Erteilung einer Zusicherung zur Berücksichtigung der Aufwendungen für eine neue Unterkunft nach Umzug im Beschwerdeverfahren
des einstweiligen Rechtsschutzes
Gründe:
I.
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin begehrt im Beschwerdeverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vom Antragsgegner
die Erteilung einer Zusicherung zur Berücksichtigung der Aufwendungen für eine neue Unterkunft nach Umzug.
Die Antragstellerin und ihre am ... 2004 geborene Tochter bezogen vom Antragsgegner von April bis Anfang August 2009 als Bedarfsgemeinschaft
Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Die Antragstellerin hatte eine im August 2008 begonnene Ausbildung in H. abgebrochen und für sich und ihre Tochter von
ihren Großeltern in deren Haus in B. eine nach dem Mietvertrag etwa 50 m² große 3-Zimmer-Wohnung zu einem Gesamtmietpreis
von 409,50 EUR angemietet. Zum 1. August 2009 zogen die Antragstellerin und ihre Tochter ohne Zustimmung des Antragsgegners
innerhalb von B. in die derzeit von der Antragstellerin allein bewohnte 59,29 m² große 2-Zimmer-Wohnung um, für die sie eine
Gesamtmiete iHv anfänglich 421,55 EUR zu zahlen hatte. Die beiden Zimmer der Wohnung sind 19,22 m² und 20 m² groß. Das größere
"Wohnzimmer" ist ein Durchgangszimmer zur Küche. Im August 2009 nahm die Antragstellerin in M. erneut eine Ausbildung auf.
Im Juli 2010 stellte die Antragstellerin während einer stationären Behandlung wegen psychischer Störungen erneut einen SGB II-Leistungsantrag. Seither wohnt ihre Tochter bei den Großeltern, die auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht haben. Im November
2010 wurde für die Antragstellerin eine Betreuerin bestellt, deren Aufgabenkreis die Sorge für die Gesundheit, Vermögenssorge
und Rechts- und Behördenangelegenheiten umfasste. Ob die Betreuung fortbesteht, ist nicht bekannt. Im Zeitraum vom 8. August
2011 bis 7. Mai 2012 nahm die Antragstellerin an einer Rehabilitationsmaßnahme für psychisch kranke Menschen zur Teilhabe
am Arbeitsleben teil und bezog Ausbildungsgeld. In dieser Zeit berücksichtigte der Antragsgegner bei der ergänzenden Leistungsgewährung,
die nur für die Antragstellerin erfolgte, KdU iHv 336,33 EUR. Zuletzt gewährte der Antragsgegner auf Widersprüche der Antragstellerin
Leistungen für die KdU iHv insgesamt 364,33 EUR. Diese setzten sich aus dem Höchstbetrag nach § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) für einen Einpersonenhaushalt iHv 308,00 EUR sowie Heizkosten iHv 56,33 EUR zusammen.
Ab August 2012 begab sich die Antragstellerin erneut in stationäre Behandlung.
In ihrem Fortzahlungsantrag vom 18. Dezember 2012 gab sie an, sie beabsichtige, ab Januar 2013 ihre Tochter wieder zeitweise
in ihre Wohnung aufzunehmen.
Am 29. Januar 2013 beantragte die Antragstellerin beim Antragsgegner schriftlich die Genehmigung eines Wohnungswechsels. Mit
den Großeltern und dem Jugendamt sei abgestimmt, dass sie ihre Tochter wieder ganz zu sich nehme, sie verfüge jedoch nicht
über geeigneten Wohnraum. Ihre Tochter besuche jetzt die dritte Grundschulklasse und solle ein eigenes Zimmer mit Schreibtisch
und Bett bekommen. Sie habe sich bereits seit Jahren vergeblich um eine den Angemessenheitskriterien entsprechende Wohnung
bemüht. Sie sei aus familiären Gründen an den Ortsteil B. gebunden, da sie nur dort auf die Unterstützung ihrer Großeltern
zurückgreifen könne. Diesen seien aufgrund ihres Alters von 75 Jahren keine längeren Wegstrecken mehr zuzumuten. Sie legte
ein Mietangebot für eine Wohnung in der B. Str ... in B. vor. Danach waren für die 64,89 m² große 3-Zimmer-Dachgeschoss-Wohnung
eine Kaltmiete iHv 417,19 EUR sowie Betriebs- und Heizkosten iHv insgesamt 143,86 EUR zu zahlen.
