Tatbestand:
Die Beteiligten streiten - im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens - über die Verpflichtung der Beklagten weitere Entgelte
des Klägers für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für die Jahre 1974
bis 1990 (Zuflussjahre) in Form von Jahresendprämien festzustellen.
Dem 1939 geborenen Kläger wurde, nach erfolgreichem Abschluss eines Fachschul-Abend-Studiums in der Fachstudienrichtung "Ingenieurökonomie
der Leichtindustrie" an der Ingenieurschule für Textiltechnik Z ... in der Zeit von September 1970 bis Juli 1974, mit Urkunde
vom 26. Juli 1974 das Recht verliehen, die Berufsbezeichnung "Ingenieurökonom" zu führen. Er war vom 24. April 1972 bis 31.
Dezember 1982 als Leiter Buchhaltung im volkseigenen Betrieb (VEB) Modestrumpf Y ... und vom 1. Januar 1983 bis 30. Juni 1990
(sowie darüber hinaus) als Abteilungsleiter Kontrolle, Statistik und Analyse im VEB Strumpfwerke X ... W ... beschäftigt.
Er war zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.
Am 13. November 2007 beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften und legte im Laufe des Verfahrens
zwei Entgeltbescheinigungen der X ... Strumpfwaren GmbH vom 9. Juni 2008 und vom 20. Januar 2009 (für die Beschäftigungszeiträume
vom 26. Juli 1974 bis 31. Dezember 1982 und vom 1. Januar 1983 bis 30. Juni 1990) vor. Den Antrag lehnte die Beklagte zunächst
mit Bescheid vom 19. März 2009 ab. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 3. April 2009 Widerspruch. Mit Bescheid vom
6. Juli 2010 stellte die Beklagte die Anwendbarkeit von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 26. Juli 1974 bis 30. Juni 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung
der technischen Intelligenz (= Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte, auf der Grundlage der Entgeltbescheinigungen der X ... Strumpfwaren
GmbH vom 9. Juni 2008 und vom 20. Januar 2009, fest. Den Ablehnungsbescheid vom 19. März 2009 hob sie auf.
Mit Überprüfungsantrag vom 26. Januar 2017 (Eingang bei der Beklagten am 30. Januar 2017) begehrte der Kläger die Berücksichtigung
von Jahresendprämien bei den festgestellten Arbeitsentgelten. Er führt aus, selbst über keine Prämiennachweise mehr zu verfügen.
Zur Glaubhaftmachung legte er eine schriftliche Zeugenerklärung von V ... vom 15. Januar 2017 vor. Die Zeugin gab an, dass
im VEB Modestrumpf Y ... und im VEB Strumpfwerke X ... zu DDR-Zeiten jedes Jahr Jahresendprämien für alle Mitarbeiter gezahlt
wurden, die am Verdienst orientiert waren, und auch der Kläger jährlich Jahresendprämien ausgezahlt erhielt.
Den Überprüfungsantrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 7. Februar 2017 ab. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom
6. März 2017 (Eingang bei der Beklagten am 6. März 2017) Widerspruch und begehrte weiterhin die Anerkennung von Jahresendprämien
auf der Grundlage der Glaubhaftmachung. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2018 als
unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus: Der Zufluss und die Höhe der begehrten weiteren Arbeitsentgelte in Form
von Jahresendprämien sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden. Die Zeugenerklärung enthielte keine konkreten Angaben
zum Kläger und sei daher nicht ausreichend. Die Höhe der Jahresendprämien des Einzelnen sei von einer Vielzahl von Faktoren
abhängig gewesen, die heute ohne entsprechende Unterlagen nicht mehr nachvollzogen werden könnten. Eine pauschale Berücksichtigung
der Prämien könne daher nicht erfolgen.
Hiergegen erhob der Kläger am 10. Januar 2019 Klage zum Sozialgericht Chemnitz und begehrte die Berücksichtigung von Jahresendprämien
für die Zuflussjahre 1974 bis 1990 als glaubhaft gemachte Entgelte. Zur Begründung führte er aus: Die Jahresendprämien seien
jährlich bis zum Prämienjahr 1989 von den Betrieben für die Mitarbeiter berechnet worden und seien jährlich im März des Folgejahres
ausgezahlt worden.
Das Sozialgericht Chemnitz hat schriftliche Auskünfte der Zeugen V ... vom 6. November 2019 und U ... vom 9. November 2019
eingeholt und die Klage mit Gerichtsbescheid vom 17. Februar 2020 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Zufluss und
Höhe der begehrten Jahresendprämien habe der Kläger weder nachgewiesen, noch glaubhaft gemacht. Über Unterlagen verfüge er
nicht. Auch die Zeugen hätten zur Höhe der Jahresendprämien keine substantiierten Angaben gemacht; sie seien unkonkret und
vage. Allgemeine Erklärungen seien nicht ausreichend. Eine Schätzung der Prämienhöhe sei nicht zulässig.
Gegen den am 19. Februar 2020 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 28. Februar 2020 Berufung eingelegt, mit der
er sein Begehren nach Feststellung von Jahresendprämien für den Zeitraum von 1974 bis 1990 (Zuflussjahre) weiterverfolgt.
Auf die Jahresendprämien habe nach der Prämienverordnung der DDR ein Anspruch bestanden. Die Jahresendprämienzahlungen seien
von den Zeugen bestätigt worden.
Die Kläger beantragt - sinngemäß und sachdienlich gefasst -,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 17. Februar 2020 aufzuheben und die Beklagte, unter Aufhebung des Überprüfungsablehnungsbescheides
vom 7. Februar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2018, zu verurteilen, den Feststellungsbescheid
vom 6. Juli 2010 abzuändern und Jahresendprämien für die Zuflussjahre 1974 bis 1990 als zusätzliche Entgelte im Rahmen der
nachgewiesenen Zusatzversorgungszeiten festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Das Gericht hat arbeitsvertragliche Unterlagen vom Kläger beigezogen und eine schriftliche Auskunft des Zeugen B ... vom 27.
Mai 2020 eingeholt.
Mit Schriftsätzen vom 2. Juni 2020 (Beklagte) sowie vom 18. Juni 2020 und 25. Juni 2020 (Kläger) haben die Beteiligten jeweils
ihr Einverständnis zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des
Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt
haben (§
153 Abs.
1 in Verbindung mit §
124 Abs.
2 des
Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
II. Die Berufung des Klägers ist teilweise begründet, weil das Sozialgericht Chemnitz die Klage teilweise zu Unrecht abgewiesen
hat. Denn der Kläger hat in dem tenorierten Umfang Anspruch auf Feststellung zusätzlicher, ihm in den Jahren 1974 bis 1983
zugeflossener, weiterer Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits mit Bescheid
vom 6. Juli 2010 festgestellten Zeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und
ihnen gleichgestellten Betrieben. Soweit er darüber hinausgehend noch höhere als die tenorierten Arbeitsentgelte sowie solche
für die Zuflussjahre 1984 bis 1990 begehrt, ist die Berufung unbegründet, weshalb sie im Übrigen zurückzuweisen war.
Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 7. Februar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2018 ist
rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§
54 Abs.
2 Satz 1
SGG), weil mit dem Feststellungsbescheid vom 6. Juli 2010 das Recht unrichtig angewandt bzw. von einem Sachverhalt ausgegangen
worden ist, der sich als unrichtig erweist (§ 44 des Zehntes Buches Sozialgesetzbuch [SGB X]). Deshalb waren der Gerichtsbescheid
des Sozialgerichts Chemnitz vom 17. Februar 2020 (teilweise) abzuändern, der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 7. Februar
2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Dezember 2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Feststellungsbescheid
vom 6. Juli 2010 dahingehend abzuändern, dass für die Jahre 1974 bis 1983 weitere Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender
Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der
technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe, wie tenoriert, festzustellen sind.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 SGB X, der nach § 8 Abs. 3 Satz 2 AAÜG anwendbar ist, gilt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt
oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu
Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar
geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Im Übrigen ist ein rechtswidriger, nicht begünstigender Verwaltungsakt,
auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für
die Vergangenheit zurückgenommen werden.
Diese Voraussetzungen liegen vor, denn der Feststellungsbescheid der Beklagten vom 6. Juli 2010 ist teilweise rechtswidrig.
Nach § 8 Abs. 1 AAÜG hat die Beklagte als der unter anderem für das Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen
Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe zuständige Versorgungsträger in einem dem Vormerkungsverfahren
(§
149 des
Sechsten Buches Sozialgesetzbuch [SGB VI]) ähnlichen Verfahren durch jeweils einzelne Verwaltungsakte bestimmte Feststellungen zu treffen. Vorliegend hat
die Beklagte mit dem Feststellungsbescheid vom 6. Juli 2010 Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der
Anlage 1 zum AAÜG (vgl. § 5 AAÜG) sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte festgestellt (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Jahresendprämien hat sie jedoch zu Unrecht teilweise nicht berücksichtigt.
Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 AAÜG) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§
256a Abs.
2 SGB VI) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Arbeitsentgelt im Sinne des §
14 des
Vierten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB IV) und damit im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG stellen auch die in der DDR an Arbeitnehmer rechtmäßig gezahlten Jahresendprämien dar, da es sich um eine Gegenleistung des
Betriebs für die vom Werktätigen im jeweiligen Planjahr erbrachte Arbeitsleistung handelte, wobei es nicht darauf ankommt,
dass dieser Verdienst nach DDR-Recht nicht steuer- und sozialversicherungspflichtig war (so: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.; dem folgend: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 13). Denn der Gesetzestext des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG besagt, dass den Pflichtbeitragszeiten im Sinne des § 5 AAÜG als Verdienst (§
256a SGB VI) unter anderen das "erzielte Arbeitsentgelt" zugrunde zu legen ist. Aus dem Wort "erzielt" folgt im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln musste, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem
"aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden ist. In der DDR konnten die Werktätigen
unter bestimmten Voraussetzungen Prämien als Bestandteil ihres Arbeitseinkommens bzw. -entgelts erhalten. Sie waren im Regelfall
mit dem Betriebsergebnis verknüpft und sollten eine leistungsstimulierende Wirkung ausüben. Lohn und Prämien waren "Formen
der Verteilung nach Arbeitsleistung" (vgl. Kunz/Thiel, "Arbeitsrecht [der DDR] - Lehrbuch", 3. Auflage, 1986, Staatsverlag
der DDR, S. 192f.). Die Prämien wurden aus einem zu bildenden Betriebsprämienfonds finanziert; die Voraussetzungen ihrer Gewährung
mussten in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart werden. Über ihre Gewährung und Höhe entschied der Betriebsleiter mit
Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung nach Beratung im Arbeitskollektiv. Diese allgemeinen Vorgaben
galten für alle Prämienformen (§ 116 des Arbeitsgesetzbuches der DDR [nachfolgend: DDR-AGB] vom 16. Juni 1977 [DDR-GBl. I
1977, Nr. 18, S. 185]) und damit auch für die Jahresendprämie (§ 118 Abs. 1 und 2 DDR-AGB). Die Jahresendprämie diente als
Anreiz zur Erfüllung und Übererfüllung der Planaufgaben; sie war auf das Planjahr bezogen und hatte den Charakter einer Erfüllungsprämie.
Nach § 117 Abs. 1 DDR-AGB bestand ein "Anspruch" auf Jahresendprämie, wenn - die Zahlung einer Jahresendprämie für das Arbeitskollektiv,
dem der Werktätige angehörte, im Betriebskollektivvertrag vereinbart war, - der Werktätige und sein Arbeitskollektiv die vorgesehenen
Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatte und - der Werktätige während des gesamten Planjahres Angehöriger
des Betriebs war. Die Feststellung von Beträgen, die als Jahresendprämien gezahlt wurden, hing davon ab, dass der Empfänger
die Voraussetzungen der §§ 117, 118 DDR-AGB erfüllt hatte. Hierfür und für den Zufluss trägt er die objektive Beweislast (sog.
Feststellungslast im sozialgerichtlichen Verfahren, vgl. insgesamt: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.; dem folgend und diese Beweislast, unter Ablehnung einer Schätzungsmöglichkeit,
betonend: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 14).
Daraus wird deutlich, dass die Zahlung von Jahresendprämien von mehreren Voraussetzungen abhing. Der Kläger hat, um eine Feststellung
zusätzlicher Entgelte beanspruchen zu können, nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, dass alle diese Voraussetzungen in jedem
einzelnen Jahr erfüllt gewesen sind und zusätzlich, dass ihm ein bestimmter, berücksichtigungsfähiger Betrag auch zugeflossen,
also tatsächlich gezahlt, worden ist.
Gemäß §
128 Abs.
1 Satz 1
SGG entscheidet das Gericht dabei nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Neben dem
Vollbeweis, d.h. der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, ist auch die Möglichkeit der Glaubhaftmachung des Vorliegens
weiterer Arbeitsentgelte aus Jahresendprämien gegeben. Dies kann aus der Vorschrift des § 6 Abs. 6 AAÜG abgeleitet werden. Danach wird, wenn ein Teil des Verdienstes nachgewiesen und der andere Teil glaubhaft gemacht wird, der
glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes zu fünf Sechsteln berücksichtigt.
Im vorliegenden konkreten Einzelfall hat der Kläger den Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach zwar nicht nachgewiesen,
jedoch glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter 1.). Die konkrete Höhe der Jahresendprämien, die zur Auszahlung an ihn gelangten,
hat er zwar nicht nachgewiesen, zum Teil allerdings, und zwar für die Zuflussjahre 1974 bis 1983 in einer Mindesthöhe glaubhaft
machen können; eine Schätzung hingegen ist nicht möglich (dazu nachfolgend unter 2.).
1. Der Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach ist im vorliegenden Fall zwar nicht nachgewiesen (dazu nachfolgend unter
a), jedoch (für die begehrten Zuflussjahre 1974 bis 1990) glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter b):
a) Nachweise etwa in Form von Begleitschreiben, Gewährungsunterlagen, Beurteilungsbögen, Quittungen oder sonstigen Lohnunterlagen
für an den Kläger geflossene Prämienzahlungen konnte er nicht vorlegen. Er selbst verfügt auch über keine Unterlagen, mit
denen er die Gewährung von Jahresendprämien belegen könnte, wie er selbst ausführte.
In den Archiven der ehemaligen Beschäftigungsbetriebe existieren auch keine Jahresendprämiennachweise mehr, wie sich aus der
Entgeltbescheinigung der X ... Strumpfwaren GmbH vom 9. Juni 2008 ergibt. In dieser wird explizit ausgeführt: "Unterlagen
über Prämienzahlungen liegen keine vor."
Nachweise zu an den Kläger gezahlten Jahresendprämien liegen auch im Übrigen nicht mehr vor, da zwischenzeitlich die Aufbewahrungsfrist
für die Entgeltunterlagen der ehemaligen Betriebe der DDR abgelaufen ist (31. Dezember 2011; vgl. §
28f Abs.
