Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) und der daraus
resultierenden Erstattungsforderung.
Die am ... 1946 geborene Klägerin bezog ab dem 1. Mai 2001 nach einer befristeten Tätigkeit vom 1. Mai 2000 bis zum 30. April
2001 für 366 Tage Arbeitslosengeld. Mit Bescheid vom 15. Mai 2001 bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld nach
einem Bemessungsentgelt von 449,20 EUR in der Leistungsgruppe A/0 in Höhe von wöchentlich 208,67 DM bzw. täglich 29,81 DM.
Ab dem 1. Januar 2002 betrug das bewilligte Arbeitslosengeld 106,75 EUR wöchentlich bzw. 15,25 EUR täglich. Am 5. Dezember
2001 händigte ein Mitarbeiter der Beklagten der Klägerin auf deren Anforderung eine Bescheinigung über den Nachweis von erzieltem
Nebenverdienst aus. Nach einem Vermerk der Beklagten über einen Telefonanruf der Klägerin vom 11. Dezember 2001 teilte diese
mit, dass sie die Nebentätigkeit noch nicht begonnen habe; sobald sie beginne, werde sie der Beklagten Bescheid geben. Die
Klägerin reichte bei der Beklagten eine Bescheinigung über ihren Nebenverdienst von der B + R Dienstleistungen "R. u. H."
GmbH aus M. (künftig: Arbeitgeberin) ein. Diese bescheinigte am 21. Dezember 2001 der Klägerin ein Nebeneinkommen für den
Monat Dezember 2001 von 31,5 Arbeitsstunden, wofür die Klägerin 315,00 DM erhielt. Für die Verteilung der Stunden auf die
einzelnen Tage und Wochen wird auf die unten dargestellte Tabelle (Rubrik: Arbeitsstunden (Abrechnung)) verwiesen. Die Bescheinigung
war gezeichnet mit "im Auftrag S.". Für Januar 2002 bescheinigte die Arbeitgeberin der Klägerin 25 geleistete Arbeitsstunden
mit einem Arbeitsentgelt von 125,00 EUR, für Februar 2002 32 Arbeitsstunden mit einem Entgelt von 160,00 EUR.
Am 4. April 2002 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Arbeitslosenhilfe ab dem 2. Mai 2002. Hierbei
gab sie an, dass sie eine Witwenrente in Höhe von monatlich 516,80 EUR beziehe und im Monat März 2002 kein Nebeneinkommen
erzielt habe. Mit Bescheid vom 27. Mai 2002 lehnte die Beklagte die Gewährung von Arbeitslosenhilfe ab. Zur Begründung führte
sie aus, dass der anzurechnende Betrag aus dem eigenen Einkommen den Leistungssatz übersteige. Aus diesem Grund wäre die Klägerin
nicht bedürftig. Bei einer Vorsprache am 30. Mai 2002 teilte die Klägerin zunächst mit, dass sie im April 2002 keinen Nebenverdienst
erzielt habe (dies korrigierte sie später).
Ab dem 1. April 2003 wurde die Klägerin bei der Arbeitgeberin als Reinigerin in Vollzeit eingestellt. Am 11. April 2005 teilte
das Hauptzollamt M. - Finanzkontrolle Schwarzarbeit (Standort H.) der Beklagten mit, dass im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens
gegen die Arbeitgeberin Unterlagen über die Arbeitszeit der Klägerin gefunden worden seien, wonach die Klägerin vom 4. Dezember
2001 bis zum 31. März 2003 mehr als 14,9 Stunden wöchentlich beschäftigt gewesen sei. Die Erkenntnisse zu dem angenommenen
Arbeitsumfang beruhten auf handschriftlichen Zetteln zu den einzelnen Einsätzen an den bestimmten Wochentagen, die im Ordner
mit der Aufschrift "Planung 2001" bzw. "Planung 2002" gefunden wurde.
