Parallelentscheidung zu LSG Sachsen - L 5 RS 436/16 - v. 07.11.2017
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten - im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens - über die Verpflichtung der Beklagten weitere Entgelte
des Klägers für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für die Jahre 1976
bis 1990 (Zuflussjahre) in Form von Jahresendprämien festzustellen.
Dem 1947 geborenen Kläger wurde, nach einem kombinierten Fachschul- und Fachschulfernstudium in der Fachrichtung Förder- und
Baumaschinen an der Ingenieurschule für Fördertechnik Y ... in der Zeit von September 1966 bis April 1969 sowie an der Ingenieurschule
für Schwermaschinenbau "Walter Ulbricht" X ... in der Zeit von September 1970 bis Januar 1976, mit Urkunde vom 28. Januar
1976 das Recht verliehen, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen. Er war vom 1. November 1970 bis 30. Juni 1990 (sowie
darüber hinaus) als Technologe für Werkzeugmaschinen und Anlagen sowie als Verantwortlicher für Vorbereitung und Anlageninstandhaltung
im volkseigenen Betrieb (VEB) Plastmaschinenwerk W ... beschäftigt. Er erhielt keine Versorgungszusage und war zu Zeiten der
Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.
Am 14. Dezember 2000 beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Mit Bescheid vom 13. März
2001 stellte die Beklagte die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. Januar 1976 (unzutreffend; richtigerweise: 28. Januar
1976) bis 30. Juni 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die
in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte fest.
Mit Überprüfungsantrag vom 4. März 2008 begehrte der Kläger erstmals die Berücksichtigung von Jahresendprämien bei den festgestellten
Arbeitsentgelten. Den Antrag lehnte die Beklagte mit - bestandkräftig gewordenem - Bescheid vom 26. November 2010 ab.
Mit erneutem Überprüfungsantrag vom 6. Mai 2014 begehrte der Kläger die Berücksichtigung von Jahresendprämien in Höhe von
70 Prozent des Entgelts des jeweils vorangegangenen Kalenderjahres als glaubhaft gemachtes Arbeitsentgelt und reichte eine
schriftliche Erklärung des Zeugen C ... vom 2. März 2014 ein. Dieser gab an, der Kläger habe vom Betrieb, wie jeder andere
Mitarbeiter auch, regelmäßig jährlich eine Jahresendprämie ausgezahlt erhalten.
Den Überprüfungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25. August 2014 ab. Den hiergegen am 2. September 2014 erhobenen
Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 8. Oktober 2014 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus: Der
Zufluss der begehrten weiteren Arbeitsentgelte in Form von Jahresendprämien sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht
worden. Die Zeugenerklärung enthalte keine konkreten Angaben zu den Höhen der Prämien. Die Höhe der Jahresendprämien des Einzelnen
sei von einer Vielzahl von Faktoren abhängig gewesen, die heute ohne entsprechende Unterlagen nicht mehr nachvollzogen werden
könnten. Eine pauschale Berücksichtigung der Prämien könne daher nicht erfolgen.
Die hiergegen am 16. Oktober 2014 erhobene Klage hat das Sozialgericht Dresden mit Urteil vom 21. Juli 2016 abgewiesen und
zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger nicht in den Anwendungsbereich des AAÜG einbezogen sei, da er keine Versorgungsurkunde oder tatsächliche nachträgliche Einbeziehung erhalten habe. Der Rechtsprechung
des Bundessozialgerichts (BSG) hinsichtlich der Möglichkeit des Bestehens einer fingierten Zusatzversorgungsanwartschaft sei nicht zu folgen. Höhere Arbeitsentgelte
oder weitere Prämien seien daher von vornherein nicht zu berücksichtigen.
Gegen das am 23. August 2016 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14. September 2016 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren
weiterverfolgt. Das Sozialgericht habe die Rechtsprechung des BSG missachtet. Die Jahresendprämienzahlung sei dem Grunde nach durch die Zeugenaussage glaubhaft gemacht worden. Die Höhe der
Prämien könne geschätzt werden.
Der Kläger beantragt - sinngemäß und sachdienlich gefasst -,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 21. Juli 2016 aufzuheben und die Beklagte, unter Aufhebung des Bescheides vom 25.
August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2014, zu verurteilen, den Ablehnungsbescheid vom 26.
November 2010 zurückzunehmen, den Feststellungsbescheid vom 13. März 2001 abzuändern und Jahresendprämien für die Zuflussjahre
1976 bis 1990 als zusätzliche Entgelte im Rahmen der nachgewiesenen Zusatzversorgungszeiten festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung im Ergebnis, nicht allerdings in der Begründung, für zutreffend.
Das Gericht hat eine schriftliche Auskunft des Zeugen C ... vom 21. März 2017 eingeholt sowie arbeitsvertragliche Unterlagen
zum Kläger beigezogen.
Mit Schriftsätzen vom 7. August 2017 (Kläger) und vom 21. August 2017 (Beklagte) haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis
zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des
Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt
haben (§
153 Abs.
1 in Verbindung mit §
124 Abs.
2 des
Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
I. Die Berufung des Klägers ist teilweise begründet, weil das Sozialgericht Dresden die Klage teilweise zu Unrecht abgewiesen
hat. Denn der Kläger hat in dem tenorierten Umfang Anspruch auf Feststellung zusätzlicher, ihm in den Jahren 1976 bis 1983
zugeflossener, weiterer Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits mit Bescheid
vom 13. März 2001 festgestellten Zeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen
und ihnen gleichgestellten Betrieben. Soweit er darüber hinausgehend noch höhere als die tenorierten Arbeitsentgelte sowie
solche für die Zuflussjahre 1984 bis 1990 begehrt, ist die Berufung unbegründet, weshalb sie im Übrigen zurückzuweisen war.
Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 25. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Oktober 2014 ist
rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§
54 Abs.
2 Satz 1
SGG), weil mit ihm das Recht unrichtig angewandt bzw. von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist
(§ 44 des Zehntes Buches Sozialgesetzbuch [SGB X]). Deshalb waren das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 21. Juli 2016
(teilweise) abzuändern, der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 25. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 8. Oktober 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Ablehnungsbescheid vom 26. November 2010 zurückzunehmen
sowie den Feststellungsbescheid vom 13. März 2001 dahingehend abzuändern, dass für die Jahre 1976 bis 1983 weitere Arbeitsentgelte
wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen
Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, wie tenoriert, festzustellen
sind.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X), der nach § 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG anwendbar ist, gilt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt
oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu
Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar
geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Im Übrigen ist ein rechtswidriger, nicht begünstigender Verwaltungsakt,
auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für
die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Diese Voraussetzungen liegen vor, denn der Ablehnungsbescheid vom 26. November 2010 ist in Gänze und der Feststellungsbescheid
vom 13. März 2001 ist teilweise rechtswidrig.
Nach § 8 Abs. 1 AAÜG hat die Beklagte als der unter anderem für das Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen
Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben zuständige Versorgungsträger in einem dem Vormerkungsverfahren
(§
149 des
Sechsten Buches Sozialgesetzbuch [SGB VI]) ähnlichen Verfahren durch jeweils einzelne Verwaltungsakte bestimmte Feststellungen zu treffen. Vorliegend hat
die Beklagte mit dem Feststellungsbescheid vom 13. März 2001 Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der
Anlage 1 zum AAÜG (vgl. § 5 AAÜG) sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte festgestellt (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Jahresendprämien hat sie jedoch zu Unrecht teilweise nicht berücksichtigt.
Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 AAÜG) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§
256a Abs.
