Rente wegen Erwerbsminderung
Grundsatzrüge
Klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage
Genügen der Darlegungspflicht
1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus
aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig
ist.
2. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung
angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen
der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung
erwarten lässt.
3. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit,
ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von
ihm angestrebten Entscheidung (sog. Breitenwirkung) darlegen.
Gründe:
Mit Urteil vom 22.8.2017 hat das Hessische LSG einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit
verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim BSG eingelegt. Sie beruft sich auf eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Verfahrensfehler.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG),
- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder
- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).
Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nach Maßgabe der Erfordernisse des §
160a Abs
2 S 3
SGG nicht dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß §
160a Abs
4 S 1 iVm §
169 SGG zu verwerfen.
Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus
aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig
ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung
angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen
der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung
erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte)
Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende
Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Die Klägerin hält für grundsätzlich bedeutsam,
"inwieweit" ihr (der Klägerin) eine "Erwerbsminderungsrente wegen MCS" zustehe.
Die Klägerin wird bereits dem ersten Erfordernis nicht gerecht. Sie hat keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zum Inhalt oder
Anwendungsbereich einer revisiblen (Bundes-)Norm (vgl §
162 SGG) gestellt. Die Formulierung einer Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen
der Grundsatzrüge prüfen kann (Becker, SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 181). Es gehört nicht
zu den Aufgaben des BSG, den Vortrag des Beschwerdeführers daraufhin zu analysieren, ob sich ihm eventuell eine entsprechende Rechtsfrage entnehmen
ließe (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 26 S 48). Zudem bezieht sich die Frage der Klägerin ausdrücklich auf deren Verhältnisse und hat damit Einzelfallcharakter.
Eine derart auf die Gestaltung des Einzelfalls zugeschnittene Frage kann aber von vornherein keine Breitenwirkung entfalten,
weil sie im angestrebten Revisionsverfahren nicht mit einer verallgemeinerungsfähigen Aussage beantwortet werden könnte (vgl
hierzu BSG SozR 1500 § 160a Nr 7 S 10 und Nr 39 S 58; BSG Beschlüsse vom 17.8.2009 - B 11 AL 192/08 B - Juris RdNr 3 und vom 29.12.2011 - B 11 AL 104/11 B - Juris RdNr 6).
Außerdem fehlt es an Ausführungen zur Klärungsfähigkeit. Insofern hätte die Beschwerdeführerin aufzeigen müssen, welchen Sachverhalt
das LSG für das BSG bindend festgestellt hat (§
163 SGG) und dass auf dieser Grundlage im angestrebten Revisionsverfahren notwendig über die mit der Beschwerde angesprochene Problematik
entschieden werden muss. Die Klägerin gebe bereits nicht den der Berufungsentscheidung zugrunde liegenden, vom LSG festgestellten
Sachverhalt wieder. Zwar schildert sie einen Sachverhalt. Ob die dort angegebenen Tatsachen auf Feststellungen des Berufungsgerichts
beruhen, ist ihren Ausführungen nicht zu entnehmen. Fehlt jedoch die maßgebliche Sachverhaltsdarstellung, wird das Beschwerdegericht
nicht in die Lage versetzt, allein anhand der jeweiligen Beschwerdebegründung zu beurteilen, ob die als grundsätzlich erachteten
Rechtsfragen entscheidungserheblich sind. Keinesfalls gehört es zu den Aufgaben des Beschwerdegerichts, sich die maßgeblichen
Tatsachen aus der angegriffenen Entscheidung selbst herauszusuchen (Senatsbeschlüsse vom 16.5.2012 - B 5 R 442/11 B - BeckRS 2012, 70568 RdNr 13 und vom 21.2.2012 - B 5 R 222/11 B - BeckRS 2012, 69065 RdNr 9).
Sofern die Klägerin mit dem am 30.11.2017 beim BSG eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag das Unterbleiben von Ermittlungen sowie Verstöße gegen den Grundsatz des fairen
Verfahrens und gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs und damit Verfahrensfehler nach §
160 Abs
2 Nr
3 SGG rügt, kann sie damit nicht gehört werden. Der Senat kann nur Vorbringen berücksichtigen, das innerhalb der Begründungsfrist
beim BSG eingegangen ist. Die Beschwerdebegründungsfrist ist hier - bei Zustellung des Urteils des LSG am 15.9.2017 - am 15.11.2017
abgelaufen (vgl §
160a Abs
2 S 1
SGG), der Vortrag zu den geltend gemachten Verfahrensfehlern erst am 30.11.2017 und damit nach Ablauf der - nicht verlängerten
- Beschwerdebegründungsfrist neu in das Verfahren eingeführt worden (vgl BSG Beschluss vom 26.6.2006 - B 1 KR 19/06 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 10 RdNr 4). Dies gilt auch für das Vorbringen eines anderen Zulassungsgrundes, ein solches Vorbringen
ist nach Fristablauf unzulässig (vgl BSG Beschluss vom 13.6.2001 - B 10/14 EG 4/00 B - Juris RdNr 13; vgl auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl 2017, §
160a RdNr 13b mwN).
Soweit die Klägerin im Kern ihres Vorbringens das Ergebnis der Beweiswürdigung (§
128 Abs
1 S 1
SGG) des LSG angreift, kann sie damit nicht gehört werden. Denn nach der ausdrücklichen Regelung des §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG kann eine Verfahrensrüge hierauf nicht gestützt werden. Auch die - vermeintliche - inhaltliche Unrichtigkeit der Berufungsentscheidung
kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht angegriffen werden (BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (vgl §
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.