Anerkennung einer Kreuzbandruptur als Folge eines Arbeitsunfalls in der gesetzlichen Unfallversicherung
Tatbestand:
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Anerkennung eines Ereignisses vom 1. Juli 2005 als Arbeitsunfall sowie die Frage,
ob dieser Unfall eine Ruptur des vorderen rechten Kreuzbandes zur Folge gehabt hat.
Der 1986 geborene Kläger knickte am 1. Juli 2005 während des Sportunterrichtes in der Staatlichen Berufsbildenden Schule Technik
in G. beim Fußballspiel mit dem rechten Knie um und rutschte weg. Er wurde mit dem Notarzt in das SRH W. G. verbracht. Der
Durchgangsarzt Dr. F. diagnostizierte eine Distorsion des rechten Knies mit Verdacht auf Kniebinnenschaden. Verletzungsanzeichen
äußerlich und ein Kniegelenkerguss wurden nicht festgestellt. Diagnostiziert wurden ein Druckschmerz an der Außenseite rechtes
Knie und eine schmerzbedingte Funktionseinschränkung. Ein Ergänzungsbericht bei Verdacht auf Kniebinnenschaden wurde durch
den Durchgangsarzt ausgefüllt. Auf Befragen des Durchgangsarztes verneinte der Kläger das Vorliegen von unfallunabhängigen
Erkrankungen oder Verletzungen an dem geschädigten Knie. Der Durchgangsarzt hielt bei weiter bestehendem Verdacht auf einen
Kniebinnenschaden weitere diagnostische Maßnahmen, wie die Durchführung einer Magnetresonanztomographie (MRT), für erforderlich.
Nach Feststellung eines unveränderten schmerzhaften Streckdefizits und eines geringen Gelenkergusses wurde am 5. Juli 2005
eine MRT durchgeführt. Dabei wurden ein dorsal diffuses Weichteilödem mit Kapselalteration und ein Ödem mit winziger okkulter
Fraktur im dorsolateralen Tibiakopf festgestellt, ferner eine komplette Ruptur des vorderen Kreuzbandes bei Dislokation der
Bandstümpfe und ein deutlicher Gelenkerguss.
Im Rahmen eines stationären Aufenthaltes vom 25. bis 30. Juli 2005 im Krankenhaus R. wurde deshalb eine vordere Kreuzbandersatzplastik
vorgenommen.
Am 5. September 2005 erlitt der Kläger auf dem Weg zur Krankengymnastik beim Aussteigen aus dem Bus einen weiteren Unfall
und verdrehte sich dabei das linke Kniegelenk. Eine MRT ergab hierbei eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes links. Deshalb
wurde dem Kläger während eines weiteren stationären Aufenthaltes im Krankenhaus R. vom 3. bis 9. Oktober 2005 auch eine Kreuzbandersatzplastik
an dem linken Kniegelenk eingesetzt.
Im Auftrag der Beklagten erstellte Dr. U. am 22. August 2006 ein Zusammenhangsgutachten. Er kam zu dem Ergebnis, dass bei
dem Ereignis vom 1. Juli 2005 eine Kreuzbandruptur rechts eingetreten sei. Die Hergangsschilderung lasse eine adäquate Gewalteinwirkung
erkennen, bei der grundsätzlich das vordere Kreuzband habe reißen können. Eine zeitnah zum Unfall durchgeführte Kernspintomographie
habe die Komplettruptur des vorderen Kreuzbandes in Kombination mit einem ausgedehnten Spongiosaödem im Schienenbeinkopf als
Hinweis auf eine erhebliche Gewalteinwirkung auf das Kniegelenk bestätigt. Auch der intraoperative Befund habe die vordere
Kreuzbandruptur bestätigt. Die Beschreibung der Kreuzbandreste sei gut mit dem Eintritt der Verletzung circa vier Wochen zuvor
vereinbar. Hinweise auf eine vorbestehende Instabilität hätten sich nicht ergeben. In einer beratungsärztlichen Stellungnahme
vom 5. Oktober 2006 (Blatt 302 des Verwaltungsvorgangs) schlug Dr. C. vor, eine muskuläre kompensierbare vordere Innenstabilität
nach Kreuzbandersatzplastik an beiden Kniegelenken als Unfallfolge anzuerkennen.
