Antrag auf Zusicherung; Aufwendungen für eine neue Unterkunft nach dem SGB 2; Ermittlungen des Streitwertes
Gründe:
I. Die Antragsteller begehren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für ein vor dem Sozialgericht anhängig gewesenes
einstweiliges Rechtsschutzverfahren, in dem die Erteilung einer Zusicherung zu den Aufwendungen für eine neue Unterkunft in
E_______ streitig war.
Die in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Antragsteller beziehen seit 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes
nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Sie bewohnten ursprünglich gemeinsam mit ihrem 2000 geborenen Sohn und ihrer
2006 geborenen u. a. wegen spastischer Tetraparese schwerbehinderten Tochter eine von Schimmel befallene 54 qm große in U_______
gelegene Wohnung. Die Kinder wurden nach Überprüfung der Wohnbedingungen durch das Umweltschutzamt am 24. September 2010 wegen
akuter Gesundheitsgefährdung unter die Obhut des Amtes für soziale Dienste des Kreises P________ gestellt und lebten seitdem
in einem H________ Heim. Eine Rückführung in die Familie sollte nach den Angaben des Amtes nach einem Umzug in eine neue Wohnung
erfolgen.
Der Antragsgegner gewährte den Antragsteller nach Auszug der Kinder für den Zeitraum 1. Januar 2011 bis 30. Juni 2011 Leistungen
in Höhe von monatlich 1.164,00 EUR; der auf die beiden Antragsteller jeweils entfallende Betrag der Kosten für Unterkunft
und Heizung belief sich auf 259,00 EUR (Bescheid vom 17. November 2010).
Eine generelle Zusicherung zur Übernahme der Kosten für einen Umzug übernahm der Antragsgegner erstmals im Mai 2008 (Bescheid
vom 5. Mai 2008) und zuletzt mit Schriftsatz vom 23. Februar 2011. Als Mietobergrenze setzte er dabei einen Betrag von 756,80
EUR inklusive Betriebskosten entsprechend einer Wohnung für fünf Personen von 90 bis 100 qm nach der Wohngeldtabelle zu §
12 Wohngeldgesetz (WoGG), dort Spalte IV, zuzüglich 10 % an. Geringfügige Überschreitungen - so der Antragsgegner - würden akzeptiert.
Die Antragsteller reichten seit 2006 verschiedene Mietangebote ein und baten wiederholt um Zusicherung. Der Antragsgegner
lehnte die Anträge jeweils unter Hinweis auf die Unangemessenheit der Kosten der Unterkunft ab und übersandte seinerseits
seit Januar 2009 diverse Mietangebote an die Antragsteller.
Im Februar 2011 fragten die Antragsteller nach, ob auch ein Umzug in eine kleinere Übergangswohnung für die Familie genehmigt
würde. Dadurch hätten sie mehr Zeit, eine dauerhafte Bleibe zu finden. Der Antragsgegner sagte zu, auch für diesen Fall die
Zustimmung zum Umzug aufrechtzuerhalten, sofern die kleinere Wohnung der normalen Mietobergrenze entspreche.
Im Rahmen einer am 28. Februar 2011 stattgefundenen Erziehungskonferenz zwischen den Antragstellern und dem Amt für soziale
Dienste, an der auch eine Mitarbeiterin des Antragsgegners teilnahm, erklärte sich Letzterer bereit, die Kosten für eine Übergangswohnung
mit mindestens drei Zimmern in Höhe von maximal 600,00 EUR inklusive Betriebskosten ohne Courtage zu übernehmen. Das Amt für
soziale Dienste stimmte einer Rückführung der Kinder in eine 3-Zimmer-Wohnung grundsätzlich als vorübergehende Lösung zu.
Dauerhaft forderte es eine mindestens 3,5 Zimmer große Wohnung.