2 SGB VI) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Arbeitsentgelt im Sinne des §
14 des
Vierten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB IV) und damit im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG stellen auch die in der DDR an Arbeitnehmer rechtmäßig gezahlten Jahresendprämien dar, da es sich um eine Gegenleistung des
Betriebs für die vom Werktätigen im jeweiligen Planjahr erbrachte Arbeitsleistung handelte, wobei es nicht darauf ankommt,
dass dieser Verdienst nach DDR-Recht nicht steuer- und sozialversicherungspflichtig war (so: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.; dem folgend: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 13). Denn der Gesetzestext des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG besagt, dass den Pflichtbeitragszeiten im Sinne des § 5 AAÜG als Verdienst (§
256a SGB VI) unter anderen das "erzielte Arbeitsentgelt" zugrunde zu legen ist. Aus dem Wort "erzielt" folgt im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln musste, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem
"aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden ist. In der DDR konnten die Werktätigen
unter bestimmten Voraussetzungen Prämien als Bestandteil ihres Arbeitseinkommens bzw. -entgelts erhalten. Sie waren im Regelfall
mit dem Betriebsergebnis verknüpft und sollten eine leistungsstimulierende Wirkung ausüben. Lohn und Prämien waren "Formen
der Verteilung nach Arbeitsleistung" (vgl. Kunz/Thiel, "Arbeitsrecht [der DDR] - Lehrbuch", 3. Auflage, 1986, Staatsverlag
der DDR, S. 192f.). Die Prämien wurden aus einem zu bildenden Betriebsprämienfonds finanziert; die Voraussetzungen ihrer Gewährung
mussten in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart werden. Über ihre Gewährung und Höhe entschied der Betriebsleiter mit
Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung nach Beratung im Arbeitskollektiv. Diese allgemeinen Vorgaben
galten für alle Prämienformen (§ 116 des Arbeitsgesetzbuches der DDR [nachfolgend: DDR-AGB] vom 16. Juni 1977 [DDR-GBl. I
1977, Nr. 18, S. 185]) und damit auch für die Jahresendprämie (§ 118 Abs. 1 und 2 DDR-AGB). Die Jahresendprämie diente als
Anreiz zur Erfüllung und Übererfüllung der Planaufgaben; sie war auf das Planjahr bezogen und hatte den Charakter einer Erfüllungsprämie.
Nach § 117 Abs. 1 DDR-AGB bestand ein "Anspruch" auf Jahresendprämie, wenn - die Zahlung einer Jahresendprämie für das Arbeitskollektiv,
dem der Werktätige angehörte, im Betriebskollektivvertrag vereinbart war, - der Werktätige und sein Arbeitskollektiv die vorgesehenen
Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatte und - der Werktätige während des gesamten Planjahres Angehöriger
des Betriebs war. Die Feststellung von Beträgen, die als Jahresendprämien gezahlt wurden, hing davon ab, dass der Empfänger
die Voraussetzungen der §§ 117, 118 DDR-AGB erfüllt hatte. Hierfür und für den Zufluss trägt er die objektive Beweislast (sog.
Feststellungslast im sozialgerichtlichen Verfahren, vgl. insgesamt: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.; dem folgend und diese Beweislast, unter Ablehnung einer Schätzungsmöglichkeit,
betonend: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 14).
Daraus wird deutlich, dass die Zahlung von Jahresendprämien von mehreren Voraussetzungen abhing. Der Kläger hat, um eine Feststellung
zusätzlicher Entgelte beanspruchen zu können, nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, dass alle diese Voraussetzungen in jedem
einzelnen Jahr erfüllt gewesen sind und zusätzlich, dass ihm ein bestimmter, berücksichtigungsfähiger Betrag auch zugeflossen,
also tatsächlich gezahlt, worden ist.
Gemäß §
128 Abs.
1 Satz 1
SGG entscheidet das Gericht dabei nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Neben dem
Vollbeweis, d.h. der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, ist auch die Möglichkeit der Glaubhaftmachung des Vorliegens
weiterer Arbeitsentgelte aus Jahresendprämien gegeben. Dies kann aus der Vorschrift des § 6 Abs. 6 AAÜG abgeleitet werden. Danach wird, wenn ein Teil des Verdienstes nachgewiesen und der andere Teil glaubhaft gemacht wird, der
glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes zu fünf Sechsteln berücksichtigt.
Im vorliegenden konkreten Einzelfall hat der Kläger den Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach zwar nicht nachgewiesen,
jedoch glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter 1.). Die konkrete Höhe der Jahresendprämie, die zur Auszahlung an ihn gelangten,
hat er zwar nicht nachgewiesen, zum Teil allerdings, und zwar für die Zuflussjahre 1976 bis 1983 in einer Mindesthöhe glaubhaft
machen können; eine Schätzung hingegen ist nicht möglich (dazu nachfolgend unter 2.).
1. Der Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach ist im vorliegenden Fall zwar nicht nachgewiesen (dazu nachfolgend unter
a), jedoch glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter b):
a) Nachweise etwa in Form von Begleitschreiben, Gewährungsunterlagen, Beurteilungsbögen, Quittungen oder sonstigen Lohnunterlagen
für an den Kläger geflossene Prämienzahlungen konnte er nicht vorlegen. Er selbst verfügt auch über keine Unterlagen, mit
denen er die Gewährung von Jahresendprämien belegen könnte, wie er selbst ausführte.
Nachweise zu an den Kläger gezahlten Jahresendprämien liegen auch nicht mehr vor, da zwischenzeitlich die Aufbewahrungsfrist
für die Entgeltunterlagen der ehemaligen Betriebe der DDR abgelaufen ist (31. Dezember 2011; vgl. §
28f Abs.
5 SGB IV), weshalb bereits die Beklagte im Verwaltungsverfahren von einer entsprechenden Anfrage an die Rhenus Office Systems GmbH
abgesehen hat.
b) Der Zufluss von Prämienzahlungen dem Grunde nach konkret an den Kläger ist aber im vorliegenden Fall glaubhaft gemacht.
Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche
erreichbare Beweismittel erstrecken sollen (vgl. dazu auch: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 14), überwiegend wahrscheinlich ist. Dies erfordert mehr als das Vorhandensein
einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Dieser Beweismaßstab ist zwar
durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss also nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges,
absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die "gute Möglichkeit" aus, das heißt es
genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten
ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht
zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den übrigen gegenüber aber einer das Übergewicht zukommen. Die bloße Möglichkeit einer
Tatsache reicht deshalb nicht aus, die Beweisanforderungen zu erfüllen (vgl. dazu dezidiert: BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 5).
Dies zu Grunde gelegt, hat der Kläger im konkreten Einzelfall glaubhaft gemacht, dass die drei rechtlichen Voraussetzungen
(§ 117 Abs. 1 DDR-AGB) für den Bezug einer Jahresendprämie in den geltend gemachten Jahren vorlagen und er jeweils eine Jahresendprämie
erhalten hat:
aa) Der Kläger war in den Jahren 1975 bis 1989 während des gesamten Planjahres Angehöriger des VEB Plastmaschinenwerk W ...
(§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 3 DDR-AGB), wie sich aus den vorgelegten arbeitsvertraglichen Unterlagen (Bl. 100-128 der Gerichtsakte)
sowie aus den Eintragungen in seinem Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung (Bl. 129-140 der Gerichtsakte) ergibt.
bb) Mindestens glaubhaft gemacht ist darüber hinaus auch, dass die Zahlung von Jahresendprämien für das Arbeitskollektiv,
dem der Kläger angehörte, jeweils in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart war (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 1 DDR-AGB).
