Gesetzliche Unfallversicherung - Versicherungs- und Beitragspflicht - Studierende der Humanmedizin im Praktischen Jahr - unfallversicherungsrechtlicher
Status - keine abhängige Beschäftigung
Tatbestand
Streitig ist bezogen auf das Jahr 2015, ob die sich bei der Klägerin im Praktischen Jahr (PJ) befindlichen Studierenden der
Humanmedizin als Beschäftigte versichert sind und damit gegenüber der Beklagten der Beitragspflicht unterliegen.
Mit Schreiben vom 10. Februar 2014 teilte die Klägerin der Beklagten mit, im Jahr 2013 seien bei ihr 1.917 Personen ganzjährig
in Vollzeit, 523 in Teilzeit (= 373 Vollbeschäftigungseinheiten) und 441 Personen (= 231 Vollbeschäftigungseinheiten) zeitweilig
tätig gewesen, womit insgesamt 2.521 Vollbeschäftigungseinheiten resultierten. Mit Bescheid vom 16. Mai 2014 setzte die Beklagte
den Beitrag für das Jahr 2014 daraufhin auf 251.621,01 € fest.
Am 19. März 2014 beschloss der Ausschuss Rechtsfragen der Geschäftsführerkonferenz des DGUV eine Änderung der „Leitlinie Bildungsmaßnahmen“
dahin, dass Versicherungsschutz für PJ-Studierende über das Praktikumsunternehmen bestehe. Ab dem 1. April 2013 sei – gemäß
§ 3 Abs. 2 Satz 5 Approbationsordnung für Ärzte (ÄAppO) – eine Ableistung des PJ auch an einer anderen Universität möglich. Die Fakultäten hätten den DGUV um Klärung gebeten. In
ihrem Schreiben an den Medizinischen Fakultätentag (MFT) vom 24. April 2013 hatte Rechtsanwältin Dr. R. im Ergebnis die Ansicht
vertreten, die Tätigkeit der PJ-Studierenden sei dem jeweiligen Lehrkrankenhaus zuzuordnen. Der Studierende werde wie ein
Beschäftigter in den Krankenhausbetrieb eingegliedert. Nur das Krankenhaus könne im Übrigen Maßnahmen der Unfallverhütung
ergreifen. Zwar sei durch Art. 24 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Anerkennung von Berufsqualifikationen vom 7. September 2005 (ABl. L 255,
S. 22) vorgegeben, dass die Universität die Verantwortung für die Ausbildung trage. Das Lehrkrankenhaus müsse das Logbuch
der jeweiligen Vertragsuniversität einhalten, was ebenfalls dafür spreche, dass das PJ in deren organisatorischem Verantwortungsbereich
liege. Leiste der Studierende das PJ nicht an der Heimatuniversität, befinde sich das Lehrkrankenhaus aber weder im räumlichen
noch vertraglichen Einflussbereich der Heimatuniversität, mit der den Studierenden nur die Immatrikulation verbinde. Aus §
3 Abs. 4 Satz 3 ÄAppO, wonach die PJ-Studierenden entsprechend ihrem Ausbildungsstand unter Anleitung, Aufsicht und Verantwortung des ausbildenden
Arztes die ihnen zugewiesenen ärztlichen Verrichtungen durchführen sollen, lasse sich eine Weisungsbefugnis des Ausbildungsarztes
ableiten.
Unter dem 10. Februar 2015 teilte die Klägerin der Beklagten mit, im Jahr 2014 seien bei ihr 1.872 Vollzeitbeschäftigte, 545
Teilzeitbeschäftigte (= 384 Vollbeschäftigungseinheiten) und 489 Personen (= 254 Vollbeschäftigungseinheiten) zeitweilig tätig
gewesen, so dass sich insgesamt 2.510 Vollbeschäftigungseinheiten ergäben. Im Jahr 2014 seien bei ihr zudem insgesamt 200
PJ-Studierende als Vollbeschäftigungseinheiten gemeldet gewesen.
Mit Bescheid vom 20. Mai 2015 setzte die Beklagte gegenüber der Klägerin den Beitrag für das Jahr 2015 daraufhin auf 386.635,70
€ fest und legte dabei 2.710 Vollbeschäftigungseinheiten bei einem Beitragssatz von 142,67 € zugrunde.
Den hiergegen am 5. Juni 2015 erhobenen Widerspruch der Klägerin, mit dem sie sich gegen die Einbeziehung der PJ-Studierenden
wandte, wies die Beklagte mit (am 16. September 2015 zugegangenem) Widerspruchsbescheid vom 9. September 2015 als unbegründet
zurück. Nach den §§
150 Abs.
1,
185 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (
SGB VII) seien die Beiträge jährlich durch die Unternehmen aufzubringen, wobei sich Näheres aus der Satzung ergebe. Gemäß § 24 Abs.
5 ihrer Satzung werde die Umlagegruppe KL1, der die Klägerin angehöre, nach der in Vollbeschäftigteneinheiten gemessenen Versichertenzahl
des jeweiligen Vorjahres veranlagt. Bislang seien die PJ-Studierenden ohne Entgeltzahlung nicht bei den beitragspflichtigen
Versichertenzahlen zu berücksichtigen gewesen. Mit der zum 1. April 2013 erfolgten Änderung der ÄAppO zur Durchführung des PJ sei bundeseinheitlich durch den DGUV eine Überprüfung erfolgt. Nach der neuen Rechtslage hätten die
Hochschulen keinen Einfluss mehr auf die Art und Weise der Durchführung und den Ablauf der Praktika. PJ-Studierende seien
regelmäßig in den betrieblichen Ablauf der Unikliniken/Lehrkrankenhäuser eingegliedert und unterlägen hinsichtlich Art, Zeit
und Ort der ausgeübten Tätigkeit dem Direktionsrecht der Klinik. Im Ergebnis stelle das PJ eine Beschäftigung i.S.v. §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII dar. Inwiefern daneben nach §
2 Abs.
1 Nr.
8 c)
SGB VII Versicherungsschutz bestehe, sei unerheblich. Denn nach §
135 Abs.
1 Nr.
3 SGB VII gehe derjenige als Beschäftigter vor. Zuständig sei der Unfallversicherungsträger des Krankenhauses. Die von der Klägerin
angegebenen 200 PJ-Studierenden seien damit bei den Vollbeschäftigungseinheiten einzubeziehen.