Am 25. März 2011 legten die Antragsteller ein Mietangebot über eine 3-Zimmer-Wohnung in der O____straße 168 in 2____ E_______
vor. Die Größe der Wohnung betrug 80 qm, die Grundmiete 570,00 EUR und die Nebenkosten 31,38 EUR. Sie beantragten, die Zusicherung
für die Übernahme der Aufwendungen der neuen Unterkunft zu erteilen und Wohnungsbeschaffungskosten in Form der Übernahme der
Mietsicherheit zu bewilligen. Mit Bescheid vom 25. März 2011 lehnte der Antragsgegner diesen Antrag mit der Begründung ab,
dass die Kosten der Unterkunft die Mietobergrenze von 578,00 EUR für E_______ überstiegen. Zudem seien die in dem Mietangebot
aufgeführten Betriebskosten offensichtlich unangemessen, so dass davon auszugehen sei, dass bei den niedrigen Vorauszahlungen
eine hohe Nachzahlung erforderlich werde.
Die Antragsteller haben am 28. März 2011 einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Itzehoe gestellt und
zur Begründung geltend gemacht, dass die Wohnung im Erdgeschoss liege und über eine behindertengerechte Dusche verfüge. Ihre
Kinder könnten in dieser Wohnung wieder gemeinsam mit ihnen leben und sie könnten von dort aus gemeinsam nach einer neuen
Wohnung schauen. Der gesundheitsgefährdende Zustand in der aktuellen Wohnung wäre dadurch für sie beendet. Der Vermieter habe
sich auch bereits für sie entschieden. Soweit die in der Erziehungskonferenz vom 28. Februar 2011 vereinbarte Mietobergrenze
überschritten werde, bestünde die Möglichkeit, den geringfügigen Restbetrag notfalls selbst zu zahlen. Insgesamt dürfte die
Wohnung jedoch ohnehin als angemessen einzustufen sein, da für die Familie kein anderer Wohnraum verfügbar sei.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 2. Mai 2011 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und die Bewilligung
von PKH abgelehnt. Auf die Gründe des Beschlusses wird verwiesen.
Gegen diesen am 4. Mai 2011 zugestellten Beschluss richtet sich die am 16. Mai 2011 beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht
eingelegte Beschwerde, mit der sich die Antragsteller ausschließlich gegen die Versagung von PKH wenden. Sie machen geltend,
dass in der Hauptsache kein Rechtsmittel eingelegt werde, da die Wohnung zwischenzeitlich anderweitig vergeben worden sei.
Zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife des PKH-Antrages wäre sie jedoch noch verfügbar gewesen. Der Antrag habe zu diesem Zeitpunkt
auch hinreichende Aussichten auf Erfolg gehabt, weil die Wohnung nur geringfügig teurer als die vom Antragsgegner vorgegebenen
Richtwerte gewesen sei und im Zusammenhang mit der Anmietung einer neuen Wohnung und der Zusammenführung der Familie auch
die Grundrechte zu beachten gewesen seien. Bei der nur geringfügigen Überschreitung habe dabei die Abwägung zu ihren Gunsten
ausfallen müssen. Dies habe das Sozialgericht nicht beachtet.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakte des Antragsgegners und auf die Gerichtsakte
verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung gewesen sind.
II. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 2. Mai 2011 ist nicht statthaft und daher als unzulässig zu
verwerfen.
Nach §
172 Abs.
3 Nr.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ist die Beschwerde ausgeschlossen in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht
zulässig wäre; dies gilt auch für Entscheidungen über einen Prozesskostenhilfeantrag im Rahmen dieser Verfahren. Im vorliegenden
Fall war die Berufung in der Hauptsache ausgeschlossen.
Nach §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG ist die Berufung zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR übersteigt. Dies gilt nicht, wenn die Berufung
wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (Satz 2). Beides ist hier nicht der Fall. Gegenstand
des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens war die vorläufige Erteilung einer Zusicherung für die Übernahme der Kosten für eine
neue Wohnung. Hinter diesem Begehren stand - wirtschaftlich betrachtet - das Interesse der Antragsteller, dass ihnen auch
zukünftig kostendeckende Unterkunftsleistungen, und zwar in Form höherer Mietzahlungen als SGB II-Leistung bewilligt werden.
