Beitragszuschuss zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung - Bereicherungsanspruch des Arbeitgebers bei Rückabwicklung
der privaten Versicherung und Rückerstattung der Beiträge an den Arbeitnehmer
Tatbestand
Der Kläger macht gegen die Beklagte – seine frühere Arbeitgeberin – eine Klage auf Feststellung des Fehlens von nachwirkenden
Ansprüchen im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis geltend, die Beklagte widerklagend einen Anspruch auf Erstattung der
Zuschüsse zu Beiträgen für eine private Kranken- und Pflegeversicherung. Der Rechtsstreit ist vom Arbeitsgericht Leipzig unangefochten
an das Sozialgericht – letztlich – Magdeburg verwiesen worden.
Der Kläger war bis Ende August 2012 Arbeitnehmer der Beklagten. Diese meldete ihn ab 2007 wegen Überschreitens der Entgeltgrenze
als versicherungsfrei zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Der Kläger schloss eine private Kranken- und Pflegeversicherung
ab, zu deren Beiträgen die Beklagte für die Zeit der tatsächlichen Durchführung bis zum Ende 2010 Zuschüsse im Sinne von §
257 Abs.
2 S. 1 des
Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (
SGB V) und §
61 Abs.
2 S. 1, 2 des
Elften Buches des Sozialgesetzbuches (
SGB XI) in Höhe von insgesamt 6.707,75 € leistete. Mit 2010 ergangenem Bescheid an die Beklagte zur Prüfung der Versicherungspflicht
des Klägers gelangte die Trägerin der gesetzlichen Krankenversicherung als Einzugsstelle zu der Beurteilung, der Kläger sei
nicht versicherungsfrei gewesen; die Beklagte möge ihre Meldungen und Beitragsrechnungen korrigieren. Der Bescheid wurde im
September 2011 bestandskräftig. Daraus ergab sich für die Beklagte über den Zeitraum 2007 bis 2010 eine Nachzahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags
von 27.976,67 €, davon einem Arbeitnehmeranteil von 14.976,17 €.
Vor dem Arbeitsgericht Leipzig schlossen die Beteiligten am 28. Juni 2012 anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses
in den gleichen Rollen als Kläger und Beklagte einen Vergleich, der u. a. folgenden bezifferten Punkt enthält:
„Mit dem vorstehenden Vergleich sind die wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus dem bestandenen Arbeitsverhältnis und
aus Anlass der Beendigung desselben insgesamt erledigt (…).
Hiervon ausgenommen bleibt ausdrücklich ein etwaiger Anspruch der beklagten Partei auf Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen
des Klägers gegenüber der Beklagten, die sich daraus ergeben, dass dieser seit dem Kalenderjahr 2007 unzutreffend privat versichert
war und mithin etwaige Ansprüche des Arbeitgebers auf Rückerstattung der Beiträge zur privaten oder zur gesetzlichen Versicherung
der Beklagten gegenüber dem Kläger betreffen.“
Bereits mit Schreiben vom 13. Oktober 2011 hatte die Beklagte vom Kläger den nachgezahlten Arbeitnehmeranteil und die Zuschüsse
zur privaten Krankenversicherung, zusammen 21.683,92 €, gefordert, erklärte mit Schreiben vom 12. Oktober 2012 an den Kläger
jedoch, keine Ansprüche auf Rückzahlung der Arbeitnehmerbeiträge aus der Nachentrichtung der Sozialversicherungsbeiträge (mehr)
zu erheben.
Mit der zum Arbeitsgericht Leipzig am 18. Oktober 2012 erhobenen Klage hat der Kläger (sinngemäß) die Feststellung beantragt,
dass Ansprüche der Beklagten gegen ihn in Höhe von 21.683,92 € gemäß deren Forderung vom 13. Oktober 2011 nicht bestehen.
Er trägt dazu vor, er sei um die Zuschusszahlungen zur privaten Krankenversicherung nicht bereichert, weil er diese an seine
private Krankenkasse abgeführt und damit verbraucht habe. Die Abrechnungen der Beklagten bewiesen nicht die erfolgte Zahlung.