Am 12. Oktober 2015 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht (SG) Magdeburg Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen: Gemäß § 1 Abs. 2 ÄAppO sei das PJ zwingender Teil des Studiums der Humanmedizin. Die Universität müsse sicherstellen, dass ausreichend PJ-Plätze
zur Verfügung stünden. Der Medizinischen Fakultät sei entsprechend den Vorgaben der §§ 3 und 4 ÄAppO nicht nur die rechtliche Verantwortung für die Durchführung des PJ zugewiesen. Vielmehr würden von ihr auch dessen Inhalte
festgelegt. Dazu erhielten die PJ-Studierenden entsprechend des gewählten Ausbildungsfachs von der Fakultät vorgegebene Logbücher,
die die durchzuführenden Tätigkeiten auflisteten und gemäß § 3 Abs. 2 Satz 4 und Abs. 2a Satz 2 ÄAppO auch von den Lehrkrankenhäusern zwingend einzuhalten seien. Inhaltlich seien die Tätigkeiten während des PJ mit denjenigen
des Blockpraktikums nach § 2 Abs. 3 ÄAppO vergleichbar, für die ein Versicherungsschutz nach §
2 Abs.
1 Nr.
8 c)
SGB VII unstrittig sei. Für diese Zuordnung spreche auch, dass sowohl nach §
27 Abs.
4 Nr.
2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung (
SGB III) als auch §
5 Abs.
3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (
SGB VI) Versicherungsfreiheit für PJ-Studierende bestehe.
Ziel der medizinischen Ausbildung sei nach § 1 ÄAppO die eigenverantwortliche und selbständige Tätigkeit als wissenschaftlich und praktisch ausgebildete Ärztin oder Arzt, die
zur Weiterbildung und ständigen Fortbildung befähige. Gemäß § 3 ÄAppO solle der Studierende im PJ die während des vorangegangenen Studiums erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten
vertiefen, erweitern und auf den einzelnen Krankheitsfall anwenden. Zu diesem Zweck solle er entsprechend seinem Ausbildungsstand
unter Anleitung, Aufsicht und Verantwortung des ausbildenden Arztes die ihm zugewiesenen ärztlichen Verrichtungen durchführen.
Nach § 3 Abs. 4 Satz 7 ÄAppO dürften PJ-Studierende nicht zu Tätigkeiten herangezogen werden, die die Ausbildung nicht förderten. Sofern der ausbildende
Arzt von seinen Weisungsbefugnissen gegenüber den PJ-Studierenden Gebrauch mache, werde er im Rahmen seines Lehrdeputats im
Ausbildungsinteresse als verlängerter Arm der Universität aktiv. Für die Durchführung und Organisation des PJ sei er allein
der Medizinischen Fakultät verantwortlich und unterläge nicht dem Weisungsrecht des Krankenhauses. Seine Einbindung in dessen
Arbeitsorganisation sei insoweit von untergeordneter Bedeutung. Durch die auf § 4 ÄAppO beruhenden Lehrkrankenhausverträge sei sichergestellt, dass ausreichende Einwirkungsmöglichkeiten der Universitäten auf die
Lehrkrankenhäuser bestünden.
Sie selbst trete in keinerlei Rechtsbeziehung zu den PJ-Studierenden, insbesondere in kein Arbeitsverhältnis. Die Zuteilung
der Ausbildungsplätze erfolge gemäß Ziff. 4.2 der – von der Klägerin vorgelegten – „Richtlinie zur Absolvierung des PJ“ (PJ-RL)
der Beigeladenen allein durch diese. Nur sie sei auch für eventuell notwendige disziplinarische Maßnahmen wegen eines Fehlverhaltens
der PJ-Studierenden verantwortlich. Sie selbst sei nur zur Ausübung des Hausrechts berechtigt. Dadurch, dass sie keinen Einfluss
auf die Ausbildungsinhalte habe, sei auch ihr Direktionsrecht eingeschränkt. Der Einsatz der PJ-Studierenden sei allein an
den in den Logbüchern festgelegten Studienzielen ausgerichtet. Dies spiegele sich auch darin wieder, dass PJ-Studierende weder
in die Dienst- noch Urlaubsplanung integriert seien. Der PJ-Studierende verfolge in Form eines erfolgreichen Studienabschlusses
ein persönliches Ziel. Damit dominiere sein Eigeninteresse die Tätigkeit, die für sie auch keinen wirtschaftlichen Wert habe.
Im Übrigen handele es sich bei den 200 angegebenen PJ-Studierenden nicht um Vollbeschäftigungseinheiten, sondern um die durchschnittliche
Anzahl der PJ-Studierenden bei der Beigeladenen. Von diesen würde jedoch eine Vielzahl an anderen Ausbildungsstätten ihr PJ
absolvieren. Bei ihr hätten im Jahr 2014 lediglich 42,08 Vollbeschäftigungseinheiten das PJ durchgeführt.