5 SGB IV), weshalb bereits die Beklagte im Überprüfungsverfahren zu Recht von einer entsprechenden Anfrage abgesehen hat.
b) Der Zufluss von Prämienzahlungen dem Grunde nach konkret an den Kläger ist aber im vorliegenden Fall (für die Zuflussjahre
1974 bis 1990) glaubhaft gemacht.
Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche
erreichbare Beweismittel erstrecken sollen (vgl. dazu auch: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 14), überwiegend wahrscheinlich ist. Dies erfordert mehr als das Vorhandensein
einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Dieser Beweismaßstab ist zwar
durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss also nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges,
absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die "gute Möglichkeit" aus, das heißt es
genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten
ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht
zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den übrigen gegenüber aber einer das Übergewicht zukommen. Die bloße Möglichkeit einer
Tatsache reicht deshalb nicht aus, die Beweisanforderungen zu erfüllen (vgl. dazu dezidiert: BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 5).
Dies zu Grunde gelegt, hat der Kläger im konkreten Einzelfall glaubhaft gemacht, dass die drei rechtlichen Voraussetzungen
(§ 117 Abs. 1 DDR-AGB) für den Bezug einer Jahresendprämie für die Zuflussjahre 1974 bis 1990 vorlagen und er jeweils eine
Jahresendprämie erhalten hat:
aa) Der Kläger war in den Jahren 1973 bis 1989 jeweils während des gesamten Planjahres Angehöriger des VEB Modestrumpf Y ...
(1973 bis 1982) sowie des VEB Strumpfwerke X ... W ... (1983 bis 1989) (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 3 DDR-AGB), wie sich aus
seinen Arbeits- und Änderungsverträgen (Bl. 49-58 der Gerichtsakte) sowie aus den Eintragungen in seinen Ausweisen für Arbeit
und Sozialversicherung (Bl. 59-76 der Gerichtsakte) ergibt.
bb) Mindestens glaubhaft gemacht ist darüber hinaus auch, dass die Zahlung von Jahresendprämien für das Arbeitskollektiv,
dem der Kläger angehörte, jeweils in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart war (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 1 DDR-AGB).
Denn der Abschluss eines Betriebskollektivvertrages zwischen dem Betriebsleiter und der zuständigen Betriebsgewerkschaftsleitung
war nach § 28 Abs. 1 DDR-AGB zwingend vorgeschrieben. Die Ausarbeitung des Betriebskollektivvertrages erfolgte jährlich, ausgehend
vom Volkswirtschaftsplan; er war bis zum 31. Januar des jeweiligen Planjahres abzuschließen (vgl. Kunz/Thiel, "Arbeitsrecht
[der DDR] - Lehrbuch", 3. Auflage, 1986, Staatsverlag der DDR, S. 111). Ebenso zwingend waren nach § 118 Abs. 1 DDR-AGB in
Verbindung mit § 28 Abs. 2 Satz 3 DDR-AGB die Voraussetzungen und die Höhe der Jahresendprämie in dem (jeweiligen) Betriebskollektivvertrag
zu regeln. Konkretisiert wurde diese zwingende Festlegung der Voraussetzungen zur Gewährung von Jahresendprämien im Betriebskollektivvertrag
in den staatlichen Prämienverordnungen: So legten die "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds
und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahre 1972" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1972) vom 12. Januar
1972 (DDR-GBl. II 1972, Nr. 5, S. 49) in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. November 1972 (DDR-GBl. II 1972, Nr. 70, S.
810) sowie in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur-
und Sozialfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: 2. Prämienfond-VO 1973) vom 21. Mai 1973 (DDR-GBl. I 1973, Nr. 30,
S. 293), mit denen die Weitergeltung der Prämienfond-VO 1972 über das Jahr 1972 hinaus angeordnet wurden, sowie die "Verordnung
über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1982) vom
9. September 1982 (DDR-GBl. I 1982, Nr. 34, S. 595) jeweils staatlicherseits fest, dass die Verwendung des Prämienfonds, die
in den Betrieben zur Anwendung kommenden Formen der Prämierung und die dafür vorgesehenen Mittel im Betriebskollektivvertrag
festzulegen waren (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 Prämienfond-VO 1982). Dabei war, ohne dass
ein betrieblicher Ermessens- oder Beurteilungsspielraum bestand, in den Betriebskollektivverträgen zu vereinbaren bzw. festzulegen,
unter welchen Voraussetzungen Jahresendprämien als Form der materiellen Interessiertheit der Werktätigen an guten Wirtschaftsergebnissen
des Betriebes im gesamten Planjahr angewendet werden (§ 5 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstrich 2 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz
3 Spiegelstrich 4 Prämienfond-VO 1982).
Damit kann in der Regel für jeden Arbeitnehmer in der volkseigenen Wirtschaft, sofern nicht besondere gegenteilige Anhaltspunkte
vorliegen sollten, davon ausgegangen werden, dass ein betriebskollektivvertraglich geregelter Jahresendprämienanspruch dem
Grunde nach bestand (vgl. dazu auch: Lindner, "Die ‚leere Hülle‘ ist tot - wie geht es weiter?", rv [= Die Rentenversicherung]
2011, 101, 104), auch wenn die Betriebskollektivverträge als solche nicht mehr vorgelegt oder anderweitig vom Gericht beigezogen
werden können. Vor diesem Hintergrund ist der von der Beklagten in anderen Verfahren erhobene Einwand, die Betriebskollektivverträge
seien anspruchsbegründend, zwar zutreffend, verhindert eine Glaubhaftmachung jedoch auch dann nicht, wenn diese im konkreten
Einzelfall nicht eingesehen werden können.
cc) Ausgehend von den schriftlichen Auskünften der Zeugen V ..., U ... und B ... sowie den sonstigen Hinweistatsachen ist
zudem glaubhaft gemacht, dass der Kläger und das Arbeitskollektiv, dem er angehörte, die vorgegebenen Leistungskriterien in
der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatten (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 2 DDR-AGB).
Die Zeugin V ..., die mit dem Kläger in beiden Betrieben (von 1972 bis 1982 im VEB Modestrumpf Y ... und von 1983 bis 1990
im VEB Strumpfwerke X ... W ...) in der Finanz- und Lohnbuchhaltung als Kollegin zusammenarbeitete, versicherte in ihrer schriftlichen
Zeugenauskunft vom 15. Januar 2017 (Bl. 13-15 der Verwaltungsakte), dass die Betriebe jährlich Jahresendprämien an die Mitarbeiter
zahlten und auch der Kläger davon partizipierte. In ihrer, vom Sozialgericht Chemnitz eingeholten schriftlichen Auskunft vom
6. November 2019 (Bl. 15 der Gerichtsakte), führte sie nochmals aus, dass die Betriebe jährlich Jahresendprämien gewährten.
Die vom Sozialgericht Chemnitz ergänzend befragte Zeugin U ..., die mit dem Kläger ab dem Jahr 1983 im VEB Strumpfwerke X
... W ... zusammen arbeitete, gab in ihrer schriftlichen Zeugenerklärung vom 9. November 2019 (Bl. 16 der Gerichtsakte) ebenfalls
an, dass dieser Betrieb jährlich eine Jahresendprämie an alle Mitarbeiter des Betriebes auszahlte. Die Auszahlung erfolgte
einmal jährlich entsprechend der zwischen Betriebsleitung und Gewerkschaft getroffenen Jahresvereinbarungen. Voraussetzung
für die Zahlung der Jahresendprämie an die Mitarbeiter des Betriebes war die Erfüllung der für das Geschäftsjahr im Voraus
festgelegten Kennziffern der Planerfüllung.