Denn der Abschluss eines Betriebskollektivvertrages zwischen dem Betriebsleiter und der zuständigen Betriebsgewerkschaftsleitung
war nach § 28 Abs. 1 DDR-AGB zwingend vorgeschrieben. Die Ausarbeitung des Betriebskollektivvertrages erfolgte jährlich, ausgehend
vom Volkswirtschaftsplan; er war bis zum 31. Januar des jeweiligen Planjahres abzuschließen (vgl. Kunz/Thiel, "Arbeitsrecht
[der DDR] - Lehrbuch", 3. Auflage, 1986, Staatsverlag der DDR, S. 111). Ebenso zwingend waren nach § 118 Abs. 1 DDR-AGB in
Verbindung mit § 28 Abs. 2 Satz 3 DDR-AGB die Voraussetzungen und die Höhe der Jahresendprämie in dem (jeweiligen) Betriebskollektivvertrag
zu regeln. Konkretisiert wurde diese zwingende Festlegung der Voraussetzungen zur Gewährung von Jahresendprämien im Betriebskollektivvertrag
in den staatlichen Prämienverordnungen: So legten die "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds
und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahre 1972" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1972) vom 12. Januar
1972 (DDR-GBl. II 1972, Nr. 5, S. 49) in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. November 1972 (DDR-GBl. II 1972, Nr. 70, S.
810) sowie in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur-
und Sozialfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: 2. Prämienfond-VO 1973) vom 21. Mai 1973 (DDR-GBl. I 1973, Nr. 30,
S. 293), mit denen die Weitergeltung der Prämienfond-VO 1972 über das Jahr 1972 hinaus angeordnet wurden, sowie die "Verordnung
über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1982) vom
9. September 1982 (DDR-GBl. I 1982, Nr. 34, S. 595) jeweils staatlicherseits fest, dass die Verwendung des Prämienfonds, die
in den Betrieben zur Anwendung kommenden Formen der Prämierung und die dafür vorgesehenen Mittel im Betriebskollektivvertrag
festzulegen waren (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 Prämienfond-VO 1982). Dabei war, ohne dass
ein betrieblicher Ermessens- oder Beurteilungsspielraum bestand, in den Betriebskollektivverträgen zu vereinbaren bzw. festzulegen,
unter welchen Voraussetzungen Jahresendprämien als Form der materiellen Interessiertheit der Werktätigen an guten Wirtschaftsergebnissen
des Betriebes im gesamten Planjahr angewendet werden (§ 5 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstrich 2 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz
3 Spiegelstrich 4 Prämienfond-VO 1982).
Damit kann in der Regel für jeden Arbeitnehmer in der volkseigenen Wirtschaft, sofern nicht besondere gegenteilige Anhaltspunkte
vorliegen sollten, davon ausgegangen werden, dass ein betriebskollektivvertraglich geregelter Jahresendprämienanspruch dem
Grunde nach bestand (vgl. dazu auch: Lindner, "Die 'leere Hülle' ist tot - wie geht es weiter?", RV [= Die Rentenversicherung]
2011, 101, 104), auch wenn die Betriebskollektivverträge als solche nicht mehr vorgelegt oder anderweitig vom Gericht beigezogen werden
können. Vor diesem Hintergrund ist der von der Beklagten in anderen Verfahren erhobene Einwand, die Betriebskollektivverträge
seien anspruchsbegründend, zwar zutreffend, verhindert eine Glaubhaftmachung jedoch auch dann nicht, wenn diese im konkreten
Einzelfall nicht eingesehen werden können.
cc) Ausgehend von den schriftlichen Auskünften des Zeugen C ... sowie den sonstigen Hinweistatsachen ist zudem glaubhaft gemacht,
dass der Kläger und das Arbeitskollektiv, dem er angehörte, die vorgegebenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe
erfüllt hatten (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 2 DDR-AGB).
Der Zeuge C ..., der den Kläger bereits seit Juni 1968 kannte und mit diesem im VEB Plastmaschinenwerk W ... in der Funktion
als ehemaliger Direktor für Materialwirtschaft und Beschaffung sowie als damaliges Mitglied der Betriebsleitung zusammenarbeitete,
gab in seiner schriftlichen Zeugenerklärung vom 2. März 2014 (Bl. 12 der Verwaltungsakte) an, dass der Kläger als leitender
Angestellter vom 1. November 1970 bis 30. November 1991 im Betrieb tätig war und regelmäßig jährlich, wie alle anderen Betriebsangehörigen
auch, Jahresendprämien vom Betrieb ausgezahlt erhielt. In seiner schriftlichen Zeugenerklärung vom 21. März 2017 (Eingang
bei Gericht, Bl. 141 der Gerichtsakte) konkretisierte er seine Angaben auf die schriftliche Nachfrage des Berufungsgerichts
vom 13. Februar 2017 (Bl. 94 der Gerichtsakte). Er gab an, dass der Betrieb an alle Mitarbeiter jährlich und regelmäßig Jahresendprämien
auszahlte. Die Prämienhöhe wurde leistungsabhängig eingeschätzt und vom jeweiligen Leiter in den einzelnen Abteilungen, auch
in der Abteilung Hauptmechanik und Instandsetzung, in dem der Kläger arbeitet, ausgezahlt. Im Betrieb existierten dafür Betriebskollektivverträge
und Betriebsprämienordnungen, in denen die Berechnung der Jahresendprämien im Einzelnen festgelegt war. Die erforderlichen
Plankennziffern wurden sowohl vom Betrieb als auch in der Abteilung, in der der Kläger arbeitete, jährlich erfüllt. Alle jeweils
das ganze Planjahr Beschäftigten erhielten Jahresendprämien ausgezahlt. Die Auszahlung der Jahresendprämien erfolgte regelmäßig
im Februar des Folgejahres für das vorangegangene Planjahr.
Unzulänglichkeiten des Klägers, die gegebenenfalls eine Kürzung oder Nichtzahlung der Jahresendprämie zur Folge hätten haben
können, ergeben sich auch nicht aus anderweitigen Indizien oder Hinweistatsachen. Im Gegenteil: Die Angaben des Zeugen C ...