Mit Bescheid vom 1. Februar 2013 lehnte der Antragsgegner die Erteilung einer Zustimmung zum Umzug ab. Der Umzug sei nicht
erforderlich und die Kosten der neuen Wohnung seien unangemessen. Dagegen hat die Antragstellerin unter dem 27. Februar 2013
Widerspruch eingelegt, über den soweit ersichtlich noch nicht entschieden worden ist.
Bereits am 6. Februar 2013 hat die Antragstellerin bei dem Sozialgericht Magdeburg (SG) einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Zur Begründung hat sie ausgeführt: Wohnungen in B. seien
teuer und das Angebot an 3-Raum-Wohnungen sei beschränkt. Ihre derzeitige Wohnung sei zu klein für ihre Tochter und sie. Sie
sei auf die Unterstützung ihrer Familie, auch wegen ihrer psychischen Probleme angewiesen. Ihr Gesundheitszustand habe sich
soweit gebessert, dass ihre Tochter drei bis vier Tage in der Woche bei ihr verbringe. Die Großeltern könnten aus Altersgründen
die Verantwortung für ihre Urenkelin nicht mehr tragen. Diese habe ein Mobbingproblem in der Schule, womit die Großeltern
überfordert seien. Durch ihr - der Antragstellerin - Engagement habe im letzten Schuljahr eine Verbesserung erreicht werden
können, sodass die Tochter nicht mehr das ständige Mobbingopfer sei. Die schulischen Leistungen hätten sich gebessert. Erfolglos
habe sie sich bereits seit mehr als drei Monaten um eine 3-Raum-Wohnung in B. bemüht. Von dem vorgelegten Mietangebot habe
sie über eine Freundin erfahren. Es sei aussichtslos, über eine Wohnungsgesellschaft eine Wohnung zu erhalten. Es gebe viele
Bewerber; Personen, die sich in Privatinsolvenz befänden, fielen automatisch aus dem Bewerberkreis heraus.
Auf Anforderung des SG hat die Antragstellerin zwei Bescheinigungen der Fachärztin für Allgemeinmedizin/Chirotherapie K. vom 11. Februar 2013 vorgelegt.
Bei der Antragstellerin bestünden die Diagnosen mittelgradige depressive Episode, kombinierte und andere Persönlichkeitsstörungen
sowie eine Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung. Wegen der tiefgreifenden psychischen Probleme sei ein enger
familiärer Rückhalt erforderlich. Zur Vermeidung von erneuten psychischen Krisen und zur Stabilisierung der psychischen Gesundheit
sei eine Wohnung in B. unbedingt erforderlich.
Bei der Tochter seien ein reduziertes Konzentrationsvermögen und eine hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens zu diagnostizieren.
Die psychischen Probleme machten eine enge familiäre Bindung erforderlich. Die Antragstellerin habe sich stabilisiert und
könne sich umfassender um die Tochter kümmern, benötige aber unterstützend familiäre Hilfe durch die Großeltern. Zur Vermeidung
einer Verschlechterung und zur Stabilisierung der psychischen Gesundheit sei "eine Wohnung in B. unbedingt erforderlich (mit
eigenem Kinderzimmer)". Die Mobbingbelastung der Tochter sei entfallen, nachdem das schulische Umfeld sensibilisiert worden
sei. Ein Schulwechsel würde einen Einschnitt bedeuten und könne bei der Tochter einen Rückfall in die Symptomatik provozieren.
Unter dem 12. Februar 2013 hat die Dipl.-Psych. M. vom M. Ausbildungsinstitut für Psychotherapeutische Psychologie ausgeführt,
die Antragstellerin werde seit Januar 2011 psychotherapeutisch behandelt. Anlass sei eine rezidivierende depressive Störung
gewesen. Sie besitze eine erhöhte Vulnerabilität für Belastungen im psychosozialen Bereich. Während der zweijährigen Therapie
sei eine weitgehende Stabilisierung erreicht worden, wenngleich die Gefahr einer Dekompensation in eine erneute depressive
Phase fortbestehe. Es erscheine sinnvoll und notwendig, dass die Antragstellerin für sich und ihre Tochter protektive Faktoren
ausbaue und für stützende externe Bedingungen sorge. Ein Verzicht auf das einzige langfristig bestehende soziale Netzwerk
im Nahfeld durch einen Wohnortwechsel sei nachteilig. Die Beibehaltung der Wohnortanbindung sei zu empfehlen.
Die Antragstellerin hat weiter ausgeführt, der Antragsgegner verfüge derzeit nicht über ein schlüssiges Konzept hinsichtlich
der Angemessenheit der KdU. Vorliegend dürfe nicht nur auf die Mietwerte nach § 12 WoGG abgestellt werden, sondern es müssten die tatsächlichen Kosten für die begehrte 3-Raum-Wohnung übernommen werden. Preisgünstigerer
Wohnraum sei in B. nicht vorhanden. Zudem sei ihr erhöhter Wohnbedarf als Alleinerziehende zu berücksichtigen. Sie und ihre
Tochter benötigten jeweils einen eigenen Raum. Zudem brauche die Familie noch einen gemeinsamen Raum für die "Ausübung des
familiären Zusammenlebens".
Mit Beschluss vom 21. Februar 2013 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Umzug sei nicht erforderlich. Die derzeit bewohnte Wohnung
sei mit zwei Zimmern von je 20 m² groß genug für die Antragstellerin und ihre Tochter. Es stehe für beide Personen ein Rückzugsraum
zur Verfügung, was durch den Umstand, dass eines der beiden Zimmer zu durchqueren sei, um in die Küche zu gelangen, nicht
in Frage gestellt werde. Zudem sei die neue Wohnung unangemessen teuer. Nach den Maßgaben des WoGG und des Heizkostenspiegels sei für eine Wohnung mit zwei Haushaltsmitgliedern bei der für den Bördekreis geltenden Mietenstufe
I ein Wert von 352,00 EUR für Grundmiete inklusive Betriebskosten anerkennungsfähig. Hinzu kämen noch Heizkosten iHv 1,63
EUR/m² angemessener Wohnfläche. Es ergebe sich ein Gesamtbetrag für eine angemessene Warmmiete iHv 449,80 EUR; die Kosten
der neuen Wohnung lägen mit 561,05 EUR deutlich darüber.
Gegen den Beschluss hat die Antragstellerin am 21. März 2013 Beschwerde eingelegt. Sie benötige eine Wohnung, in der es für
sie und ihre Tochter zwei getrennte Räume gebe. Weil die derzeitige Wohnung diese nicht aufweise, sei es ihr bislang unmöglich
gewesen, wieder mit ihrer Tochter zusammenzuziehen. Diese halte sich weiterhin nur drei- bis fünfmal die Woche für einige
Stunden in ihrem Haushalt auf. Eine Übernachtung erfolge jedoch nicht. Nach den ärztlichen Stellungnahmen sei es erforderlich,
dass sowohl sie als auch ihre Tochter in B. wohnen blieben. Weil die derzeitige Wohnung ein Durchgangszimmer habe, sei sie
für ein Zusammenleben nicht geeignet. Da es in B. keine anmietbaren Wohnungen zu den Werten nach § 12 WoGG gebe, müsse der Antragsgegner die tatsächlichen Kosten übernehmen. Nur so lasse sich ein Zusammenleben realisieren. Im Übrigen
sei das Mobbing-Problem der Tochter noch nicht beseitigt und könne jederzeit wieder stärker hervortreten.