Arbeitsstunden (Planung)
Arbeitsstunden
(Abrechnung)
Monatsentgelt
(Abrechnung)
Monatsentgelt
(Planung)
Monat Dez. 01
32,0
31,5
315,00 DM
320,00 DM
Kalenderwoche 3.12.-9.12.01
0
14
Di 4.12.01
-
7,0
Mi 5.12.01
-
7,0
Kalenderwoche 10.12.- 6.12.01
0
10,5
Do 13.12.01
-
7,0
Fr 14.12.01
-
3,5
Kalenderwoche
17.12-23.12.01
Beschw.
18.12.-24.12.01
24,0
24,0
7,0
Mo 17.12.01
-
7,0
Di 18.12.01
8,0
Mi 19.12.01
8,0
Do 20.12.01
8,0
Kalenderwoche
24.12.-30.12.01
So 27.12.01
8,0
Monat Jan. 02
24,0
25,0
125,00 EUR
120,00 EUR
Kalenderwoche
31.12.-6.1.02
8,0
8,0
Do 3.1.02
4,0
Fr 4.1.02
8,0
4,0
Kalenderwoche
7.1.-13.1.02
-
-
Arbeitsstunden
(Planung)
Arbeitsstunden
(Abrechnung)
Monatsentgelt
(Abrechnung)
Monatsentgelt
(Planung)
Kalenderwoche
14.1.-20.1.02
0
12,0
Mo 14.1.02
-
6,0
Di 15.1.02
-
6,0
Kalenderwoche
21.01- 27.1.02
Beschw. 22.1.-28.1.02
0
8,0
0
Kalenderwoche
28.1.-3.2.02
Beschw. 29.1.-4.2.02 (Di -Mo)
16,0 8,0 12,0
Mo 28.1.
8,0
Di 29.1.
8,0
Do 31.1.
5,0
Fr. 1.2.
7,0
Februar 2002
32,0
32,0
160,0 EUR
160,0 EUR
Kalenderwoche 4.2.-10.2.02
0
13,0
Mo 4.2.
-
6,0
Fr. 8.2.
-
7,0
Kalenderwoche
11.2.-17.2.02
(Beschw. 12.2.-18.2.)
16,0
24,0
0
Di 12.2.
Fr. 15.2.
(Mo 18.2. s. u.)
8,0
8,0
(8,0) -
-
Kalenderwoche
18.2.-24.2.02
Beschw.
19.2.-25.2.
16,0
8,0
12,0
Mo 18.2.
8,0
Di 19.2.
8,0 Mi 20.2.
Do 21.2.
-
-
6,0
6,0
Kalenderwochen
25.2.-28.4.02
0
0
Arbeitsstunden
(Planung)
Arbeitsstunden
(Abrechnung)
Monatsentgelt
(Abrechnung)
Monatsentgelt
(Planung)
März 02
0
0
0
0
April 02
8,0
10,0
50,00 EUR
40,00 EUR
Kalenderwoche
29.4.- 5.5.02
Beschw. 30.4.bis 6.5.02
16,0
16,0
18,0
Mo 29.4.
Di 30.4.
Do 2.5.
-
8,0
8,0
5,0
5,0
8,0
In den Planungsunterlagen fanden sich die Namen der eingeteilten Mitarbeiter, Angaben des zu nutzenden Fahrzeuges und des
dienstlichen Telefons. Auszugsweise lautete der Planungszettel vom 18. Dezember 2001: ...
3. Reinigung 1
L., G., S.
L-BR 339; ET Weinrot
4. Reinigung 2
S., B., P.
MQ-BR 100; ET IV.
Erst für spätere Zeiträume finden sich tabellarische detaillierte Aufstellungen, in denen die einzelnen Einsatzorte mit genannt
sind. Es fanden sich auch Lohnabrechnungen, die den offiziellen Arbeitsbescheinigungen an das Arbeitsamt entsprechen.
Die Ermittler teilten mit, dass eine Schicht nach ihren Erkenntnissen jeweils acht Stunden gedauert hätte und Informationen
über Überstunden nicht gefunden worden seien.
