Verfassungsmäßigkeit der Bemessung des Krankengeldes bei hauptberuflich selbstständig Erwerbstätigen Krankenversicherung nach
dem letzten Einkommensteuerbescheid
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des an den Kläger vom 9. bis 30. April 2004, 12. bis 28. November 2004, 24. Juni bis
21. August 2005, 1. März bis 27. März 2006, 12. Mai bis 30. September 2006, 3. November 2006 bis 14. Januar 2007 gezahlten
Krankengeldes sowie die Ablehnung der Zahlung von Krankengeld ab 30. Dezember 2005 bis 28. Februar 2006 streitig.
Der 1955 geborene Kläger ist seit 1. Mai 1993 bei der Beklagten aufgrund einer selbstständigen Tätigkeit mit Anspruch auf
Krankengeld ab dem 15. Tag der Arbeitsunfähigkeit freiwillig versichert. Die Beitragsbemessung erfolgte in den hier streitigen
Zeiträumen nach der jeweiligen Mindestbeitragsbemessungsgrenze entsprechend §
240 Abs.
4 Satz 2 des
Fünften Buches Sozialgesetzbuch (
SGB V).
Im Jahr 2002 erzielte der Kläger laut Bescheid für 2002 über Einkommenssteuer Kirchensteuern und Solidaritätszuschlag vom
13. Oktober 2003 aus der selbständigen Tätigkeit Einkünfte in Höhe von 2.439 Euro. Im Jahr 2003 erzielte er laut Bescheid
für 2003 über Einkommenssteuer Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag vom 9. März 2005 ein negatives Einkommen in Höhe von
-318,00 Euro. Im Jahr 2004 erzielte der Kläger laut Bescheid für 2004 über Einkommenssteuer Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag
vom 14. Februar 2006 Einkünfte in Höhe von 1.953,00 Euro.
Aufgrund des Eintritts von Arbeitsunfähigkeit am 26. März 2004 gewährte ihm die Beklagte ab 9. April 2004 Krankengeld in Höhe
von 4,74 Euro täglich (Bescheid vom 25. Mai 2004). Mit der letzten Einkommensbefragung habe er Einkünfte aus selbstständiger
Tätigkeit in Höhe von 203,25 Euro nachgewiesen. Die Mindestbeitragsbemessungsgrenze von 1.811,25 Euro, nach der er Beiträge
zahle, sei keine geeignete Grundlage für die Berechnung des Krankengeldes, weil diese nicht die individuelle wirtschaftliche
Leistungsfähigkeit des selbstständig Tätigen widerspiegele. Der Kläger bezog Krankengeld bis 30. April 2004.
Aufgrund des Eintritts von Arbeitsunfähigkeit am 26. Oktober 2004 gewährte die Beklagte ihm ab dem 12. November 2004 Krankengeld
in Höhe von 4,75 Euro täglich, wiederum aufgrund eines zuletzt nachgewiesenen Einkommens in Höhe von 203,25 Euro monatlich
(Bescheid vom 25. November 2004). Der Kläger bezog Krankengeld bis 28. November 2004.
Gegen diese Bescheide erhob er am 29. Dezember 2004 Widerspruch. Grundlage für die Zahlung von Krankengeld müsste die der
Berechnung der Beiträge zu Grunde liegende Bemessungsgrundlage in Höhe von 1.811,25 Euro sein. Mit Widerspruchsbescheid vom
14. April 2005 wies die Beklagte die Widersprüche unter Bezugnahme auf die Gründe im Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30. März 2004 - Az.: B 1 KR 32/02 R zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 3. Mai 2005 (Az.: S 4 KR 1190/05) beim Sozialgericht (SG) Altenburg Klage erhoben.
Aufgrund einer erneuten Arbeitsunfähigkeit ab dem 10. Juni 2005 hat die Beklagte dem Kläger ab dem 24. Juni 2005 Krankengeld
in Höhe von 4,75 Euro täglich unter Hinweis auf das zuletzt nachgewiesene Einkommen in Höhe von 203,25 Euro monatlich (Bescheid
vom 29. Juni 2005) gewährt. Er hat Krankengeld bis 21. August 2005 bezogen. Mit Bescheiden vom 18. April 2006 und 16. Mai
2006 hat die Beklagte die Zahlung von Krankengeld ab 30. Dezember 2005 und ab 12. Mai 2006 nach erneut eingetretener Arbeitsunfähigkeit
mit der Begründung abgelehnt, er habe mit der letzten Einkommensbefragung vor dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit negative Einkünfte
aus der selbstständigen Tätigkeit nachgewiesen. Ein Anspruch auf ein Mindestkrankengeld auf Basis der Mindestbeitragsbemessungsgrenze
bestehe nicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 22. August 2006 hat sie die Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide vom 29.