Auf Nachfrage der Berichterstatterin hat die Antragstellerin unter dem 14. April 2013 mitgeteilt, sie habe noch keinen neuen
Mietvertrag abgeschlossen, jedoch den Vertrag für ihre jetzige Wohnung zum Ablauf des Monats April 2013 gekündigt. Dies könne
nicht rückgängig gemacht werden. Ihr drohe Wohnungslosigkeit. Sie habe weiterhin keine andere Wohnung in B. finden können.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 21. Februar 2013 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege des einstweiligen
Rechtsschutzes zu verpflichten, ihr unter Aufhebung seines Bescheids vom 1. Februar 2013 die Zusicherung zur Berücksichtigung
der Aufwendungen für die Wohnung B. Straße 15 in B. zu erteilen; hilfsweise die Zustimmung zum Umzug in eine der 2-Raum-Wohnungen
zu erteilen, zu denen dem Antragsgegner Mietangebote vorliegen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge
des Antragsgegners ergänzend Bezug genommen. Die genannten Unterlagen waren Gegenstand der Beratung des Senats.
II.
Die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist gemäß §
172 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthaft, form- und fristgerecht eingelegt (§
173 SGG) und auch im Übrigen zulässig. Der Beschwerdewert von 750,00 EUR gemäß §
172 Abs.
3 Nr.
1 iVm §
144 Abs.
1 Nr.
1 SGG ist überschritten. Zwar ist die von der Antragstellerin erstrebte Zusicherung über die Aufwendungen für eine neue Unterkunft
nach § 22 Abs. 4 SGB II nicht unmittelbar auf eine Geldleistung gerichtet, denn mit ihr werden keine Geldleistungen bewilligt. Indes unterfällt nach
der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschluss vom 18. März 2010, Az.: L 5 AS 93/10 B ER, L 5 AS 101/10 B, juris RN 17; Beschluss vom 13. Juni 2012, Az.: L 5 AS 189/12 B ER, juris RN 17 ff.) der Streit um eine Zusicherung nach § 22 Abs. 4 und 5 SGB II dem Anwendungsbereich des §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG, denn mittelbar ergibt sich aus der begehrten Zusicherung ein Geldleistungsanspruch. Denn eine Zusicherung nach § 22 Abs. 4 Satz 1 SGB II ist zugleich eine Zusicherung im Rechtssinne (§ 34 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X). Durch eine Zusicherung ist der Antragsgegner in seiner späteren - nach dem erfolgten Umzug des Antragstellers - ergehenden
Entscheidung über die weitere Leistungsgewährung insoweit gebunden, als er verpflichtet ist, die zugesicherten KdU in seine
Berechnung der Leistungen einzustellen. Damit hat eine Zusicherung nicht unmittelbar eine Geldleistung zum Gegenstand; sie
vermittelt dem Leistungsberechtigten im Vorfeld der Leistungsbewilligung aber Klarheit über einen maßgeblichen Leistungsbestandteil.
Bereits die Erwähnung von Sachleistungen neben Geldleistungen im Wortlaut der Vorschrift des §
144 SGG zeigt, dass der Gesetzgeber die Regelung nicht auf die Fälle beschränken wollte, in denen um direkte Geldleistungen gestritten
wird (vgl. BSG, Urteil vom 19. November 1996, Az.: 1 RK 18/95, juris RN 18). Daraus ist zu schließen, dass auch Fälle erfasst werden sollen, in denen es - gegebenenfalls mittelbar - um
einen geldwerten Vorteil der Beteiligten geht. Mithin sind von §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG auch Verwaltungsakte erfasst, die eine Grundlage für die Entstehung eines (Zahlung-)Anspruchs darstellen.
Wirtschaftlich steht vorliegend hinter dem Zusicherungsbegehren der Antragstellerin das Interesse, künftig nach dem beabsichtigten
Umzug in die Wohnung in der B. Straße KdU-Leistungen iH der tatsächlichen Mietaufwendungen zu erhalten. Ohne die begehrte
Zusicherung hat sie zu befürchten, dass der Antragsgegner lediglich KdU iH der zuletzt berücksichtigten Werte (364,33 EUR/Monat)
gewähren würde und somit eine Deckungslücke in Form der Differenz zur voraussichtlichen neuen Gesamtmiete (561,05 EUR/Monat)
bestünde. Das wirtschaftliche Risiko einer monatlichen Deckungslücke iHv 200 EUR soll vermieden werden. Bezogen auf einen
regelmäßig sechsmonatigen Bewilligungszeitraum ergibt sich ein die Berufungswertgrenze übersteigender Betrag.