Am 13. April 2005 hörte die Beklagte die Klägerin dazu an, dass sie nach ihren Erkenntnissen in den Zeiträumen 18. Dezember
2001 bis 31. Dezember 2001, 1. Januar 2002 bis 6. Januar 2002, 28. Januar 2002 bis 10. Februar 2002, 12. Februar 2002 bis
3. April 2002 und 30. April 2002 bis 1. Mai 2002 1325,17 EUR Arbeitslosengeld zu Unrecht bezogen habe. Zudem habe sie im Zeitraum
18. Dezember 2001 bis 31. Dezember 2001 an die Kranken- und Pflegekasse Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 328,92
EUR und Beiträge zur Pflegeversicherung in Höhe von 38,82 EUR zu Unrecht entrichtet. Die Klägerin nahm hierzu nicht Stellung.
Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 19. Mai 2005 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die nachfolgend
genannten Zeiträume auf: 18. Dezember 2001 bis 31. Dezember 2001, 1. Januar 2002 bis 6. Januar 2002, 28. Januar 2002 bis 10.
Februar 2002, 12. Februar 2002 bis 3. April 2002 und 30. April 2002 bis 1. Mai 2002. Zusammen mit den für diesen Zeitraum
gezahlten Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung ergebe sich eine Gesamtforderung für die Erstattung in Höhe von 1.692,91
EUR. Am 1. Juni 2005 erhob die Klägerin gegen diesen Bescheid Widerspruch. Den Vorwurf, sie habe zu Unrecht Arbeitslosengeld
bezogen, weise sie zurück. Die Klägerin legte noch eine Lohnabrechnung für April 2002 über einen Aushilfslohn in Höhe von
50,00 EUR für 10 Arbeitsstunden vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. September 2005 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte
sie aus: Die Klägerin sei in den betreffenden Zeiträumen nicht arbeitslos gewesen. Sie habe in einem mindestens 15 Stunden
wöchentlich bestehenden Beschäftigungsverhältnis gestanden. Dies ergebe sich aus dem Beweismaterial des Hauptzollamtes. Einen
entsprechenden Gegenbeweis habe die Klägerin nicht antreten können.
Hiergegen hat die Klägerin am 21. Oktober 2005 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben und diese wie folgt begründet: Die von ihr tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden ließen sich den vorliegenden Bescheinigungen
über Nebeneinkommen entnehmen. Es werde bestritten, dass sie Arbeitsstunden, soweit diese 14,9 Stunden wöchentlich überschreiten,
tatsächlich geleistet habe. Selbst wenn dies feststünde, handelte es sich um eine gelegentliche Abweichung von geringer Dauer.
Auch wenn man die Daten des Hauptzollamtes zu Grunde legen würde, ergebe sich, dass sie bezüglich der monatlich geleisteten
Stunden jeweils unter der Geringfügigkeitsgrenze geblieben sei. Die Zahlung von Teilbeträgen auf die Forderung in Höhe von
monatlich 50,00 EUR beruhe darauf, dass sie bzw. die Vertreterin ihrer Mitgliedsgewerkschaft davon ausgegangen sei, dass Widerspruch
und Klage gegen die Forderung keine aufschiebende Wirkung hätten. Mit der Zahlung sei kein Anerkenntnis der Forderung verbunden
gewesen. Das Verfahren wegen des Tatvorwurfs "Betrugs" wurde von der Staatsanwaltschaft wegen geringer Schuld nach §
153 Abs.
1 Strafprozessordnung eingestellt. Zur Begründung führte die Staatsanwältin in einem entsprechenden Aktenvermerk auf: "Schaden ist geringer als
angegeben. Die Beschuldigte habe nur in kurzem Zeitraum 16 Stunden mehr gearbeitet; Beschuldigte zahlt Leistungen zurück."
Die Beklagte hat darauf verwiesen, dass es sich nicht nur um eine gelegentliche Überschreitung der Kurzzeitigkeitsgrenze handele.
Mit Urteil vom 24. Juni 2008 hat das SG der Klage stattgegeben und den Bescheid der Beklagten vom 19. Mai 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.