Der Beratungsarzt Dr. K. hingegen verneinte in seiner Stellungnahme vom 6. März 2007 einen Zusammenhang zwischen dem Ereignis
vom 1. Juli 2005 und der Ruptur des vorderen rechten Kreuzbandes. Das vordere Kreuzband sei bei einem vorderen innenseitigen
Bündel abgerissen und in der Oberschenkelgrube habe sich eine Narbe befunden. Eine Retraktion des Kreuzbandes trete nicht
innerhalb von 3,5 Wochen ein. Das Schadensbild müsse auf ein deutlich länger vorbestehendes Ereignis zurückgeführt werden.
Gestützt hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 21. März 2007 die Gewährung einer Entschädigung ab, weil es sich bei
dem Ereignis vom 1. Juli 2005 nicht um einen Arbeitsunfall im Sinne der Gesetzlichen Unfallversicherung gehandelt habe. Ein
eingelegter Widerspruch des Klägers hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 24. August 2007).
Hiergegen hat der Kläger am 24. September 2007 beim Sozialgericht Altenburg Klage erhoben.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens von Dr. K ... Dieser gelangt in seinem
Gutachten vom 29. September 2010 zu dem Ergebnis, dass der Kläger am 1. Juli 2005 eine Distorsion des rechten Kniegelenks
erlitten habe. Der Durchgangsarzt habe keine auffällige Instabilität feststellen können, aber gegebenenfalls eine kernspintomographische
Diagnostik oder Spiegelung des Kniegelenks empfohlen. Die vier Tage später durchgeführte kernspintomographische Untersuchung
habe frische Verletzungszeichen wie ein diffuses Weichteilödem und eine Kapselalteration und Zeichen der Gewalteinwirkung
im Sinne eines Knochenmarködems im Bereich des hinteren äußeren Schienbeinkopfes dokumentiert. Bei einer pathologischen Gewalteinwirkung
auf ein Kniegelenk seien derartige Knochenmarködeme zu fordern. Der Befund erlaube es daher, eine frische Gewalteinwirkung
auf das rechte Kniegelenk abzuleiten. Den Ausführungen des Beratungsarztes Dr. K. könne nicht gefolgt werden. Dass im klinischen
Erstuntersuchungsbefund keine relevante Instabilität nachzuweisen gewesen sei, sei nicht weiter verwunderlich. Es sei auch
heute noch allgemein anerkannt, dass ein großer Teil der unfallbedingten Läsionen des vorderen Kreuzbandes sich der primären
klinischen Diagnostik entzögen. Im Nachschaubericht seien zudem die Angaben aus der Erstuntersuchung schon wieder relativiert
worden, weil wegen der Schmerzhaftigkeit und Funktionsstörung eine aussagekräftige Bandprüfung nicht möglich gewesen sei.
Konsequenterweise sei eine kernspintomographische Diagnostik veranlasst worden, welche frische Verletzungszeichen ergeben
habe. Die für eine vordere Kreuzbandläsion zu fordernden Knochenmarködeme, insbesondere am hinteren äußeren Schienbeinplateau,
seien vorhanden gewesen. Weitere Indizien für eine frisch einwirkende Gewalt seien die Signalstörungen im Bereich der hinteren
Kapsel und die Ödeme in den Weichteilen. Die Argumentation des Beratungsarztes, dass die Läsion des vorderen Kreuzbandes lange
vorbestehend gewesen sei, sei auch deshalb nicht schlüssig, weil sonstige Umformungserscheinungen im Kniegelenk oder Verletzungszeichen
an den Seitenbandstrukturen sowie dem hinteren Kreuzband nicht vorhanden gewesen seien. Bei einer Vorschädigung hätte man
aber Verschleißzeichen in dem Bereich des Knorpels erwarten müssen. Die vom Beratungsarzt zitierte Studie von Murray hinsichtlich
der Entwicklung feingeweblicher Veränderungen nach Läsionen des vorderen Kreuzbandes ergebe, dass zwischen der 3. und 8. Woche
nach Ruptur des vorderen Kreuzbandes entsprechende Veränderungen des Kreuzbandstumpfs im Sinne einer Regeneration und Narbenbildung
sich zeigten. Nichts anderes sei bei der Operation festgestellt worden. Es bestehe zwar immer die Möglichkeit, dass auch andere
Distorsionsereignisse zu einer Läsion des vorderen Kreuzbandes hätten führen können. Diese Möglichkeit trete aber aufgrund
des vorliegenden verletzungsspezifischen Verlaufs mit sofortiger notärztlicher Vorstellung, dem erheblichen Bewegungsdefizit
des Kniegelenks und den frischen Verletzungszeichen völlig in den Hintergrund.