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das SG hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Ergebnis zu Recht abgelehnt.
Das Gericht kann nach §
86b Abs.
2 SGG eine einstweilige Anordnung zur Regelegung eines vorläufigen Zustands im Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen,
wenn eine solche Regelegung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung
ist gemäß 86b Abs. 2 Satz
SGG iVm mit §
920 Abs.
2 Zivilprozessordnung (
ZPO) die Glaubhaftmachung des Vorliegens sowohl eines Anordnungsgrunds (die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher
Nachteile) als auch eines Anordnungsanspruchs (die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Hauptsache gegebenen materiellen
Leistungsanspruchs). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung
der Hauptsache nicht vorweggenommen werden.
Der Beweismaßstab im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erfordert im Gegensatz zu einem Hauptsacheverfahren für das
Vorliegen der anspruchsbegründenden Tatsache nicht die volle richterlicher Überzeugung. Dies erklärt sich mit dem Wesen dieses
Verfahrens, das wegen der Dringlichkeit der Entscheidung regelmäßig keine eingehenden, unter Umständen langwierigen Ermittlungen
zulässt. Deshalb kann im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur eine vorläufige Regelung längstens für die Dauer des Hauptsacheverfahrens
getroffen, die das Gericht in der Hauptsache nicht bindet. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht,
wenn die tatsächlichen Voraussetzungen überwiegend wahrscheinlich sind. Dies erfordert, dass mehr für gegen die Richtigkeit
der Angaben spricht (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 10. Aufl. 2012, § 86b RN16b). Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens
offen, weil etwa eine vollständige Klärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung
unter Berücksichtigung insbesondere der grundrechtlichen Belange des Antragstellers zu entscheiden.
Die vorstehenden Ausführungen gelten uneingeschränkt, soweit es im einstweiligen Rechtsschutzverfahren um eine vorläufige
Leistungsgewährung geht, die ggf. im Hauptsacheverfahren noch rückgängig gemacht werden kann. Indes sind an den Erlass der
hier begehrten einstweiligen Anordnung strengere Maßstäbe anzulegen. Denn die hier begehrte (grundsätzlich) "vorläufige Zusicherung"
ist für einen Leistungsberechtigten nur dann von Nutzen, wenn sie für die Beteiligten auf Dauer Bindungswirkung entfaltet.
Dies ist jedoch nur dann der Fall, wenn sie nicht nur vorläufig, sondern endgültig erteilt wird (vgl. LSG Berlin Brandenburg,
Beschluss vom 6. November 2012, Az.: L 25 AS 2712/12 B PKH, juris RN 4). Für eine derartige endgültige Vorwegnahme der Hauptsache, für die §
86b Abs.
2 SGG seinem Wortlaut nach grundsätzlich keine geeignete Grundlage darstellt, ist unter Berücksichtigung des in Artikel
19 Abs.
4 Grundgesetz verankerten Gebots effektiven Rechtsschutzes nur dann Raum, wenn zwingende Gründe eine solche Entscheidung gebieten.
Zwingende Gründe für eine endgültige Vorwegnahme der Hauptsache im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes liegen hier
nach der Überzeugung des Senats jedoch nicht vor.
Insoweit sind weder Anordnungsgrund noch Anordnungsanspruch hinreichend glaubhaft gemacht worden. Allein der Umstand, dass
das derzeit noch bestehende Wohnungsangebot für die Wohnung in der B. Straße jedenfalls bei einem Verweis auf die Durchführung
des Hauptsacheverfahrens für die Antragstellerin - voraussichtlich - nicht mehr verfügbar sein wird, reicht für die Annahme
eines Anordnungsgrunds nicht aus. Angesichts des bei einer Vorwegnahme der Hauptsache anzulegenden strengen Maßstabs lässt
sich ein Anordnungsgrund nicht schon daraus ableiten, dass ein aktuell zur Verfügung stehendes Wohnungsangebot befristet ist,
oder dass die angebotene Wohnung ggf. anderweitig vergeben werden kann. Es besteht kein zwingender Grund für einen sofortigen
Umzug der Antragstellerin. Auch auf dem sicherlich schwierigen Teil-Wohnungsmarkt für den Ortsteil B. werden immer wieder
Wohnungen angeboten, um die sich die Antragstellerin bemühen könnte. Es ist zumutbar, die derzeitige Wohnsituation vorerst
unverändert zu lassen, denn diese ist nicht so beschaffen, dass ein sofortiger Umzug unumgänglich ist.