Der vom Berufungsgericht ergänzend befragte Zeuge B ..., der von 1984 bis 1990 der Betriebsdirektor des VEB Strumpfwerke X
... W ... war, gab in seiner schriftlichen Zeugenerklärung vom 27. Mai 2020 (Bl. 87-88 der Gerichtsakte) an, dass der Betrieb
in allen Jahren an seine Mitarbeiter Jahresendprämien, und somit auch an den Kläger, auszahlte. Das Berechnungs- und Auszahlungsprozedere
der Jahresendprämien war im Betriebskollektivvertrag geregelt. Die Auszahlung erfolgte mit der Lohn- und Gehaltszahlung per
Überweisung am Anfang des Jahres für das vorangegangene Planjahr. Der Betrieb und seine Abteilungen erfüllten stets die Plankennziffern,
sodass die Jahresendprämien in den Betriebskollektivverträgen und Betriebsprämienordnungen vereinbart waren.
Unzulänglichkeiten des Klägers, die gegebenenfalls eine Kürzung oder Nichtzahlung der Jahresendprämie zur Folge hätten haben
können, ergeben sich auch nicht aus anderweitigen Indizien oder Hinweistatsachen. Im Gegenteil: Die Angaben der Zeugen V ...,
U ... und B ... sind vor dem Hintergrund der beigezogenen arbeitsvertraglichen Unterlagen plausibel und bestätigen die berechtigte
Annahme, dass der Kläger die individuellen Leistungskennziffern konkret erfüllte:
Ausweislich der Gehaltseinstufungsunterlagen (Bl. 49-58 der Gerichtsakte) wurde das Gehalt des Klägers infolge seiner erzielten
Arbeitsergebnisse kontinuierlich erhöht. Wiederholt wurden dem Kläger leistungsorientierte Gehaltszuschläge erteilt.
Zusammenfassend wird dem Kläger damit insgesamt bescheinigt, dass er die ihm übertragenen Aufgaben erledigte, sodass sich
keinerlei berechtigte Zweifel an der Erfüllung der vorgegebenen Leistungskriterien aufdrängen. 2. Die konkrete Höhe der Jahresendprämien,
die für die dem Grunde nach glaubhaft gemachten Planjahre (1973 bis 1989) in den Zuflussjahren 1974 bis 1990 zur Auszahlung
an den Kläger gelangten, konnte er zwar nicht nachweisen (dazu nachfolgend unter a), jedoch für die Zuflussjahre 1974 bis
1983 zum Teil, nämlich in Form eines Mindestbetrages, glaubhaft machen (dazu nachfolgend unter b). Die Höhe einer dem Grunde
nach lediglich glaubhaft gemachten Jahresendprämie darf - entgegen der früheren Rechtsprechung des Sächsischen Landessozialgerichts
- allerdings nicht geschätzt werden (dazu nachfolgend unter c).
a) Die dem Kläger für die dem Grunde nach glaubhaft gemachten Planjahre (1973 bis 1989) in den Jahren 1974 bis 1990 zugeflossenen
Jahresendprämienbeträge sind der Höhe nach nicht nachgewiesen:
Nachweise etwa in Form von Begleitschreiben, Gewährungsunterlagen, Beurteilungsbögen, Quittungen oder sonstigen Lohnunterlagen
für an den Kläger geflossene Prämienzahlungen konnte er nicht vorlegen. Er selbst verfügt auch über keine Unterlagen, mit
denen er die Gewährung von Jahresendprämien belegen könnte, wie er selbst ausführte.
In den Archiven der ehemaligen Beschäftigungsbetriebe existieren auch keine Jahresendprämiennachweise mehr, wie sich aus der
Entgeltbescheinigung der X ... Strumpfwaren GmbH vom 9. Juni 2008 ergibt. In dieser wird explizit ausgeführt: "Unterlagen
über Prämienzahlungen liegen keine vor."
Auszahlungs- bzw. Quittierungslisten oder Anerkennungsschreiben der Abteilung des Betriebes konnten auch die Zeugen V ...,
U ... und B ... nicht vorlegen.
Nachweise zu an den Kläger gezahlten Jahresendprämien liegen auch im Übrigen nicht mehr vor, da zwischenzeitlich die Aufbewahrungsfrist
für die Entgeltunterlagen der ehemaligen Betriebe der DDR abgelaufen ist (31. Dezember 2011; vgl. §
28f Abs.
5 SGB IV), weshalb bereits die Beklagte im Überprüfungsverfahren zu Recht von einer entsprechenden Anfrage abgesehen hat. Von einer
Anfrage an das Bundesarchiv wurde im vorliegenden Verfahren abgesehen, da dort - wie aus entsprechenden Anfragen in anderen
Verfahren gerichtsbekannt wurde - lediglich statistische Durchschnittwerte der in den Kombinaten gezahlten durchschnittlichen
Jahresendprämienbeträge pro Vollbeschäftigteneinheit aus verschiedenen Jahren vorhanden sind, die keinerlei Rückschluss auf
die individuelle Höhe der an den Kläger in einem konkreten Betrieb gezahlten Jahresendprämienhöhe erlauben.
b) Die konkrete Höhe der an den Kläger für die dem Grunde nach glaubhaft gemachten Planjahre (1973 bis 1989) in den Jahren
1974 bis 1990 zugeflossenen Jahresendprämienbeträge ist zwar ebenfalls nicht glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter aa).
Allerdings sind die für die Planjahre 1973 bis 1982 in den Zuflussjahren 1974 bis 1983 ausgezahlten Jahresendprämienbeträge
zumindest zum Teil, nämlich in Form eines Mindestbetrages, glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter bb):
aa) Den Angaben des Klägers sowie der Zeugen V ..., U ... und B ... kann lediglich entnommen werden, dass sich die Jahresendprämie
am Monatsgehalt des jeweiligen Werktätigen orientierte. Der Kläger selbst tätigte keinerlei Angaben zu den konkreten Höhen
der Jahresendprämienbeträge. Er konnte lediglich angeben, dass Basis der Berechnung der jeweils einzelnen individuellen Jahresendprämien
das Monatsgehalt des jeweiligen Beschäftigten war und die Prämienbeträge auf der Grundlage der Planerfüllung und des Monatsgehalts
berechnet wurden. Die Zeugen V ..., U ... und B ... bestätigten dieses grundsätzliche Prozedere und führten jeweils übereinstimmend
und nachvollziehbar aus, zu den Höhen der Jahresendprämienbeträge des Klägers keine konkreten Angaben mehr tätigen zu können.
Die individuelle Festlegung erfolgte durch die Betriebsleitung (in Abstimmung mit der Gewerkschaftsleitung), ausgerichtet
nach dem Betriebsergebnis und differenziert im Einzelnen. Eine weitergehende Präzisierung erbrachten die Zeugenbefragungen
insgesamt nicht. Soweit die Zeugin V ... ausführte, die jährlich ausgeschütteten Jahresendprämien hätten bei "ca. 1 Monatsgehalt
mit leichten Schwankungen" (Auskunft vom 6. November 2019) bzw. bei "ca. 1 Bruttolohnsumme Ø Monat (also Jahr: 12) bzw. 9/10
prozentual" (Auskunft vom 15. Januar 2017) gelegen, ist darauf hinzuweisen, dass diese Angaben jeglicher Tatsachenbasis entbehren,
da weder dargelegt noch nachvollziehbar erläutert wird, aus welchen konkreten Kennziffern und Berechnungselementen sich dieser
Durchschnitt ergibt. Die Glaubhaftmachung einer bestimmten Höhe ist mit solchen "in der Regel"-, "circa"-, "zwischen"-, "etwa"-
oder "ungefähr"-Angaben nicht verbunden, denn es handelt sich bei ihnen um eine reine Mutmaßung, die im Ergebnis auf eine
- vom BSG inzwischen abschließend als nicht möglich dargelegte (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 16 ff.) - Schätzung hinausläuft, die nicht zu Grunde gelegt werden kann.
