Erstattungsanspruch dem Grunde nach für die Kosten eines Vorverfahrens
Berechnung des Beschwerdegegenstandes
Wandel einer Nebenforderung zur Hauptforderung
Gründe
I.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die von den Klägern beantragte und vom Sozialgericht Kiel mit Beschluss vom 9. März
2016 abgelehnte Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren S 35 AS 545/14, in dem die Beteiligten (noch) über einen Erstattungsanspruch dem Grunde nach für die Kosten eines Vorverfahrens streiten.
Der Beklagte hatte mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 26. November 2013 eine Bewilligungsentscheidung für den Monat
Februar 2013 teilweise aufgehoben, von den Klägern eine Erstattung überzahlter Leistungen in Höhe von insgesamt 268,40 EUR
verlangt und der Klägerin zu 1. gegenüber in Höhe von 34,50 EUR die Aufrechnung erklärt. Den gegen die Aufrechnung erhobenen
Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 1. April 2014 zurück und verfügte, dass Aufwendungen der Kläger
für das Widerspruchsverfahren nicht zu erstatten seien.
Mit der am 29. April 2014 beim Sozialgericht Kiel erhobenen Klage haben die Kläger zunächst die Aufhebung des Aufhebungs-
und Erstattungsbescheids in Gestalt des Widerspruchsbescheids beantragt, später erklärt, dass sich das Widerspruchsverfahren
(nur) gegen die Aufrechnungsentscheidung gerichtet habe und schließlich beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung der Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid zu verurteilen, ihnen die Kosten des Widerspruchsverfahrens
zu erstatten.
Das Sozialgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für diese Klage mit folgender Begründung abgelehnt: Die Rechtsverfolgung
habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, da eine Kostenerstattungsanspruch dem Grunde nach nicht bestehe. Der Widerspruch
habe keinen Erfolg gehabt, sondern sei vom Beklagten zurückgewiesen worden. Ob dies aus zutreffenden Gründen geschehen sei,
sei unbeachtlich, zumal die Entscheidung in der Hauptsache zwischenzeitlich in Bestandskraft erwachsen sei. Die Entscheidung
sei unanfechtbar.
Mit der am 31. März 2016 erhobenen Beschwerde machen die Kläger geltend, dass die Beschwerde nicht ausgeschlossen sei, weil
das Sozialgericht eine Entscheidung ungeachtet der wirtschaftlichen Verhältnisse getroffen habe. Sie sei auch begründet, weil
im Laufe des Widerspruchsverfahrens mit dem Eintritt der Bestandskraft des Erstattungsbescheids ein erledigendes Ereignis
eingetreten sei. Die Kostenentscheidung beurteile sich danach, ob der Widerspruch Erfolg gehabt hätte, wenn das erledigende
Ereignis nicht eingetreten wäre.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Beschwerde ist form- und fristgerecht erhoben worden (§
173 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz [SGG]) und auch im Übrigen zulässig. Sie ist - entgegen der Belehrung des Sozialgerichts - statthaft, weil ein Ausschlussgrund
namentlich in Gestalt des §
172 Abs.
3 Nr.
2 lit. b
SGG nicht eingreift. Danach ist die Beschwerde ausgeschlossen gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn in der Hauptsache
die Berufung der Zulassung bedürfte. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor, weil der Wert des Beschwerdegegenstands
für die Kläger 750,00 EUR übersteigt (§
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG).
Für die Wertberechnung ist auf den Wert des zuletzt (nur noch) geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs für das Widerspruchsverfahren
und nicht (mehr) auf den des angegriffenen Aufhebungs-, Erstattungs- und Aufrechnungsbescheid abzustellen, der mit insgesamt
nur 268,40 EUR die Wertgrenze von 750,00 EUR klar unterschreiten würde. Nach §
4 Abs.
1 Zivilprozessordnung (
ZPO), der für die Wertberechnung über §
202 Satz 1
SGG entsprechend heranzuziehen ist (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Aufl. 2014, §
144 Rn. 15 m.w.N.) bleiben Kosten unberücksichtigt, soweit und solange sie als Nebenforderungen geltend gemacht werden. Nebenforderungen
werden allerdings zu selbständigen Hauptforderungen, wenn der Hauptanspruch, von dem sie abhängen, erledigt ist oder für erledigt
erklärt wird (Hüßtege, in: Thomas/Putzo,
ZPO, 34. Aufl. 2013, §
4 Rn. 9; vgl. auch BGH, Beschluss vom 8. Mai 2012 - VI ZB 1/11, 2/11 - NJW 2012, 2523). Eine solche Wandlung einer ursprünglichen Nebenforderung zur Hauptforderung ist hier dadurch eingetreten, dass die Kläger
mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2015 explizit die Aufhebung der Kostenentscheidung im Widerspruchsbescheid und die Verpflichtung
des Beklagten zu Erstattung der Kosten des Widerspruchsverfahrens (und nicht lediglich einen Kostenantrag im vermeintlich
erledigten Klageverfahren) gestellt haben.
Der Wert der Kostengrundentscheidung im Widerspruchsbescheid überschreitet die Wertgrenze des §
144 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1 SGG. Auszugehen ist für die Wertberechnung ohne Präjudiz für eine ggf. folgende Festsetzungsentscheidung von einer Maximalforderung
von 809,20 EUR. Dabei sind zugrunde zu legen eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 des Vergütungsverzeichnisses zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) maximal in Höhe der Schwellengebühr (300,00 EUR), Gebührenerhöhungen nach Nr. 1008 VV RVG für vier weitere Auftraggeber (360,00 EUR), die Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV RVG (20,00 EUR) und die Umsatzsteuer gemäß Nr. 7008 VV RVG (129,20 EUR).
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Antrag der Kläger, ihnen Prozesskostenhilfe unter Beiordnung
von Rechtsanwältin __________________ zu gewähren, zu Recht mit der Begründung abgelehnt, dass die erforderliche hinreichende
Aussicht auf Erfolg der Klage nicht gegeben ist. Nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage nimmt der Senat zur Vermeidung
von Wiederholungen auf die Begründung des erstinstanzlichen Beschlusses Bezug (§
142 Abs.
2 Satz 3
SGG), soweit darin ein Anspruch nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mangels eines formalen Erfolgs des Widerspruchs verneint wird. Das Sozialgericht folgt insoweit zu Recht der (von ihm zitierten)
ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Ob anderes für den Fall einer zwischenzeitlichen Erledigung des mit dem
Widerspruch angefochtenen Verwaltungsakts zu gelten hat, kann offen bleiben, weil eine solche hier nicht eingetreten ist.
Vielmehr wird die Klage im vorliegenden Fall bereits unzulässig sein, weil sich die Kostengrundentscheidung im Widerspruchsbescheid
nach § 39 Abs. 2 SGB X durch Erhebung der Klage in der Sache (gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid bzw. die darin enthaltene Aufrechnungsentscheidung)
erledigt haben und über die Kosten des Widerspruchsverfahrens nur noch im Rahmen der gerichtlichen Kostenentscheidung nach
§
193 SGG zu befinden sein dürfte (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. Juni 2011 - L 19 AS 1005/11 B - zit. n. juris).
Außergerichtliche Kosten sind im Prozesskostenhilfebeschwerdeverfahren nicht zu erstatten (§
127 Abs.
4 ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§
177 SGG).