Anspruch auf eine Altersrente für erwerbsunfähige, berufsunfähige oder schwerbehinderte Menschen; Vorliegen von Berufsunfähigkeit;
Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit bei einer Lösung vom ursprünglich erlernten Beruf
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin einen Anspruch auf eine Altersrente für erwerbsunfähige, berufsunfähige
oder schwerbehinderte Menschen hat.
Die 1947 geborene Klägerin erlernte von August 1962 bis August 1965 den Beruf einer Damenschneiderin und übte diesen bis 1980
aus. Bis August 1990 fielen im Anschluss daran Kindererziehungszeiten und Kinderberücksichtigungszeiten an. Ab dem 01.04.1999
verrichtete die Klägerin eine geringfügige nicht versicherungspflichtige Tätigkeit als Schuhnäherin in Heimarbeit. Ab dem
01.01.2005 verzichtete sie bei Fortsetzung dieser Tätigkeit auf die Versicherungsfreiheit und es wurden Beiträge zur Rentenversicherung
abgeführt.
Am 09.08.2010 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Versichertenrente und kreuzte hierbei gleichzeitig an,
eine Altersrente für langjährig Versicherte und eine Altersrente für Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige zu beantragen. Rentenbeginn
solle der 01.12.2010 sein. Die Klägerin gab in ihrem Antrag an, dass sie sich wegen einer Fraktur des Handgelenkes im Mai
2008 für erwerbsgemindert halte. Gleichzeitig gab die Klägerin an, eine Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung
des verstorbenen Versicherten X. X. seit dem 01.09.2005 zu beziehen.
Mit Schreiben vom 09.09.2010 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass als Anlage der Bescheid über die Bewilligung einer
Altersrente für langjährig Versicherte beigefügt sei. Bei einem Rentenbeginn ab 01.12.2010 werde die Rente für 23 Monate vorzeitig
in Anspruch genommen, weshalb ein Abschlag von 6,9 % zu berücksichtigen sei. Über den Antrag auf eine Altersrente für schwerbehinderte
Menschen könne erst nach Vorlage eines Nachweises über die Schwerbehinderung bzw. nach Feststellung von Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit
entschieden werden. Sollte sich nach Vorlage des Nachweises über die Schwerbehinderung bzw. nach Feststellung von Berufs-
oder Erwerbsunfähigkeit ein Beginn der Altersrente für schwerbehinderte Menschen am 01.12.2010 oder früher ergeben, sei die
Zahlung der Altersrente ohne Abschläge anstelle der bisherigen Altersrente für langjährige Versicherte möglich. Bei einem
Rentenbeginn nach dem 01.12.2010 sei die Gewährung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen nicht möglich, wenn der
Bescheid über die Gewährung der Altersrente für langjährig Versicherte bindend geworden sei oder bereits die Altersrente für
langjährig Versicherte bezogen worden sei. Die Beklagte schlage deshalb folgendes Verfahren vor: Gegen den Rentenbescheid
wäre innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe Widerspruch einzulegen und ggf. wären die vom 01.12.2010 bis zum Beginn
der Altersrente für schwerbehinderte Menschen bereits gezahlten Leistungen zurückzuzahlen. Zugleich wurde der Bescheid vom
10.09.2010 über die Gewährung einer Altersrente für langjährig Versicherte ab 01.12.2010 übermittelt.
Daraufhin legte die Klägerin mit Schreiben vom 29.09.2010 Widerspruch ein und machte geltend, dass ihr eine Altersrente für
schwerbehinderte Menschen zustehe. Sie verwies auf ein Attest des Orthopäden und Chirurgen Dr. R.von den H.-Kliniken vom 20.09.2010,
wonach bei der Klägerin eine unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit vorliege und die MdE auf 15 % geschätzt werde.
Nach einem Unfall mit Handgelenksfraktur im Mai 2008 sei jetzt ein Endzustand erreicht: Die Handbeweglichkeit sei eingeschränkt
und auch die grobe Kraft des rechten Armes sei im Vergleich zur linken Seite gemindert.
Auf Veranlassung der Beklagten wurde die Klägerin am 25.10.2010 durch den Chirurgen und Sozialmediziner Dr. G. untersucht,
der folgende Diagnosen beschrieb:
1. Belastungsabhängige Beschwerden am rechten Handgelenk mit endgradiger Funktionseinschränkung, beginnende Polyarthrose der
Fingergelenke.