Der Antragsgegner zahlte den Antragstellern bereits Unterkunftskosten in Höhe von insgesamt 518,00 EUR (2 x 259,00 EUR). Ein
Leistungsbetrag in dieser Höhe stand daher nicht im Streit. Ob darüber hinaus auch zu berücksichtigen ist, dass der Antragsteller
von Anfang an bereit war, Unterkunftskosten in Höhe der in der Wohngeldtabelle 2009 zu § 12 WoGG festgesetzten Mietobergrenze für einen 4-Personen-Haushalt der Mietstufe IV (dazu gehört auch E_______) von mindestens 578,00
EUR - in der Erziehungskonferenz vom 28. Februar 2011 wurden sogar 600,00 EUR vereinbart - zu übernehmen, kann hier dahingestellt
bleiben.
Da bei der neuen Wohnung Mietzahlungen von insgesamt 601,38 EUR zu erbringen waren, betrug der von den Antragstellern zu leistende
weitere Anteil allenfalls 83,38 EUR monatlich (601,38 EUR ./. 519,00 EUR).
Im zeitlichen Umfang ist das Interesse der Zusicherung - wie auch in anderen Fallgestaltungen der Leistungsgewährung nach
dem SGB II - begrenzt auf die Dauer eines Bewilligungsabschnitts, mithin auf sechs Monate, höchstens 12 Monate, soweit eine
Veränderung der Verhältnisse in diesem Zeitraum nicht zu erwarten ist (§ 41 Abs. 1 Satz 4, 5 SGB II). Hier ist der Sechs -
Monatszeitraum zugrunde zu legen, denn der Antragsgegner hatte vorliegend durchgehend Leistungen für jeweils sechs Monate
bewilligt (vgl. Berlit, info also 2005, Seite 3,11; Wündrich, SGb 2009, Seite 267,271). Dieser Zeitraum dürfte auch der Tatsache, dass es sich lediglich um eine Übergangswohnung handelte, von der aus die
gewünschte und vom Amt für Soziale Dienst vorgegebene größere Dauerwohnung gesucht werden sollte, Rechnung tragen. Eine Einbeziehung
weiterer Bewilligungsabschnitte kommt nicht in Betracht, da jeweils materiell-rechtlich selbstständige, hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen
voneinander unabhängige Ansprüche auf Sozialleistungen im Streit stehen (vgl. ebenso LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18.
März 2010 - L 5 AS 93/10 B ER, L 5 AS 101/10 B -; Sächsisches LSG, Beschluss vom 16. September 2009 - L 2 382/09 B -, jeweils zitiert nach juris). Nicht ausreichend für
die Zusammenrechnung von einzelnen Zeitabschnitten sind ein natürlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang oder dasselbe Sozialrechtsverhältnis
(vgl. Bundessozialgericht, Beschluss vom 30. Juli 2008 - B 14 AS 7/08 B -, zitiert nach juris, für Bewilligungsabschnitte bei SGB II-Leistungen).
Es ergibt sich damit ein Gesamtwert und zugleich Beschwerdewert von maximal 500,28 EUR (83,38 EUR x 6). Dieser Betrag entspricht
dem Erfolg, der mit der Zusicherung angestrebt wird (§ 53 Abs. 2 Nr. 4 Gerichtskostengesetz - GKG - i.V.m. §
3 Zivilprozessordnung -
ZPO -). Da damit der Wert der Beschwerde unter 750,00 EUR liegt, war die Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutz in der Hauptsache
nicht zulässig. Gleiches gilt auch für Entscheidungen über den Prozesskostenhilfeantrag im Rahmen dieses Verfahrens.
Die Zulässigkeit der Beschwerde folgt auch nicht aus der (falschen) Rechtsmittelbelehrung des Sozialgerichts. Ein unzutreffende
Rechtsmittelbelehrung kann ein Rechtsmittel, das gesetzlich ausgeschlossen ist, nicht eröffnen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9. Aufl., vor §
143 Rdn. 14b; Bundessozialgericht, Urteil vom 20. Mai 2003 - B 1 KR 25/01 R -, zitiert nach juris).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus einer entsprechenden Anwendung von §
73a SGG in Verbindung mit §
127 Abs.
4 ZPO.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden, vgl. §
177 SGG.