Soweit die Antragstellerin - erstmals im Beschwerdeverfahren - ausgeführt hat, ihren bisherigen Mietvertrag zum Monatsende
April 2013 gekündigt zu haben und damit eine drohende Wohnungslosigkeit nach Ablauf der Kündigungsfrist geltend macht, kann
diese von der Antragstellerin - ohne Not - provozierte Lage nicht zu einer Annahme eines Anordnungsgrunds oder zu einer gerichtlichen
Entscheidung führen, auf die ein Anspruch nicht besteht. Insoweit mag sie sich um eine andere Unterkunft bemühen, oder kann
- auch nach Ablauf der Kündigungsfrist - in ihrer bisherigen Wohnung verbleiben, ohne dass dies unmittelbar nachteilige Folgen
für sie hätte. Aktuell ist ihr Unterkunftsbedarf in der bisherigen Wohnung gedeckt. Zudem dürfte ihr angesichts des Umstands,
dass ihre Großeltern in B. eine Pension betreiben (vgl. http://www.b ...de/index.phtml?mNavID=1.100&sNavID=936.29&La=1; Zufallsfund
der Berichterstatterin bei der Internetrecherche der lokalen Gegebenheiten) keine Obdachlosigkeit drohen. Im Übrigen hat die
Antragstellerin diese Umstände nicht durch Vorlage von Belegen (Kündigungsschreiben, Erklärung des Vermieters o.ä.) glaubhaft
gemacht.
Auch ein Anordnungsanspruch ist nicht glaubhaft gemacht. Nach § 22 Abs. 4 SGB II soll die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person die Zusicherung des Leistungsträgers zur Berücksichtigung der Aufwendungen
für eine neue Unterkunft vor Abschluss eines Vertrags über die neue Unterkunft einholen. Der Leistungsträger ist zur Zusicherung
verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II wird nur der bisherige Bedarf für die KdU anerkannt, wenn sich nach einem nicht erforderlichem Umzug die angemessenen Aufwendungen
für Unterkunft und Heizung erhöhen.
Zur Erteilung der Zusicherung ist danach der Leistungsträger lediglich verpflichtet, wenn die Kosten der neuen Unterkunft
ihrerseits angemessen sind und der Umzug erforderlich ist. Dies bedeutet, dass auch nur beim Vorliegen beider Voraussetzungen
ein Anspruch auf Erteilung der Zusicherung besteht. Ein Umzug ist erforderlich, wenn ein plausibler, nachvollziehbarer und
verständlicher Grund vorliegt, von dem sich auch ein Nichtleistungsbezieher leiten lassen würde.
Ein nachvollziehbarer Grund für den Umzug besteht. An seiner Erforderlichkeit ergeben sich vorliegend jedoch Zweifel. Die
aktuell bewohnte Wohnung hatte die Antragstellerin im Jahr 2009 für sich und ihre Tochter, d.h. für eine zweiköpfige Bedarfsgemeinschaft,
angemietet. Zum damaligen Zeitpunkt hatte sie offensichtlich das Vorhandensein jeweils eines eigenen Zimmers nicht für erforderlich
gehalten. Denn sie hatte die bis dahin bewohnte 3-Zimmerwohnung, die sie von ihren Großeltern angemietet hatte, aufgegeben.