2. Zustand nach operativer Entfernung eines Uterus-Tumors 1989, ohne Rezidiv, Fernmetastasen oder Lymphknotenbefall.
3. Senk-Spreiz-Fuß mit leichtem Hallux valgus beidseits.
Aufgrund dieser Gesundheitsstörungen sei die Klägerin für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Umfang von
6 Stunden täglich einsatzfähig. Es müsse sich um Tätigkeiten ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten mit mehr
als 5 bis 10 kg, ohne häufiges Klettern oder Steigen und ohne Absturzgefahr handeln. Heimarbeit mit Näharbeiten an Schuhen
sei der Klägerin dauerhaft nur noch unter 3 Stunden täglich möglich. Ergänzend hat die Prüfärztin Dr. B. am 27.10.2010 ausgeführt,
dass diese Tätigkeit nur unter 2-stündig möglich sei, während auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ein vollschichtiges Leistungsbild
vorliegen würde.
Mit Bescheid vom 04.11.2010 lehnte die Beklagte den Antrag auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab, da weder die
Schwerbehinderteneigenschaft noch Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit nach dem am 31.12.2000 geltenden Recht vorliege.
Die bisherige Altersrente für langjährig Versicherte werde weiterhin gezahlt. Der Bescheid werde nach §
86 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) Gegenstand des Widerspruchsverfahrens.
Die Klägerin wandte ein, dass sie mit ihrem Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt keine vollschichtigen Tätigkeiten
mehr ausüben könne. Aufgrund ihres Alters und ihrer Berufsausbildung sei sie bis zum Eintritt der gesetzlichen Altersrente
nicht in der Lage, eine andere Erwerbsmöglichkeit oder Umschulung realistischerweise auszuüben.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 09.12.2010 den Widerspruch zurück. Die Voraussetzungen für das Vorliegen von
Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit nach dem am 31.12.2000 geltenden Recht seien nicht erfüllt. Auf dem allgemeinen
Arbeitsmarkt könnten vollschichtig Tätigkeiten verrichtet werden und es könne wenigstens die Hälfte dessen verdient werden,
was gesunde Versicherte mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten üblicherweise verdienten.
Mit Schreiben vom 13.12.2010 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Würzburg erhoben. Die Beklagte habe die persönlichen
Umstände des Falles etwa das Verhältnis von beantragter und gewährter Rente und die in ihrem Lebensalter fehlende realistische
Möglichkeit für eine andere Erwerbsmöglichkeit nicht berücksichtigt.
Das Sozialgericht hat eine Auskunft beim Arbeitgeber der Klägerin, der Firma H-S-GmbH, eingeholt, wonach die Klägerin seit
02.05.1994 als Heimarbeiterin Sohlen und Schäfte per Hand zusammengenäht habe und es sich hierbei um eine ungelernte Tätigkeit
gehandelt habe. Es sei eine geringfügige Heimarbeiter-Beschäftigung gewesen.
Ferner hat das Sozialgericht einen Befundbericht bei der behandelnden Ärztin Dr. G. angefordert, die von einer Verschlimmerung
der Wirbelsäulenbeschwerden im Januar 2010 gesprochen hat. Sodann hat es ein Gutachten durch den Orthopäden Dr. B. erstellen
lassen, der die Klägerin am 18.07.2011 untersucht hat. In seinem Gutachten hat er als Gesundheitsstörungen bei der Klägerin
angegeben:
1. Belastungsabhängige Schmerzen im rechten Handgelenk ohne wesentliche Funktionseinschränkung bei Zustand nach Fraktur der
Speiche und operativer Versorgung bei anliegendem Material; beginnende Polyarthrose der Fingergelenke.
2. Zustand nach einer gynäkologischen Operation wegen eines Gebärmuttertumors 1989 mit starker Schwellneigung des linken Beines.
Die Beschwerden würden zu Einschränkungen in Bezug auf Heben und Tragen von schweren Gegenständen von mehr als 10 kg, überwiegend
handwerkliche Tätigkeiten und überwiegend stehende Tätigkeiten führen. Die Klägerin könne noch leichte körperliche Tätigkeiten
überwiegend im Sitzen und auch in wechselnder Stellung zwischen Sitzen, Stehen und Gehen vollschichtig ausüben. Arbeiten mit
besonderer Anforderung an die volle Funktionsfähigkeit beider Hände seien zu vermeiden.