Juni 2005, 18. April und 16. Mai 2006 zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 22. September 2006 beim SG Altenburg (Az.: S 4 KR 2600/06) Klage erhoben.
Aufgrund einer am 20. Oktober 2006 eingetretenen Arbeitsunfähigkeit hat die Beklagte dem Kläger ab 3. November 2006 bis 14.
Januar 2007 Krankengeld in Höhe von 3,77 Euro täglich unter Berücksichtigung des zuletzt nachgewiesenen Einkommens in Höhe
von 162,75 Euro monatlich gewährt. Der hiergegen gerichtete Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 7. Februar
2007).
Hiergegen hat der Kläger am 8. März 2007 beim SG Altenburg Klage (Az.: S 4 KR 619/07) erhoben.
Mit Beschlüssen vom 2. Februar 2007 und 26. Juni 2007 hat das SG die anhängigen Rechtsstreitigkeiten zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und mit Gerichtsbescheid vom 5.
Dezember 2007 die Klage(n) abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, nach dem Urteil des BSG vom 30. März 2004 - Az.: B 1 KR 32/02 R bemesse sich die Höhe des Krankengeldes eines freiwillig versicherten Selbstständigen nach dem tatsächlich erzielten Arbeitseinkommen
im Sinne von §
15 Abs.
1 des
Vierten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB IV) und nicht nach dem für die Beitragsbemessung maßgebenden Mindesteinkommen nach §
240 Abs.
4 Satz 2
SGB V.
Hiergegen hat der Kläger Berufung eingelegt mit der Begründung, das Krankengeld müsse sich nach dem Regelentgelt richten,
das zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit für die Beitragsbemessung maßgebend war. Die Mindestbeitragsbemessungsgrenze
liege bei 1.811,25 Euro; diese gelte unabhängig vom Einkommen des Versicherten. Die Rechtsauffassung des BSG und des SG habe das unbillige Ergebnis zur Folge, dass bei sehr niedrigen Einkünften die Beiträge anhand des vierzigsten Teils der monatlichen
Bezugsgröße errechnet würden, während das Krankengeld lediglich anhand der tatsächlich erzielten Einkünfte, auch wenn diese
wesentlich unter dem fiktiven Mindesteinkommen lägen, berechnet würde. Dies sei bei selbstständig tätigen Versicherten mit
einem negativen Einkommen ein nicht hinnehmbares Ergebnis. Vor der Entscheidung des BSG sei ihm immer Krankengeld unter Heranziehung der Mindestbeitragsbemessungsgrenze gewährt worden. Im Übrigen sei die Argumentation
des BSG nicht nachvollziehbar.
Im Berufungsverfahren hat sich die Beklagte bereit erklärt, dem Kläger vom 1. März bis 27. März 2006 und 12. Mai bis 30. September
2006 unter Berücksichtigung des im Bescheid für 2004 über Einkommenssteuer Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag vom 14.
Februar 2006 nachgewiesenen Einkommens, Krankengeld in Höhe von 3,77 Euro täglich zu zahlen. Der Kläger hat die Teilanerkenntnisse
angenommen.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Altenburg vom 5.Dezember 2007 aufzuheben und 1. die Bescheide der Beklagten vom 25.
Mai 2004 und 25. November 2004 abzuändern und den Widerspruchsbescheid vom 14. April 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,
ihm vom 9. bis 30. April 2004 Krankengeld in Höhe von weiteren 818,62 Euro (922,02 - 103,40 Euro) und vom 12. November bis
28. November 2004 Krankengeld in Höhe von weiteren 632,40 Euro (712,47 - 80,07 Euro) zu gewähren, 2. den Bescheid vom 24.