Daraufhin hat die Beklagte eine beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. L. vom 3. November 2010 vorgelegt. Dieser hält es
im Einklang mit dem Beratungsarzt Dr. K. für unfallmechanisch fernliegend, dass bei einem Umknicken das vordere Kreuzband
gefährdet und verletzt werde. Vorrangig gefährdete Strukturen hätten keine Verletzungen aufgewiesen. Dr. K. hat in einer ergänzenden
Stellungnahme vom 19. Januar 2011 hierzu ausgeführt, dass das Umknicken des Klägers vom Beratungsarzt Dr. L. im Sinne eines
Umknickens im O- bzw. X- Sinne interpretiert werde. Eine solche eindimensionale Gewalteinwirkung habe aber nicht stattgefunden,
was auch der kernspintomographischen Untersuchungsbefund belege. Zudem habe der Beratungsarzt Dr. L. in seinem Kursbuch für
ärztliche Begutachtung selbst ausgeführt, dass Verletzungsmechanismen, welche weitgehend isoliert die Kreuzbänder angreifen
würden, nachvollziehbar nur in Bezug auf das vordere Kreuzband zu diskutieren seien. Eine erlittene Distorsion des Kniegelenks
könne grundsätzlich zu einer isolierten Schädigung des vorderen Kreuzbandes führen. Aus dem kernspintomographischen Untersuchungsbefund
ergebe sich zudem, dass nicht eine isolierte Verletzung des vorderen Kreuzbandes vorgelegen habe. Es sei zusätzlich zur Läsion
am vorderen Kreuzband auch zu einer Schädigung der Kniegelenkskapsel rückwärtig mit Unterblutung der angrenzenden Weichteile
gekommen. Ferner sei ein Gelenkerguss, ein Einriss des Hoffaschen Fettkörpers und ein Knochenmarködem zu verzeichnen gewesen.
Es hätten sich also durchaus Verletzungszeichen der Strukturen gezeigt, die z.B. bei Überstreckung des Kniegelenks vorrangig
gefährdet seien.
Mit Urteil vom 16. Mai 2011 hat das Sozialgericht Altenburg unter Aufhebung des Bescheides vom 21. März 2007 in der Gestalt
des Widerspruchbescheides vom 24. August 2007 festgestellt, dass das Ereignis vom 1. Juli 2005 ein Arbeitsunfall und die Distorsion
des rechten Kniegelenks mit frischem Riss des vorderen Kreuzbandes Folge dieses Arbeitsunfalls ist.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger sich bei Ausübung einer versicherten Tätigkeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit
eine Distorsion des rechten Kniegelenks mit frischem Riss des vorderen Kreuzbandes zugezogen habe. Bei Auswertung aller vorliegenden
medizinischen Erkenntnisse spreche mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang; ernsthafte Zweifel, dass bei dem Kläger
schon vor dem Ereignis vom1. Juli 2005 regenerative Abnutzungserscheinungen im Bereich des rechten Kniegelenks vorgelegen
hätten, könnten ausgeschlossen werden. Für einen Ursachenzusammenhang spreche bereits der Unfallmechanismus. Eine erlittene
Distorsion beinhalte grundsätzlich die Potenz zur Schädigung des vorderen Kreuzbandes isoliert oder in Kombination mit anderen
Kapselbandstrukturen. Die Ausführungen des Beratungsarztes Dr. L. seien nur auf ein Umknicken im O- bzw. X-Sinn bezogen. Ein
derartiger Unfallmechanismus sei jedoch nicht belegt. Eine kausale Verknüpfung zwischen dem Ereignis vom 1. Juli 2005 und
dem Riss des vorderen Kreuzbandes ergebe sich auch durch die Geschehnisse nach dem Ereignis selbst. Es sei sofort eine notärztliche
Vorstellung im W. G. erfolgt. Bereits im Nachschaubericht vom 4. Juli 2005 werde angegeben, dass eine Prüfung des Bandapparats
schmerz- und schonhaltungsbedingt nicht möglich gewesen sei. Auch der operative Befund stütze den Kausalzusammenhang. Frische
Kreuzbandverletzungen seien von einer Läsion der Kapsel begleitet. Es bilde sich meist ein blutiger Erguss. Ein dementsprechender
Befund liege vor. Anhaltspunkte dafür, dass die Läsion des vorderen Kreuzbandes schon länger zurückliege, seien nicht vorhanden.