Die gesamte Lage, die zu seiner privaten Krankenversicherung geführt habe, sei durch Fehleinschätzungen der Beklagten verursacht
worden. Dadurch habe er zwischen 2007 und 2010 erhebliche Leistungen zu einem wesentlichen Teil selbst tragen müssen. Ihm
sei der Betrag der Beiträge, die er an seine private Krankenversicherung UniVersa geleistet habe, nämlich 10.696,09 €, zurückerstattet
worden. Zahlungen des Arbeitgebers seien darin nicht enthalten. Bezüglich des Zeitraumes von Zuschusszahlungen bis 2009 berufe
er sich auf Verjährung. Die Beklagte habe nach ihrem Vortrag für 2010 1766,53 € gezahlt. Weiterhin erkläre er die Aufrechnung
mit einem Schadensersatzanspruch von 15.000 €. Ihm seien von Behandlungskosten in Höhe von ca. 28.200 € von der IKK 3622,69
€ erstattet worden. Abzüglich von 10.696,09 € ergebe sich der Schadensersatzanspruch.
Die Beklagte hat vorgetragen, das private Versicherungsverhältnis des Klägers sei rückabzuwickeln. Dies sei auch geschehen,
wie der Kläger in dem vorherigen Arbeitsgerichtsverfahren selbst vorgetragen habe. Bestandteil dieser Rückabwicklung sei auch
der von ihr gewährte Arbeitgeberzuschuss. Wegen der Einzelheiten der Zuschusshöhe wird auf die Aufschlüsselung und Entgeltabrechnungen,
Bl. 70 - 121 d. A., verwiesen. Insofern bestehe ein Erstattungsanspruch für die rechtsgrundlos erfolgten Vermögensverschiebungen.
Angesichts der öffentlich-rechtlichen Natur dieses Anspruchs könne sich der Kläger auf Entreicherung nicht berufen und habe
diese auch überhaupt nicht nachgewiesen. Auf Verjährung könne sich der Kläger nicht stützen, weil er erst durch die Rückabwicklung
seiner privaten Versicherungen im Jahr 2011 ungerechtfertigt bereichert gewesen und der Rückforderungsanspruch entstanden
sei. Den angeblichen Schaden durch Behandlungskosten bestreite sie dem Grunde und der Höhe nach. Zudem übergehe der Kläger
den Arbeitnehmerbeitrag zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, den sie allein habe tragen müssen. Es sei nicht
glaubhaft, dass der Kläger Behandlungsleistungen in Höhe von 28.200 € in Anspruch genommen habe, die er bei einer Zugehörigkeit
zur gesetzlichen Krankenversicherung nicht habe tragen müssen. Auch dort gebe es Zuzahlungen.
Mit Urteil vom 13. Juni 2018 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und den Kläger auf die Widerklage verurteilt, an die
Beklagte 6707,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Oktober 2012 zu zahlen. Zur
Begründung hat es ausgeführt, für die Feststellungsklage fehle dem Kläger überwiegend schon das nach §
55 SGG erforderliche Feststellungsinteresse. Die Beklagte habe schon vorgerichtlich erklärt, keine Ansprüche gegen den Kläger auf
Rückzahlung der Arbeitnehmerbeiträge aus der Nachentrichtung der Sozialversicherungsbeiträge mehr zu erheben. Soweit es um
die Rückforderung der Beitragszuschüsse zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung gehe, sei die Klage zwar zulässig, aber
unbegründet.
Dementsprechend habe die Widerklage Erfolg. Sie sei zulässig und beim sachlich zuständigen Sozialgericht erhoben. Es handele
sich um ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis (Bezugnahme auf BAG, Beschluss vom 19.8.2008 – 5 AZB 75/08). Sie sei auch begründet, weil die Beklagte den Betrag aus einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch fordern könne.
Die Zuschusszahlungen zur privaten Krankenversicherung seien ohne Rechtsgrund erfolgt, weil der Kläger in der gesetzlichen
Kranken- und Pflegeversicherung pflichtversichert gewesen sei. Der Betrag sei in der Beitragsrückerstattung enthalten, weil
er zur Deckung der Beitragszahlungen an die private Krankenversicherung zur Verfügung gestanden habe.