September 2005 aufgehoben. Zur Begründung hat das SG ausgeführt: Die Voraussetzungen für eine wesentliche Änderung der Verhältnisse lägen nicht vor. Der vom Hauptzollamt für
die Monate Dezember 2001, Januar und Februar 2002 gezogene Schluss, die Klägerin habe mehr als 14,9 Stunden wöchentlich gearbeitet,
sei nicht belegt. Es fehle ein konkreter Nachweis in Form von Stundenaufzeichnungen. Nähere Auskünfte dazu könnten auch die
Mitarbeiter des Hauptzollamtes als Zeugen nicht geben. Die Erkenntnisse aus anderen Verfahren, in denen Aufhebungen als rechtmäßig
beurteilt wurden, könnten auf dieses Verfahren nicht übertragen werden, da es auf den konkreten Schuldvorwurf und dessen Nachweis
im Einzelfall ankomme.
Gegen dieses ihr am 21. August 2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 16. September 2008 Berufung eingelegt. Diese begründet
sie wie folgt: Nach den Unterlagen, die das Hauptzollamtes bei der Arbeitgeberin der Klägerin beschlagnahmt habe, sei die
Klägerin in den vorgenannten Zeiträumen mehr als 15 Stunden wöchentlich tätig gewesen. Die festgestellten Abweichungen seien
auch nicht nur als von kurzer Dauer anzusehen, denn die Abweichungen seien im Fall der Klägerin immer wieder aufgetreten und
daher als vorhersehbar zu beurteilen. Die einzelnen Stundenzeiten stimmten mit den ebenfalls sichergestellten Einsatzplanungen
überein, der Umfang von acht Arbeitsstunden pro Schicht ergebe sich aus den Ermittlungen. Zum Beleg hat die Beklagte die Akte
der Staatsanwaltschaft Az. 376 Js 36627/06 und die Akten des Hauptzollamtes übersandt. Darin enthalten ist die Beschuldigtenvernehmung der Klägerin vom 9. März 2006.
Hierin erläuterte die Klägerin, dass der Einsatz je nach Bedarf erfolgt sei, sie sei in der Regel kurzfristig angerufen worden.
Arbeitsbeginn sei 7.00 Uhr morgens gewesen und sie sei bereits um 6.30 Uhr in der Firma gewesen, dort sei sie in die Arbeit
eingeteilt worden, d. h. die Festangestellte, der sie zugeteilt war, informierte sie darüber, welche Arbeitsaufgaben heute
anstanden. Es durfte frühestens 15.30 Uhr Feierabend gemacht werden (bei einer halben Stunde Mittagspause). Es könne auch
zutreffen, dass sie pro Woche auch mal zwei oder drei Tage gearbeitet habe, hierbei habe sie sich nichts gedacht, da die Summe
der Stunden im Monat immer gestimmt habe und sie nicht mehr Geld erhalten habe, als bescheinigt. Daraus lasse sich mit hinreichender
Sicherheit der Schluss ziehen, dass die Aufzeichnungen des Arbeitgebers über den tatsächlichen Umfang der Tätigkeiten die
tatsächlichen Arbeitseinsätze der Klägerin wiedergäben. Die Klägerin habe lediglich geglaubt, dass nicht die geleisteten Wochenarbeitsstunden
maßgeblich seien, sondern die Arbeitszeit des gesamten Monats. Demgegenüber seien die Eintragungen in den Nebenverdienstbescheinigungen
so gestaltet worden, dass die Beschäftigung mit einem Umfang von weniger als 15 Stunden wöchentlich dargestellt worden sei.