Die Klägerin hat gegen das Gutachten u.a. eingewandt, dass nicht ausreichend berücksichtigt sei, dass sie Rechtshänderin sei,
und dass der Gutachter die Gesundheitsstörungen allein in orthopädisch-chirurgischer Hinsicht betrachtet und bewertet habe.
Es werde im Gutachten auch nicht darauf eingegangen, inwieweit die Klägerin ihre konkrete Berufstätigkeit als Schuh nähende
Heimarbeiterin noch ausüben könne.
Auf Nachfrage des Sozialgerichts hat die Beklagte ausgeführt, dass von der Tätigkeit einer ungelernten Schuhfertigerin auszugehen
sei, da dies die zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Tätigkeit gewesen sei.
Die Klägerin hat entgegnet, dass sie nach dem Ende ihrer Arbeitslosigkeit ihre frühere Tätigkeit nicht aus freien Stücken
aufgegeben habe. Durch eine Karzinomerkrankung sei sie für längere Zeit nicht in der Lage gewesen, erwerbstätig zu sein, und
sie habe danach auf dem regulären Arbeitsmarkt nur geminderte Chancen gehabt, weshalb sie dann die ungelernte Heimarbeit angenommen
habe.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht am 24.05.2012 ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden
und die Klage abgewiesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei das Gericht zur Überzeugung gelangt, dass die Erwerbsfähigkeit
der Klägerin nicht in einem Maße eingeschränkt sei, das zur Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit geführt habe. Ausgangspunkt für
die Prüfung der Berufsunfähigkeit sei der qualitative Wert der zuletzt ausgeübten versicherungspflichtigen Tätigkeit. Im Mehrstufenschema
des Bundessozialgerichts sei die Tätigkeit der Klägerin als die einer ungelernten Arbeiterin einzuordnen. Die Klägerin sei
deshalb auch für die Frage der Prüfung der Berufsunfähigkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
Gegen diesen Gerichtsbescheid hat die Klägerin mit Schreiben vom 12.06.2012 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht erhoben
und darauf hingewiesen, dass sie zugleich mit Schreiben vom 10.06.2012 Verfassungsbeschwerde erhoben habe, deren Ausgang abgewartet
werden solle. Auch inhaltlich werde auf die Begründung der Verfassungsbeschwerde Bezug genommen. U.a. war hier die Ablehnung
von Prozesskostenhilfe in einem Verfahren mit oberflächlicher Erfolgsprüfung beanstandet worden, ebenso die Verschleppung
des Rentenverfahrens und die Entscheidung über die Rentenklage und das rechtlich nicht gewährte Gehör. Der Rentensache käme
grundsätzliche Bedeutung hinsichtlich der Gestaltung und Anwendung des formalen und materiellen Rentenrechts zu. Das vom Bundessozialgericht
aufgestellt Mehrstufenschema benachteilige den Personenkreis, der zuletzt eine qualitativ geringere Tätigkeit ausgeübt habe
als früher. Die Klägerin werde als ursprünglich gelernte Damenschneiderin und angelernte Herrenschneiderin sowie angelernte
Schuhnäherin nicht gemäß ihres gesamten beruflichen Werdegangs beurteilt.
Beigefügt hat die Klägerin ferner ein ärztliches Attest vom 24.05.2012, wonach sie wegen einer Fazialisparese seit Januar
2012 mit Kortison behandelt werde, was zum Rückgang der Lähmung geführt habe. Allerdings bestehe unverändert ein Defizit im
Geschmacks- und Geruchssinn.
Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 12.09.2012 die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen,
weil sie unzulässig sei.
In einem Erörterungstermin vom 12.03.2013 hat die Beklagte klar gestellt, dass der Widerspruchsbescheid vom 09.12.2010 davon
ausgegangen sei, dass im Bescheid vom 04.11.2010 eine Ergänzung des Bescheides vom 10.09.2010 vorgenommen worden sei und insgesamt
damit verbunden sowohl über den Widerspruch im Hinblick auf die Altersrente für langjährig Versicherte als auch über den Widerspruch
im Hinblick auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen entschieden worden sei. Der Senat hat die Beklagte darum gebeten,
durch eine fiktive Berechnung den Unterschied der Rentenhöhen bei Gewährung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen
im Vergleich zu einer Altersrente für langjährig Versicherte zu ermitteln. Aus den Werten wird ein monatlicher Unterschied
von ca. 25 Euro erkennbar.