sind vor dem Hintergrund der beigezogenen Leistungsbeurteilungen und Arbeitseinschätzungen des Betriebes über den Kläger plausibel
und bestätigen die berechtigte Annahme, dass der Kläger die individuellen Leistungskennziffern konkret erfüllte. So wird unter
anderem in der Leistungseinschätzung des Betriebes vom 15. März 1982 (Bl. 100-101 der Gerichtsakte) ausgeführt, dass der Kläger
- sich gute fachliche Kenntnisse aneignete, - nahezu alle Probleme, die mit der Instandhaltung betrieblicher Anlagen im Zusammenhang
standen, beherrschte und - in der Lage war, umfangreichere Arbeiten im Gesamtmaßstab der Instandhaltung zu leisten. In der
Leistungsbeurteilung des Betriebes vom 2. Juli 1986 (Bl. 120-121 der Gerichtsakte) wird insbesondere hervorgehoben, dass der
Kläger - seine Arbeitsaufgaben in dem komplizierten Arbeitsgebiet mit hohem persönlichen Einsatz löste, - durch sein gutes
Organisationstalent großen Anteil an der Durchsetzung von Instandhaltungsmaßnahmen, wie zum Beispiel Modernisierungs- und
Generalreparaturen an Werkzeugmaschinen, hatte, - aufgrund seiner über Jahre hinweg beständigen Leistungen 1986 mit dem Staatstitel
"Aktivist der sozialistischen Arbeit" ausgezeichnet wurde, - in der Lage war, eigenverantwortlich Aufgaben zu lösen und ein
Kollektiv zu leiten und - über Jahre hinweg eine gute Arbeitsdisziplin und Einsatzbereitschaft zeigte. Im Auszeichnungsvorschlagsschreiben
des Betriebes zur Aktivistenauszeichnung vom 31. März 1986 (Bl. 124 der Gerichtsakte) ist unter anderem ausgeführt, dass der
Kläger regelmäßig Solidaritätsspenden, zum einen monatlich und zum anderen auf die Jahresendprämien, leistete. Im Begründungsschreiben
zum Auszeichnungsvorschlag (Bl. 125-126 der Gerichtsakte) ist unter anderem ausgeführt, dass der Kläger - durch seine über
Jahre hinweg gezeigten guten Leistungen die operativen Reparaturen sowie die planmäßig verbeugenden Instandhaltungen positiv
beeinflussen konnte und damit mithalf, die Verfügbarkeit der Grundmittel des Betriebes zu steigern, - über ein gutes Organisationstalent
verfügte, dem es zu verdanken war, dass Schadensreparaturen schnell beseitigt werden konnten, - der Generalinstandsetzung
und Modernisierung der Werkzeugmaschinen große Aufmerksamkeit schenkte, - das oft komplizierte Aufgabengebiet der Ersatzteil-
und Materialbeschaffung durch Aufbringung eines hohen Maßes an Energie meisterte und es verstand, benötigte Ersatz- und Verschleißteile
schnell zu beschaffen, - sich mit hoher Einsatzbereitschaft bei der Rekonstruktion des Kesselhauses im Werk II dafür einsetzte,
dass die erforderlichen Materialien zum Zeitpunkt des Einsatztermins greifbar waren, - sein ganzes Organisationstalent aufbrachte,
um die Aufgaben der Rekonstruktion ohne Projektvorlauf zu realisieren, - seine Aufgaben vorbildlich löste und - auch seine
Aufgabe als Verantwortlicher für die Schmierungstechnik mit großem Einsatz meisterte, sodass dem Betrieb noch keine Sanktionen
in Bezug auf die Erfassung von Altölen auferlegt werden mussten. Im Arbeitszeugnis des Betriebes vom 21. Januar 1993 (Bl.
127-128 der Gerichtsakte), das über den gesamten Zeitraum seiner Tätigkeiten ab 1. November 1970 Auskunft gibt, wird unter
anderem lobend hervorgerufen, dass der Kläger - bei der Organisation und Ausführung seiner Tätigkeiten unter Beweis stellte,
dass er seine Arbeitsbereiche umfassend und überdurchschnittlich beherrschte, - fundamentierte Kenntnisse, auch in Nachbargebieten,
besaß, - sicher und selbständig arbeitete, - optimale Lösungen bei der Einbringung neuer Ideen suchte und sich in neuen Situationen
sicher zurecht fand, - seine Aufgabenerfüllung stets mit großem Einsatz, großer Ausdauer und großer Konzentration verbunden
war, - über den gesamten Wirkungszeitraum ein hohes Verantwortungsbewusstsein bei vorbildlicher Arbeitsdisziplin und Einsatzbereitschaft
zeigte, - sehr oft persönliche Interessen zurück stellte, - sich in jedem Falle mit seinen Aufgaben identifizierte, - stets
Fleiß und Eifer zeigte, - stets weit überdurchschnittliche Arbeitsqualität lieferte, - stets mit Sorgfalt und größter Genauigkeit
arbeitete, - mehr arbeitete, als von seiner Aufgabe her zu erwarten war sowie - auch unter Schwierigkeiten ausdauernd und
ständig seine Kenntnisse erweiterte.
Unterstrichen wird diese vorbildliche und weder zu Kritik noch Tadel Anlass gebende Arbeitsweise des Klägers weiterhin durch
die ihm vom Betrieb im April 1986 (vgl. den Eintrag im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung sowie das Auszeichnungsvorschlagsschreiben
des Betriebes zur Aktivistenauszeichnung vom 31. März 1986) verliehene Auszeichnung als "Aktivist der sozialistischen Arbeit".
Mit dieser Auszeichnung wurden unter anderem hervorragende und beispielgebende Arbeitsleistungen gewürdigt (vgl. dazu: § 1
der "Ordnung über die Verleihung des Ehrentitels 'Aktivist der sozialistischen Arbeit'", die Bestandteil der "Bekanntmachung
der Ordnungen über die Verleihung der bereits gestifteten staatlichen Auszeichnungen" vom 28. Juni 1978 [DDR-GBl. Sonderdruck
Nr. 952, S. 1 ff.] waren). Weiterhin wurde der Kläger wiederholt mit Urkunden als Mitglied eines "Kollektivs der sozialistischen
Arbeit" in den Jahren 1984, 1985 und 1986 (vgl. die Eintragungen im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung) ausgezeichnet.
Mit diesen Auszeichnungen wurden unter anderem beispielgebende Arbeitsleistungen des Kollektivs und jedes einzelnen Mitglieds
des Kollektivs im sozialistischen Wettbewerb, also konkret auch des Klägers, gewürdigt (vgl. dazu: § 1 der "Ordnung über die
Verleihung und Bestätigung der erfolgreichen Verteidigung des Ehrentitels 'Kollektiv der sozialistischen Arbeit'", die Bestandteil
der "Bekanntmachung der Ordnungen über die Verleihung der bereits gestifteten staatlichen Auszeichnungen" vom 28. Juni 1978
[DDR-GBl. Sonderdruck Nr. 952, S. 1 ff.] war). Insgesamt ergeben sich daher keinerlei Zweifel daran, dass der Kläger und sein
Arbeitskollektiv die ihnen vorgegebenen Leistungskennziffern jährlich erfüllt hatten.
2. Die konkrete Höhe der Jahresendprämien, die für die geltend gemachten Planjahre (1975 bis 1989) in den Zuflussjahren 1976
bis 1990 zur Auszahlung an den Kläger gelangten, konnte er zwar nicht nachweisen (dazu nachfolgend unter a), jedoch für die
Zuflussjahre 1976 bis 1983 zum Teil, nämlich in Form eines Mindestbetrages, glaubhaft machen (dazu nachfolgend unter b). Die
Höhe einer dem Grunde nach lediglich glaubhaft gemachten Jahresendprämie darf - entgegen der bisherigen Rechtsprechung des
erkennenden Senats des Sächsischen Landessozialgerichts - allerdings nicht geschätzt werden (dazu nachfolgend unter c).
a) Die dem Kläger für die geltend gemachten Planjahre (1975 bis 1989) in den Jahren 1976 bis 1990 zugeflossenen Jahresendprämienbeträge
sind der Höhe nach nicht nachgewiesen:
Nachweise etwa in Form von Begleitschreiben, Gewährungsunterlagen, Beurteilungsbögen, Quittungen oder sonstigen Lohnunterlagen
für an den Kläger geflossene Prämienzahlungen konnte er nicht vorlegen. Er selbst verfügt auch über keine Unterlagen, mit
denen er die Gewährung von Jahresendprämien belegen könnte, wie er selbst ausführte.
Auszahlungs- bzw. Quittierungslisten oder Anerkennungsschreiben der Abteilung des Betriebes konnte auch der Zeuge C ... nicht
vorlegen.
Nachweise zu an den Kläger gezahlten Jahresendprämien liegen auch nicht mehr vor, da zwischenzeitlich die Aufbewahrungsfrist
für die Entgeltunterlagen der ehemaligen Betriebe der DDR abgelaufen ist (31. Dezember 2011; vgl. §
28f Abs.