Konkretere oder präzisierende Angaben konnten nämlich gerade weder von den Zeugen noch vom Kläger getätigt werden.
In der Gesamtbetrachtung sind die Angaben des Klägers sowie der Zeugin V ... zur Höhe der an den Kläger geflossenen Jahresendprämienbeträge
insgesamt zum einen vage und beruhen zum anderen allein auf dem menschlichen Erinnerungsvermögen, das mit der Länge des Zeitablaufs
immer mehr verblasst und deshalb insbesondere in Bezug auf konkrete, jährlich differierende Beträge kaum einen geeigneten
Beurteilungsmaßstab im Sinne einer "guten Möglichkeit" gerade des vom Kläger oder der Zeugin V ... angegebenen Prozentsatzes
eines Bruttomonatslohns abzugeben geeignet ist.
Darüber hinaus ist zu beachten, dass es im Ergebnis grundsätzlich (zu den Ausnahmen nachfolgend unter bb) an einem geeigneten
Maßstab fehlt, an dem die konkrete Höhe der dem Grunde nach bezogenen Jahresendprämien beurteilt werden kann und der vom Kläger
und der Zeugin V ... behauptete Maßstab, nämlich der durchschnittliche Bruttomonatslohn, nach den rechtlichen Koordinaten
des DDR-Rechts gerade nicht der Basis-, Ausgangs- oder Grundwert zur Berechnung einer Jahresendprämie war:
Nicht der Durchschnittslohn des Werktätigen war Ausgangsbasis für die Festlegung der Höhe der Jahresendprämie, sondern die
Erfüllung der konkreten Leistungs- und Planzielvorgaben (vgl. dazu deutlich: Eckhardt u.a., "Lohn und Prämie - Erläuterungen
zum 5. Kapitel des Arbeitsgesetzbuches der DDR" [Heft 4 der Schriftenreihe zum Arbeitsgesetzbuch der DDR], 1989, S. 112; Langanke,
"Wirksame Leistungsstimulierung durch Jahresendprämie", NJ 1984, 43, 44). Aus diesem Grund zählte zu den betriebsbezogenen, in einem Betriebskollektivvertrag festgelegten Regelungen über die
Bedingungen der Gewährung einer Jahresendprämie auch die Festlegung und Beschreibung der Berechnungsmethoden, aus denen dann
individuelle Kennziffern für den einzelnen Werktätigen zur Berechnung der Jahresendprämie abgeleitet werden konnten.
Dies verdeutlichen auch sonstige rechtliche Regelungen unterhalb des DDR-AGB: So legten die Prämienfond-VO 1972 in der Fassung
der Bekanntmachung vom 28. November 1972 und in der Fassung der 2. Prämienfond-VO 1973 sowie die Prämienfond-VO 1982 fest,
wie die Jahresendprämie wirksamer zur Erfüllung und Übererfüllung der betrieblichen Leistungsziele beitragen konnte (§ 7 Prämienfond-VO
1972, § 9 Prämienfond-VO 1982). Danach waren den Arbeitskollektiven und einzelnen Werktätigen Leistungskennziffern vorzugeben,
die vom Plan abgeleitet und beeinflussbar waren, die mit den Schwerpunkten des sozialistischen Wettbewerbs übereinstimmten
und über das Haushaltsbuch oder durch andere bewährte Methoden zu kontrollieren und abzurechnen waren (§ 7 Abs. 1 Prämienfond-VO
1972, § 9 Abs. 3 Prämienfond-VO 1982). Die durchschnittliche Jahresendprämie je Beschäftigten war in der Regel in der gleichen
Höhe wie im Vorjahr festzulegen, wenn der Betrieb mit der Erfüllung und Übererfüllung seiner Leistungsziele die erforderlichen
Prämienmittel erarbeitet hatte; für den Betrieb war dieser Durchschnittsbetrag grundsätzlich beizubehalten (§ 9 Abs. 2 Prämienfond-VO
1982). Hervorzuheben ist dabei, dass der Werktätige und sein Kollektiv die ihnen vorgegebenen Leistungskriterien jeweils erfüllt
haben mussten (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Prämienfond-VO 1972), die Leistungskriterien kontrollfähig und abrechenbar zu gestalten
waren (§ 6 Abs. 1 Satz 2 der "Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds
und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahre 1972" [nachfolgend: 1. DB zur Prämienfond-VO 1972] vom 24.
Mai 1972 [DDR-GBl. II 1972, Nr. 34, S. 379]) und bei der Differenzierung der Höhe der Jahresendprämie von den unterschiedlichen
Leistungsanforderungen an die Abteilungen und Bereiche im betrieblichen Reproduktionsprozess auszugehen war (§ 6 Abs. 3 Spiegelstrich
1 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972). Außerdem war geregelt, dass die Jahresendprämien für Arbeitskollektive und einzelne
Werktätige nach der Leistung unter besonderer Berücksichtigung der Schichtarbeit zu differenzieren waren (§ 7 Abs. 2 Satz
2 Prämienfond-VO 1972, § 6 Abs. 3 Spiegelstrich 2 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972, § 9 Abs. 3 Satz 1 Prämienfond-VO 1982),
wobei hinsichtlich der Kriterien für die Zulässigkeit der Erhöhung der durchschnittlichen Jahresendprämie im Betrieb konkrete
Festlegungen nach Maßgabe des § 6 der "Ersten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung
des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: 1. DB zur Prämienfond-VO 1982) vom 9. September 1982 (DDR-GBl. I
1982, Nr. 34, S. 598) in der Fassung der "Zweiten Durchführungsbestimmung zur Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung
des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" (nachfolgend: 2. DB zur Prämienfond-VO 1982) vom 3. Februar 1986 (DDR-GBl. I 1986,
Nr. 6, S. 50) zu treffen waren. Danach spielte zum Beispiel der Anteil der Facharbeiter sowie der Hoch- und Fachschulkader
in den Betrieben und deren "wesentliche Erhöhung" sowie die "Anerkennung langjähriger Betriebszugehörigkeit" eine Rolle (§
6 Abs. 2 Satz 2 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982). Die konkreten Festlegungen erfolgten in betrieblichen Vereinbarungen (§
6 Abs. 3 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1982). Die endgültige Festlegung der Mittel zur Jahresendprämierung für die einzelnen
Bereiche und Produktionsabschnitte einschließlich ihrer Leiter erfolgte nach Vorliegen der Bilanz- und Ergebnisrechnung durch
die Direktoren der Betriebe mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitungen, die entsprechend der im Betriebskollektivvertrag
getroffenen Vereinbarung abhängig vom tatsächlich erwirtschafteten Prämienfonds durch den Betrieb und von der Erfüllung der
den Bereichen und Produktionsabschnitten vorgegebenen Bedingungen war (§ 8 Abs. 1 Prämienfond-VO 1972, § 6 Abs. 5 der 1. DB
zur Prämienfond-VO 1982).