Die Klägerin hat PJ-Logbücher der Beigeladenen über 30 Fachrichtungen übermittelt, in denen u.a. auch die jeweiligen Kompetenzstufen
(Demonstration, supervidierte Ausführung, in Routine übergegangen) definiert sind. Nach Ziff. 2.3 PJ-RL gliedert sich die
Ausbildung in Tertiale von je 16 Wochen auf die Fachgebiete Innere Medizin, Chirurgie und Allgemeinmedizin (bzw. einem – speziell
aufgeführten – Wahlfach), wobei sich die wöchentliche Ausbildungszeit von 40 Stunden an den Arbeitszeiten des ärztlichen Personals
orientiert (Ziff. 2.4.1 PJ-RL). Als „Vergütung“ sieht Ziff. 2.14 PJ-RL eine Kopplung an den maximalen Höchstsatz nach dem
Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) vor. Nach Ziff. 4 PJ-RL liegt die Verantwortung für die administrativen Belange bei der Organisation und Durchführung der
PJ-Platzvergabe beim Studiendekanat, das insbesondere auch die Zuteilung der Plätze vornimmt (Ziff. 4.2 PJ-RL).
Schließlich hat die Klägerin das Muster eines Lehrkrankenhausvertrages (LKH-V) der Beigeladenen übersandt. Nach § 1 Abs. 3 LKH-V hat das Krankenhaus neben dessen Vorgaben insbesondere die ÄAppO, die Studienordnung sowie die Logbücher der Vertragsuniversität zu beachten. Das Krankenhaus hat die Einhaltung des Logbuchs
der Vertragsuniversität zu gewährleisten. Der von ihm benannte PJ-Beauftragte hat die Ausbildung mit der Vertragsuniversität
abzustimmen und die regelmäßige Evaluation gemäß § 3 Abs. 7 ÄAppO nach den Vorgaben der Vertragsuniversität durchzuführen (§ 4 Abs. 3 und Abs. 2 Sätze 2 und 3 LKH-V). Gemäß § 5 LKH-V bezieht das Krankenhaus die Vertragsuniversität bei Besetzung oder Nachbesetzung
der frei gewordenen Stelle einer leitenden Ärztin oder eines leitenden Arztes einer an der PJ-Ausbildung beteiligten Abteilung
oder Einheit ein. Nach § 10 LKH-Vertrag obliegt dem Krankenhaus das Hausrecht, wobei vor Ergreifen entsprechender Maßnahmen
auch die Vertragsuniversität zu hören ist (Abs. 2). Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 LKH-V haftet das Krankenhaus dafür, dass PJ-Studierenden
nur solche Aufgaben übertragen werden, zu deren Durchführung sie nach ihrem Wissens- und Ausbildungsstand in der Lage sind,
und gewährleistet deren ständige Anleitung und Überwachung. Es ist verpflichtet, bei seiner Unfallversicherung die Übernahme
der Funktion als Akademisches Lehrkrankenhaus anzuzeigen (§ 11 Abs. 5 Satz 2 LKH-V).
Mit Bescheid vom 29. Februar 2016 hat die Beklagte ihren Bescheid vom 20. Mai 2015 geändert und den Beitrag für das Jahr 2015
auf Grundlage von 2.552 Vollbeschäftigungseinheiten (2.710 - 158) sowie eines Beitragssatzes von 142,67 € auf 364.093,84 €
festgesetzt. Die Klägerin hat das Verfahren daraufhin i.H.v. 22.541,86 € (158 x 142,67 €) für erledigt erklärt.
Mit Urteil vom 19. September 2017 hat das SG die Klage abgewiesen und hierzu in den Gründen ausgeführt: PJ-Studierende seien hinsichtlich Zeit, Ort und Art ihrer Tätigkeit
weisungsabhängig. Auch laut Dr. R. bestimmten die Ärzte, zu welchen Zeiten der Studierende arbeite und welche Tätigkeiten
er auszuführen habe. Dass in der ÄAppO eine wöchentliche Stundenzahl vorgegeben sei, ändere nichts an der Arbeitszeiteinteilung durch die Klägerin und unterscheide
sich auch sonst nicht von der zeitlichen Weisungsbefugnis durch andere Arbeitgeber. Entsprechendes gelte für die Art der zu
erledigenden Arbeiten, was auch nicht durch ein Logbuch geändert werde. Denn Leitfäden und Grundsätze seien allgemein üblich
und führten vorliegend jedenfalls nicht dazu, dass der Arzt dem PJ-Studierenden am Patienten vor Ort nicht vorgeben könne,
was zu tun sei. Bezüglich des Ortes ihrer Tätigkeit sei die Weisungsgebundenheit ebenso evident, da die PJ-Studierenden in
demjenigen Krankenhaus zu arbeiten hätten, in dem sie ihr Praktikum absolvierten. Was den Hinweis der Klägerin auf Deputate
anbelange, existierten solche in nicht universitären Lehrkrankenhäusern nicht. Werde ihrer Ansicht gefolgt, seien in Lehrkrankenhäusern
anderer Universitäten tätige PJ-Studierende gar nicht versichert, nämlich weder als Studierende über die Universität noch
als Beschäftigte des Krankenhauses. Letztlich seien Studierende der Humanmedizin die einzigen Auszubildenden, bei denen während
ihres Praktikums keine Versicherungs- und Beitragspflicht über den Ausbildungsbetrieb bestehe.
Gegen das ihr am 27. September 2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26. Oktober 2017 beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt
unter Wiederholung ihres Vorbringens Berufung eingelegt. Das SG habe verkannt, dass die Tätigkeit während des PJ auf den Studienabschluss gerichtet und rein ausbildungsbezogen sei. Soweit
§ 11 Abs. 5 Satz 2 LKH-V das Krankenhaus verpflichte, bei seiner Unfallversicherung die Übernahme der Funktion als Lehrkrankenhaus
für die PJ-Studierenden anzuzeigen, beruhe dies allein auf der Mitteilung der Beklagten, während des PJ keine Leistungen für
eine Studentenversicherung mehr zu erbringen. Die getroffene Regelung solle im ausschließlichen Interesse der PJ-Studierenden
sicherstellen, dass im Falle eines Unfalls ein Versicherungsträger eintrete, ohne zuerst die Zuständigkeit klären zu müssen.