Ein Wegfall der Bereicherung könne dem Erstattungsanspruch nicht entgegengehalten werden, weil dem öffentlichen Interesse
an der Wiederherstellung einer dem Gesetz entsprechenden Vermögenslage der Vorrang einzuräumen sei. Durch die erfolgte Rückerstattung
könne der Zweck des Beitragszuschusses nicht mehr erfüllt werden. Für den Verbrauch zu anderen Zwecken fehle eine Grundlage.
Etwaige Schadensersatzansprüche könne der Kläger gegen die Beklagte wegen des Vergleichs vom 29. Juni 2012 nicht herleiten.
Darin sei die wechselseitige Erledigung aller Ansprüche mit der einzigen Ausnahme der Erstattung von Beitragszahlungen geregelt
worden.
Der Erstattungsanspruch sei auch nicht verjährt. Für den Zuschussanspruch gelte eine vierjährige Verjährungsfrist, die auch
für den Erstattungsanspruch als Kehrseite maßgeblich sei. Der Beginn falle auf das Jahresende nach Erlass des Bescheides der
Einzugsstelle vom 6. September 2010.
Der Zinsanspruch folge aus den Regelungen der §§
291,
288 BGB, die hier sinngemäß anzuwenden seien. Durch das Schreiben vom 12. Oktober 2012 befinde sich der Kläger seit dem 20. Oktober
2012 in Verzug.
Gegen das ihm am 5. November 2018 zugestellte Urteil hat der Kläger noch im gleichen Monat Berufung eingelegt. Er trägt vor,
für das Urteil fehle es bereits an der Rechtswegzuständigkeit. Auch könne der erhobene Anspruch nicht auf einen öffentlich-rechtlichen
Erstattungsanspruch gestützt werden, weil es an der Beteiligung eines Hoheitsträgers fehle. Zudem liege keine Bereicherung
vor, weil das private Krankenversicherungsverhältnis einschließlich erbrachter Leistungen rückabgewickelt worden sei. Der
Erstattungsbetrag sei zur Deckung tatsächlich entstandener Kosten bei weitem nicht ausreichend gewesen. Er habe nur einen
kleineren Betrag als Erstattung erhalten. Zudem seien Rechnungen an privat versicherte Patienten deutlich höher als diejenigen
gegenüber gesetzlich Versicherten. Die Leistungen der Krankenkasse bzw. die Erstattung seien deutlich niedriger als die Zahlungen,
die er für die ärztlichen Behandlungen habe aufwenden müssen. Dies habe das Sozialgericht aufklären müssen. Bereichert sei
tatsächlich nur der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung, der volle Beitragszahlungen ohne angemessene Gegenleistung
erhalten habe. Auch fehle es für den Zuschuss nicht an einem Rechtsgrund, weil dieser in dem Arbeitsvertrag liege. §
28g SGB IV stehe von vornherein jeder Rückforderung entgegen, weil die Beklagte insoweit ein Verschulden treffe. Für ein öffentliches
Interesse an der Wiederherstellung der gesetzlichen Vermögenslage fehle jede rechtliche Grundlage, da das Verhältnis von Arbeitnehmer
zu Arbeitgeber betroffen sei. Die Verjährungsfrist und deren Beginn seien unzutreffend bestimmt. Wenn die Bereicherung schon
mit der jeweiligen Zuschusszahlung eingetreten sei, müsse auch die Verjährungsfrist entsprechend beginnen.
Für die Verzinsung könne es nicht auf eine entsprechende Anwendung von §§
291,
288 BGB ankommen, weil es nicht um sozialrechtliche, sondern verwaltungsrechtliche Ansprüche gehe. Auch Verzug könne keine Rolle
spielen, weil die Beklagte öffentlich-rechtliche Ansprüche nicht anmahnen könne.
Für die negative Feststellungsklage bestehe ein Feststellungsinteresse, da die Beklagte auf die Ansprüche gerade nicht förmlich
verzichte.