Die vom Beratungsarzt Dr. K. angegebene Studien zeigten gerade die Möglichkeit auf, dass zwischen der dritten und achten Woche
nach der Ruptur des vorderen Kreuzbandes entsprechende narbige Veränderungen des Kreuzbandstumpfes sich zeigten. Nichts anderes
sei hier bei der Operation knapp vier Wochen nach dem Ereignis festgestellt worden. Auch die kernspintomographischen Aufnahmen
sprächen deutlich für eine frische Ruptur des vorderen Kreuzbandes. Bei der Untersuchung am 5. Juli 2005 seien frische Verletzungszeichen
der Strukturen dokumentiert. Bei dem Ereignis vom 5. September 2005 handele es sich um ein eigenständiges Unfallereignis,
so dass dessen Folgen in diesem Zusammenhang hier nicht zu diskutieren gewesen seien.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie verweist insoweit auf eine fachradiologische Stellungnahme ihres Beratungsarztes
Dr. H. vom 29. August 2011, wonach die bildtechnischen Befunde eher für eine Reruptur eines bereits vorgeschädigten Kreuzbandes
sprechen würden, welches dann im Rahmen des Ereignisses vom 1. Juli 2005 vollständig ruptiert sei. Bei der Kernspintomographie
des rechten Kniegelenks am 5. Juli 2005 seien nur sehr diskrete ödematöse Signalveränderungen am dorsalen Tibiakopfplateau
ohne Nachweis einer makroskopischen Fraktur gesichert worden. Auch im Verlauf des vorderen Kreuzbandes finde sich nur eine
geringradige Ödembildung. Daher sei festzuhalten, dass die Ödembildung für die einzeitige Ruptur eines bis dahin intakten
Kreuzbandes nur sehr gering ausgeprägt sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichtes Altenburg vom 16. Mai 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er bezieht sich auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Urteils.
Der Senat hat im Berufungsverfahren ein radiologisches Gutachten von Dr. G. vom 11. September 2012 eingeholt. Dieser gelangt
in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, dass die erhobenen Befunde auf ein vier Tage altes Trauma zurückzuführen seien. Bei der
Kernspintomographie am 5. Juli 2005 habe sich einerseits ein Gelenkerguss sowie auch eine ödematöse Verquellung im Bereich
des ruptierten vorderen Kreuzbandes gefunden. Aus der Fachliteratur sei bekannt, dass vordere Kreuzbandrupturen in der Mehrzahl
der Fälle mit einem dabei nachweisbaren Knochenmarksödem am lateralen Tibiakopfgebiet verbunden seien. Des Weiteren sei eine
Ergussbildung nachweisbar. Eine blutige Beimengung sei möglich, wenngleich wie häufig in der MRT, nicht mit letzter Sicherheit
nachzuweisen.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom 11. September 2012 hat der Sachverständige Dr. K. gestützt hierauf ausgeführt, dass
die Frische der befundeten Kniebinnenverletzungen hinreichend belegt und der Unfallzusammenhang damit schlüssig dargetan sei.
Die aus dem radiologischen Bildmaterial sich ergebenden Verletzungszeichen hätten schlüssig mit einem wenige Tage zuvor erfolgten
Ereignis in Einklang gebracht werden können.
In einer ergänzenden Stellungnahme vom 4. Dezember 2012 führt der Sachverständige Dr. G. aus, dass allein aus der Tatsache,
dass das rupturabhängige Ödem am vorderen Kreuzband respektive des Knochenmarksödem am posterolateralen Tibiakopf nur relativ
gering ausgeprägt sei, nicht geschlossen werden könne, dass bei dem Kläger schon eine vorbestehende Schwächungssituation des
vorderen Kreuzbandes bestanden habe.