Die Klägerin sei ihrer Mitteilungspflicht hinsichtlich des tatsächlichen Umfangs der Beschäftigung nicht nachgekommen. Es
hätte ihr auch bekannt sein müssen, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld mit der Aufnahme einer mehr als 15 Stunden wöchentlich
umfassenden Beschäftigung entfallen sei. Im Übrigen verweise sie auf die Ausführungen im Beschluss des LSG Sachsen-Anhalt
vom 29. Oktober 2007, Az. L 2 B 188/06 AL, in dem eine Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen wurde. In dem betreffenden Fall sei
es ebenfalls um eine Leistungsaufhebung wegen der Tätigkeiten bei der Arbeitgeberin einer anderen Mitarbeiterin als Reinigungskraft
gegangen. Für die Beweismittel werde auf die Originalakte der Staatsanwalt verwiesen, die der Berufungsbegründung beigefügt
war.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 24. Juni 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist darauf, dass sie die Nebentätigkeit ab Dezember 2001 ordnungsgemäß der Beklagten angezeigt habe. Die Beklagte
habe keine konkreten Beweismittel vorgelegt, aus denen hervorgehe, dass sie im streitbefangenen Zeitraum Arbeitsleistungen
von mehr als 14,9 Stunden wöchentlich erbracht habe. Bei dem in der Vernehmung eingeräumten Sachverhalt: "Einmal länger gearbeitet
zu haben" handelte es sich um gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer, die unbeachtlich seien. Es habe auch seltene
Sondereinsätze gegeben, bei denen sie eine Wohnung in drei Stunden saubermachen musste und wo sie danach von der Firma wieder
abgeholt worden sei. Sie habe die Nebenverdienstbescheinigungen bei der Arbeitgeberin abgeholt und beim Arbeitsamt abgegeben.
Beim ersten Mal habe sie sich gewundert, wie die Stunden verteilt waren. Auf Nachfrage sei ihr im Büro der Arbeitgeberin gesagt
worden, dass dies seine Richtigkeit habe.
Für weitere Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, einschließlich des Hefters der Unterlagen des Hauptzollamtes
sowie die beigezogene Akte der Staatsanwaltschaft H. mit dem Az. 376 Js 36627/06 verwiesen. Die Akten haben dem Senat bei der Entscheidungsfindung vorgelegen und sind von ihm berücksichtigt worden.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist form- und fristgerecht erhoben und auch im Übrigen zulässig.
Die Berufung ist nicht begründet. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 19. Mai 2005 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 28. September 2005 ist rechtswidrig. Im Ergebnis zutreffend hat das SG entschieden, dass die Voraussetzungen für den Rückforderungsanspruch nicht vorliegen.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen,
die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Veränderung eintritt.
Nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll ein Verwaltungsakt mit Wirkung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
(...)
2. der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher oder für ihn nachteiliger
Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
(...)
4. der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders strengem Maße verletzt hat, dass
der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen
ist.
Ein Ermessensspielraum ist der Beklagten in diesen Fällen nicht eingeräumt (§
330 Abs.
3 SGB III). Soweit der Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten (§ 50 SGB X).
Es kann dahinstehen, ob durch die Durchführung der Nebentätigkeit die Voraussetzung für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld
nach §
117 Abs.
1 Nr.
1 SGB III entfallen sind, weil die Klägerin nicht mehr arbeitslos war. Arbeitslos ist ein Arbeitnehmer nach §
118 Abs.
1 SGB III, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (Beschäftigungslosigkeit) und darüber hinaus eine versicherungspflichtige
mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung sucht (Beschäftigungssuche). Dabei schließt nach §
118 Abs.
2 Satz 1
SGB III eine Ausübung einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung Beschäftigungslosigkeit nicht aus, wobei
gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer unberücksichtigt bleiben.