Weder zu den individuellen Leistungskennziffern des Klägers noch zu den sonstigen, die Bestimmung der Jahresendprämienhöhe
maßgeblichen Faktoren konnten der Kläger oder die Zeugen nachvollziehbare Angaben tätigen.
Die Kriterien, nach denen eine hinreichende Glaubhaftmachung erfolgt, sind demnach im konkreten Fall nicht erfüllt. Die bloße
Darstellung eines allgemeinen Ablaufs und einer allgemeinen Verfahrensweise wie auch der Hinweis, dass in anderen Fällen Jahresendprämien
berücksichtigt worden sind - etwa weil dort anderweitige Unterlagen vorgelegt werden konnten -, genügen nicht, um den Zufluss
von Jahresendprämien in einer bestimmten oder berechenbaren Höhe konkret an den Kläger glaubhaft zu machen. Denn hierfür wäre
- wie ausgeführt - erforderlich, dass in jedem einzelnen Jahr des vom Kläger geltend gemachten Zeitraumes eine entsprechende
Jahresendprämie nachgewiesen worden wäre, und zwar nicht nur hinsichtlich des Zeitraumes, sondern auch hinsichtlich der Erfüllung
der individuellen Leistungskennziffern, um eine konkrete Höhe als berechenbar erscheinen zu lassen.
bb) Allerdings kommt für die Zeiträume der Geltung - der "Verordnung über die Bildung und Verwendung des Prämienfonds in den
volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, volkseigenen Kombinaten, den VVB (Zentrale) und Einrichtungen für die Jahre 1969 und 1970" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1968) vom 26. Juni 1968 (DDR-GBl.
II 1968, Nr. 67, S. 490) in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Bildung und Verwendung des Prämienfonds in den volkseigenen
und ihnen gleichgestellten Betrieben, volkseigenen Kombinaten, den VVB (Zentrale) und Einrichtungen für die Jahre 1969 und 1970" (nachfolgend: 2. Prämienfond-VO 1968) vom 10. Dezember 1969 (DDR-GBl.
II 1969, Nr. 98, S. 626), - der "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und
Sozialfonds für das Jahr 1971" (nachfolgend: Prämienfond-VO 1971) vom 20. Januar 1971 (DDR-GBl. II 1971, Nr. 16, S. 105) und
- der Prämienfond-VO 1972 in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. November 1972 sowie in der Fassung der 2. Prämienfond-VO
1973, mit denen die Weitergeltung der Prämienfond-VO 1972 über das Jahr 1972 hinaus angeordnet wurden, von Juli 1968 bis Dezember
1982 (also bis zum Inkrafttreten der Prämienfond-VO 1982 am 1. Januar 1983) eine Glaubhaftmachung der Höhe von dem Grunde
nach glaubhaft gemachten Jahresendprämien in einer Mindesthöhe in Betracht.
Für diese Zeiträume legten - § 9 Abs. 7 Prämienfond-VO 1968, - § 12 Nr. 6 Satz 1 Prämienfond-VO 1971 und - § 6 Abs. 1 Nr.
1 Satz 2 Prämienfond-VO 1972 nämlich verbindlich fest, dass der Prämienfond (auch) bei leistungsgerechter Differenzierung
der Jahresendprämie ermöglichen musste, dass die Mindesthöhe der Jahresendprämie des einzelnen Werktätigen ein Drittel seines
(durchschnittlichen) Monatsverdienstes betrug. Diese Mindesthöhe der an den einzelnen Werktätigen zu zahlenden Jahresendprämie
durfte nach § 12 Nr. 6 Satz 2 Prämienfond-VO 1971 und § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 und 3 Prämienfond-VO 1972 nur dann unterschritten
werden, wenn der Werktätige nicht während des gesamten Planjahres im Betrieb tätig war und einer der Ausnahmefälle des § 5
Abs. 1 Satz 1 der 1. DB zur Prämienfond-VO 1972 vorlag. Diese Regelungen bestätigen damit, insbesondere durch die Formulierung,
dass die für "diese Werktätigen zu zahlende Jahresendprämie die Mindesthöhe von einem Drittel eines monatlichen Durchschnittsverdienstes"
nur in Ausnahmefällen unterschreiten konnte, dass die Vorschriften an eine individuelle und nicht an eine generelle Mindesthöhe
des Jahresendprämienbetrages des einzelnen Werktätigen anknüpften. Diese maßgeblichen DDR-rechtlichen Regelungen sind im hier
vorliegenden Zusammenhang der Jahresendprämienhöhe des einzelnen Werktätigen daher als "generelle Anknüpfungstatsachen" bzw.
als "generelle Tatsachen" heranzuziehen (vgl. zu diesem Aspekt beispielsweise: BSG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - B 5 RS 2/13 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19 sowie BSG, Urteil vom 27. Juni 2019 - B 5 RS 2/18 R - JURIS-Dokument, RdNr. 14 ff.) und bestätigen - im Zeitraum ihrer Geltung - zumindest eine individuelle Mindesthöhe des
Jahresendprämienbetrages jedes einzelnen Werktätigen, der die Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde nach erfüllte. Soweit die
Beklagte meint, bei dem in den vorbenannten Vorschriften enthaltenen Mindestbetrag der Jahresendprämie habe es sich lediglich
um einen statistischen Wert bzw. um eine betriebliche Kennziffer gehandelt, die keine auf den einzelnen Werktätigen bezogene
Individualisierung beinhaltet habe, trifft dies ausweislich des eindeutigen Wortlauts der Regelungen, des systematischen Zusammenhangs
der Vorschriften sowie des Sinn und Zwecks der Normen nicht zu. Denn die Regelungen knüpfen nicht an einen "durchschnittlichen
Monatsverdienst" bzw. an einen "monatlichen Durchschnittsverdienst" aller Beschäftigten des Betriebes sondern an den "durchschnittlichen
Monatsverdienst" bzw. "monatlichen Durchschnittsverdienst" des, also des einzelnen, Werktätigen an (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz
3 Prämienfond-VO 1972) bzw. regeln ausdrücklich, dass "die Mindesthöhe der Jahresendprämie für den einzelnen Werktätigen"
ein Drittel des, also des einzelnen, monatlichen Durchschnittsverdientes zu betragen hatte (§ 12 Nr. 6 Satz 1 Prämienfond-VO
1971). Der durchschnittlichen Monatsverdienst bzw. der monatliche Durchschnittsverdienst - der sich nach § 5 Abs. 3 der 1.
DB zur Prämienfond-VO 1972 nach der "Verordnung über die Berechnung des Durchschnittsverdienstes und über die Lohnzahlung"
(nachfolgend: 1. Durchschnittsentgelt-VO) vom 21. Dezember 1961 (DDR-GBl. II 1961, Nr. 83, S. 551, berichtigt in DDR-GBl.