Zudem erscheint es zweifelhaft, ob auch ein Nichtleistungsempfänger in der Situation der Antragstellerin umziehen würde. Zum
einen weist die bewohnte Wohnung zwei annähernd gleich große Zimmer auf, die eine Einrichtung von Rückzugsräumen sowohl für
die Antragstellerin als auch für ihre Tochter ermöglichen. Dem steht letztlich der Umstand, dass das derzeitige Wohnzimmer
das Durchgangszimmer zur Küche darstellt, wohl nicht entscheidend entgegen. Denn es muss als Durchgang nur genutzt werden,
wenn die Bewohnerin des anderen Zimmers in die Küche will. Bad, Abstellraum und das andere Zimmer können vom Flur aus erreicht
werden, ohne das Wohnzimmer zu betreten. Insoweit erscheint die vom SG im angegriffenen Beschluss vorgeschlagene Nutzung des bisherigen Wohnzimmers als Zimmer der Antragstellerin und des verbleibenden
Schlafzimmers als Zimmer der Tochter - zumindest für eine Übergangszeit bzw. für die Dauer eines Hauptsacheverfahrens - zumutbar.
Denn aufgrund der Schul- und Schlafenszeiten der Tochter sowie der Zeiten der gemeinsamen Unternehmungen und der Einnahme
von Mahlzeiten ergäben sich Störungen im "Rückzugsgebiet" der Antragstellerin werktags lediglich in den Nachmittagsstunden.
Nach Auffassung des Senats ist es der Antragstellerin zumindest für eine Übergangszeit zuzumuten, zunächst und erstmalig auszuprobieren,
ob ein Zusammenleben mit der Tochter auf diesem Weg in der bisherigen Wohnung möglich ist. Vor einem Scheitern dieses Versuchs
kann von der Erforderlichkeit des Umzugs nicht ausgegangen werden. Denn auch ein Nichtleistungsbezieher mit bescheidenen wirtschaftlichen
Möglichkeiten würde sich angesichts der dem Grunde nach ausreichenden Wohnfläche für einen Umzug nur entscheiden, wenn eine
(preis-)günstige Alternative bestünde oder ein störungsfreies Zusammenleben sich aufgrund der räumlichen Situation als unmöglich
erweisen würde. Die letztere Feststellung setzt indes den Versuch eines Zusammenlebens unter Beschränkung auf die vorhandenen
Verhältnisse voraus. Es kann daher derzeit nicht festgestellt werden, dass die aktuellen Wohnverhältnisse so ungünstig sind,
dass sie die vorhandene Wohnung als nicht mehr bedarfsgerecht erscheinen lassen. Zweifellos wäre das Vorhandensein von drei
getrennten Räumen - ohne Durchgangszimmer - wünschenswert. Gleichwohl macht der Umstand, dass die aktuellen Wohnverhältnisse
nicht optimal sind, den Umzug erst dann erforderlich, wenn diese zu erheblichen Störungen des familiären Zusammenlebens führen.
Keinesfalls kann vorliegend eine Summierung unterwertiger oder ungünstiger Wohnverhältnisse festgestellt werden.
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus den von der Antragstellerin geltend gemachten gesundheitlichen Gründen.
Den für sie vorgelegten Bescheinigungen lässt sich die Notwendigkeit eines eigenen Zimmers als Rückzugsraum nicht entnehmen.
Sowohl die Allgemeinmedizinerin als auch die behandelnde Psychologin befürworten die Beibehaltung des sozialen Netzwerks am
bisherigen Wohnort B. Konkrete Anforderungen an den Wohnraum werden nicht gemacht. Auch die ärztliche Bescheinigung für die
Tochter zielt vornehmlich auf eine Beibehaltung des bisherigen Wohnorts ab. Sie fordert zwar ein eigenes Kinderzimmer für
die Tochter; es ist aber nicht konkretisiert, weshalb dies zur Stabilisierung der psychischen Gesundheit erforderlich ist.
Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass die Antragsstellerin die behauptete Absprache mit dem Jugendamt und den Großeltern
über den Wiedereinzug der Tochter nicht glaubhaft gemacht hat.
