikos
auf den Hofnachfolger lediglich zum Zweck der Rentenerlangung vorgespiegelt wird, kann dies - ebenso wie in anderen Fällen
des Sozialleistungsmissbrauchs - die grundsätzliche Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit des Abgabeerfordernisses
zur Erreichung der mit ihm verfolgten strukturpolitischen Ziele nicht durchgreifend in Frage stellen.
2. Ein Verstoß gegen Art.
3 Abs.
1 GG liegt vor dem geschilderten Hintergrund auch nicht darin, dass die der Pflichtversicherung in einem anderen gesetzlichen
Alterssicherungssystem, nämlich der Rentenversicherung, unterliegenden Selbstständigen (vgl. §
2 SGB VI) ihr Unternehmen nicht aufgeben müssen, um in den Genuss einer Altersrente zu kommen.
Die landwirtschaftliche Alterssicherung ist vom Gesetzgeber bewusst als eigenständige Materie ausgestaltet worden, die ihrer
eigenen Sachgesetzlichkeit unterliegt. Der Gesetzgeber durfte daher bei der Festsetzung der Leistungen und der Bestimmung
ihrer Voraussetzungen berücksichtigen, dass die Geldleistungen der Landwirtschaftlichen Alterskassen zu nach wie vor mehr
als drei Vierteln aus Bundeszuschüssen finanziert werden und daher im Gegensatz zu den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung
weit überwiegend nicht durch Beiträge der Versicherten aufgebracht werden. Dieser Umstand der weitgehenden Fremdfinanzierung,
durch den das System der landwirtschaftlichen Altersversorgung einen stark fürsorgerischen Charakter erhält, rechtfertigt
es, die Ansprüche der Berechtigten an strengere Voraussetzungen zu binden als die der Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung
(BVerfG, Entscheidung v. 15.4.1969, 1 BvL 18/68, BVerfGE 25, 314;BSG, Urteil v. BSG SozR 4-5868 § 13 Nr. 5; BSG, Urteil v. 21.3.1991, 4 RLw 1/90, [...]).
3. Das Erfordernis der Unternehmensabgabe verletzt die betroffenen Landwirte darüber hinaus nicht in ihrem Grundrecht aus
Art.
14 Abs.
1 GG.
a) Das Abgabeerfordernis greift nicht in die Verfügungsbefugnis über das Eigentum ein. Es bleibt dem Landwirt überlassen,
ob er, um einen Anspruch auf Altersgeld zu erwerben, sein Land nach Maßgabe dieser Vorschrift abgeben will (BVerfG, Beschluss
v. 30.5.1980, 1 BvR 313/80, SozR 3-5850 § 2 Nr. 6).
b) Der Senat kann weiter offen lassen, ob Ansprüche auf Altersrente in der Alterssicherung der Landwirte dem Schutz des Art.
14 Abs.
1 GG unterliegen. Denn auch wenn man dies bejaht, kann das Abgabeerfordernis, weil es überhaupt erst die Voraussetzungen für die
Entstehung eines Anspruchs auf Altersgeld regelt, in Bezug auf diesen Anspruch Art.
14 Abs.
1 Satz 1
GG nicht verletzen (BSG SozR 4-5868 § 13 Nr. 5).
4. Das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art.
12 Abs.
1 GG ist schon deswegen nicht berührt, weil die Hofabgabe als Anspruchsvoraussetzung für eine Rente nach dem ALG den Landwirt nicht zur Aufgabe seines Berufs zwingt, sondern es ihm überlässt, ob er als Landwirt weiter wirtschaften oder
seinen Hof abgeben will (BVerfG SozR 5850 § 2 Nr. 8; BSG SozR 4-5868 § 13 Nr. 5).
5. Soweit die Klägerin schließlich unter Hinweis auf Art.
2 Abs.
1 GG i.V.m. Art.
20 Abs.
3 GG Einwände gegen ihre Versicherungspflicht bei der Beklagten erhebt, sind diese im vorliegenden Verfahren, in dem es allein
um den Anspruch auf RAR geht, nicht zu prüfen.
III.
Der Senat hat keinen Anlass, die Entscheidung des SG, der Klägerin teilweise Kosten aufzuerlegen, aufzuheben (§
192 Abs.
3 Satz 2
SGG). Das SG hat die Klägerin ordnungsgemäß und zutreffend darauf hingewiesen, dass die Rechtslage auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht
umfassend geklärt ist, aus der Fortführung des Verfahrens mit nicht zu beanstandender Begründung auf Rechtsmissbräuchlichkeit
der weiteren Rechtsverfolgung geschlossen und seine Entscheidung sodann ermessensfehlerfrei begründet.
Gründe, die Revision gemäß §
160 Abs.
2 SGG zuzulassen, bestehen nicht.