Der Kläger hat unter Beifügung von Beitragsbescheinigungen zur Erlangung des Arbeitgeberzuschusses die Beitragsabführung im
Einzelnen näher aufgeschlüsselt (Bl. 288 - 294 d. A.). Dazu hat er ergänzend ausgeführt, die Beiträge hätten nur zur Versicherung
seiner Person gedient.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 5. November 2018 aufzuheben,
festzustellen, dass Ansprüche der Beklagten gegen ihn aus vermeintlich überzahlten Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von
21.683,92 € gemäß Schreiben vom 13.10.2001 nicht bestehen und
die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Begründung der Rechtswegzuständigkeit für überzeugend. Sie verweist darauf, dass der Einwand der Entreicherung
bei öffentlich-rechtlichen Erstattungsansprüchen ausgeschlossen sei. Ihre Erklärung zur unterbleibenden Forderung auf Rückzahlung
von Arbeitnehmerbeiträgen sei eindeutig und nehme der Feststellungsklage das Feststellungsinteresse. Zudem sei die Forderung
zum Zeitpunkt der Verhandlung vor dem Sozialgericht bereits verjährt gewesen.
Soweit der Berichterstatter darauf hinweise, in Betracht kommende Anspruchsgrundlage sei §
812 BGB, habe der Kläger Beitragszuschüsse in Höhe von 6.707,75 € zur Befreiung von seiner Beitragspflicht an die private Kranken-
und Pflegeversicherung weitergeleitet. Insofern sei er nicht entreichert. Vielmehr seien ihm im Zuge der Rückabwicklung nach
eigenem Bekunden 10.697,09 € überwiesen worden. Demgegenüber seien ihm im Zuge der rückwirkenden Folgen der gesetzlichen Versicherung
Zahlungen des Arbeitnehmeranteils in Höhe von 14.976,17 € erspart geblieben. Ein - bestrittener - Schaden aus der Rückabwicklung
der privaten Versicherung sei nach dem Vergleich zwischen den Beteiligten vor dem Arbeitsgericht Leipzig unmaßgeblich; dies
erstrecke sich auf eine Entreicherung. Zur Erstattung von Arztrechnungen seien Arbeitgeber nicht verpflichtet. Zudem hätte
dem Kläger schon beim Erhalt der Beitragsrückerstattung klar sein müssen, dass er den als Zuschuss empfangenen Teil nicht
für sich behalten dürfe. Insoweit sei auf §
819 BGB zu verweisen. Sie halte das Urteil insgesamt für zutreffend.
Das Gericht hat zwei Auskünfte der u. Krankenversicherung vom 1. Dezember 2020, Bl. 311 d. A, und vom 18. Februar 2021, Bl.
327 d. A., eingeholt. Im Wesentlichen geht daraus hervor, dass der Kläger aus dem umstrittenen Zeitraum ein Beitragsguthaben
von 15.830,- € aufwies und 5134,79 € an erbrachten Leistungen auf den Rückerstattungsanspruch des Klägers verrechnet worden
sind.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung mit Schreiben vom 9. März 2021 – der Kläger
– und vom 25. März 2021 – die Beklagte – zugestimmt.
Bei der Entscheidung haben die Gerichtsakten vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg. Die Widerklage ist überwiegend erfolgreich.
Der Rechtsweg ist gem. §
17a Abs.
2 S. 3 des
Gerichtsverfassungsgesetzes (
GVG) bezüglich des Klageanspruchs bindend festgestellt. Bezüglich der Widerklage hat der Senat gem. §
17a Abs.
5 GVG die Rechtswegzuständigkeit nicht mehr zu prüfen, weil das Sozialgericht mit seinem angegriffenen Urteil sachlich darüber
entschieden hat.
Die Klage ist mangels Feststellungsinteresses im Sinne von §
55 Abs.
1 Nr.
1 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) unzulässig. Es fehlte von vornherein bezüglich eines Betrages von 14.976,17 €, den die Beklagte ursprünglich gegen den Kläger
als Erstattungsanspruch auf entrichtete Arbeitnehmerbeitragsanteile zum Gesamtsozialversicherungsbeitrag für die Jahre 2007
bis 2010 geltend gemacht hat. Die Voraussetzung einer negativen Feststellungsklage, dass der Gegner sich des Anspruchs gegen
den Kläger berühmt, der mit der Klage abgewehrt werden soll, ist nämlich nicht erfüllt. Denn die Beklagte hat bezüglich dieses
Teils der Klage mit ihrem Schreiben an die Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 12. Oktober 2012 erklärt, dass sie „keine
Ansprüche … erheben wird.“ Damit hat sie spiegelbildlich der Rechtslage des §
28g des
Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (
SGB IV – i. d. F. d. Bek. v. 12.11.09, BGBl. I S. 3710) entsprochen. Danach besteht nämlich ein sachlich-rechtlicher Anspruch des
Arbeitgebers auf den Arbeitnehmeranteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag, den er aber nur unter bestimmten, im Falle des
Klägers nicht erfüllten Voraussetzungen geltend machen kann. Gerade auf diese Vorschrift hat aber der Kläger nur seine negative
Feststellungsklage gestützt.