5 SGB IV), weshalb bereits die Beklagte im Verwaltungsverfahren von einer entsprechenden Anfrage an die Rhenus Office Systems GmbH
abgesehen hat. Von einer Anfrage an das Bundesarchiv wurde im vorliegenden Verfahren abgesehen, da dort - wie aus entsprechenden
Anfragen in anderen Verfahren gerichtsbekannt wurde - lediglich statistische Durchschnittwerte der in den Kombinaten gezahlten
durchschnittlichen Jahresendprämienbeträge pro Vollbeschäftigteneinheit aus verschiedenen Jahren vorhanden sind, die keinerlei
Rückschluss auf die individuelle Höhe der an den Kläger in einem konkreten Kombinatsbetrieb gezahlten Jahresendprämienhöhe
erlauben.
b) Die konkrete Höhe der an den Kläger für die geltend gemachten Planjahre (1975 bis 1989) in den Jahren 1976 bis 1990 zugeflossenen
Jahresendprämienbeträge ist zwar ebenfalls nicht glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter aa). Allerdings sind die für die
Planjahre 1975 bis 1982 in den Zuflussjahren 1976 bis 1983 ausgezahlten Jahresendprämienbeträge zumindest zum Teil, nämlich
in Form eines Mindestbetrages, glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter bb):
aa) Den Angaben des Klägers sowie des Zeugen C ... kann lediglich entnommen werden, dass sich die Jahresendprämie am Monatsgehalt
des jeweiligen Werktätigen orientierte. Der Kläger selbst tätigte keinerlei Angaben zu den ungefähren oder gar konkreten Höhen
der Jahresendprämienbeträge. Er konnte lediglich angeben, dass Basis der Berechnung der jeweils einzelnen individuellen Jahresendprämien
das Monatsgehalt des jeweiligen Beschäftigten war und die Prämienbeträge auf der Grundlage der Planerfüllung und des Monatsgehalts
berechnet wurden. Der Zeuge C ... gab in seiner schriftlichen Zeugenerklärung vom 21. März 2017 (Eingang bei Gericht, Bl.
141 der Gerichtsakte) lediglich an, dass bei Planerfüllung die volle Jahresendprämie gezahlt wurde. Angaben dazu, welcher
konkrete Betrag die "volle Jahresendprämie" beinhaltete, oder dazu, in welcher Höhe der Kläger Jahresendprämien erhielt, konnte
er nicht machen. Die Glaubhaftmachung einer bestimmten Höhe ist damit nicht verbunden, denn es handelt sich um eine reine
Mutmaßung, die im Ergebnis auf eine - vom BSG inzwischen abschließend als nicht möglich dargelegte (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 16 ff.) - Schätzung hinausläuft, die nicht zu Grunde gelegt werden kann.
Auch soweit der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten im Verfahren vortragen ließ, die Jahresendprämien seien mindestens
in Höhe von 70 Prozent des monatlichen Durchschnittsverdienstes des vorangegangenen Kalenderjahres gezahlt wurden, genügt
dies nicht zur Glaubhaftmachung einer bestimmten oder bestimmbaren Höhe, da jegliche nachvollziehbaren Grundlagen und Hinweistatsachen
fehlen, die ausgerechnet diese "versicherte" Höhe bzw. Mindesthöhe überwiegend wahrscheinlich werden lassen. Denn auch bei
dieser angegebenen Mindesthöhe des Klägers handelt es sich im Ergebnis um eine reine Mutmaßung, die im Ergebnis auf eine -
vom BSG inzwischen abschließend als nicht möglich dargelegte (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 16 ff.) - Schätzung hinausläuft und damit nicht zu Grunde gelegt werden
kann. Konkretere oder präzisierende Angaben konnten nämlich gerade weder vom Zeugen noch vom Kläger getätigt werden.
In der Gesamtbetrachtung sind die Angaben des Klägers und des Zeugen C ... zur Höhe der an den Kläger geflossenen Jahresendprämienbeträge
insgesamt zum einen vage und beruhen zum anderen allein auf dem menschlichen Erinnerungsvermögen, das mit der Länge des Zeitablaufs
immer mehr verblasst und deshalb insbesondere in Bezug auf konkrete, jährlich differierende Beträge kaum einen geeigneten
Beurteilungsmaßstab im Sinne einer "guten Möglichkeit" gerade des vom Kläger angegebenen Prozentsatzes eines Bruttomonatslohns
abzugeben geeignet ist.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass es im Ergebnis grundsätzlich (zu den Ausnahmen nachfolgend unter bb) an einem geeigneten
Maßstab fehlt, an dem die konkrete Höhe der dem Grunde nach bezogenen Jahresendprämien beurteilt werden kann und der vom Kläger
und dem Zeugen behauptete Maßstab, nämlich der durchschnittliche Bruttomonatslohn, nach den rechtlichen Koordinaten des DDR-Rechts
gerade nicht der Basis-, Ausgangs- oder Grundwert zur Berechnung einer Jahresendprämie war:
Nicht der Durchschnittslohn des Werktätigen war Ausgangsbasis für die Festlegung der Höhe der Jahresendprämie, sondern die
Erfüllung der konkreten Leistungs- und Planzielvorgaben (vgl. dazu deutlich: Gottfried Eckhardt u.a., "Lohn und Prämie - Erläuterungen
zum 5. Kapitel des Arbeitsgesetzbuches der DDR" [Heft 4 der Schriftenreihe zum Arbeitsgesetzbuch der DDR], 1989, S. 112; Langanke
"Wirksame Leistungsstimulierung durch Jahresendprämie", NJ 1984, 43, 44). Aus diesem Grund zählte zu den betriebsbezogenen, in einem Betriebskollektivvertrag festgelegten Regelungen über die
Bedingungen der Gewährung einer Jahresendprämie auch die Festlegung und Beschreibung der Berechnungsmethoden, aus denen dann
individuelle Kennziffern für den einzelnen Werktätigen zur Berechnung der Jahresendprämie abgeleitet werden konnten.
Dies verdeutlichen auch sonstige rechtliche Regelungen unterhalb des DDR-AGB: So legten die Prämienfond-VO 1972 in der Fassung
der Bekanntmachung vom 28. November 1972 und in der Fassung der 2. Prämienfond-VO 1973 sowie die Prämienfond-VO 1982 fest,
wie die Jahresendprämie wirksamer zur Erfüllung und Übererfüllung der betrieblichen Leistungsziele beitragen konnte (§ 7 Prämienfond-VO
1972, § 9 Prämienfond-VO 1982). Danach waren den Arbeitskollektiven und einzelnen Werktätigen Leistungskennziffern vorzugeben,
die vom Plan abgeleitet und beeinflussbar waren, die mit den Schwerpunkten des sozialistischen Wettbewerbs übereinstimmten
und über das Haushaltsbuch oder durch andere bewährte Methoden zu kontrollieren und abzurechnen waren (§ 7 Abs. 1 Prämienfond-VO
1972, § 9 Abs. 3 Prämienfond-VO 1982). Die durchschnittliche Jahresendprämie je Beschäftigten war in der Regel in der gleichen
Höhe wie im Vorjahr festzulegen, wenn der Betrieb mit der Erfüllung und Übererfüllung seiner Leistungsziele die erforderlichen
Prämienmittel erarbeitet hatte; für den Betrieb war dieser Durchschnittsbetrag grundsätzlich beizubehalten (§ 9 Abs. 2 Prämienfond-VO
1982). Hervorzuheben ist dabei, dass der Werktätige und sein Kollektiv die ihnen vorgegebenen Leistungskriterien jeweils erfüllt
haben mussten (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Prämienfond-VO 1972), die Leistungskriterien kontrollfähig und abrechenbar zu gestalten
waren (§ 6 Abs. 1 Satz 2 der "Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds
und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahre 1972" [nachfolgend: 1. DB zur Prämienfond-VO 1972] vom 24.