Ergänzend hat die Klägerin das im Auftrag der MFT von Prof. Dr. K. im Januar 2017 erstellte Rechtsgutachten „Die Sozialversicherungspflicht
von Medizinstudenten im Praktischen Jahr“ vorgelegt, nach dessen Ansicht auf PJ-Studierende allein §
2 Abs.
1 Nr.
8 c)
SGB VII anwendbar sei. Deren Tätigkeit sei ausbildungsbezogen auf den Studienabschluss gerichtet, womit sie weder fremdnützig noch
von wirtschaftlichem Wert für die Ausbildungseinrichtung geprägt sei und daher nicht den für §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII maßgeblichen Anforderungen einer Beschäftigung im Sinne von §
7 Abs.
1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (
SGB IV) entspreche. Das PJ stehe auch nicht als Teil einer Berufsausbildung gemäß §
7 Abs.
2 SGB IV einer Beschäftigung gleich, sondern werde im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 1 Berufsbildungsgesetz (BBiG) im Rahmen eines Studiengangs an einer Hochschule durchgeführt. Denn nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 ÄAppO gehöre das PJ zur Ausbildung an der Hochschule, die insoweit über die Organisationsgewalt verfüge. Zwar finde die Ausbildung
unter Anleitung der Ärzte in den Lehreinrichtungen statt. Diese seien aber regelmäßig über Lehraufträge an die Hochschulen
gebunden, müssten sich gemäß § 3 Abs. 1a) ff. ÄAppO an den in den Logbüchern der Hochschulen niedergelegten Inhalten orientieren und dürften die PJ-Studierenden nach § 3 Abs. 4 Satz 7 ÄAppO nur ausbildungsbezogen einsetzen. Rechtsbeziehungen des nach wie vor immatrikulierten PJ-Studierenden bestünden zudem nur
gegenüber seiner Hochschule und nicht gegenüber der Ausbildungseinrichtung. Ferner sei das PJ auf den Dritten Abschnitt der
Ärztlichen Prüfung ausgerichtet, die erst zur Approbation berechtige und damit das Medizinstudium abschließe. Die Heimathochschule
bleibe auch dann maßgeblicher Träger der Organisationsgewalt, wenn das PJ im Bereich einer Fremduniversität abgeleistet werde,
zumal der praktische Teil des Medizinstudiums nach unionsrechtlichen Vorgaben unter Hochschulaufsicht erfolgen müsse. Insoweit
führe die Fremduniversität im Sinne der §§ 4 ff. Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) als Amtshelfer der jeweiligen Heimatuniversität das PJ bzw. einen Teil desselben durch, bei der im unmittelbaren Anschluss
hieran der Dritte Teil der Ärztlichen Prüfung abzulegen sei. Auch die §§
2 Abs.
1 Nr.
2 bzw. 2 Abs.
2 SGB VII seien nicht einschlägig.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 19. September 2017 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 20. Mai 2015
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2015 sowie den Bescheid vom 29. Februar 2016 aufzuheben, soweit
PJ-Studierende einbezogen sind.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend. Jeder praktischen Tätigkeit im Zusammenhang mit einer Ausbildung sei gemein, dass sie sich im Rahmen der
vermittelten theoretischen Kenntnisse bewegen müsse. PJ-Studierende seien in den betrieblichen Ablauf eingegliedert und unterlägen
hinsichtlich Art, Ort und Zeit der ausgeübten Tätigkeiten arbeitnehmertypisch dem Weisungs- und Direktionsrecht des jeweiligen
Krankenhauses. Zuständig sei demnach dessen Unfallversicherungsträger.
Mit Beschluss vom 24. Juli 2020 hat der Senat die Beigeladene zum Verfahren hinzugezogen, die keine Anträge gestellt hat.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Rechtsstreits durch den Senat ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten
sowie der von der Beklagten beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Beratung und
Entscheidungsfindung des Senats.
Entscheidungsgründe
Die nach den §§
143,
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) statthafte, form- und fristgerecht eingelegte (§
151 Abs.
1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung hat Erfolg, worüber der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §
124 Abs.
2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte.
Der Bescheid der Beklagten vom 20. Mai 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. September 2015 sowie der Bescheid
vom 29. Februar 2016 beschweren die Klägerin im Sinne der §§
157,
54 Abs.
2 Satz 1
SGG, soweit PJ-Studierende betroffen sind. Denn diese sind bei der Beitragsfestsetzung ihr gegenüber nicht mit einzubeziehen.
Nach den §§
150 Abs.
1 Satz 1,
185 Abs.
1 SGB VII i.V.m. §
24 Abs.
5 der Satzung der Beklagten setzt eine Berücksichtigung der PJ-Studierenden bei der Beitragsbemessung gegenüber der Klägerin
voraus, dass die PJ-Studierenden für diese als Versicherte entgeltlich oder unentgeltlich tätig sind oder zu ihr in einer
besonderen, die Versicherung begründenden Beziehung stehen. Entsprechendes ist nicht der Fall; insbesondere sind PJ-Studierende
keine abhängig Beschäftigten der Klägerin im Sinne von §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII. Vielmehr unterliegen PJ-Studierende dem Versicherungsschutz gemäß §
2 Abs.
1 Nr.
8 c)
SGB VII, womit für sie die für die Hochschule, an der sie immatrikuliert sind, zuständigen Unfallkassen verantwortlich sind (ebenso
Bereiter-Hahn/Mehrtens,
SGB VII, Stand März 2020, §
2 Rn. 19.7; Bieresborn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB VII, 2. Aufl., Stand Mai 2020, §
2 Rn. 196; a.A. – ohne Begründung – Leitlinie Bildungsmaßnahmen der DGUV, Stand Juni 2014, S. 8, abrufbar unter: https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/2935).