Daraufhin hat die Beklagte eine weitere beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. H. vom 17. November 2012 vorgelegt. Dieser
führt darin aus, dass bei einer kompletten Ruptur eines bis dahin intakten vorderen Kreuzbandes in aller Regel ein sehr deutliches
Ödem erwartet werde, was sich den vorliegenden Aufnahmen nicht entnehmen lasse. Auch die ödematösen Veränderungen im vorderen
Kreuzband seien sehr diskret. Eine komplette Ruptur eines bis dahin intakten Kreuzbandes hätte ein wesentlich deutlicheres
Ödem zur Folge haben müssen. Auch das Fehlen höhergradiger Verletzungszeichen an den kollateralen Bändern sei äußerst selten.
Die Wahrscheinlichkeit eines primären Kreuzbandrisses bei intaktem Band sei äußerst gering. Daher sei die Wahrscheinlichkeit
einer vorbestehenden Schädigung des Kreuzbandes mit erneut erfolgter Distorsion wesentlich wahrscheinlicher. Dieser Einschätzung
hat sich der Beratungsarzt Dr. L. in seiner Stellungnahme vom 7. Dezember 2012 angeschlossen. Das vordere Kreuzband sei in
Übereinstimmung mit den fehlenden Ödembildungen in den Ansatzbereichen, den fehlenden Begleitverletzungen, dem fehlenden blutigen
Gelenkerguss und den sehr diskret ausgebildeten Verletzungszeichen im Übrigen rissbereit gewesen. Dafür sprächen auch die
Angaben des Versicherten zum Ablauf der versicherten Tätigkeit. Eine äußere Krafteinwirkung sei nicht angegeben. Seine Auffassung
hat der Beratungsarzt Dr. L. in einer weiteren Stellungnahme vom 16. Januar 2013 vertieft. Bei dem Ereignis sei mit Sicherheit
kein Trauma abgelaufen. Isolierte Verletzungen des vorderen Kreuzbandes seien selten. Weder der bildtechnisch zur Darstellung
kommende Befund noch der intaoperative Befund passe zu einer unfallbedingten Zusammenhangstrennung des vorderen Kreuzbandes
am 1. Juli 2005.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Gerichts- und Beklagtenakten, die Gegenstand der Beratung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das erstinstanzliche Urteil des Sozialgerichtes Altenburg ist
rechtmäßig. Der Kläger hat einen Anspruch auf Anerkennung des Ereignisses vom 1. Juli 2005 als Arbeitsunfall und Feststellung
einer Distorsion des rechten Kniegelenks mit frischem Riss des vorderen Kreuzbandes als Folge dessen.
Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nimmt der Senat insoweit Bezug auf die Ausführungen des Sozialgerichtes in seinem
angegriffenen Urteil nach §
153 Abs.
2 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG).
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass das Sozialgericht sich zu Recht auf die überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen
Dr. K. in seinem Gutachten vom 29. September 2010 gestützt hat. Dort hat dieser nachvollziehbar dargelegt, dass sowohl der
operative Befund vom 26. Juli 2005 als auch das Ergebnis der kernspintomographischen Untersuchung vom 5. Juli 2005 für eine
frische Ruptur des vorderen Kreuzbandes sprechen. Soweit der Beratungsarzt der Beklagten Dr. K. im Verwaltungsverfahren und
nunmehr auch im Berufungsverfahren der Beratungsarzt Dr. L. aufgrund der bei der Operation vorgefundenen Narbe von einem länger
zurückliegenden Ereignis ausgehen, hat der Sachverständige Dr. K. dies unter Hinweis auf eine Studie von Murray nachvollziehbar
widerlegt. Aus dieser Studie ergibt sich, dass zwischen der dritten und achten Woche nach der Ruptur des vorderen Kreuzbandes
entsprechende Veränderungen des Kreuzbandstumpfes mit einer pilzförmigen Umformung im Sinne der Regeneration und Narbenbildung
beobachtet worden sind. Derartiges wurde auch im Operationsbericht vom 26. Juni 2005 beschrieben. Insoweit ist die Auffassung
des Beratungsarztes Dr. L. in seiner Stellungnahme vom 16. Januar 2013, wonach eine makroskopisch zur Darstellung kommende
Narbe nicht innerhalb von 3,5 Wochen entstehen könne, widerlegt. Jedenfalls ist dies nicht derart ausgeschlossen, dass unter
Bezugnahme auf einen solchen Befund mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit vom Vorliegen einer älteren Verletzung ausgegangen
werden müsste.