Bei der Beurteilung, wann eine Beschäftigung die vorgenannte Zeitgrenze überschreitet, ist eine prognostische Betrachtungsweise
anhand der Merkmale und Umstände, die bei Beschäftigungsbeginn vorlagen, vorzunehmen (BSG, Urteil vom 29. Oktober 2008 - B 11 AL 44/07 R - zitiert nach juris). Insoweit ist vorrangig auf die getroffene Vereinbarung abzustellen und nur wenn eine solche nicht
bestand festzustellen, ob die Beschäftigung der "Natur der Sache nach" kurzzeitig war. Hier spricht viel dafür, dass die Beschäftigung
von vornherein darauf angelegt war, die Kurzzeitigkeitsgrenze bezogen auf die Beschäftigungswoche zu überschreiten. Die Klägerin
stand auf Abruf zur Arbeitsleistung bereit. Sie hat ausgeführt, dass ihr nicht bewusst gewesen sei, dass die Kurzzeitigkeitsgrenze
wöchentlich zu berücksichtigen sei. Tatsächlich hat sie auch - unabhängig davon ob der Senat die Kalenderwoche als Beschäftigungswoche
annimmt oder den ersten Einsatz als Beginn der Beschäftigungswoche ansieht - in drei Wochen zwei oder drei Einsätze in der
Woche gehabt. Die Einsatzzeiten hatte sie in der Vernehmung mit acht Stunden täglich angegeben. Auch kann der Senat der Auffassung
des SG, die Einsatzplanungszettel würden als Grundlage für die tatsächlich gearbeiteten Stunden nicht ausreichen, so nicht folgen.
Es handelt sich um offiziell abgeheftete Aufzeichnungen über die Einsatzplanung. Diese wurde nach Aussage der Klägerin auch
erst recht kurzfristig festgelegt. Sie legen die eingeteilten Mitarbeiter für die Fahrzeuge usw. fest. Es dürfte nur in Ausnahmefällen
(plötzliche Erkrankung) zu einer Abänderung dieser Planung gekommen sein oder in Ausnahmefällen wie von der Klägerin im Termin
behauptet, nur weniger Stunden gearbeitet worden sein. Es finden sich auf den Planungszettel auch Hinweise auf Urlaub und
Krankheit von Mitarbeitern und auf anderweitige Einsätze (L.) oder Korrekturen von eingesetzten Mitarbeitern, die für eine
Anpassung der "Planungszettel" an die tatsächlichen Begebenheiten am Einsatztag sprechen.
Letztlich kann der Senat die Frage jedoch offen lassen. Denn die weitere Voraussetzung für die Rückforderung liegt nicht vor.
Es fehlt die Voraussetzung für eine rückwirkende Aufhebung der Bewilligung des Arbeitslosengeldes nach §§ 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und Nr. 4 SGB X i.V.m. 330 Abs. 3 S. 1
SGB III.
Die Voraussetzung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X, wonach die Klägerin einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für sie nachteiliger
Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, liegt nicht vor. Das Verschulden muss
sich sowohl auf das Bestehen einer Mitteilungspflicht als auch auf das sie auslösende Ereignis beziehen (KassKomm-Steinwedel
§ 48 SGB X, Rn. 43).
Die Klägerin hat zunächst die Pflicht mitzuteilen, wenn sie eine Nebentätigkeit aufnimmt und welchen Verdienst sie dabei erzielt.
Dieser Pflicht ist sie auch nachgekommen. Sie hat sich eine Nebentätigkeitsbescheinigung aushändigen lassen und sich auf Nachfrage
zum Beginn der Nebentätigkeit geäußert. Ihre Handlungen sind von der Beklagten als Mitteilung der Aufnahme einer Nebentätigkeit
aufgefasst worden. Die Klägerin muss zudem mitteilen, wenn sich die Verhältnisse geändert haben und die Nebentätigkeit die
15 Stunden-Grenze pro Woche erreicht bzw. überschreitet. So ist sie nach §
60 Abs.
1 Nr.
2 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch - Allgemeiner Teil (
SGB I) verpflichtet, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der
Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen. Die Klägerin hat auch angegeben zu wissen, dass sich
die Überschreitung der Stundenhöchstgrenze anspruchsschädlich auswirkt.
Selbst wenn objektiv diese Höchstgrenze überschritten wurde, handelte die Klägerin jedoch nicht zumindest grob fahrlässig,
als sie diese Änderung bzw. tatsächliche Entwicklung der Nebentätigkeit der Beklagten nicht mitteilte. Grobe Fahrlässigkeit
liegt nach der gesetzlichen Definition in § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3, 2. Halbsatz SGB X vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Es kommt dabei auf die persönliche
Einsichtsfähigkeit des Betreffenden an. Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, wer schon einfachste,
ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss.