Die Klägerin hat mit Schreiben vom 31.05.2013 die vom Senat dargestellte Rückzahlungspflicht für die Altersrente für langjährig
Versicherte bei einem Leistungsfall der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit, der zeitlich nach dem Rentenbeginn der Altersrente
für langjährig Versicherte liegen würde, bestritten.
Außerdem hat die Klägerin geltend gemacht, dass ihr kein hinreichendes rechtliches Gehör hinsichtlich ihrer Einwendungen gegen
das Richterrecht und die sog. Ausgangsbasis der gerichtlichen Beurteilung ihrer Berufs- und Erwerbsunfähigkeit gewährt worden
sei. Der Gesetzgeber habe eine detaillierte Bestimmung dessen unterlassen, ab wann eine gesundheitliche und/oder körperliche
Behinderung vorliege und wie sie festzustellen sei. Allein das Bundessozialgericht habe diese Lücke durch ein Urteil vom 29.06.1989
Az.: 5 RJ 49/88 ersetzt. Dies erscheine willkürlich und es werde derjenige Antragsteller begünstigt, der beim Eintritt der Berufs- und Erwerbsunfähigkeit
zufällig im Zenit seiner beruflichen Entwicklung stehe, und derjenige benachteiligt, der sich beim Eintritt der Berufs-/Erwerbsunfähigkeit
zufällig im Tal seines beruflichen Werdegangs befinde. Es werde auch nicht nach den Gründen gefragt, die dazu geführt hätten,
dass eine bestimmte Tätigkeit zum Zeitpunkt des Eintritts der Berufs- und Erwerbsunfähigkeit ausgeführt werde. Private und
soziale Gründe müssten hier berücksichtigt werden, etwa Kindererziehungszeiten, Pflegeleistungen, Vorerkrankungen. Aus der
gegebenen Sachlage hat die Klägerin gefolgert, dass sie aufgrund ihrer 3-jährigen Berufsausbildung als Damenschneiderin und
als weiter qualifizierte Herrenschneiderin und Schuhnäherin der höchsten Wertestufe des Mehrstufenschemas der Berufstätigkeiten
zugeordnet werden müsste. Ihr könne nicht eine Weiterbeschäftigung als un- oder angelernte Pförtnerin zugemutet werden, noch
dazu ohne dass eine derartige Tätigkeit nachgewiesen werde. Die durchgeführte ärztliche Untersuchung sei fehlerhaft, weil
aufgrund der fehlerhaften rechtlichen Vorgaben falsche Beweisfragen gestellt worden seien; hinzu komme, dass bei der Klägerin
nur orthopädische Erkrankungen überprüft worden seien und der Gesundheitszustand bisher nicht voll umfänglich und zuverlässig
festgestellt worden sei. Außerdem sei bei ihr eine weitere halbjährige Erkrankung einer manifesten Fazialisparese aufgetreten,
die deutlich mache, dass ihr Gesundheitszustand erheblich schlechter sei, als in den bisherigen ärztlichen Gutachten und Gerichtsentscheidungen
festgestellt worden sei. Darüber hinaus seien Mängel des Verfahrensrechts und eine Dominanz des Verfahrensrechts über das
materielle Recht zu beanstanden.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 24.05.2012 und die Bescheide der Beklagten vom 10.09.2010 und vom 04.11.2010
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.12.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ab 01.12.2010 eine Altersrente
für schwerbehinderte Menschen gemäß §
236a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 24.05.2012 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der parallelen Verfahren L 19 R 1062/12 RG, L 20 SF 11/12 AB und L 20 R 251/12 B PKH RG und die Akte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§
143,
144,
151 SGG) ist zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf eine
Altersrente für schwerbehinderte Menschen oder wegen Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit hat.
Nach §
236 a Abs.
1 Satz 1 Nrn. 1 bis 3
SGB VI haben Versicherte, die vor dem 01.01.1964 geboren sind, Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen, wenn sie
das 63. Lebensjahr vollendet haben, als schwerbehinderte Menschen anerkannt sind und die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben.