Nach § 24 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 und 6 c) i.V.m. den §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 4 Satz 2 Nr. 5 c) der Satzung der Beklagten fällt daher
dem Land Sachsen-Anhalt die Beitragslast zu. Soweit der Versicherungsschutz gemäß §
2 Abs.
1 Nr.
8 c)
SGB VII neben der Hochschulzulassung sowie dem Studienbezug der unfallbringenden Verrichtung voraussetzt, dass sie dem organisatorischen
Verantwortungsbereich der Hochschule zuzurechnen ist und zu dieser in unmittelbarer räumlicher und zeitlicher Beziehung steht
(BSG, Urteil vom 4. Dezember 2014 – B 2 U 10/13 R – SozR 4-2700 § 2 Nr. 32; Urteil vom 26. September 1996 – 2 RU 12/96 – SozR 3-2200 § 539 Nr. 36), betrifft dies nicht den Kreis der Versicherten, sondern (nur) die Frage des sachlichen Zusammenhangs
des Unfalls mit der versicherten Tätigkeit im konkreten Einzelfall.
Beurteilungsmaßstab für eine abhängige Beschäftigung ist §
7 Abs.
1 SGB IV, der für sämtliche Bereiche der Sozialversicherung gilt. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere
in einem Arbeitsverhältnis, wobei Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung
in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers sind. Mithin ist für eine Beschäftigung die persönliche Abhängigkeit prägend.
Bei einer Beschäftigung in einem fremden Unternehmen ist sie gegeben, wenn der Betroffene in den Betrieb eingegliedert ist
und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Ob jemand
abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale nach dem Gesamtbild überwiegen. Entscheidend
sind die vertraglichen Verhältnisse der Beteiligten und deren tatsächlicher Vollzug im Sinne einer gelebten Rechtsbeziehung,
in der es insbesondere auf die Entscheidungsbefugnis über die Einstellung, Entlassung und Verwendung der Arbeitskraft sowie
den vom Arbeitserfolg Begünstigten ankommt (siehe nur BSG, Urteil vom 31. Mai 2005 – B 2 U 35/04 R – SozR 4-2700 § 2 Nr. 5, m.w.N.).
1. Ausgehend hiervon stehen PJ-Studierende gegenüber der Klägerin nicht im Sinne von §
7 Abs.
1 Satz 1
SGB IV in einer abhängigen Beschäftigung und sind deshalb nicht gemäß §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII versicherungspflichtig.
Bereits die Zeit und Dauer sowie der Ort des Einsatzes der PJ-Studierenden können nicht frei von der Klägerin bestimmt werden,
sondern werden vor allem durch die Regelungen der ÄAppO bzw. die Beigeladene vorgegeben. Denn nach den §§ 1 Abs. 2 Satz Nr. 1, 3 Abs. 1 Sätze 1 und 2 sowie Abs. 4 Satz 4 ÄAppO findet das PJ nach Bestehen des Zweiten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung im letzten Jahr des Medizinstudiums über einen
Zeitraum von 48 Wochen statt, währenddessen die Studierenden regelmäßig ganztägig an allen Wochentagen in der Ausbildungseinrichtung
anwesend sind. Es beginnt jeweils in der zweiten Hälfte der Monate Mai und November. Das PJ wird in denjenigen Ausbildungseinrichtungen
durchgeführt, mit denen die Beigeladene einen entsprechenden Vertrag (LKH-V) geschlossen hat, wobei ihr – im Einvernehmen
mit der zuständigen Gesundheitsbehörde – die Auswahl obliegt (§ 3 Abs. 2 Sätze 1 und 2 ÄAppO). Selbst der Ort des Einsatzes des PJ-Studierenden wird von der Beigeladenen festgelegt. Denn gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 ihrer
Studien- und Prüfungsordnung vom 5. Mai 2018 (abrufbar unter: https://www.bekanntmachungen.ovgu.de/media /A_Rundschreiben/1_05+Studienordnungen/Staatsexamen+_+_pr%c3%bcfungen/Medzin+(Staatsexamen)/Studien_+und+Pr%c3%bcfungsordnung+Medizin+vom+05_06_2018-p-10980.pdf),
der § 8 Abs. 1 Satz 2 der im Jahr 2015 gültigen Studienordnung vom 3. September 2013 entspricht, regelt der Fakultätsrat in
einer Richtlinie ein Verfahren für die Zuteilung der Plätze und die Anerkennung von Krankenhäusern, Praxen und anderen Einrichtungen
der ambulanten ärztlichen Krankenversorgung (PJ-RL). Die Zuteilung der Studierenden zur Ableistung der Tertiale nimmt das
Studiendekanat der Beigeladenen nach den Vorgaben der Nr. 4.2 PJ-RL vor. Demnach verfügt die Klägerin jedenfalls über keinerlei
Entscheidungsbefugnis in Bezug auf die „Einstellung und Entlassung“ der PJ-Studierenden.
Selbst hinsichtlich des konkreten Einsatzes der PJ-Studierenden steht der Klägerin keine freie Verwendungsbefugnis zu. Zwar
sollen diese gemäß § 3 Abs. 4 Satz 3 ÄAppO die ihnen zugewiesenen ärztlichen Verrichtungen entsprechend ihrem Ausbildungsstand unter Anleitung, Aufsicht und Verantwortung
des ausbildenden Arztes durchführen. Diese Weisungsabhängigkeit der PJ-Studierenden von den ausbildenden Ärzten und deren
Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin genügen jedoch nicht zur Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses,
zumal der Ausbilder nicht Organisationsverantwortlicher, sondern zumindest im Falle eines bestehenden Lehrauftrags verlängerter
Arm der Beigeladenen ist. Denn die hierfür relevanten rechtlichen Beziehungen unterhält der PJ-Studierende nur zur Beigeladenen.