Die Klage ist weiterhin unzulässig geworden, soweit der Kläger die Feststellung des Nichtbestehens einer Forderung der Beklagten
von 6.707,75 € auf Erstattung der in den Jahren 2007 bis 2010 gezahlten Beitragszuschüsse für die private Kranken- und Pflegeversicherung
begehrt. Denn insoweit wird die Klage unzulässig, wenn über die entgegengesetzte Leistungsklage – hier die Widerklage – sachlich
abschließend zu entscheiden ist, weil die Entscheidung über die Leistungsklage sie mit ihrer weitergehenden Wirkung erledigt
(vgl. Greger in Zöller,
ZPO, 33. Aufl., §
256 Rdnr. 7 d). Damit steht nämlich fest, dass der Anspruch entweder vollstreckbar durchgesetzt ist oder – bei Abweisung – im
Sinne eines kontradiktorischen Gegenteils nicht durchgesetzt werden kann. Dies geht in beiden Fällen über die Entscheidung
der Frage des Bestehens oder Nichtbestehens von materiellen Ansprüchen hinaus.
Die Widerklage ist überwiegend erfolgreich.
Die Beklagte hat als Widerklägerin gegen den Kläger Anspruch auf Zahlung von 4564,39 € aus §
812 Abs.
1 S. 1 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs (
BGB). Denn sie hat ihm ausweislich der vorgelegten Gehaltsabrechnungen einen Betrag in Höhe von insgesamt 6.707,75 € gezahlt,
der durch die Rückabwicklung der privaten Kranken- und Pflegeversicherung ohne rechtlichen Grund gezahlt worden ist und dem
Kläger anlässlich der Beitragsrückerstattung auf Kosten der Beklagten zugeflossen ist.
Diese Forderung ist nicht durch den Vergleich vor dem Arbeitsgericht Leipzig vom 29. Juni 2012 ausgeschlossen. Dieser Vergleich
bedarf angesichts der unklaren Verwendung von Begriffen und sprachlichen Fehlfassung einer näheren Auslegung. Diese ergibt,
dass von der allgemeinen Anspruchserledigung durch den Vergleich etwaige Ansprüche des Arbeitgebers auf Rückerstattung der
Beiträge zur privaten Versicherung der Beklagten (zu beziehen auf „Ansprüche“) gegenüber dem Kläger ausgenommen sind. Deren
Erwähnung hat durch die Formulierung „mithin … betreffen“ die Bedeutung einer eigenständigen Bestimmung von schon vorher erwähnten
Ansprüchen. Als Bezugsgegenstand dieser Bestimmung kommt nur der vorangehend in der Einzahl benannte Anspruch der Beklagten
auf Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen in Betracht. Die fehlerhafte Bezeichnung als Sozialversicherungsbeitrag ist
dabei für die Auslegung unmaßgeblich, weil die Beteiligten selbst die Beiträge zur privaten Versicherung diesem Begriff zugeordnet
haben. Soweit der Einleitungshalbsatz der Regelung neben dem sprachlich zutreffenden Bezug auf einen Anspruch der beklagten
Partei einen weiteren Zusatz „gegenüber der Beklagten“ aufweist, ist dieser sachlich allein als im Verlust der Satzstruktur
unterlaufener doppelnder Bezug auf „Erstattung“ zu verstehen. Denn dass die Beteiligten davon ausgegangen sein könnten, der
Kläger habe an die Beklagte Sozialversicherungsbeiträge entrichtet, ist nach dem sonstigen Vergleichsinhalt sowie dem gesamten
im Vergleichsziel offengehaltenen, hier vorliegenden Streit auszuschließen.