II 1962, Nr. 2, S. 11) in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Berechnung des Durchschnittsverdienstes und über die
Lohnzahlung" (nachfolgend: 2. Durchschnittsentgelt-VO) vom 27. Juli 1967 (DDR-GBl. II 1967, Nr. 73, S. 511, berichtigt in
DDR-GBl. II 1967, Nr. 118, S. 836) richtete - war stets eine individuelle und gerade keine generelle (etwa alle Beschäftigten
in ihrer Gesamtheit erfassende) Bezugsgröße. Zutreffend ist zwar, wie auch die Beklagte vorträgt, dass ein grundsätzlicher
Rechtsanspruch des einzelnen Werktätigen auf eine Prämierung in Form von Jahresendprämie nur dann bestanden hat, wenn es der
Prämienfonds ermöglichte, mindestens ein Drittel eines durchschnittlichen Monatsverdienstes für diese Form der materiellen
Interessiertheit zur Verfügung zu stellen. Zutreffend ist auch, wie die Beklagte weiterhin vorträgt, dass Voraussetzung dafür
war, dass Werktätige einen Rechtsanspruch auf die Leistungsprämienart "Jahresendprämie" dem Grunde nach hatten, dass der Betrieb
erarbeitete Prämienmittel zumindest in diesem Umfang für die Jahresendprämie bereitstellte. Dass der konkrete betriebliche
Prämienfond des Beschäftigungsbetriebes des Klägers in den betroffenen Jahresendprämienjahren diese Voraussetzungen konkret
erfüllte, ist im konkreten Fall aber hinreichend tatsächlich glaubhaft gemacht worden, weil der Kläger sämtliche konkrete
Voraussetzungen für einen Rechtsanspruch auf Jahresendprämie in den streitgegenständlichen Jahresendprämienjahren erfüllte.
Die Beklagte verwischt mit ihrer Argumentation, dass die Anspruchsvoraussetzungen im konkreten Einzelfall dem Grunde nach
vollständig glaubhaft gemacht worden sind, wenn sie meint, eine Glaubhaftmachung der Höhe nach von einem Drittel des durchschnittlichen
Monatsverdienstes käme nicht in Betracht, weil unklar geblieben sei, ob der Prämienfond den Mindestbetrag in der Mindesthöhe
überhaupt zur Verfügung gestellt habe bzw. ob der Betrieb erarbeitete Prämienmittel im Mindestumfang überhaupt für die Jahresendprämie
bereitgestellt habe, mithin, ob der Kläger dem Grunde nach überhaupt Anspruch auf Jahresendprämien gehabt habe. Deshalb beinhaltet
die Argumentation der Beklagten einen unzulässigen, und deshalb unbeachtlichen, Zirkelschluss (sog. petitio principii).
Für den Zeitraum ab dem Planjahr 1983 unter Geltung der am 1. Januar 1983 in Kraft getretenen Prämienfond-VO 1982 kann ein
derartiges oder ähnliches Ergebnis im Hinblick auf einen individuellen Mindestbetrag einer Jahresendprämie nicht mehr festgestellt
werden. Die Prämienfond-VO 1982 legte einen Mindestbetrag oder eine berechenbare Mindesthöhe der Jahresendprämie des einzelnen
Werktätigen nicht mehr fest. § 9 Abs. 3 Satz 5 Prämienfond-VO 1982 bestimmte vielmehr nur noch, dass die einzelnen Werktätigen
(bei Erfüllung der für sie festgelegten Leistungskriterien und bei Erfüllung und Übererfüllung der für den einzelnen Betrieb
festgelegten Leistungsziele) eine Jahresendprämie annähernd in gleicher Höhe wie im Vorjahr erhalten sollten. Damit wurde
in der Prämienfond-VO 1982 abweichend von den bisherigen Regelungen der Prämienfond-VO’en 1968, 1971 und 1972 weder eine Mindesthöhe
noch eine zwingende Mindestvorgabe festgeschrieben. Insbesondere die Verwendung des Verbs "sollen" in der vorbezeichneten
Vorschrift verdeutlicht, dass zwingende oder aus bundesrechtlicher Sicht "justiziable" Mindestbeträge nicht vorgegeben waren,
die als generelle Anknüpfungstatsachen gewertet werden könnten. Auch eine "statische Fortschreibung" der zuletzt im Planjahr
1982 unter der Geltung der Prämienfond-VO 1972 ausgezahlten Jahresendprämie des Einzelnen war damit nicht verbunden.
Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 2. Juni 2020 konkret anfragte: "Sieht der 7. Senat in den aktuellen Urteilen des 4.
Senats des Sächsischen Landessozialgerichts vom 21.04.2020 in den Verfahren L 4 R 703/19 ZV und L 4 R 461/19 ZV - beide noch nicht rechtskräftig -, wonach für die ‚Mindest‘-JEP-Judikatur des 7. Senats keine Rechtsgrundlage existiere,
einen Grund, seine anderslautende Rechtsauffassung zu überdenken?", ist darauf hinzuweisen, dass der erkennende Senat - trotz
Überprüfung - keinen Anlass sieht seine begründete und ausgewogene Rechtsauffassung aufzugeben oder abzuändern. Denn die von
der Beklagten zitierten Urteile des 4. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts setzen sich mit der eingehend begründeten
Argumentation des 5. und 7. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts nicht auseinander, sondern gehen lediglich vom Gegenteil
aus und weisen noch dazu darauf hin, dass diese Rechtsfrage in den dort entschiedenen Fällen gerade nicht entscheidungstragend
war (wörtlich heißt es dort: "unabhängig von der Rechtsfrage, ob die Prämien-Verordnungen - wie vom 5. Senat des Sächsischen
LSG und dem Sozialgericht angenommen - in den vorliegend streitigen Zuflussjahren von 1977 bis 1983 überhaupt als ausreichende
Rechtsgrundlage für einen Rechtsanspruch auf Auszahlung von Jahresendprämien an den einzelnen Werktätigen in einer gesetzlich
bestimmten Höhe herangezogen werden können, "). Im Übrigen behandelt der erkennende Senat die Prämienverordnungen der DDR
auch nicht - wie die Beklagte behauptet - als Rechtsgrundlage für die Auszahlung der Jahresendprämien an den einzelnen Werktätigen;
der Auszahlungsanspruch ergibt sich allein aus § 117 Abs. 1 DDR-AGB; insoweit besteht auch keinerlei Divergenz zur Rechtsansicht
des 4. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts.
Für die vorliegende Sachverhaltskonstellation haben die erläuterten Regelungen damit für die dem Grunde nach glaubhaft gemachten
Planjahre 1973 bis 1982 und damit für die Zuflussjahre 1974 bis 1983 Bedeutung, weil der Kläger in diesen Jahren den Zufluss
von Jahresendprämien, und damit das Vorliegen der Zahlungsvoraussetzungen, dem Grunde nach glaubhaft gemacht hat. Die Mindesthöhe
ist auch konkret berechenbar, weil sich der durchschnittliche Monatsverdienst des Klägers, ausgehend von dem im Feststellungsbescheid
der Beklagten vom 6. Juli 2010 enthaltenen und auf den Lohnnachweisen und Lohnauskünften des ehemaligen Beschäftigungsbetriebes
bzw. der Lohnunterlagen verwaltenden Stelle (Entgeltbescheinigung der X ... Strumpfwaren GmbH vom 9. Juni 2008) basierenden
Entgelten, hinreichend individualisiert ermitteln lässt. Etwaigen Ungenauigkeiten bei der so zu Grunde gelegten Bestimmung
des durchschnittlichen Monatsverdienstes bzw. des monatlichen Durchschnittsverdienstes, der sich nach § 5 Abs. 3 der 1. DB
zur Prämienfond-VO 1972 nach der 1. Durchschnittsentgelt-VO in der Fassung der 2. Durchschnittsentgelt-VO richtete, trägt
die gesetzliche Regelung des § 6 Abs. 6 AAÜG hinreichend Rechnung, nach der glaubhaft gemachte Entgelte nur zu fünf Sechsteln zu berücksichtigen sind. Mit dieser Regelung
sind Schwankungen die sich aus dem Durchschnittsentgelt nach Maßgabe der vorbenannten Durchschnittsentgeltverordnungen ergeben
könnten, hinreichend aufgefangen, zumal diese Verordnungen sowohl für die Berechnung des Brutto- als auch des Nettodurchschnittsverdienstes
galten (§ 1 der 1. Durchschnittsentgelt-VO) und der Berechnung des Durchschnittsverdienstes alle Lohn- und Ausgleichszahlungen
zu Grunde lagen (§ 3 Abs. 1 der 1. Durchschnittsentgelt-VO), mit Ausnahme von ganz besonderen Zahlungen (§ 3 Abs. 2 der 1.