Mai 1972 [DDR-GBl. II 1972, Nr. 34, S. 379]) und bei der Differenzierung der Höhe der Jahresendprämie von den unterschiedlichen
Leistungsanforderungen an die Abteilungen und Bereiche im betrieblichen Reproduktionsprozess auszugehen war (§ 6 Abs. 3 Spiegelstrich
1 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972). Außerdem war geregelt, dass die Jahresendprämien für Arbeitskollektive und einzelne
Werktätige nach der Leistung unter besonderer Berücksichtigung der Schichtarbeit zu differenzieren waren (§ 7 Abs. 2 Satz
2 Prämienfond-VO 1972, § 6 Abs. 3 Spiegelstrich 2 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972, § 9 Abs. 3 Satz 1 Prämienfond-VO 1982),
wobei hinsichtlich der Kriterien für die Zulässigkeit der Erhöhung der durchschnittlichen Jahresendprämie im Betrieb konkrete
Festlegungen nach Maßgabe des § 6 der "Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung
des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: 1. DB zur Prämienfond-VO 1982) vom 9. September 1982 (DDR-GBl. I
1982, Nr. 34, S. 598) in der Fassung der "Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung
des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: 2. DB zur Prämienfond-VO 1982) vom 3. Februar 1986 (DDR-GBl. I 1986,
Nr. 6, S. 50) zu treffen waren. Danach spielte zum Beispiel der Anteil der Facharbeiter sowie der Hoch- und Fachschulkader
in den Betrieben und deren "wesentliche Erhöhung" sowie die "Anerkennung langjähriger Betriebszugehörigkeit" eine Rolle (§
6 Abs. 2 Satz 2 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982). Die konkreten Festlegungen erfolgten in betrieblichen Vereinbarungen (§
6 Abs. 3 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982). Die endgültige Festlegung der Mittel zur Jahresendprämierung für die einzelnen
Bereiche und Produktionsabschnitte einschließlich ihrer Leiter erfolgte nach Vorliegen der Bilanz- und Ergebnisrechnung durch
die Direktoren der Betriebe mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitungen, die entsprechend der im Betriebskollektivvertrag
getroffenen Vereinbarung abhängig vom tatsächlich erwirtschafteten Prämienfonds durch den Betrieb und von der Erfüllung der
den Bereichen und Produktionsabschnitten vorgegebenen Bedingungen war (§ 8 Abs. 1 Prämienfond-VO 1972, § 6 Abs. 5 der 1. DB
zur Prämienfond-VO 1982).
Weder zu den individuellen Leistungskennziffern des Klägers noch zu den sonstigen, die Bestimmung der Jahresendprämienhöhe
maßgeblichen Faktoren konnten der Kläger oder der Zeuge nachvollziehbare Angaben tätigen.
Die Kriterien, nach denen eine hinreichende Glaubhaftmachung erfolgt, sind demnach im konkreten Fall nicht erfüllt. Die bloße
Darstellung eines allgemeinen Ablaufs und einer allgemeinen Verfahrensweise wie auch der Hinweis, dass in anderen Fällen Jahresendprämien
berücksichtigt worden sind - etwa weil dort anderweitige Unterlagen vorgelegt werden konnten -, genügen nicht, um den Zufluss
von Jahresendprämien in einer bestimmten oder berechenbaren Höhe konkret an den Kläger glaubhaft zu machen. Denn hierfür wäre
- wie ausgeführt - erforderlich, dass in jedem einzelnen Jahr des vom Kläger geltend gemachten Zeitraumes eine entsprechende
Jahresendprämie nachgewiesen worden wäre, und zwar nicht nur hinsichtlich des Zeitraumes, sondern auch hinsichtlich der Erfüllung
der individuellen Leistungskennziffern, um eine konkrete Höhe als berechenbar erscheinen zu lassen.
bb) Allerdings kommt für die Zeiträume der Geltung - der "Verordnung über die Bildung und Verwendung des Prämienfonds in den
volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, volkseigenen Kombinaten, den VVB (Zentrale) und Einrichtungen für die Jahre 1969 und 1970" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1968) vom 26. Juni 1968 (DDR-GBl.
II 1968, Nr. 67, S. 490) in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Bildung und Verwendung des Prämienfonds in den volkseigenen
und ihnen gleichgestellten Betrieben, volkseigenen Kombinaten, den VVB (Zentrale) und Einrichtungen für die Jahre 1969 und 1970" (nachfolgend: 2. Prämienfond-VO 1968) vom 10. Dezember 1969 (DDR-GBl.
II 1969, Nr. 98, S. 626), - der "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und
Sozialfonds für das Jahr 1971" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1971) vom 20. Januar 1971 (DDR-GBl. II 1971, Nr. 16, S. 105) und
- der Prämienfond-VO 1972 in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. November 1972 sowie in der Fassung der 2. Prämienfond-VO
1973, mit denen die Weitergeltung der Prämienfond-VO 1972 über das Jahr 1972 hinaus angeordnet wurden, von Juli 1968 bis Dezember
1982 (also bis zum Inkrafttreten der Prämienfond-VO 1982 am 1. Januar 1983) eine Glaubhaftmachung der Höhe von dem Grunde
nach glaubhaft gemachten Jahresendprämien in einer Mindesthöhe in Betracht.
Für diese Zeiträume legten - § 9 Abs. 7 Prämienfond-VO 1968, - § 12 Nr. 6 Satz 1 Prämienfond-VO 1971 und - § 6 Abs. 1 Nr.
1 Satz 2 Prämienfond-VO 1972 nämlich verbindlich fest, dass der Prämienfond (auch) bei leistungsgerechter Differenzierung
der Jahresendprämie ermöglichen musste, dass die Mindesthöhe der Jahresendprämie des einzelnen Werktätigen ein Drittel seines
(durchschnittlichen) Monatsverdienstes betrug. Diese Mindesthöhe der an den einzelnen Werktätigen zu zahlenden Jahresendprämie
durfte nach § 12 Nr. 6 Satz 2 Prämienfond-VO 1971 und § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 und 3 Prämienfond-VO 1972 nur dann unterschritten
werden, wenn der Werktätige nicht während des gesamten Planjahres im Betrieb tätig war und einer der Ausnahmefälle des § 5
Abs. 1 Satz 1 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972 vorlag. Diese Regelungen bestätigen damit, insbesondere durch die Formulierung,
dass die für "diese Werktätigen zu zahlende Jahresendprämie die Mindesthöhe von einem Drittel eines monatlichen Durchschnittsverdienstes"
nur in Ausnahmefällen unterschreiten konnte, dass die Vorschriften an eine individuelle und nicht an eine generelle Mindesthöhe
des Jahresendprämienbetrages des einzelnen Werktätigen anknüpften. Diese maßgeblichen DDR-rechtlichen Regelungen sind im hier
vorliegenden Zusammenhang der Jahresendprämienhöhe des einzelnen Werktätigen daher als generelle Anknüpfungstatsachen heranzuziehen
(vgl. zu diesem Aspekt beispielsweise: BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 2/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19) und bestätigen - im Zeitraum ihrer Geltung - zumindest eine individuelle Mindesthöhe des Jahresendprämienbetrages
jedes einzelnen Werktätigen, der die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach erfüllte. Soweit die Beklagte meint, bei dem
in den vorbenannten Vorschriften enthaltenen Mindestbetrag der Jahresendprämie habe es sich lediglich um einen statistischen
Wert bzw. um eine betriebliche Kennziffer gehandelt habe, die keine auf den einzelnen Werktätigen bezogene Individualisierung
beinhaltet habe, trifft dies ausweislich des eindeutigen Wortlauts der Regelungen, des systematischen Zusammenhangs der Vorschriften
sowie des Sinn und Zwecks der Normen nicht zu. Denn die Regelungen knüpfen nicht an einen "durchschnittlichen Monatsverdienst"
bzw. an einen "monatlichen Durchschnittsverdienst" aller Beschäftigten des Betriebes sondern an den "durchschnittlichen Monatsverdienst"
bzw. "monatlichen Durchschnittsverdienst" des, also des einzelnen, Werktätigen an (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 Prämienfond-VO
1972) bzw. regeln ausdrücklich, dass "die Mindesthöhe der Jahresendprämie für den einzelnen Werktätigen" ein Drittel des,
also des einzelnen, monatlichen Durchschnittsverdientes zu betragen hatte (§ 12 Nr. 6 Satz 1 Prämienfond-VO 1971). Zutreffend
ist zwar, wie auch die Beklagte vorträgt, dass ein grundsätzlicher Rechtsanspruch des einzelnen Werktätigen auf eine Prämierung
in Form von Jahresendprämie nur dann besteht, wenn es der Prämienfonds ermöglichte, mindestens ein Drittel eines durchschnittlichen
Monatsverdienstes für diese Form der materiellen Interessiertheit zur Verfügung zu stellen. Zutreffend ist auch, wie die Beklagte
weiterhin vorträgt, dass Voraussetzung dafür ist, dass Werktätige einen Rechtsanspruch auf die Leistungsprämienart "Jahresendprämie"
dem Grunde nach haben, dass der Betrieb erarbeitete Prämienmittel zumindest in diesem Umfang für die Jahresendprämie bereitstellte.