Die Bereicherung des Klägers geht im Ansatz zunächst aus einem Betrag von 6.132,53 € hervor, der gem. §
257 Abs.
2 S. 1 des
Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (
SGB V - insoweit in der Fassung durch G. v. 23.12. 2002, BGBl. I S. 4637) einen Beitragszuschuss für Beiträge dargestellt hat, die der Kläger an seine private Krankenversicherung entrichtet hat
(vgl. zum Beleg für die unmittelbare Entlastungsfunktion des Zuschusses jeweils die Beschränkung auf die Hälfte der tatsächlichen
Beitragsaufwendungen in §
257 Abs.
2 S. 2 a. E.
SGB V in allen seither geltenden Fassungen).
Entsprechendes gilt gem. §
61 Abs.
2 S. 1, 2 des
Elften Buches des Sozialgesetzbuches (
SGB XI - i. d. F. d. G. v. 24.4.06, BGBl. I S. 926) für die Rückerstattung des Betrages von 575,22 € an nachgewiesenen Zuschusszahlungen
für die Beiträge zur Sozialen Pflegeversicherung.
Durch die Rückabwicklung der privaten Versicherung im Verlauf des Jahres 2011 ist im Sinne von §
812 Abs.
1 S. 2
BGB der Rechtsgrund für die Zahlung entfallen. Rückblickend bestanden keine Beitragsforderungen der u. Krankenversicherung, die
hätten bezuschusst werden können. Insoweit hat der Kläger im Verhältnis zur Beklagten dem Grunde nach einen Betrag zur Verfügung,
für den er im Umfang der maßgeblichen Rückerstattung von Beiträgen an ihn keine Aufwendungen erbracht hat. Denn für die ursprünglich
im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis mit Rechtsgrund erbrachte Leistung ist mit der Rückabwicklung (auch) die Anknüpfung
an das Arbeitsverhältnis entfallen. Der Beitragszuschuss ist nämlich durch die vollständige Beitragsentrichtung der Beklagten
an die gesetzliche Krankenversicherung abgelöst worden, soweit er Teil des Arbeitsentgelts war.
Darauf kommt es allein an, weil der Kläger durch die Zahlung des Beitragszuschusses in Höhe von zusammen 6.707,75 € zunächst
nicht ungerechtfertigt bereichert worden ist. Er hat damit nämlich zweckentsprechend Beitragszahlungen zur privaten Kranken-
und Pflegeversicherung gedeckt, für die ihm ein vereinbarter Versicherungsschutz durch die private Versicherung eingeräumt
worden ist. Dies ist dadurch belegt, dass die Versicherung dem Kläger aus der Krankenversicherung Leistungen erbracht hat,
die sie erst im Zusammenhang mit der Beitragsrückgewähr durch Verrechnung rückerstattet erhalten hat. Soweit man gleichwohl
durch Saldierung der selbst aufgebrachten Beiträge zur Privatversicherung (von 9122,25 € als 15.830,- € Gesamtzahlungen abzüglich
6707,75 € Zuschuss) gegen die Arbeitnehmeranteile des Gesamtsozialversicherungsbeitrages (von 14.976,17 €) schon durch die
Beitragsgewähr selbst eine Bereicherung für denkbar hält (so LSG Hessen, Urt. v. 30.10.14 – L 8 KR 379/11 – Juris), ergibt sie sich hier bei der Saldierung nicht.
Der Höhe nach ist die Verrechnung der erbrachten Leistungen anteilig zu berücksichtigen. Denn eine Bereicherung des Klägers
ist nicht eingetreten, wie die Leistungen nach dem Anteil der ursprünglich erbrachten Beiträge (auch) auf Kosten des anteilig
von der Beklagten bezuschussten Beitrags gedeckt und nicht zurückerstattet worden sind. Darauf hat der Kläger auch nicht die
Beitragszahlung an die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung als Surrogat erhalten. Denn diese kann an dem endgültig
beitragsfinanzierten Leistungsaufwand der privaten Versicherung keine Änderung mehr hervorrufen; dort „verbrauchte“ Beiträge
können durch die andere Zahlung nicht mehr ersetzt werden.
Für die Ermittlung einer anteiligen Bereicherung durch die Rückerstattung sind von dem Beitragsguthaben zunächst die erstatteten
Beiträge in Höhe von 1.139,58 € für die Soziale Pflegeversicherung abzuziehen. Insoweit sind verrechnete Leistungen der u.