Zwischen ihm und der Klägerin besteht dagegen keinerlei vertragliche Regelung, insbesondere kein Arbeitsverhältnis. Die nach
§ 3 Abs. 4 Satz 8 ÄAppO bzw. Nr. 2.14 PJ-RL möglichen und an einen Bedarf für „Studierende“ nach § 13 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2 BAföG ausgerichteten Zahlungen sind auch nicht als Arbeitsentgelt im Sinne des §
14 Abs.
1 SGB IV zu qualifizieren. Denn die Bedarfskopplung belegt den Unterstützungscharakter der Zuwendung, die auch angesichts der Umrechnung
in einen Stundenlohn i.H.v. aktuell max. 4,70 € (742,00 € : 4 x 40 h, vgl. Ziff. 2.4.1 PJ-RL) deutlich macht, dass es sich
um keine Gegenleistung für erbrachte Arbeit handelt. Die Vereinbarung darüber hinausgehender Beträge zwischen dem PJ-Studierenden
und der Klägerin ist nach § 3 Abs. 4 Satz 8 ÄAppO sowie § 9 Satz 1 LKH-V unzulässig.
Über § 3 Abs. 1a) ÄAppO, wonach die Universitäten die Inhalte des PJ je Ausbildungsabschnitt in Logbüchern festlegen, verantwortet die Beigeladene
auch maßgeblich die inhaltlichen Bezugspunkte des Direktionsrechts. Denn die Klägerin muss gemäß § 3 Abs. 2 Satz 4 ÄAppO die Einhaltung der Logbücher der Beigeladenen gewährleisten und kann PJ-Studierende damit gerade nicht nach ökonomischen
Gesichtspunkten einsetzen, sondern nur so, wie es die nach § 3 Abs. 4 Satz 1 ÄAppO im Mittelpunkt stehende Ausbildung am Patienten erfordert. Sie darf PJ-Studierenden nur ausbildungsfördernde Tätigkeiten
zuweisen (§ 3 Abs. 4 Satz 7 ÄAppO) und haftet gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 LKH-V darüber hinaus dafür, dass diese von den Studierenden nach deren jeweiligem Ausbildungs- und Wissensstand bewältigt
werden können. Neben den Logbüchern hat die Klägerin nach § 1 Abs. 3 LKH-V auch die Vorgaben des LKH-V und der Studienordnung
der Beigeladenen zu beachten.
Zweck des PJ, das gemäß § 1 Abs. Abs. 3 Nr. 3 ÄAppO in den Dritten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung mündet, ist nach § 3 Abs. 4 Satz 1 ÄAppO die Vertiefung und Erweiterung der während der vorhergehenden Studienabschnitte erworbenen ärztlichen Kenntnisse, Fähigkeiten
und Fertigkeiten in praxi. Überhaupt nur für den Bereich der letzten Kompetenzstufe („in Routine übergegangen“) kommt eine
relativ eigenständige Arbeit des PJ-Studierenden am Patienten in Betracht, was die Klägerin indessen nicht von ihrer Verpflichtung
zur ständigen Anleitung und Überwachung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 LKH-V entbindet. Vor diesem Hintergrund hat die Tätigkeit
der PJ-Studierenden im Hinblick auf ihren Unternehmenszweck für die Klägerin auch keinen wesentlichen wirtschaftlichen Nutzen.
Entsprechend verfolgt der Studierende mit dem PJ auch nicht deren Bedürfnisse, sondern das persönliche Ziel des erfolgreichen
Studienabschlusses.
Die von den PJ-Studierenden bei der Klägerin absolvierten praktischen Ausbildungsabschnitte beinhalten – anders als etwa bei
der zwei- oder einstufigen Juristenausbildung (siehe hierzu BSG, Urteil vom 3. Februar 1994 – 12 RK 6/91 – SozR 3-2940 § 2 Nr. 3; Urteil vom 21. Februar 1990 – 12 RK 12/87 – BSGE 66, 211; Urteil vom 20. September 1989 – 7 Rar 114/87 – BSGE 65, 281; Urteil vom 6. Oktober 1988 – 1 RA 53/87 – BSGE 64, 130) – auch keine als Beschäftigung geltende betriebliche Berufsbildung im Sinne von §
7 Abs.
2 SGB IV.
Der Begriff „betriebliche Berufsbildung“ knüpft an die §§ 1 Abs. 1 und 3, 2 Abs. 1 Nr. 1 BBiG an, wonach u.a. auch die in Einrichtungen des öffentlichen Dienstes erfolgende Berufsausbildung, also die Vermittlung der
für eine qualifizierte Tätigkeit nötigen beruflichen Handlungsfähigkeit in einem geordneten Ausbildungsgang zur Berufsbildung
gehört. Ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne von §
7 Abs.
2 SGB IV ist mangels betrieblicher Berufsbildung gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG aber dann nicht gegeben, wenn die praktische Tätigkeit aufgrund landesrechtlicher Vorschriften in die Hochschulbildung eingegliedert
und deshalb als Teil des Studiums anzusehen ist (so zum praxisintegrierten dualen Studium ausdrücklich BSG, Urteil vom 1. Dezember 2009 – B 12 R 4/08 R – SozR 4-2400 § 7 Nr. 11, im Anschluss an die Rspr. des Bundesarbeitsgerichts, Urteil vom 18. November 2008 – 3 AZR 312/07 – juris; Urteil vom 18. November 2008 – 3 AZR 192/07 – NZA 2009, 435). So liegt es hier. Denn das PJ wird im Wesentlichen durch die Hochschule geregelt und gelenkt.