Dass der konkrete betriebliche Prämienfond des Beschäftigungsbetriebes des Klägers in den betroffenen Jahresendprämienjahren
diese Voraussetzungen konkret erfüllte, ist im konkreten Fall aber hinreichend tatsächlich glaubhaft gemacht worden, weil
der Kläger sämtliche konkrete Voraussetzungen für einen Rechtsanspruch auf Jahresendprämie in den streitgegenständlichen Jahresendprämienjahren
erfüllte. Die Beklagte verwischt mit ihrer Argumentation, dass die Anspruchsvoraussetzungen im konkreten Einzelfall dem Grunde
nach vollständig glaubhaft gemacht worden sind, wenn sie meint, eine Glaubhaftmachung der Höhe nach von einem Drittel des
durchschnittlichen Monatsverdienstes käme nicht in Betracht, weil unklar geblieben sei, ob der Prämienfond den Mindestbetrag
in der Mindesthöhe überhaupt zur Verfügung gestellt habe bzw. ob der Betrieb erarbeitete Prämienmittel im Mindestumfang überhaupt
für die Jahresendprämie bereitgestellt habe, mithin, ob der Kläger dem Grunde nach überhaupt Anspruch auf Jahresendprämien
gehabt habe. Deshalb beinhaltet die Argumentation der Beklagten einen unzulässigen, und deshalb unbeachtlichen, Zirkelschluss
(sog. petitio principii).
Für den Zeitraum ab dem Planjahr 1983 unter Geltung der am 1. Januar 1983 in Kraft getretenen Prämienfond-VO 1982 kann ein
derartiges oder ähnliches Ergebnis im Hinblick auf einen individuellen Mindestbetrag einer Jahresendprämie nicht mehr festgestellt
werden. Die Prämienfond-VO 1982 legte einen Mindestbetrag oder eine berechenbare Mindesthöhe der Jahresendprämie des einzelnen
Werktätigen nicht mehr fest. § 9 Abs. 3 Satz 5 Prämienfond-VO 1982 bestimmte vielmehr nur noch, dass die einzelnen Werktätigen
(bei Erfüllung der für sie festgelegten Leistungskriterien und bei Erfüllung und Übererfüllung der für den einzelnen Betrieb
festgelegten Leistungsziele) eine Jahresendprämie annähernd in gleicher Höhe wie im Vorjahr erhalten sollten. Damit wurde
in der Prämienfond-VO 1982 abweichend von den bisherigen Regelungen der Prämienfond-VO'en 1968, 1971 und 1972 weder eine Mindesthöhe
noch eine zwingende Mindestvorgabe festgeschrieben. Insbesondere die Verwendung des Verbs "sollen" in der vorbezeichneten
Vorschrift verdeutlicht, dass zwingende oder aus bundesrechtlicher Sicht "justiziable" Mindestbeträge nicht vorgegeben waren,
die als generelle Anknüpfungstatsachen gewertet werden könnten. Auch eine "statische Fortschreibung" der zuletzt im Planjahr
1982 unter der Geltung der Prämienfond-VO 1972 ausgezahlten Jahresendprämie des Einzelnen war damit nicht verbunden.
Für die vorliegende Sachverhaltskonstellation haben diese Regelungen damit für die geltend gemachten Planjahre 1975 bis 1982
und damit für die Zuflussjahre 1976 bis 1983 Bedeutung, weil der Kläger in diesen Jahren den Zufluss von Jahresendprämien,
und damit das Vorliegen der Zahlungsvoraussetzungen, dem Grunde nach glaubhaft gemacht hat. Die Mindesthöhe ist auch konkret
berechenbar, weil sich der durchschnittliche Monatsverdienst des Klägers, ausgehend von den im Feststellungsbescheid der Beklagten
vom 13. März 2001 enthaltenen und auf den Lohnnachweisen und Lohnauskünften des ehemaligen Beschäftigungsbetriebes bzw. der
Lohnunterlagen verwaltenden Stelle basierenden Entgelten, hinreichend individualisiert ermitteln lässt. Etwaigen Ungenauigkeiten
bei der so zu Grunde gelegten Bestimmung des durchschnittlichen Monatsverdienstes bzw. des monatlichen Durchschnittsverdienstes,
der sich nach § 5 Abs. 3 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972 nach der "Verordnung über die Berechnung des Durchschnittsverdienstes
und über die Lohnzahlung" (nachfolgend: 1. Durchschnittsentgelt-VO) vom 21. Dezember 1961 (DDR-GBl. II 1961, Nr. 83, S. 551,
berichtigt in DDR-GBl. II 1962, Nr. 2, S. 11) in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Berechnung des Durchschnittsverdienstes
und über die Lohnzahlung" (nachfolgend: 2. Durchschnittsentgelt-VO) vom 27. Juli 1967 (DDR-GBl. II 1967, Nr. 73, S. 511, berichtigt
in DDR-GBl. II 1967, Nr. 118, S. 836) richtete, trägt die gesetzliche Regelung des § 6 Abs. 6 AAÜG hinreichend Rechnung, nach der glaubhaft gemachte Entgelte nur zu fünf Sechsteln zu berücksichtigen sind. Mit dieser Regelung
sind Schwankungen die sich aus dem Durchschnittsentgelt nach Maßgabe der vorbenannten Durchschnittsentgeltverordnungen ergeben
könnten, hinreichend aufgefangen, zumal diese Verordnungen sowohl für die Berechnung des Brutto- als auch des Nettodurchschnittsverdienstes
galten (§ 1 der 1. Durchschnittsentgelt-VO) und der Berechnung des Durchschnittsverdienstes alle Lohn- und Ausgleichszahlungen
zu Grunde lagen (§ 3 Abs. 1 der 1. Durchschnittsentgelt-VO), mit Ausnahme von ganz besonderen Zahlungen (§ 3 Abs. 2 der 1.