Krankenversicherung an den Kläger nicht erbracht worden. Denn er hat zu der Grundlage der Verrechnung ausschließlich Leistungen
angeführt, die er im Zusammenhang mit ärztlicher Behandlung erstattet erhalten hatte. Dies ergibt sich bereits aus dem von
der Beklagten vorgelegten Schriftsatzauszug aus dem Kündigungsschutzverfahren, in dem der Kläger die (verbliebene) Beitragsrückzahlung
mit gegenübergestellten niedrigen Arztkosten begründet. Auch im Berufungsverfahren hat der Kläger die verrechneten Leistungen
als solche „im Verhältnis Kläger, Krankenversicherung, Arzt, d. h. auch … (in Form der) … zuvor bereits erstatteten Arztkosten“
bezeichnet. Davon sind Angelegenheiten der Pflegeversicherung nicht berührt. Es ist auch im Übrigen fernliegend, dass der
nach den von der Beklagten vorgelegten Gehaltsabrechnungen durchgehend beschäftigte Kläger Leistungen der Pflegeversicherung
in Anspruch genommen hat, die nach §
14 Abs.
1 SGB XI einen mindestens halbjährigen Bedarf voraussetzen. Die gezahlten Beiträge zur Pflegeversicherung belaufen sich nach der Aufstellung
des Klägers in Abgleichung mit den vorgelegten Beitragsbescheinigungen – alle überreicht mit dem Schriftsatz vom 2. April
2020 – auf 1139,58 € (276,48 € für 2007, 283,62 € für 2008, 290,76 € für 2009 und 288,72 € für 2010). Den darin enthaltenen
Betrag des Beitragszuschusses zur Sozialen Pflegeversicherung von 575,22 €, belegt durch die von der Beklagten vorgelegten
Gehaltsabrechnungen, hat der Kläger als Bestandteil der Zahlung von 10.696,09 € vollständig zurückerhalten.
Das verbleibende und rückerstattete Beitragsguthaben beläuft sich auf 9556,51 € als rückerstatteter Gesamtbetrag von 10.696,09
€ nach der Auskunft der u. Krankenversicherung abzüglich des erstatteten Pflegeversicherungsbetrages von 1139,58 €. Dieser
ist entsprechend dem Verhältnis der Beitragsaufbringung durch Zuschüsse bzw. durch eigene Mittel des Klägers aufzuteilen.
Eine Bereicherung stellt der Betrag nämlich nur dar, soweit er dem Anteil des Beitragszuschusses der Beklagten am verbliebenen
Gesamtbeitrag zur Krankenversicherung entspricht. Denn einen rechtsgrundlosen Vermögenszuwachs hat der Kläger nur, soweit
er die zurückerstatteten Beitragsmittel nicht ohnehin im Verhältnis zur Beklagten selbst aufgebracht hatte. Umgekehrt sind
auch die erbrachten und verrechneten Leistungen in dem Verhältnis beitragsfinanziert worden, wie darin einerseits durch Zuschüsse
und andererseits zuschussfrei aufgebrachte Mittel eingegangen sind. In das Beitragsguthaben in Angelegenheiten der Krankenversicherung
von 14.691,13 € sind Beitragszuschüsse der Beklagten zur Krankenversicherung in Höhe von 6.132,52 € eingeflossen. Nach dem
gleichen Verhältnis enthält der Rückerstattungsbetrag von 9556,51 € einen Betrag von 3989,17 € an zuschussgestützten Beiträgen
(gegenüber allein vom Kläger finanzierten Beiträgen von 5567,34 €).
Danach verbleibt ein Bereicherungsbetrag aus der gesamten Rückerstattung von 4.564,39 €.
