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LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 26.11.2014 - 9 SO 33/11
Anspruch auf Hilfe zur Pflege nach dem SGB XII; Kostenübernahme für die Teilnahme des Pflegebedürftigen an einer Ferienfreizeit
1. Gemäß § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ist für die Sozialhilfe der Träger der Sozialhilfe örtlich zuständig, in dessen Bereich sich die Leistungsberechtigten tatsächlich aufhalten. Zwar knüpft der Begriff des tatsächlichen Aufenthaltes grundsätzlich nur an die physische Anwesenheit an einem Ort an. Eine allein am Wortlaut orientierte Auslegung würde allerdings zu völlig unpraktikablen Ergebnissen führen, da sie bei jeder noch so kurzzeitigen Ortsveränderung ständig wechselnde Zuständigkeiten zur Folge haben könnte. Dementsprechend hat dieses Tatbestandsmerkmal in Praxis, Rechtsprechung und Literatur eine praxisnahe Auslegung gefunden. So wird nach herrschender Auffassung der tatsächliche Aufenthalt nicht bereits durch jedwede noch so kurze Ortsabwesenheit unterbrochen.
2. Jedenfalls bei kürzeren Abwesenheitszeiten von bis zu einem Monat bleibt die Zuständigkeit des jeweiligen Trägers der Sozialhilfe fortbestehen.
3. Da § 65 Abs. 1 Satz 2 SGB XII nicht auf die Mindestkosten, sondern auf angemessene Kosten abstellt, sind in gewissem Rahmen auch Mehrkosten von dem Anspruch auf Übernahme gedeckt. Insoweit ist § 65 Abs. 1 Satz 2 SGB XII im Lichte des § 9 Abs. 2 SGB XII auszulegen. Demnach soll Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, entsprochen werden, soweit sie angemessen sind.
4. Wünschen der Leistungsberechtigten, den Bedarf stationär oder teilstationär zu decken, soll nur entsprochen werden, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, weil anders der Bedarf nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden kann und wenn mit der Einrichtung Vereinbarungen nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels dieses Buches bestehen.
5. Der Träger der Sozialhilfe soll in der Regel Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre.
Normenkette:
SGB XII § 61 Abs. 1
,
SGB XII § 61 Abs. 2 S. 1
,
SGB XII § 61
,
SGB XII § 63 S. 1
,
SGB XII § 65 Abs. 1 S. 2 Alt. 3
,
SGB XII § 65 Abs. 1 S. 2
,
SGB XII § 9 Abs. 2 S. 1 bis S. 3
,
SGB XII § 9 Abs. 2
,
SGB XII § 98 Abs. 1 S. 1
,
SGB XII §§ 63 ff.
Vorinstanzen: SG Lübeck 19.07.2011 S 31 SO 253/09
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 19. Juli 2011 und der Bescheid vom 9. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. November 2009 geändert und der Beklagte verurteilt, an den Kläger für die beantragte Maßnahme der Lebenshilfe Ostholstein in der Zeit vom 15. bis 28. August 2009 einen Betrag von 405,99 EUR als Verhinderungspflege zu zahlen.
Hinsichtlich eines Betrages von 29,51 EUR wird die Klage abgewiesen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.

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