Unter Beachtung dieses subjektiven Fahrlässigkeitsmaßstabes ist die unterlassene Mitteilung von Wochenarbeitszeiten von 15
Stunden und mehr in der Woche vom 17. Dezember 2001 (bzw. der Beschäftigungswoche vom 18. Dezember 2001) nicht schlechthin
unentschuldbar i. S. einer groben Fahrlässigkeit. Dies gilt, auch wenn die Beschäftigung nach den objektiven Umständen - wie
dargestellt - von Anfang an auf eine zeitweise Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze angelegt war. Aus Sicht der Klägerin
hatten sich die tatsächlichen Voraussetzungen nicht geändert. Sie ging unverändert davon aus, eine Nebentätigkeit mit weniger
als 15 Stunden wöchentlich auszuführen. Ihr glaubhaft angegebener Maßstab, es komme auf eine durchschnittliche wöchentliche
Betrachtung an, ist auch nicht so fern liegend, dass sie den Fehler hätte erkennen müssen. Die Klägerin hat eine Nebentätigkeit
ausgeführt, die vom Gesamtumfang und von dem gezahlten Entgelt (Dezember 2001 32 Stunden (320 DM), Januar 2002 24 Stunden
(120 EUR); Februar 32 Stunden (160 EUR), März 0 Stunden und April 10 Stunden (50 EUR) aus Laiensicht als geringfügig eingestuft
werden konnte. Sie hat das zu berücksichtigende Entgelt durch Einreichen der Nebentätigkeitsbescheinigung der Beklagten mitgeteilt.
Auch das Einreichen der in Bezug auf die Verteilung der geleisteten Stunden falschen Nebentätigkeitsbescheinigung erfüllt
den Tatbestand nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X nicht. Die Nebentätigkeitsbescheinigung wird vom Arbeitgeber ausgefüllt. Dieser hat nach §
313 Abs.
1 SGB III die Pflicht, eine Nebentätigkeitsbescheinigung auszustellen. Stellt der Arbeitgeber eine unrichtige Nebentätigkeitsbescheinigung
aus, ist dies für ihn bußgeldbewehrt. Nach §
313 SGB III hat der Arbeitnehmer nur die Pflicht, dem Arbeitgeber den Vordruck vorzulegen und die Bescheinigung an die Beklagte weiterzuleiten.
Für den Inhalt ist damit der Arbeitgeber verantwortlich. Grundsätzlich darf ein Arbeitnehmer auch davon ausgehen, dass diese
auch richtig ausgefüllt werden.
Gleichwohl darf der Arbeitnehmer "nicht sehenden Auges" eine falsche Bescheinigung beim Leistungsträger abgeben, um eine nicht
zustehende Leistung zu erhalten. Da der Leistungsempfänger eine eigene Pflicht hat, alle Tatsachen anzugeben, die für den
Leistungsbezug erheblich sind (§
60 Abs.
1 Nr.
1 SGB I), kann auch das Nichtentgegentreten zu von anderen falsch bescheinigten Arbeitsstunden und Arbeitsentgelten, eine Verletzung
von Mitteilungspflichten sein. Es gehört zu seinen Nebenpflichten, etwaige offensichtliche Unrichtigkeiten gegenüber der Arbeitsagentur
zu korrigieren. Grundsätzlich ist es daher grob fahrlässig, wenn erkennbar falsche und auch erkennbar leistungsrelevante Angaben
des Arbeitgebers nicht richtiggestellt bzw. eigene Angaben hierzu unterlassen werden.