Die Einschätzung, dass die vordere Kreuzbandruptur mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das Ereignis vom 1. Juli 2005
zurückzuführen ist, wird auch durch das im Berufungsverfahren eingeholte radiologische Gutachten von Dr. G. bestätigt bzw.
durch die beratungsärztlichen Stellungnahmen der Beklagten nicht in Zweifel gezogen. In seinem radiologischen Gutachten vom
11. September 2012 hat der Sachverständige Dr. G. den MRT-Befund vom 5. Juli 2005 ausgewertet und ist dabei zu dem Ergebnis
gelangt, dass dieser Befund für eine frische Komplettruptur des vorderen Kreuzbandes spricht. Insoweit hat er dargelegt, dass
nach der Fachliteratur vordere Kreuzbandrupturen in der Mehrzahl der Fälle verbunden sind mit einem nachweisbaren Knochenmarksödem
am posterolateralen Tibiakopfgebiet. Ein derartiges typisches Knochenmarksödem am Tibiakopf gelangte nach seinen Ausführungen
bildtechnisch im MRT vom 5. Juli 2005 zur Darstellung. Des Weiteren hat er ein Ödem im mittleren bis usprungsnahen Verlaufsdrittel
des vorderen Kreuzbandes festgestellt und einen Gelenkerguss und eine ödematöse Verquellung im Bereich des rupturierten vorderen
Kreuzbandes. Die Ergussbildung war für ihn nachweisbar. Blutige Beimengung konnte er nicht sicher feststellen, weil dies in
der MRT nicht mit letzter Sicherheit gelingt. Gestützt hierauf hat der Sachverständige Dr. K. in seiner ergänzenden Stellungnahme
vom 11. September 2012 ausgeführt, dass die Frische der befundeten Kniebinnenverletzungen damit aus seiner Sicht hinreichend
belegt ist.
Dieses Ergebnis wird durch die von der Beklagten vorgelegten beratungsärztlichen Stellungnahmen von Dr. H. und Dr. L. nicht
wesentlich in Zweifel gezogen. Der Radiologe und Beratungsarzt der Beklagten Dr. H. begründet seine Zweifel am Vorliegen einer
kompletten Ruptur eines bis dahin intakten vorderen Kreuzbandes im wesentlichen damit, dass die festgestellten ödematösen
Veränderungen im vorderen Kreuzband sehr diskret waren und eine Ruptur in Anbetracht des relativ nahen Untersuchungszeitpunkts
ein wesentlich deutlicheres Ödem zur Folge haben müsste. Dem schließt sich der Beratungsarzt Dr. L. in seinen Stellungnahmen
vom 7. Dezember 2012 und 16. Januar 2003 an. Hiermit wird aber nicht in Zweifel gezogen, dass die für eine vordere Kreuzbandruptur
erforderlichen Ödembildungen im Fall des Klägers gesichert werden konnten. Soweit auf den geringen Ausprägungsgrad dieser
Ödeme hingewiesen wird, hat bereits der Sachverständige Dr. G. in seinem Gutachten vom 11. September 2012 ausgeführt, dass
nach seinem Wissensstand in der radiologischen Literatur keine exakten Angaben oder Aussagen dazu existieren, ab welchem Schweregrad
ein unfallbedingtes Knochenmarksödem vom Ausprägungsgrad her für eine Gewalteinwirkung spreche, die in der Lage sei, ein vorderes
Kreuzband total oder nur teilweise zur Ruptur zu bringen. Derartige wissenschaftliche Erkenntnisse haben auch die Beratungsärzte
der Beklagten Dr. H. und Dr. L. nicht mitgeteilt. Auch Dr. L. hat in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 16. Januar
2013 nur ausgeführt, dass Ödembildungen unfallnah am stärksten ausgeprägt sind und dann eine rückläufige Tendenz haben. Eine
nachvollziehbare Begründung, warum die im Fall des Klägers zeitnah kernspintomographisch gesicherten Ödeme, die nach der unfallversicherungsrechtlichen