Durchschnittsentgelt-VO), die ohnehin nicht Grundlage des bescheinigten Bruttoarbeitsentgelts waren (unter anderem Überstundenzuschläge,
zusätzliche Belohnungen, besondere Lohnzuschläge, bestimmte lohnsteuerfreie Prämien, Untertageprämien, Ausgleichszahlungen
bei Teilnahme an Lehrgängen über 14 Kalendertagen, Ausgleichszahlungen infolge ärztlich bescheinigter Arbeitsunfähigkeit sowie
Entschädigungen). Anhaltspunkte dafür, dass derartige besondere Zuschläge und Prämien Bestandteil der im Feststellungsbescheid
der Beklagten vom 13. März 2001 enthaltenen und auf den Lohnnachweisen und Lohnauskünften des ehemaligen Beschäftigungsbetriebes
bzw. der Lohnunterlagen verwaltenden Stelle basierenden Entgelte sind, ergeben sich aus keinem zu berücksichtigenden Blickwinkel.
Als Besonderheit des konkreten Falles ist vorliegend zudem zu berücksichtigen, dass beim Kläger auch die im Zuflussjahr 1976
gezahlte, also ihm im Februar 1976 zugeflossene, Jahresendprämie zu berücksichtigen ist. Zwar war er im Planjahr 1975 noch
nicht fiktiv in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz "einbezogen". Der Prämienbetrag als feststellungsfähiges
Arbeitsentgelt ist ihm aber im Zusatzversorgungszeitraum, also im Februar 1976, zugeflossen und deshalb zu berücksichtigen.
Als Berechnungsbasis steht insoweit allerdings lediglich der im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung eingetragene beitragspflichtige
Gesamtarbeitsverdienst in Höhe von 7.200,00 Mark zur Verfügung.
Dies zu Grunde gelegt, sind für den Kläger Jahresendprämienzahlungen für die in den Planjahren 1975 bis 1982 erwirtschafteten
und in den Zuflussjahren 1976 bis 1983 ausgezahlten Jahresendprämien wie folgt zu berücksichtigen:
JEP-An-spruchsjahr
|
Jahresarbeits-verdienst
|
Monatsdurch-schnitts-verdienst
|
JEP-Mindest-betrag (= 1/3)
|
davon 5/6 (exakt)
|
JEP-Zuflussjahr
|
1975
|
7.200,00 M
|
600,00 M
|
200,00 M
|
166,67 M
|
1976
|
1976
|
12.540,00 M
|
1.045,00 M
|
348,33 M
|
290,27 M
|
1977
|
1977
|
12.113,70 M
|
1.009,48 M
|
336,49 M
|
280,41 M
|
1978
|
1978
|
13.160,30 M
|
1.096,69 M
|
365,56 M
|
304,63 M
|
1979
|
1979
|
14.400,00 M
|
1.200,00 M
|
400,00 M
|
333,33 M
|
1980
|
1980
|
13.072,20 M
|
1.089,35 M
|
363,12 M
|
302,60 M
|
1981
|
1981
|
15.318,31 M
|
1.276,53 M
|
425,51 M
|
354,59 M
|
1982
|
1982
|
14.770,00 M
|
1.230,83 M
|
410,28 M
|
341,90 M
|
1983
|
c) Weil der Kläger den Bezug (irgend-) einer Jahresendprämie für die Planjahre 1983 bis 1989 in den Zuflussjahren 1984 bis
1990 dem Grunde nach nur glaubhaft gemacht hat, deren Höhe aber weder nachweisen noch glaubhaft machen konnte, kommt eine
Schätzung der Höhe dieser Prämienbeträge nicht in Betracht (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 16 ff.). Denn eine weitere Verminderung des Beweismaßstabes im Sinne einer
Schätzungswahrscheinlichkeit sieht § 6 AAÜG nicht vor. Hätte der Gesetzgeber eine Schätzbefugnis schaffen wollen, so hätte er dies gesetzlich anordnen und Regelungen
sowohl zu ihrer Reichweite (Schätzung des Gesamtverdienstes oder nur eines Teils davon) als auch zum Umfang der Anrechnung
des geschätzten Verdienstes treffen müssen, nachdem er schon für den strengeren Beweismaßstab der Glaubhaftmachung nur die
Möglichkeit einer begrenzten Berücksichtigung (zu fünf Sechsteln) ermöglicht hat. Auch aus § 6 Abs. 5 AAÜG in Verbindung mit §
256b Abs.
1 und §
256c Abs.
1 und
3 Satz 1
SGB VI ergibt sich keine materiell-rechtliche Schätzbefugnis. Rechtsfolge einer fehlenden Nachweismöglichkeit des Verdienstes ist
hiernach stets die Ermittlung eines fiktiven Verdienstes nach Tabellenwerten, nicht jedoch die erleichterte Verdienstfeststellung
im Wege der Schätzung im Sinne einer Überzeugung von der bloßen Wahrscheinlichkeit bestimmter Zahlenwerte. Die prozessuale
Schätzbefugnis gemäß §
287 ZPO, die nach §
202 Satz 1
SGG im sozialgerichtlichen Verfahren lediglich subsidiär und "entsprechend" anzuwenden ist, greift hier von vornherein nicht
ein. Denn § 6 Abs. 6 AAÜG regelt als vorrangige und bereichsspezifische Spezialnorm die vorliegende Fallkonstellation (ein Verdienstteil ist nachgewiesen,
ein anderer glaubhaft gemacht) abschließend und lässt für die allgemeine Schätzungsvorschrift des §
287 ZPO keinen Raum. Indem § 6 Abs. 6 AAÜG die Höhe des glaubhaft gemachten Verdienstteils selbst pauschal auf fünf Sechstel festlegt, bestimmt er gleichzeitig die
mögliche Abweichung gegenüber dem Vollbeweis wie die Rechtsfolge der Glaubhaftmachung selbst und abschließend. Eine einzelfallbezogene
Schätzung scheidet damit aus. Hätte der Gesetzgeber eine Schätzung zulassen wollen, so hätte er das Schätzverfahren weiter
ausgestalten und festlegen müssen, ob und gegebenenfalls wie mit dem Abschlag im Rahmen der Schätzung umzugehen ist. Das Fehlen
derartiger Bestimmungen belegt im Sinne eines beredten Schweigens zusätzlich den abschließenden Charakter der Ausnahmeregelung
in § 6 Abs. 6 AAÜG als geschlossenes Regelungskonzept (BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 19). Eine Schätzung ist deshalb nur bei dem Grunde nach nachgewiesenen
Zahlungen möglich (BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 4. Mai 1999 - B 4 RA 6/99 R - SozR 3-8570 § 8 Nr. 3 = JURIS-Dokument, RdNr. 17).
3. Die (in der Mindesthöhe in den Jahren 1976 bis 1983 glaubhaft gemachten) zugeflossenen Jahresendprämien als Arbeitsentgelt
im Sinne der §§
14 Abs.
1 Satz 1
SGB IV, 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG waren auch nicht nach der am 1. August 1991 maßgeblichen bundesrepublikanischen Rechtslage (Inkrafttreten des AAÜG) steuerfrei im Sinne des §
17 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB IV in Verbindung mit § 1 ArEV (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 33-41, ebenso nunmehr: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr.
13). Es handelt sich vielmehr um gemäß §
19 Abs.
1 des
Einkommensteuergesetzes (
EStG) steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge
und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt wurden).
II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183,
193 SGG und berücksichtigt anteilig das Verhältnis zwischen Obsiegen und Unterliegen.
Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.