Unter Beachtung der Erkenntnisfähigkeit der Klägerin und der besonderen Umstände in Bezug auf die richtig wiedergegebene gearbeitete
Stundenzahl pro Monat beurteilt der Senat das Verhalten der Klägerin vorliegend als nicht grob fahrlässig. Die Klägerin hat
die unrichtige Verteilung der einzelnen Stunden auf die Wochentage und Wochen - zumindest im Monat Dezember 2001 - in der
Arbeitgeberbescheinigung zwar erkannt, ihr aber noch nicht grob fahrlässig keine Bedeutung für die von ihr als Leistungsempfängerin
nach §
60 Abs.
1 SGB I anzugebenden Tatsachen beigemessen.
Grobe Fahrlässigkeit ist nur dann anzunehmen, wenn der Klägerin schon bei einfachsten Überlegungen hätte bewusst sein müssen,
dass die Arbeitsbescheinigung auch in rechtserheblicher Weise falsch war. Die bescheinigten Entgelte und Gesamtarbeitsstunden
entsprachen den wirklich geleisteten Stunden und dem tatsächlich verdienten Entgelt bis auf geringe Abweichungen. Die Überschreitung
der Wochenarbeitszeit betraf auch nur wenige Wochen, wenn sie auch strukturell angelegt worden sein dürfte. Die Klägerin war
fest davon überzeugt, dass ihre Tätigkeit vom Umfang und der Bezahlung her anspruchsunschädlich war. Die Klägerin ist intellektuell
eher einfacher strukturiert und neigt dazu, das Handeln des Arbeitgebers nicht zu hinterfragen. Sie hatte aus ihrer Sicht
keinen Grund, ihrer Arbeitgeberin zu misstrauen, die ihr versicherte, die "Verteilung" gehe in Ordnung. Der Senat ist auch
nach ihren Einlassungen im Verfahren und ihrem Auftreten in der mündlichen Verhandlung überzeugt, dass die Klägerin keinen
Bezug der konkreten Stundenangaben an den einzelnen Tagen und Wochen zu ihren von der Beklagten gewährten Leistungen gesehen
hat, weil der Arbeitgeber die richtige Stundenzahl im Monat und das richtige Entgelt angegeben hat. Welche zusätzlichen für
sie nicht erheblichen Angaben der Arbeitgeber noch gegenüber der Beklagten machen muss und warum, ist für sie nicht nachvollziehbar
gewesen.
Auch aus dem Anschreiben der Beklagten in Bezug auf die Nebentätigkeit und dem Hinweis für Leistungsbezieher auf der Rückseite
der Nebeneinkommensbescheinigung ließ sich für sie nicht rückschließen, dass es unbedingt auf die Verteilung der Arbeitsstunden
auf die einzelnen Wochen ankommt. Das Anschreiben, welches sie von der Beklagten zu ihrer Nebentätigkeit erhalten hat, bezieht
sich nur auf die Höhe des anzurechnenden Nebeneinkommens. So ist in dem Schreiben der Beklagten vom 10. Dezember 2001 nur
die Rede davon, dass sie einen Nachweis über das von ihr im vorausgegangenen Monat erzielte Nebeneinkommen übersenden solle,
weil dieses auf das Arbeitslosengeld angerechnet werde. Auf der Rückseite der Bescheinigung (Ziffer 5), welche nach dem fettgedruckten
Hinweis auf der Vorderseite vom Leistungsbezieher unbedingt zu beachten sei, ist aufgeführt, dass mit diesem Vordruck unaufgefordert
alle Einkünfte mitgeteilt werden sollten, die aus der Arbeitnehmertätigkeit erarbeitet worden seien. Der Hinweis auf die inhaltliche
Richtigkeit der Bescheinigung und die Bedeutung als Urkunde auf der Vorderseite richtet sich an den Arbeitgeber. In den Merkblättern
mag zwar ausgeführt sein, dass die Verteilung der Stunden für die einzelnen Wochen relevant ist, die Nichtkenntnis der umfangreichen
Informationen aus den Merkblättern bzw. die Nichtübertragung der Information auf den konkreten Fall ist jedoch noch nicht
grob sorgfaltswidrig.
Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht. Es handelt sich um einen Einzelfall der tatrichterlichen Beurteilung
der groben Fahrlässigkeit.