Durchschnittsentgelt-VO), die ohnehin nicht Grundlage des bescheinigten Bruttoarbeitsentgelts waren (unter anderem Überstundenzuschläge,
zusätzliche Belohnungen, besondere Lohnzuschläge, bestimmte lohnsteuerfreie Prämien, Untertageprämien, Ausgleichszahlungen
bei Teilnahme an Lehrgängen über 14 Kalendertagen, Ausgleichszahlungen infolge ärztlich bescheinigter Arbeitsunfähigkeit sowie
Entschädigungen). Anhaltspunkte dafür, dass derartige besondere Zuschläge und Prämien Bestandteil der im Feststellungsbescheid
der Beklagten vom 6. Juli 2010 enthaltenen und auf den Lohnnachweisen und Lohnauskünften des ehemaligen Beschäftigungsbetriebes
bzw. der Lohnunterlagen verwaltenden Stelle (Entgeltbescheinigung der X ... Strumpfwaren GmbH vom 9. Juni 2008) basierenden
Entgelte sind, ergeben sich aus keinem zu berücksichtigenden Blickwinkel.
Dies zu Grunde gelegt, sind für den Kläger Jahresendprämienzahlungen für die in den Planjahren 1973 bis 1982 erwirtschafteten
und in den Zuflussjahren 1974 bis 1983 ausgezahlten Jahresendprämien wie folgt zu berücksichtigen:
JEP-Anspruchsjahr Jahresarbeitsverdienst Monatsdurchschnittsverdienst JEP-Mindestbetrag (= 1/3) davon 5/6 (exakt) JEP-Zuflussjahr
1973 10.021,00 M 835,08 M 278,36 M 231,97 M 1974 1974 9.762,50 M 813,54 M 271,18 M 225,98 M 1975 1975 10.183,40 M 848,62 M
282,87 M 235,72 M 1976 1976 10.967,00 M 913,62 M 304,54 M 253,78 M 1977 1977 11.403,46 M 950,29 M 316,76 M 263,97 M 1978 1978
11.450,00 M 954,17 M 318,06 M 265,05 M 1979 1979 11.349,35 M 945,78 M 315,26 M 262,72 M 1980 1980 11.019,52 M 918,29 M 306,10
M 255,08 M 1981 1981 12.632,62 M 1.052,72 M 350,91 M 292,42 M 1982 1982 10.750,00 M 895,83 M 298,61 M 248,84 M 1983
c) Weil der Kläger den Bezug (irgend-)einer Jahresendprämie für die Planjahre 1973 bis 1989 in den Zuflussjahren 1974 bis
1990 dem Grunde nach nur glaubhaft gemacht hat, deren Höhe aber weder nachweisen noch - über die Mindesthöhe für die Planjahre
1973 bis 1982 hinaus konkret - glaubhaft machen konnte, kommt eine Schätzung der Höhe dieser Prämienbeträge nicht in Betracht
(vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 16 ff.). Denn eine weitere Verminderung des Beweismaßstabes im Sinne einer
Schätzungswahrscheinlichkeit sieht § 6 AAÜG nicht vor. Hätte der Gesetzgeber eine Schätzbefugnis schaffen wollen, so hätte er dies gesetzlich anordnen und Regelungen
sowohl zu ihrer Reichweite (Schätzung des Gesamtverdienstes oder nur eines Teils davon) als auch zum Umfang der Anrechnung
des geschätzten Verdienstes treffen müssen, nachdem er schon für den strengeren Beweismaßstab der Glaubhaftmachung nur die
Möglichkeit einer begrenzten Berücksichtigung (zu fünf Sechsteln) ermöglicht hat. Auch aus § 6 Abs. 5 AAÜG in Verbindung mit §
256b Abs.
1 und §
256c Abs.
1 und
3 Satz 1
SGB VI ergibt sich keine materiell-rechtliche Schätzbefugnis. Rechtsfolge einer fehlenden Nachweismöglichkeit des Verdienstes ist
hiernach stets die Ermittlung eines fiktiven Verdienstes nach Tabellenwerten, nicht jedoch die erleichterte Verdienstfeststellung
im Wege der Schätzung im Sinne einer Überzeugung von der bloßen Wahrscheinlichkeit bestimmter Zahlenwerte. Die prozessuale
Schätzbefugnis gemäß §
287 ZPO, die nach §
202 Satz 1
SGG im sozialgerichtlichen Verfahren lediglich subsidiär und "entsprechend" anzuwenden ist, greift hier von vornherein nicht
ein. Denn § 6 Abs. 6 AAÜG regelt als vorrangige und bereichsspezifische Spezialnorm die vorliegende Fallkonstellation (ein Verdienstteil ist nachgewiesen,
ein anderer glaubhaft gemacht) abschließend und lässt für die allgemeine Schätzungsvorschrift des §
287 ZPO keinen Raum. Indem § 6 Abs. 6 AAÜG die Höhe des glaubhaft gemachten Verdienstteils selbst pauschal auf fünf Sechstel festlegt, bestimmt er gleichzeitig die
mögliche Abweichung gegenüber dem Vollbeweis wie die Rechtsfolge der Glaubhaftmachung selbst und abschließend. Eine einzelfallbezogene
Schätzung scheidet damit aus. Hätte der Gesetzgeber eine Schätzung zulassen wollen, so hätte er das Schätzverfahren weiter
ausgestalten und festlegen müssen, ob und gegebenenfalls wie mit dem Abschlag im Rahmen der Schätzung umzugehen ist. Das Fehlen
derartiger Bestimmungen belegt im Sinne eines beredten Schweigens zusätzlich den abschließenden Charakter der Ausnahmeregelung
in § 6 Abs. 6 AAÜG als geschlossenes Regelungskonzept (BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 19). Eine Schätzung ist deshalb nur bei dem Grunde nach nachgewiesenen
Zahlungen möglich (BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 4. Mai 1999 - B 4 RA 6/99 R - SozR 3-8570 § 8 Nr. 3 = JURIS-Dokument, RdNr. 17).
3. Die (in der Mindesthöhe in den Jahren 1974 bis 1983 glaubhaft gemachten) zugeflossenen Jahresendprämien als Arbeitsentgelt
im Sinne der §§
14 Abs.
1 Satz 1
SGB IV, 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG waren auch nicht nach der am 1. August 1991 maßgeblichen bundesrepublikanischen Rechtslage (Inkrafttreten des AAÜG) steuerfrei im Sinne des §
17 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGB IV in Verbindung mit § 1 ArEV (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 33-41, ebenso nunmehr: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr.
13). Es handelt sich vielmehr um gemäß §
19 Abs.
1 des
Einkommensteuergesetzes (
EStG) steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge
und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt wurden).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183,
193 SGG und berücksichtigt anteilig das Verhältnis zwischen Obsiegen und Unterliegen.
IV. Gründe für die Zulassung der Revision nach §
160 Abs.
2 SGG liegen nicht vor.