Juni 2005 abzuändern und den Bescheid vom 18. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. August 2006 aufzuheben
und die Beklagte zu verurteilen, ihm vom 24. Juni bis 21. August 2005 Krankengeld in Höhe von weiteren 2.157,60 Euro (2.430,78
- 273,18 Euro) zu gewähren und ihm vom 30. Dezember 2005 bis 27. März 2006 Krankengeld in Höhe von 3.729,99 Euro (abzüglich
anerkannter und erbrachter Leistungen) zu gewähren, 3. den Bescheid vom 16. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 22. August 2006 aufzuheben und ihm vom 12. Mai bis 30. September 2006 Krankengeld unter Berücksichtigung der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage
abzüglich bereits anerkannter und erbrachter Leistungen zu gewähren, 4. den Bescheid vom 1. November 2006 abzuändern und den
Widerspruchsbescheid vom 7. Februar 2007 aufzuheben und ihm ab dem 3. November 2006 bis 14. Januar 2007 Krankengeld in Höhe
von weiteren 2.790,00 Euro (3.061,44 - 271,44 Euro) zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt die Ansicht, der Kläger habe keinen Anspruch auf höheres Krankengeld. Die Höhe des Versicherungsbeitrags sei
nicht zwangsläufig maßgebend für die Höhe des Krankengeldes. Das beitragsrechtliche Mindesteinkommen für freiwillig Versicherte
nach §
240 Abs.
4 Satz 1
SGB V solle vielmehr mit der darauf beruhenden Mindestbeitragshöhe verhindern, dass sich freiwillige Kassenmitglieder mit geringen
Einkünften zu Lasten der Solidaritätsgemeinschaft einen umfassenden Krankenversicherungsschutz zu unangemessen niedrigen Beiträgen
erkaufen könnten. Bei der Berechnung des Krankengeldes habe sie nach den gesetzlichen Vorgaben des §
47 Abs.
4 Satz 2
SGB V i.V.m. §
15 SGB IV jeweils den Steuerbescheid zu Grunde zu legen, der vor dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit erlassen und eingereicht gewesen
sei. Laut Steuerbescheid habe der Kläger im Jahr 2002 ein monatliches Einkommen von 203,25 Euro und im Jahr 2004 in Höhe von
162,75 Euro erzielt. Im Jahr 2003 sei sein Einkommen negativ. Die sich aus diesem Einkommen ergebenden Krankengeldansprüche
seien ausgezahlt worden. Das sich aus dem Steuerbescheid für das Jahr 2004 ergebende Einkommen könne erst für Arbeitsunfähigkeitszeiten
ab 1. März 2006 Berücksichtigung finden. Bei der Ablehnung der Gewährung von Krankengeld für Arbeitsunfähigkeitszeiten vom
30. Dezember 2005 bis 28. Februar 2006 habe sie zu Recht das sich aus dem Steuerbescheid für das Jahr 2003 ergebende (negative)
Einkommen als Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Krankengeldes herangezogen.
Die Berichterstatterin hat am 21. Mai 2008 mit den Beteiligten einen Termin zur Erörterung des Sachverhalts durchgeführt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten,
der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet, soweit ihr nicht durch Teilanerkenntnisse der Beklagten vom 10. Juli 2008 und 28.
Februar 2012 entsprochen wurde. Die angefochtenen Bescheide vom 24. Mai 2004 und 25. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 14. April 2005 (dazu unter 1), der Bescheid vom 29. Juni 2005, 18. April 2006, abgeändert durch Teilanerkenntnis vom 28.
Februar 2012 sowie der Bescheid vom 16. Mai 2006, abgeändert durch Teilanerkenntnis vom 10. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 22. August 2006 (dazu unter 2) und der Bescheid vom 1. November 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7.
Februar 2007 (dazu unter 3) sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat in den streitigen Zeiträumen
keinen Anspruch auf Gewährung eines höheren Krankengeldes bzw. in dem Zeitraum vom 30. Dezember 2005 bis 28. Februar 2006
keinen Anspruch auf Gewährung von Krankengeld.
Nach §
47 Abs.
1 Satz 1
SGB V (in der Fassung durch Art. 2 Nr.
14 Buchst. a nach Maßgabe des Art. 4 § 2 des Gesetzes vom 1. November 1996, BGBl. I 1996, Seite 1631) beträgt das Krankengeld 70 v.H. des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung
unterliegt (Regelentgelt). Nach §
47 Abs.
1 Satz 5
SGB V wird das Regelentgelt nach den Absätzen 2, 4 und 6 des §
47 SGB V berechnet und nach §
47 Abs.
1 Satz 6 für Kalendertage gezahlt. Für Versicherte, die - wie der Kläger - nicht Arbeitnehmer sind, gilt nach §
47 Abs.
4 Satz 2
SGB V (mit Wirkung vom 30. März 2005 um den Zusatz "aus Arbeitseinkommen" ergänzt durch Art. 4 Nummer 2 des Gesetzes vom 21. März
2005, BGBl. I Seite 818) als Regelentgelt der kalendertägliche Betrag, der zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit für die Beitragsbemessung aus
Arbeitseinkommen maßgebend war.
Der Beitragsbemessung vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit des Klägers lag jeweils nach §
240 Abs.
4 Satz 2
SGB V (in der Fassung durch Art. 5 Nr. 11a des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I Seite 2954) der vierzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße zu Grunde. Dieses fiktive Mindesteinkommen ist nach der Rechtsprechung des
BSG (vgl. BSG, Urteil vom 6. November 2008 - Az.: B 1 KR 28/07 unter Hinweis auf BSG, Urteile vom 30. April 2004 - Az.: B 1 KR 32/02 R und 7. Dezember 2004 - Az.: B 1 KR 17/04 R, nach juris) nicht für die Berechnung des Krankengeldes maßgeblich. Dieser Auffassung schließt sich der Senat an.
(1) Die Berechnung des Krankengelds nach dem im Jahr 2002 erzielten Einkommen aufgrund der am 26. März und 26. Oktober 2004
eingetretenen Arbeitsunfähigkeit ist danach zu Gunsten des Klägers nicht zu beanstanden.
Nach dem Urteil des BSG vom 6. November 2008 (aaO.) bemisst sich das Krankengeld bei hauptberuflich selbstständig Erwerbstätigen nach dem erzielten
Arbeitseinkommen und nicht nach dem für die Beitragsbemessung maßgebenden Mindesteinkommen. Krankengeld kann grundsätzlich
nur als Ersatz für diejenigen Einkünfte beansprucht werden, die der Versicherte vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit als Arbeitsentgelt
oder Arbeitseinkommen (tatsächlich) bezogen hat und die wegen der Erkrankung entfallen. Dies gilt auch für Versicherte, die
- wie der Kläger - keine Arbeitnehmer sind. Das BSG hat an der Rechtsprechung festgehalten, dass ein Anspruch auf Gewährung eines Mindestkrankengeldes für diesen Personenkreis
aus dem Gesetz nicht herzuleiten ist.
Bei freiwillig versicherten hauptberuflich Selbstständigen ist das Krankengeld nach §
47 Abs.
4 Satz 2
SGB V nur im Sinne einer widerlegbaren Vermutung nach dem Regelentgelt zu berechnen, das dem Betrag entspricht, aus dem zuletzt
vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit Beiträge entrichtet worden sind. Die Vermutung kann demnach widerlegt werden, wenn konkrete
Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass dieses Einkommen erkennbar nicht der tatsächlichen wirtschaftlichen Situation des Versicherten
vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit entspricht, weil sein tatsächliches Arbeitseinkommen wesentlich geringer war. Gerade bei
der Zahlung von Mindestbeiträgen wird regelmäßig Anlass bestehen, vom tatsächlichen Arbeitseinkommen auszugehen, weil dessen
Nachweis der Grund für die Zahlung der Mindestbeiträge ist. Wegen der Entgeltersatzfunktion ist die Höhe des Krankengeldes
dann auf den Ersatz des tatsächlich entfallenen, nach der Referenzmethode zu berechnenden Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens
begrenzt.
Für freiwillige Mitglieder, die hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sind, gilt nach §
240 Abs.
4 Satz 2
SGB V als beitragspflichtige Einnahme für den Kalendertag der dreißigste Teil der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze (§
223 SGB V), bei Nachweis niedrigerer Einnahmen jedoch (grundsätzlich) mindestens der vierzigste Teil der monatlichen Bezugsgröße. Der
Nachweis der tatsächlich erzielten, niedrigeren Einnahmen, der grundsätzlich durch den Einkommensteuerbescheid erbracht wird,
liegt der Krankenkasse mithin in der Regel vor, wenn sie über die Höhe des Krankengeldes zu entscheiden hat. Sind die Beiträge
vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit nach dem Mindesteinkommen erhoben worden, muss das vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit
erzielte Arbeitseinkommen konkret ermittelt werden. Liegt - wie hier - der Beitragsbemessung ein von dem Finanzamt erlassener
Einkommensteuerbescheid zu Grunde, ist die konkrete Höhe des Arbeitseinkommens grundsätzlich diesem Bescheid zu entnehmen.
Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Steuerbescheid nicht das Kalenderjahr betrifft, das dem Jahr, in dem die Arbeitsunfähigkeit
eintritt, unmittelbar vorausgeht (vgl. BSG, Urteil vom 6. November 2008 aaO., m.w.N.). Zur Begründung führt das BSG aus: "Die Verknüpfung des Regelentgelts in §
47 Abs
4 Satz 2
SGB V mit dem Begriff des Arbeitseinkommens und den Grundsätzen der Beitragsbemessung nach §
240 Abs 4 Satz 2 schließt vielmehr ein, dass die tatsächlich erzielten Einnahmen auch bei der Bemessung des Krg nur zeitversetzt
berücksichtigt werden. Denn das für die Ermittlung des Regelentgelts maßgebliche Arbeitseinkommen wird in §
15 Abs
1 Satz 1
SGB IV definiert als "der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer
selbstständigen Tätigkeit". Angeknüpft wird demnach an das Einkommensteuerrecht, nach dem das Kalenderjahr der maßgebliche
Veranlagungszeitraum ist (vgl § 25 Abs. 1EStG, BSGE 98,43 = SozR 4-2500 § 47 Nr 7, jeweils RdNr 13). Dies hat zur Folge, dass
der nach diesen Vorschriften ermittelte Gewinn aus selbstständiger Tätigkeit vor Schluss eines Kalenderjahres nicht feststeht
(vgl BSGE 79, 133, 138 ff = SozR 3-2500 § 240 Nr 27 S 102 ff).
Dementsprechend werden die Beiträge der freiwillig versicherten hauptberuflich Selbstständigen bei einem Nachweis geänderter
Einnahmen nach §
240 Abs
4 Satz 2 und
3 SGB V zukunftsbezogen und die tatsächlich erzielten Einnahmen in der Regel nur zeitversetzt berücksichtigt. Dies ist nicht zu beanstanden.
Nur die Erfassung des Einkommens über einen längeren abgelaufenen Zeitraum spiegelt das Arbeitseinkommen eines hauptberuflich
Selbstständigen, das monatlich erheblichen Schwankungen unterliegen kann, relativ zuverlässig wider. Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
wird über einen längeren Zeitraum gesehen zutreffend berücksichtigt, denn es erfolgt ein Ausgleich der wechselnden Einnahmen,
indem sich sowohl die nachgewiesene Erhöhung der Einnahmen als auch deren nachgewiesene Verringerung für die zukünftige Beitragsfestsetzung
jeweils bis zum Nachweis einer Änderung bei der Beitragsberechnung auswirkt (BSG, Urteil vom 22. 3.2006 - B 12 KR 14/05 R - BSGE 96, = SozR 4-2500 § 240 Nr 5, jeweils RdNr 16).
An die Tatsachenermittlungen, die der letzten Festsetzung des Mindestbeitrags vor Eintritt der AU zugrunde lagen, ist aus
den gleichen Gründen anzuknüpfen, die der erkennende Senat bereits für den Regelfall des Rückgriffs auf die Beitragsbemessungsgrundlage
in seinem Urteil vom 14.12.2006 (BSGE 98, 43 = SozR 4-2500 § 47 Nr 7; vgl auch Beschluss des 1. Senats vom 28.7.2008 - B 1 KR 44/08 B - juris) dargelegt hat: Bei der Frage, welches Arbeitseinkommen der Versicherte vor Eintritt der AU zuletzt erzielt und damit
seine Einkommenssituation geprägt hat, muss berücksichtigt werden, dass der Versicherte typischerweise zur Sicherung seines
Lebensunterhalts auf das Krg angewiesen ist und die Bewilligung rasch erfolgen muss. Insoweit können Gesichtspunkte der Praktikabilität
und Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Arbeitseinkommens Selbstständiger nicht außer Betracht bleiben. Diesen Gesichtspunkten
wird nicht nur Rechnung getragen, wenn gemäß § 47 Abs 4 Satz 2 für das Regelentgelt auf die zuletzt vor Eintritt der AU maßgeblich
gewesene Beitragsbemessungsgrundlage und damit auf diejenigen Verhältnisse im aktuellen Versicherungsverhältnis abgestellt
wird, die anhand einfach festzustellender Tatsachen (letzte Beitragsbemessungsgrundlage) rasch und verwaltungspraktikabel
ermittelt werden können (so BSGE 98, 43 = SozR 4-2500 § 47 Nr 7, jeweils RdNr 12 f). Ihnen wird auch dadurch Geltung verschafft, dass für die Ermittlung des tatsächlichen
Einkommens auf die zuletzt vor Eintritt der AU maßgeblich gewesenen Tatsachen zur Bemessung des Mindestbeitrags zurückgegriffen
wird.
Die Interessen der Versicherten, die den Mindestbeitrag zahlen, sind nicht wesentlich anders gelagert als diejenigen der übrigen
Versicherten. Versicherte, die dauerhaft ein Arbeitseinkommen unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze erwirtschaften, dürften
regelmäßig ein Interesse daran haben, ihre Beitragslast durch den Nachweis eines geringeren Arbeitseinkommens in dem durch
§
240 Abs.
4 Satz 2
SGB V eröffneten Rahmen zu verringern, und damit "einkommensangemessene" Beiträge zahlen (BSG, aaO., RdNr 12). Dies gilt auch für Versicherte, die den Mindestbeitrag zahlen. Denn auch diese Versicherten sind angesichts
des dem §
240 Abs
4 Satz zwei
SGB V zugrunde liegenden Jährlichkeitsprinzips der Gefahr ausgesetzt, in dem nächsten Kalenderjahr Beiträge in der Höhe der Beitragsbemessungsgrenze
zu zahlen, wenn sie nicht auch für den folgenden Beitragsbemessungszeitraum niedrigere Einkünfte nachweisen."
Das Krankengeld ist von der Beklagten auf Grundlage eines Gewinns von 2.439 Euro im Jahr 2002 zutreffend ermittelt worden.
Die Berechnung des täglichen Krankengeldes ab dem 9. April 2004 (Bescheid vom 25. Mai 2004) und ab dem 12. November 2004 (Bescheid
vom 25. November 2004) in Höhe von 4,74 Euro aus dem täglichen Arbeitseinkommen des Jahres 2002 lassen Rechtsfehler nicht
erkennen. Sie wird von dem Kläger auch nicht angegriffen, sodass die Berechnung im Übrigen keiner näheren Begründung bedarf.
2) Aus den genannten Gründen ist auch die Berechnung des Krankengeldes ab dem 24. Juni 2005 (Bescheid vom 29. Juni 2005) ab
dem 1. März 2006 (Bescheid vom 18. April 2006, abgeändert durch Teilanerkenntnis vom 28. Februar 2012) und ab dem 12. Mai
2006 (Bescheid vom 16. Mai 2006, abgeändert durch Teilanerkenntnis vom 10. Juli 2008) in Höhe von 4,75 Euro bzw. 3,77 Euro
nicht zu beanstanden. Die Ablehnung der Gewährung von Krankengeld ab dem 30. Dezember 2005 bis 28. Februar 2006 (Bescheid
vom 18. April 2006) ist ebenfalls nicht zu beanstanden, weil der Kläger mit dem Bescheid über Einkommenssteuer, Kirchensteuer
und Solidaritätszuschlag für das Jahr 2003 vom 9. März 2005 kein Einkommen aufgrund der selbständig ausgeübten Tätigkeit nachgewiesen
hat.
3) Die Berechnung des Krankengeldes ab dem 3. November 2006 (Bescheid vom 1. November 2006) ist von der Beklagten auf der
Grundlage eines Gewinns von 1.953,00 Euro in Höhe von 3,80 Euro ebenfalls zutreffend ermittelt worden. Sie wird von dem Kläger
auch nicht angegriffen.
Ein Verstoß gegen Art.
3 des
Grundgesetzes (
GG) ist nicht ersichtlich (vgl. BSG, Urteil vom 6. November 2008, aaO., m.w.N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG. Eine Verpflichtung der Beklagten zur teilweisen Übernahme der außergerichtlichen Kosten des Klägers ist nach der Überzeugung
des Senats nicht angemessen, weil das geringfügige Obsiegen des Klägers im Verhältnis zu seinem Unterliegen dies nicht rechtfertigt.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§
160 Abs.
2 Nr.1, 2
SGG).