Literatur (vgl. nur L. in Der Unfallmann, 13. Auflage 2013, Ziffer 14.6 "Der isolierte Schaden des vorderen Kreuzbandes")
typisch für das Schadensbild einer Kreuzbandruptur sind, dennoch nicht ausreichen sollen, wird nicht erbracht. Dasselbe gilt,
soweit Dr. L. in der genannten Stellungnahme beanstandet, dass nur ein Reizerguss mit allenfalls geringen Spuren einer Einblutung
vorgefunden wurde. In der wissenschaftlichen Literatur ist nicht definiert, dass Derartiges nicht mehr als Zeichen für eine
vordere Kreuzbandruptur ausreichen soll. Auch die Ausführungen in den beratungsärztlichen Stellungnahmen, dass eine isolierte
Ruptur des vorderen Kreuzbandes äußerst selten ist, helfen nicht weiter. Entscheidend ist die Frage, ob eine solche nach den
zur Verfügung stehenden Erkenntnissen hinreichend wahrscheinlich gemacht werden kann. Nicht zutreffend sind auch die Ausführungen
von Dr. L., wonach sich die deutliche Bewegungseinschränkung am Unfalltag nicht durch die Zusammenhangstrennung des vorderen
Kreuzbandes erkläre. Seine Erklärung sei, dass im Zusammenhang getrennte Fasern die Gelenkfunktion gestört hätten. Er bezieht
sich hier insoweit auf die Feststellungen des Durchgangsarztes, wonach dieser einen Kniegelenkserguss nicht feststellen konnte.
Dabei wird aber der weitere Behandlungsverlauf außen vor gelassen. Es wird nicht hinreichend berücksichtigt, dass der Durchgangsarzt
bereits einen Ergänzungsbericht wegen Verdacht auf Kniebinnenschaden ausgefüllt hat und bei weiter bestehendem Verdacht eine
weitere Diagnostik wie z.B. eine MRT für erforderlich hielt. Dem entspricht es auch, dass in den anschließenden Nachschauberichten
ausgeführt wurde, dass der Bandapparat schmerz- und schonhaltungsbedingt nicht geprüft werden konnte. Ein geringer Gelenkerguss
wurde auch nach den Nachschauberichten als gesichert angesehen. Dies steht auch mit den Ergebnissen der MRT vom 5. Juli 2005
im Einklang.
Daher ergibt sich, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände insbesondere unter Berücksichtigung der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen
Lehrmeinungen mehr für als gegen eine Verursachung der vorderen Kreuzbandruptur durch das Ereignis vom 1. Juli 2005 spricht
und kein Raum für einen neben dem Unfallgeschehen naturwissenschaftlich wirksam gewordenen Vorschaden bzw. eine Schadensanlage
verbleibt. Diese Überzeugung gewinnt der Senat auf der Grundlage der zeitnahen Bilddiagnostik (MRT vom 6. Juli 2005), dem
OP- Bericht vom 26. Juli 2005 und den Gutachten der Dres. U., K. und G ... Wenn die Beklagte dem entgegenhält, dass - in Anlehnung
an Dres. H. und L. - die geringe Ödembildung "dafür spricht", dass ein Vorschaden bestand, dann ist damit nur eine Möglichkeit
angesprochen. Diese reicht nicht aus, um den Nachweis einer Kreuzbandruptur durch das Ereignis vom 1. Juli 2005 zu erschüttern.
Daher steht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit fest, dass die vordere Kreuzbandruptur Folge des Arbeitsunfalls vom 1. Juli
2005 ist.
Nur der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass die Beklagte, selbst wenn man die vordere Kreuzbandruptur
nicht als durch den Unfall verursacht ansehen würde, verpflichtet gewesen wäre, das Ereignis vom 1. Juli 2005 als Unfall anzuerkennen.
In jedem Fall lag eine Distorsion des rechten Kniegelenks vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 SGG nicht vorliegen.