Der maßgebliche organisatorische Verantwortungsbereich der Beigeladenen ist bereits durch Art. 24 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Anerkennung von Berufsqualifikationen vom 7. September 2005 (ABl. L 255,
S. 22) vorgegeben. Danach muss die ärztliche Grundausbildung mindestens sechs Jahre oder 5.500 Stunden theoretischen und praktischen
Unterrichts an einer Universität oder unter Aufsicht einer Universität umfassen. Diese Verpflichtung ist nur zu erfüllen,
wenn auch das PJ zum Unterricht zählt, so dass die Hochschulen, wenn sie nicht selbst das PJ durchführen, zumindest die Aufsichtsverantwortung
tragen.
Entsprechend ist das PJ auch begrifflich als integraler Teil des Studiums verfasst. So besteht die ärztliche Ausbildung nach
§ 1 Abs. 2 Nr. 1 ÄAppO insbesondere aus einem Studium von sechs Jahren an einer Universität, wobei das letzte Jahr „des Studiums“ eine zusammenhängende
praktische Ausbildung (PJ) von 48 Wochen beinhaltet. Infolgedessen muss der Medizinstudent – wie in § 3 Abs. 2 Satz 5 ÄAppO vorausgesetzt – auch während der Ableistung des PJ ordentlich immatrikuliert sein.
Nach § 6 Abs. 6 der Studien- und Prüfungsordnung der Beigeladenen vom 5. Mai 2018 (s.o.) umfasst der erste Studienabschnitt
ein Studium von zwei Jahren und wird mit dem Ersten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung abgeschlossen. Der zweite Studienabschnitt
beinhaltet ein Studium von drei Jahren und wird mit dem Zweiten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung abgeschlossen. Das PJ umfasst
„ein Studium“ von einem Jahr und bildet den letzten „Studienabschnitt“, der mit dem Dritten Abschnitt der Ärztlichen Prüfung
abgeschlossen wird. Dem entsprach auch die im streitigen Zeitraum gültige Prüfungsordnung der Beigeladenen vom 2. Juli 2013
(abrufbar unter: https://www. bekanntmachungen.ovgu.de/media/A_Rundschreiben/1_06+Pr%c3%bcfungsordnungen/Staatsexamen+_+_pr%c3%bcfungen/Medizin+(Staatsexamen)/Pr%c3%bcfungsordnung+Medizin+vom+02_07_2013-p-7046.pdf),
nach deren § 11 Abs. 2 Satz 2 das PJ den zweiten Teil des „zweiten Studienabschnitts“ beinhaltete
Die Beigeladenen verfügt für das PJ auch materiell über das maßgebliche Gestaltungsrecht, weil sie über § 3 Abs. 1a) ÄAppO die Ausbildungsinhalte und -ziele festlegt, ohne dass die Ausbildungseinrichtungen beteiligt werden müssen. Vielmehr sind
diese nach § 3 Abs. 2 Satz 4, Abs. 2a) Satz 2 ÄAppO zur Einhaltung der Logbücher verpflichtet.
Darüber hinaus stellen die §§ 2 und 3 LKH-V umfangreiche einrichtungsbezogene und organisatorische Anforderungen an die Ausbildungseinrichtungen,
die einen Ansprechpartner für die Beigeladene zu benennen haben (§ 4 Abs. 2 und 3 LKH-V) und zur Evaluierung der Ausbildung
verpflichtet sind (§ 3 Abs. 7 ÄAppO). Weiter ist die Beigeladene gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 Hochschulmedizingesetz Sachsen-Anhalt (GVBl. LSA 2005, S. 508) i.V.m. § 5 LKH-V bei der Besetzung ausbildungsrelevanter
Leitungsstellen zu beteiligen.
Ihre Verantwortung für die Durchführung des PJ zeigt sich auch an § 3 Abs. 1 Satz 6 f. ÄAppO, wonach nicht die Ausbildungseinrichtungen, sondern die Universitäten für ausreichende Kapazitäten im PJ verantwortlich sind.
Die dominierende Rolle der Hochschulen wird schließlich durch den Ablauf des Dritten Abschnitts der Ärztlichen Prüfung bestätigt.
Denn während nach den §§ 13 Abs. 1, 15 Abs. 1 Satz 5 ÄAppO Professoren bzw. andere Lehrkräfte zu Prüfern zu bestellen sind, können außeruniversitäre Ärzte nur eingesetzt werden. Den
Vorsitz muss gemäß § 15 Abs. 2 ÄAppO ein Hochschullehrer übernehmen, dem nach den Abs. 3 und 9 eine entscheidende Funktion zukommt.
Zweifel an der Organisationsverantwortung der Beigeladenen kommen auch nicht wegen des Hausrechts der Klägerin auf, zumal
die Beigeladene vor Ergreifen entsprechender Maßnahmen zu hören ist (§ 10 Abs. 2 LKH-V).
Nichts Anderes gilt im Ergebnis mit Blick auf die in § 3 Abs. 2 Satz 5 ÄAppO durch die Erste Verordnung zu Änderung der ÄAppO vom 17. Juli 2012 (BGBl. I, S. 1539) eingeführte Studierendenmobilität, die der Ausbildungsfreiheit Rechnung trägt und die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung
im Auge hat (BR-Drs. 862/11, S. 28 f.). Zwar verfügt die Beigeladene in diesen Fällen mit der betroffenen Ausbildungseinrichtung
über keinen Vertrag i.S.v. § 3 Abs. 2 Satz 1, Abs. 2a) Satz 1 Halbsatz 2 ÄAppO. Die von dieser mit der Fremduniversität getroffenen Regelungen sind ihr jedoch ebenso zuzurechnen wie umgekehrt. Denn §
3 Abs. 2 Satz 5 ÄAppO ist unter dem Vorbehalt der Kapazität ersichtlich auf Gegenseitigkeit angelegt und wird seitens der Beigeladenen durch Nr.
