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LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 17.02.2017 - 6 AS 11/17
Verpflichtung zur Gewährung vorläufiger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II Leistungsausschluss für EU-Ausländer Anderes Aufenthaltsrecht als ein solches zum Zwecke der Arbeitsuche Gemeinschaftsrechtskonformität
1. Dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 SGB II (in der Fassung bis zum 28. Dezember 2016) steht ein anderes Aufenthaltsrecht als das zum Zweck der Arbeitssuche entgegen, wenn die Kinder ein Aufenthaltsrecht nach Art. 10 VO (EU) 492/2011 zum Zwecke der Ausbildung besitzen und der tatsächlich sorgeberechtigte Elternteil hieraus sein Aufenthaltsrecht ableitet.
2. Für die Entstehung des Aufenthaltsrechts nach Art. 10 VO (EU) 492/2011 muss der Arbeitnehmerstatus eines Elternteils nicht bei Beginn der Ausbildung bestehen, sondern es genügt, wenn dieser bei fortgesetzter Ausbildung der Kinder (Besuch einer Grundschule) später hinzutritt.
3. Der Leistungsausschluss für ausländische Staatsangehörige nach § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Buchst. c SGB II (in der Fassung seit dem 29. Dezember 2016) dürfte mit überwiegender Wahrscheinlichkeit europarechtswidrig sein, da dieser nicht durch eine rechtfertigende gemeinschaftsrechtliche Schrankenregelung, insbesondere nicht Art. 24 Abs. 2 RL 38/2004/EG, gedeckt sein dürfte.
1. Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung der Auffassung des BSG in seiner Entscheidung vom 3. Dezember 2015 zu § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II a.F. an, dass aus Art. 10 VO (EU) 492/2011 ein anderes Aufenthaltsrecht als ein solches zum Zwecke der Arbeitsuche folgt.
2. Die "fiktive" Prüfung eines anderen materiellen Aufenthaltsrechts ist dabei nicht nur auf Aufenthaltsrechte nach dem FreizügG/EU in Umsetzung der RL 2004/38/EG beschränkt.
3. Denn dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II a.F. ist nicht zu entnehmen, dass nur Aufenthaltsrechte aus dem FreizügG/EU einem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II a.F. entgegen stehen.
4. Der Senat hat Bedenken hinsichtlich der Gemeinschaftsrechtskonformität des neu eingeführten § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. c) SGB II.
5. Sofern der Gesetzgeber in seiner Begründung (BT-Drs. 18/10211, S. 13) davon ausgeht, § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. c) SGB II auf die Regelungen der Freizügigkeitsrichtlinie stützen zu können, teilt der Senat diese Ansicht nicht.
Normenkette:
SGG § 86b Abs. 2 S. 2
,
SGB II a.F. § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2
,
VO (EU) 492/2011 Art. 10
,
SGB II § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 Buchst. c)
Vorinstanzen: SG Kiel 13.01.2017 S 31 AS 321/16 ER
Tenor
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 13. Januar 2017 wird zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat den Antragstellern ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

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