Der Anspruch der Beklagten wird nicht durch §
28g S. 2, 3
SGB IV ausgeschlossen. Denn bei den Zuschusszahlungen der Beklagten zum Beitrag zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung an
den Kläger handelt es sich nicht um die Abführung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages an die Einzugsstelle, für die ein
Arbeitgeber nur sehr eingeschränkt Erstattung vom Arbeitnehmer verlangen kann. Hierzu hat das Sozialgericht in seinem Richterbrief
vom 3. Dezember 2014 Ausführungen gemacht, denen sich der Senat im Wortlaut anschließt: „Der Wortlaut der Vorschrift besagt
eindeutig, dass der Arbeitgeber einen Anspruch auf den vom Beschäftigten zu tragenden Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrages
hat. Dieser Begriff ist wiederum in §
28d SGB IV legaldefiniert. Satz 1 der Vorschrift bestimmt, dass die Beträge in der Kranken- oder Rentenversicherung für einen kraft
Gesetzes versicherten Beschäftigten … sowie der Beitrag aus dem Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung
nach dem Recht der Arbeitsförderung als Gesamtsozialversicherungsbeitrag gezahlt werden. Gemäß Satz 2 gilt Satz 1 auch für
den Beitrag zur Pflegeversicherung für einen in der Krankenversicherung kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten.“ Die Beitragszahlungen
an die private Kranken- und Pflegeversicherung hat der Kläger selbst – und dies gerade nicht auf eine Schuld als Pflichtversicherter
in der gesetzlichen Krankenversicherung – erbracht. Dementsprechend macht die Beklagte auch keinen Abzug für von ihr entrichtete
Beiträge geltend.
Die Forderung der Beklagten ist nicht verjährt. Die regelmäßige Verjährungsfrist des §
195 BGB war bei Klageerhebung beim Sozialgericht am 9. September 2013 nicht abgelaufen, weil der Anspruch der Beklagten erst im Laufe
des Jahres 2011 durch Rückerstattung der Beiträge an den Kläger als Bereicherungsvorgang entstanden ist.
Soweit der Kläger gegen den Anspruch nicht erstattete Behandlungskosten einwendet, wirkt sich dies auf die Frage seiner Bereicherung
nicht aus. Diese sind vor der Bereicherung, nämlich während seiner faktischen Mitgliedschaft bei der u. Krankenversicherung
bis zum Ende des Jahres 2010 entstanden. Die rechtsgrundlose Vermögensmehrung im Jahr 2011 hängt davon nicht ab.
Der Sache nach kann es bei den Einwänden nur um eine Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen gehen, die durch die fehlerhafte
Meldung der Beklagten zur Sozialversicherung entstanden wären. Für eine Prüfung fehlt es aber nicht nur an jeder Substantiierung
der Schäden. Vielmehr steht der Geltendmachung der Vergleich zwischen den Beteiligten vor dem Arbeitsgericht Leipzig vom 29.
Juni 2012 entgegen, wonach die wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus dem bestehen gewesenen Arbeitsverhältnis insgesamt
erledigt sind; dazu gehören auch Ansprüche auf Ersatz von Schäden in Verbindung mit dem Arbeitsverhältnis.
Die Zinsforderung folgt aus §
288 Abs.
1 BGB. Die Beklagte hat den Kläger durch vom Kläger selbst vorgelegte Schreiben auch vor Erhebung der Klage mehrfach zur Zahlung
bzw. zur Auskunft über den Erstattungsbetrag, den er von der privaten Krankenversicherungsgesellschaft erhalten hat, aufgefordert.
Damit hat sie ihn in Verzug gesetzt.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
197a Abs.
1 S. 1
SGG i. V. m. §
155 Abs.
1 S. 1
Verwaltungsgerichtsordnung nach dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens, wobei der Teil der Feststellungsklage, der durch die Sachentscheidung
über die Widerklage unzulässig geworden ist, mit keinem eigenen Anteil berücksichtigt worden ist.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nach §
160 Abs.
2 Nr.
1,
2 SGG nicht vor, weil es sich um eine Einzelfallentscheidung auf Grundlage der geklärten oberstgerichtlichen Rechtsprechung zum
Bereicherungsrecht handelt.
Die Festsetzung des Streitwerts richtet sich nach §
197a Abs.
1 S. 1
SGG i. V. m. § 3 Abs. 1, § 45 Abs. 1 S. 1 des Gerichtskostengesetzes. Dabei sind die Klage auf Feststellung des Nichtbestehens eines Anspruchs auf Erstattung der Beitragszuschüsse und die Widerklage
als zusammengefasster Teil des Streitwerts zu betrachten, da sie den gleichen materiellen Anspruch betreffen.