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LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 01.11.2013 - 2 AS 889/13
Parallelentscheidung zu LSG Sachsen-Anhalt - L 2 AS 841/13 B ER – v. 01.11.2013
1. Auch im Rahmen sogenannter Vornahmesachen kann eine gerichtliche Entscheidung auf eine Folgenabwägung gestützt werden. Diese Vorgehensweise steht grundsätzlich neben der Möglichkeit, die Entscheidung an den Erfolgsaussichten in der Hauptsache auszurichten, bei der sich das Gericht im Fall drohender schwerer und unzumutbarer Eingriffen in Grundrechte mit berechtigten Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit und damit der Gültigkeit von entscheidungserheblichen Normen sowie mit den Möglichkeiten ihrer verfassungskonformen Auslegung und Anwendung auseinandersetzen muss.
2. Hat das - nachzogene - Familienmitglied eines Unionsbürgers mit einem Aufenthaltsrecht allein zum Zweck der Arbeitsuche ein eigenes, nicht auf der Familienangehörigkeit (oder der Arbeitsuche) beruhendes Aufenthaltsrecht, bleibt seine Leistungsberechtigung nach dem SGB II unberührt.
3. Das Recht zum Aufenthalt zum Zwecke der Arbeitsuche ist kein Auffangtatbestand. Behauptet der Unionsbürger, der Zweck seiner Einreise liege in der Arbeitsuche, muss diese Arbeitsuche im tatsächlichen Verhalten des Unionsbürgers Ausdruck finden; anderenfalls läge es an ihm, durch die bloße Behauptung, er suche nach Arbeit, die Wirkungen des § 2 Abs 2 Nr 5 iVm § 4 FreizügG/EU für wirtschaftlich nicht aktive Unionsbürger zu umgehen.
4. Solange sich ein ausländischer Staatsangehöriger auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und damit im Geltungsbereich des Grundgesetzes aufhält, hat er in wirtschaftlichen Notlagen einen Anspruch auf materielle Unterstützung, der auf dem Grundrecht der Menschenwürde beruht.
Normenkette:
SGG § 86b Abs. 2 S. 2
,
AufenthG § 36 Abs. 2
,
FreizügG/EU § 2 Abs. 2 Nr. 1
,
FreizügG/EU § 3
,
FreizügG/EU § 7 Abs. 1
,
SGB II § 7
,
SGB II § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2
,
SGB II § 8 Abs. 1
,
SGB II § 8 Abs. 2
Vorinstanzen: SG Halle 28.08.2013 S 25 AS 3661/13 ER
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 28. August 2013 abgeändert.
Der Antragsgegner wird für die Zeit vom 2. August 2013 bis zum 31. Dezember 2013 vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache verpflichtet, dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von monatlich 381,00 EUR, jeweils unter Anrechnung der aufgrund des Beschlusses vom 11. September 2013 erbrachten Leistungen zu gewähren.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers für beide Rechtszüge zu erstatten.

Entscheidungstext anzeigen: