Gründe:
I.
In dem Berufungsverfahren M. P .../. Deutsche Rentenversicherung. (L 3 R 1509/11) beauftragte die Berichterstatterin des 3. Senats des Thüringer Landessozialgerichts mit Beweisanordnung vom 25. Februar
2013 den Erinnerungsführer, Chirurg, Unfallchirurg und Orthopäde, mit der Erstellung eines Gutachtens nach §
109 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG). Übersandt wurden ihm die Gerichts- (589 Blatt) und Verwaltungsakten (182 Blatt), eine Akte des Landratsamts Sömmerda und
insgesamt 5 CDs mit diversen CT-Aufnahmen. Unter dem 31. August 2013 fertigte der Erinnerungsführer sein Gutachten aufgrund
ambulanter Untersuchungen auf insgesamt 43 Blatt sowie 3 Blatt Anlagen (Messblatt nach der Neutral-0-Methode). In seiner Kostenrechnung
vom gleichen Tag machte er eine Vergütung von insgesamt 2.205,72 Euro geltend (Aktendurchsicht 7,5 Stunden, Auswertung auswärtiger
Röntgenbilder 1,5 Stunden, körperliche Untersuchung 1,5 Stunden, Abfassung des Gutachtens 6,0 Stunden, Diktat und Korrektur
1,25 Stunden = 17,75 Stunden x 100 Euro, Schreibauslagen 74,05 Euro, Porto 4,50 Euro, MWSt. 352,17 Euro). Bezüglich der Einzelheiten
wird auf Blatt 70 des Kostenhefts verwiesen. Mit Verfügung vom 18. Oktober 2013 kürzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
(UdG) die Vergütung auf 1.785,12 Euro und legte einen notwendigen Zeitaufwand von 23,6 Stunden (Aktenstudium 12,3 Stunden,
Auswertung Röntgenbilder 1,5 Stunden, körperliche Untersuchung 2,0 Stunden, Diktat und Korrektur 7,8 Stunden), Schreibgebühren
79,60 Euro, MWSt. 285,02 Euro zugrunde.
Unter dem 22. Oktober 2013 hat sich der Erinnerungsführer gegen die Festsetzung gewandt und die Honorierung in der Honorargruppe
M3 eingefordert. In seiner beigefügten Rechnung hat er den Anspruch auf 1.888,89 Euro korrigiert (Stundensatz 85,00 Euro).
Der Erinnerungsführerin beantragt sinngemäß,
die Vergütung für das Gutachten vom 31. August 2013 auf 1.888,89 Euro festzusetzen.
Der Erinnerungsgegner beantragt,
die Vergütung auf 1.785,12 Euro festzusetzen.
Hinsichtlich der Honorargruppe M2 schließt er sich den Ausführungen der UdG an.
Diese hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 6. November 2013) und sie dem erkennenden Senat vorgelegt.
II.
Die Heranziehung des Erinnerungsführers erfolgte mit Beweisanordnung vom 25. Februar 2013. Damit wird die Vergütung nach §
24 des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die
Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG)) in der Fassung bis 31. Juli 2013 (= a.F.) berechnet. Nach § 4 Abs. 1 S. 1 JVEG erfolgt die Festsetzung der Vergütung durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche
Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen erachtet. Zuständig ist das Gericht, von dem der Berechtigte herangezogen
worden ist (§ 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 JVEG). Der Erinnerungsführer ist Berechtigter im Sinne dieser Vorschrift.
Bei der Erinnerungsentscheidung sind alle für die Bemessung der Vergütung maßgeblichen Umstände zu überprüfen, unabhängig
davon, ob sie angegriffen werden (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. u.a. Beschluss vom 1. Dezember 2011 - L 6 SF 1617/11 E; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (VGH), Beschluss vom 10. Oktober 2005 - 1 B 97.1352, nach juris). Bei der Festsetzung ist der Senat weder an die Höhe der Einzelansätze
noch an den Stundenansatz oder die Gesamthöhe der Vergütung in der Festsetzung durch die UdG oder die Anträge der Beteiligten
gebunden; er kann lediglich nicht mehr festsetzen als beantragt wurde. Nachdem die Erinnerung kein Rechtsbehelf ist, gilt
das Verschlechterungsverbot (sog. "reformatio in peius") bei der erstmaligen richterlichen Festsetzung nicht (vgl. u.a. Senatsbeschluss
vom 16. März 2012 - L 6 SF 151/12 E m.w.N., Meyer/Höver/Bach, Die Vergütung und Entschädigung von Sachverständigen, Zeugen, Dritten und von ehrenamtlichen
Richtern nach dem JVEG, 26. Auflage 2014, § 4 Rdnr. 3; Hartmann, Kostengesetze, 40. Auflage 2010, § 4 JVEG Rdnr. 10).
Nach § 8 Abs. 1 JVEG erhalten Sachverständige als Vergütung 1. ein Honorar für ihre Leistungen (§§ 9 bis 11 JVEG), 2. Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG), 3. Entschädigung für Aufwand (§ 6 JVEG) sowie 4. Ersatz für sonstige und besondere Aufwendungen (§§ 7 und 12 JVEG).
Soweit das Honorar nach Stundensätzen zu bemessen ist, wird es nach § 8 Abs. 2 JVEG für jede Stunde der erforderlichen Zeit einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten gewährt (Satz 1); die letzte bereits
begonnene Stunde wird voll gerechnet, wenn mehr als 30 Minuten für die Erbringung der Leistung erforderlich war (Satz 2 Halbs.
1).
Das Honorar eines Sachverständigen errechnet sich entsprechend den §§ 9 Abs. 1 S. 1, 8 Abs. 2 JVEG nach der erforderlichen Zeit. Sie ist nach einem abstrakten Maßstab zu ermitteln, der sich an dem erforderlichen Zeitaufwand
eines Sachverständigen mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung mit durchschnittlicher
Arbeitsintensität orientiert (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Juli 2007 - 1 BvR 55/07; BGH; Beschluss vom 16. Dezember 2003 - X ZR 206/98, beide nach juris; Senatsbeschlüsse vom 5. März 2012 - L 6 SF 1854/11 B und 21. Dezember 2006 - L 6 B 22/06 SF; Hartmann in Kostengesetze, 43. Auflage 2013, § 8 JVEG Rdnr. 35). Zu berücksichtigen sind die Schwierigkeiten der zu beantworteten Fragen unter Berücksichtigung der Sachkunde auf
dem betreffenden Gebiet, der Umfang des Gutachtens und die Bedeutung der Streitsache (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Dezember
2003 - X ZR 206/98; Ulrich, Der gerichtliche Sachverständige, 12. Auflage 2007, Rdnr. 841). Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die
Angaben des Sachverständigen über die tatsächlich benötigte Zeit richtig sind (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Dezember 2006
- L 6 B 22/06 SF in MedSach 2007, 180 f.; Hessisches LSG, Beschluss vom 11. April 2005 - L 2/9 SF 82/04, nach juris; LSG Baden-Württemberg
vom 22. September 2004 - L 12 RJ 3686/04 KO-A, nach juris). Werden die üblichen Erfahrungswerte allerdings um mehr als 15 v.H. überschritten, ist eine Plausibilitätsprüfung
anhand der Kostenrechnung und der Angaben des Sachverständigen durchzuführen (vgl. Senatsbeschluss vom 21. Dezember 2006 -
L 6 B 22/06 SF; Bayerisches LSG, Beschluss vom 18. Mai 2012 - L 15 SF 104/11, nach juris).
Die Aufteilung der Sachverständigenleistung erfolgt entsprechend dem Thüringer "Merkblatt über die Entschädigung von medizinischen
Sachverständigen" grundsätzlich in fünf Bereichen: a) Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten, b) Erhebung der Vorgeschichte,
c) notwendige Untersuchungen, d) Abfassung der Beurteilung, e) Diktat sowie Durchsicht des Gutachtens.
Der von der UdG aufgeschlüsselte Zeitansatz ist zwar nicht schlüssig. Für das erstellte Gutachten kann angesichts der übersandten
Unterlagen und Angaben unter Berücksichtigung der üblichen Erfahrungswerte trotzdem der zuerkannte Zeitaufwand von 24 Stunden
akzeptiert werden.
Nicht plausibel ist der von der UdG zuerkannte Ansatz für die Aktendurchsicht (12,3 Stunden). Angesichts der übersandten Unterlagen
können unter Berücksichtigung des Durchschnittsaufwands allenfalls 11 Stunden berücksichtigt werden. Der Senat unterstellt
in ständiger Rechtsprechung, dass ein Sachverständiger für das Aktenstudium und vorbereitende Maßnahmen einschließlich der
Fertigung von Notizen und Exzerpten ohne Doppelheftungen einen Zeitaufwand von etwa einer Stunde für etwa 80 Blatt mit ca.
¼ medizinischem Inhalt benötigt (vgl. u. a. Beschlüsse vom 19. Dezember 2007 - L 6 B 172/07 SF und 11. Februar 2003 - L 6 B 6/03 SF). Ist der medizinische Anteil höher (hier: ca. 1/3), sind die Akten mit allgemeinem und mit medizinischem Inhalt getrennt
zu erfassen und unterschiedlich zu bewerten (vgl. Senatsbeschluss vom 27. August 2008 - L 6 SF 36/08: medizinische Unterlagen ca. 1 Stunde für 50 Blatt, sonstige Unterlagen ca. 1 Stunde für 100 Blatt). Nicht zu berücksichtigen
sind bei beiden Berechnungen allerdings die in nicht unbeträchtlichem Umfang vorhandenen Doppelheftungen in der Gerichts-
und den Verwaltungsakten. Gegen den beantragten Zeitansatz für die Auswertung der Röntgenbilder (1,5 Stunden) bestehen keine
Bedenken. Allerdings besteht kein Grund, den Ansatz des Erinnerungsführers für die Untersuchung (1,5 Stunden) zu erhöhen.
In seiner Kostenrechnung unterscheidet er nicht zwischen Erhebung der Vorgeschichte und Untersuchung. Im Ergebnis bestehen
allerdings keine Bedenken gegen den Gesamtansatz von 6 Stunden. Für Diktat, Durchsicht und Korrektur des Gutachtens können
unter Berücksichtigung der Schreibweise 4 Stunden berücksichtigt werden.
Die Schreibauslagen werden nach §§ 12 Abs. 1 S. 2, 7 Abs. 2 JVEG in Höhe der beantragten 74,05 Euro ersetzt. Zusätzlich zu erstatten ist das Porto in Höhe von 4,50 Euro. Der jeweils höhere
Ansatz der Urkundsbeamtin ist unverständlich.
Das Gutachten ist in der Honorargruppe M2 (60,00 Euro) zu vergüten (§ 9 Abs. 1 JVEG). Sie wird wie folgt definiert: Beschreibende (Ist-Zustands-)Begutachtung nach standardisiertem Schema ohne Erörterung spezieller
Kausalzusammenhänge mit einfacher medizinischer Verlaufsprognose und mit durchschnittlichem Schwierigkeitsgrad, z.B. Gutachten
in Verfahren nach dem SchwbG oder zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zur Invalidität. Die Honorargruppe M3 kommt nur bei Gutachten mit hohem Schwierigkeitsgrad
in Betracht. Als Beispiel nennt das Gesetz Begutachtungen spezieller Kausalitätszusammenhänge und/oder differentialdiagnostischer
Probleme und/oder Beurteilungen der Prognose und/oder Beurteilung strittiger Kausalitätsfragen genannt sowie 16 Beispielsfälle.
In den Beispielen beider Honorargruppen sind Gutachten zur Überprüfung der Erwerbsfähigkeit nicht enthalten. Der Begriff "Minderung
der Erwerbsfähigkeit" bei der Definition der Honorargruppe M2 ist rechtstechnisch tatsächlich der gesetzlichen Unfallversicherung
und dem sozialen Entschädigungsrecht zugeordnet (so zu Recht LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. September 2004 - L 12 RJ 3686/04 KO-A). Deshalb muss die Zuordnung nach billigem Ermessen erfolgen (§ 9 Abs. 1 S. 3 2. Halbs. JVEG). Zustandsgutachten wie Gutachten zur Feststellung der Leistungsfähigkeit werden nach der ganz h.M. im Regelfall in die Honorargruppe
M2 eingeordnet (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 1. Juni 2011 - L 6 SF 277/11 B m.w.N., Bayerisches LSG, Beschluss vom 23. September 2009 - L 15 SF 188/09; Hessisches LSG, Beschluss vom 11. April 2005 -L 2/9 SF 82/04, beide nach juris; Reyels in jurisPR-SozR 18/2010 Anm. 6),
denn es handelt sich um typische Gutachten mit durchschnittlicher Schwierigkeit (vgl. Ulrich, Der gerichtliche Sachverständige,
12. Auflage 2007, Rdnr. 872). Eine Honorierung in M3 kommt nur ausnahmsweise dann in Betracht, wenn umfassende und vielschichtige
Überlegungen erforderlich waren (vgl. Senatsbeschluss vom 1. Juni 2011 - L 6 SF 277/11 B; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 22. September 2004 - L 12 RJ 3686/04 KO-A; nach juris); die Schwierigkeiten können mit den diagnostischen oder ätiologischen Fragen zusammenhängen. Auch andere Gründe
sind denkbar, z.B. eine Vielzahl unklarer oder widerspruchsvoller Befunde oder anamnestischer Angaben.
Hier hatte der Erinnerungsführer auftragsgemäß kein Kausalitätsgutachten zu erstatten. Im Hauptsacheverfahren (Rentenverfahren)
ging es nur um die Leistungsfähigkeit der Klägerin. Die Ursache einer Erkrankung ist für ein Rentenverfahren ohne Bedeutung.
Auch die Auseinandersetzung mit Vorgutachten begründet nicht die Honorargruppe M3 (ständige Senatsrechtsprechung, vgl. Beschlüsse
vom 1. Juni 2011 - L 6 SF 277/11 B, 8. Mai 2009 - L 6 SF 35/08, 27. August 2008 - L 6 SF 36/08), ebenso wenig die Abweichung von deren Einschätzung. Es genügt nicht, dass differentialdiagnostische Überlegungen angestellt
werden. Erforderlich ist vielmehr, dass sie einen hohem Schwierigkeitsgehalt hatten (vgl. Senatsbeschluss vom 15. März 2010
- L 6 B 209/09 SF) und hinsichtlich Schwierigkeiten und Aufwand ein "normales" Zustandsgutachten deutlich übersteigen. Hierfür gibt es keinen
Anhalt.
Die Vergütung des Erinnerungsführers errechnet sich damit wie folgt:
24 Stunden x 60,00 Euro (Honorargruppe M2)
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1.440,00 Euro
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Schreibauslagen
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74,05 Euro
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Porto
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4,50 Euro
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1.518,55 Euro
|
MWSt.
|
288,52 Euro
|
Gesamtbetrag
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1.807,07 Euro
|
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§ 4 Abs. 4 S. 3 JVEG).