4.3 PJ-RL umgesetzt. Insoweit beinhaltet die Aufnahme externer Bewerber gleichsam ein wechselbezügliches Ersuchen um Amtshilfe
im Sinne der §§ 4 Abs. 1, 5 Abs. 1, 7 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) bzw. der entsprechenden landesrechtlichen Regelungen (zutreffend Korte, a.a.O.). Da die eigenen Medizinstudenten gemäß §
3 Abs. 2 Satz 5 a.E. ÄAppO Vorrang haben, erfüllt die Fremduniversität mit der gelegentlichen Zuteilung externer Bewerber keine eigene Aufgabe, sondern
nimmt als Nebenleistung eine Aufgabe der Heimatuniversität wahr. Somit ist § 4 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG nicht einschlägig. Die durch die Studiendekanate (Behörde) als unselbständige Unterstützungshandlung erfolgende Zuteilung
ist im Sinne von § 9 VwVfG auf den Erlass eines Verwaltungsakts gerichtet, nämlich das Zeugnis über den erfolgreichen Abschluss des Dritten Abschnitts
der Ärztlichen Prüfung. Sie ist Voraussetzung für die Vorlage der in § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 c) ÄAppO geforderten Bescheinigung über das PJ und bereitet Verwaltungsrechtssätze in Form der Vorschriften über die Durchführung
der Ärztlichen Prüfung (vgl. die §§ 8 ff. ÄAppO) vor.
Dass der Gesetzgeber als Reaktion auf das Urteil des BSG vom 1. Dezember 2009 (B 12 R 4/08 R – a.a.O.) durch das Vierte Gesetz zur Änderung des
SGB IV und anderer Gesetze vom 22. Dezember 2011 (BGBl. I, S. 3057) in den §§
25 Abs.
1 Satz 2
SGB III, 5 Abs.
4a) Satz 2
SGB V und 1 Satz 5 Nr. 2
SGB VI für Teilnehmer dualer Studiengänge in diesen Zweigen die Versicherungspflicht begründet hat, besagt nichts für die gesetzliche
Unfallversicherung. Denn deren Regelungen sollten unberührt bleiben (so ausdrücklich BT-Drs. 17/6764, S. 19), womit auch die
Praxisphasen Teil eines dualen Studiums sind und nicht §
7 Abs.
2 SGB IV unterliegen. Entsprechendes muss hier angesichts der aufgezeigten universitären Gestaltungsverantwortung für die Organisation
und den Inhalt des PJ erst recht gelten.
Auch der Umstand, dass mangels räumlicher Einflussmöglichkeit nur die Klägerin und nicht die Beigeladene Unfallverhütungsmaßnahmen
ergreifen kann, rechtfertigt keine Zuweisung zu §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII. Denn der Unfallversicherungsschutz ist nicht nur risikoorientiert, sondern auch sozialpolitisch motiviert. Durch ihre Aufnahme
in den Kreis der Versicherten soll Schülern und Studenten derselbe Schutz zugutekommen, den alle anderen Personen während
ihrer beruflichen Aus- und Fortbildung genießen (siehe BT-Drs. VI/1333, S. 4). Dieser ist auch in anderen Fällen nicht von
der Möglichkeit zum Treffen von Unfallverhütungsmaßnahmen abhängig (siehe nur §
8 Abs.
2 Nr.
1 SGB VII).
Dass die tatsächliche Handhabung des Einsatzes der PJ-Studierenden seitens der Klägerin nicht entsprechend den vorgenannten
rechtlichen Vorgaben erfolgt, hat weder die Beklagte behauptet noch sind hierfür sonst Anhaltspunkte ersichtlich.
2. Da die Ausbildung im PJ aufgrund der umfassenden Gestaltungsgewalt der Universität, an der der PJ-Studierende immatrikuliert
ist, Teil des Studiums ist, kann sie auch nicht als eine solche in einer einer Betriebsstätte, Lehrwerkstatt oder einem Schulungskurs
ähnlichen Einrichtung i.S.v. §
2 Abs.
1 Nr.
2 SGB VII eingestuft werden.
3. Die PJ-Studierenden sind schließlich keine Wie-Beschäftigten der Klägerin i.S.v. §
2 Abs.
2 SGB VII und deshalb gegenüber der Beklagten beitragspflichtig. Gegen eine solche Einordnung sprechen vor allem der dominierende Ausbildungsbezug
aufgrund der Logbücher, der PJ-RL und des LKH-V, das vorrangige Eigeninteresse der PJ-Studierenden an einem erfolgreichen
Studienabschluss und der fehlende wirtschaftliche Nutzen ihrer Tätigkeit für die Klägerin (s.o.).
Die Revision war zuzulassen, weil die Frage des unfallversicherungsrechtlichen Status PJ-Studierender nicht nur für das Beitragsrecht
grundsätzliche Bedeutung hat.
Die Entscheidung zum Gegenstandswert ergibt sich aus §
197a Abs.
1 Satz 1 Halbs. 1
SGG i.V.m. den §§
1 Abs.
2 Nr.
3, 40, 52 Abs. 3 Satz 1 und 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Gerichtskostengesetz und entspricht der Höhe der Forderung der Beklagten, soweit diese mit der Klage bzw. Berufung angefochten war (200 x 142,67
€ bzw. 42 x 142,67 €).