Darüber hinaus ist auch die zweite Voraussetzung des § 22 Abs. 4 SGB II nicht erfüllt. Die Kosten für die Wohnung in der B. Straße sind unangemessen. Die für die Wohnung zu zahlende Warmmiete iHv
561,05 EUR übersteigt die Vorgaben nach § 12 WoGG und die grenzwerte des Bundesdeutschen Heizspiegels beträchtlich. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen
Beschluss des SG verwiesen und von einer erneuten Darstellung abgesehen. Ergänzend weist der Senat daraufhin, dass nach Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts (BSG) bei Fehlen eines schlüssigen Konzepts zwar grundsätzlich die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft zu übernehmen
sind. Diese tatsächlichen Aufwendungen werden jedoch durch die Tabellenwerten zu § 12 WoGG in Sinne einer Angemessenheitsobergrenze gedeckelt; andererseits jedoch durch "einen Sicherheitszuschlag", den das BSG für die bislang geltenden Werte nach § 8 WoGG a.F. mit 10% veranschlagt hat, im Interesse des Schutzes des elementaren Bedürfnisses des Leistungsberechtigten auf Sicherung
des Wohnraums erhöht (vgl. zum Vorstehenden BSG, Urteil vom 22. März 2012, Az.: B 4 AS 16/11 R, juris RN 20 ff; ebenso: Urteil vom 22. September 2009, Az.: B 4 AS 18/09 R, juris RN 27; Urteil vom 18. Juni 2008, Az.: B 14/7 B AS 44/06 R, juris RN 15). Dieser Sicherheitszuschlag stellt nach der Rechtsprechung des BSG keine einzelfallbezogene Anwendung auf einen konkreten Sachverhalt dar. Vielmehr ist er unter Berücksichtigung genereller,
abstrakter Kriterien festgelegt worden (BSG, aaO., RN 22). Dies bedeutet, dass unabhängig von den Unterkunftskosten im Einzelfall der Höchstbetrag zuzüglich Sicherheitszuschlags
die absolute Obergrenze für die Gewährung von KdU-Leistungen darstellt.
Ob für die im Jahr 2009 aktualisierte Wohngeldtabelle, bei der die Werte erhöht wurden, auch ein Sicherheitszuschlag erforderlich
ist, kann hier offen bleiben. Da die Einheitsgemeinde B. (mit ihren Ortsteilen) wie das übrige Kreisgebiet des B.-kreises
- mit Ausnahme der Städte W., H. und O. (die in die Mietenstufen II eingruppiert sind) - der Mietenstufe I zugeordnet ist,
ergibt sich für einen Zweipersonenhaushalt nach der Tabelle zu § 12 WoGG ein Höchstbetrag für die Miete einschließlich Betriebskosten, jedoch ohne Heizkosten, iHv 352,00 EUR. Zuzüglich eines Sicherheitszuschlags
von 10 % ergäbe sich ein Betrag von 387,20 EUR. Addiert man hierzu den Höchstbetrag der Heizkosten nach dem Bundesweiten Heizspiegel
2012 iHv 97,80 EUR für eine angemessene Wohnfläche von 60 m² (vgl. hierzu die Ausführungen im angegriffenen Beschluss), ergibt
sich ein Gesamtbetrag von 485,00 EUR.
Die für die Wohnung in der B. Straße anfallenden Kosten liegen mit 561,05 EUR um mehr als 70 EUR über diesen Wert. Selbst
wenn man für den Ortsteil B. die Mietestufe II, wie sie für die benachbarte Stadt W. gilt, heranziehen würde, ergäbe sich
ein Betrag von 515,80 EUR (380,00 EUR + 10% + 97,80 EUR), mit dem ebenfalls die von der Antragstellerin begehrte Wohnung noch
nicht finanziert werden könnte.
Damit ist eine Zusicherung zur Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten für die Wohnung B. Straße gemäß § 22 Abs. 4 SGB II nicht möglich. Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Abschließend weist der Senat darauf hin, dass die Antragstellerin - soweit sie das Vorhandensein von drei Räumen in ihrer
Wohnung für unerlässlich hält - einen Umzug in die nur drei Kilometer entfernt liegenden nördlichen Stadtviertel der Landeshauptstadt
M. (Rothensee, Neustädter See, Neue Neustadt) in Betracht ziehen könnte. Dort wird eine Vielzahl von 3-Raum-Wohnungen zu deutlich
günstigeren Mieten angeboten). Mit einem derartigen Umzug im Nahbereich muss keine Aufgabe des sozialen Netzwerks verbunden
sein.
Die Kostenentscheidung ruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§
177 SGG).