Zusätzlich haben Versicherte, die vor dem 01.01.1951 geboren sind, auch dann Anspruch auf diese Altersrente, wenn sie berufsunfähig
oder erwerbsunfähig nach dem am 31.12.2000 geltenden Recht sind. Die Klägerin hat im Oktober 2010 das 63. Lebensjahr vollendet.
Sie hat außerdem mit Ablauf des Monats November 2010 die Wartezeit von 35 Jahren (§
50 Abs.
4 i.V.m. §
51 Abs.
3 SGB VI) erfüllt gehabt. Die Klägerin ist im Jahr 1947 und damit sowohl vor 1964 als auch vor 1951 geboren. Nachdem sie bisher keinen
Antrag auf Feststellung einer Schwerbehinderung gestellt hat, besteht bei ihr offensichtlich keine anerkannte Schwerbehinderung.
Die Voraussetzung für die Gewährung einer derartigen Rente kann somit nur beim Vorliegen von Berufsunfähigkeit oder Erwerbsunfähigkeit
nach dem am 31.12.2000 geltenden Recht erfüllt sein. Frühester Leistungsfall ist dabei der 01.12.2010 (Erfüllung der Wartezeit)
und spätest möglicher Leistungsfall der 31.10.2012, weil ansonsten der mögliche Rentenbeginn bereits mit dem Beginn der Regelaltersrente
(§
35 i.V.m. §
235 Abs.
1 und
2 SGB VI) am 01.12.2012 zusammenfallen würde.
Zur Überzeugung des Senats scheitert der Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen
an sich bereits daran, dass sie ab 01.12.2010 eine Altersrente für langjährig Versicherte bezogen hat. §
34 Abs.
4 Nr.
3 SGB VI bestimmt, dass nach bindender Bewilligung einer Rente wegen Alters oder für Zeiten des Bezugs einer solchen Rente der Wechsel
in eine andere Rente wegen Alters ausgeschlossen ist. Zwar liegt keine bindende Bewilligung der Altersrente für langjährig
Versicherte vor, nachdem die Klägerin gegen den entsprechenden Altersrentenbescheid Widerspruch eingelegt und Klage erhoben
hat und aktuell in diesem Verfahren die Berufung anhängig ist. Die Klägerin hat jedoch ab 01.12.2010 diese Altersrente und
nicht nur einen Vorschuss oder eine vorläufige Leistung tatsächlich bezogen. Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten würde
durch eine Rückzahlung dieser Rente der tatsächlich erfolgte Bezug nicht rückwirkend getilgt werden, so dass der Ausschlussgrund
aus §
34 Abs.
4 SGB VI zu beachten wäre.
Nachdem die Beklagte gegenüber der Klägerin sich jedoch dahingehend geäußert hat, dass bei einem evtl. Leistungsfall bis zum
01.12.2010 ein Wechsel der Rentenart erfolgen könne und bei einem evtl. späteren Leistungsfall dieser Wechsel auch möglich
sei, wenn die Klägerin die bis zum Zeitpunkt des Rentenanspruchs auf eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen gezahlten
Rentenleistungen vollständig zurückgezahlt habe, dürfte eine Zusicherung (§ 34 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch SGB X) über die Gewährung der Rente bei Erfüllung der entsprechenden Voraussetzungen vorliegen. Auch soweit die Klägerin erklärt
hat, eine derartige Rückzahlung nicht vornehmen zu wollen, führt dies nicht dazu, dass eine Altersrente für schwerbehinderte
Menschen von vornherein ausgeschlossen wäre. Zum einen war diese Erklärung nur "vorläufig" und zum anderen ist davon auszugehen,
dass die nicht rechtlich vertretene Klägerin bei entsprechender Beratung zumindest insoweit zu einer Rückzahlung bereit wäre,
als dieser ein anderer zumindest gleich hoher Rentenanspruch für den entsprechenden Zeitraum gegenüberstehen würde.
Im Ergebnis war daher zu prüfen, ob die Klägerin die Voraussetzungen für das Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit oder Berufsunfähigkeit
nach dem am 31. Dezember 2000 geltenden Recht erfüllt und dies längstens bis zum 31.10.2012 eingetreten war.
§ 44 Abs. 2
SGB VI in der am 31.12.2000 geltenden Fassung sah als erwerbsunfähig diejenigen Versicherten an, die wegen Krankheit oder Behinderung
auf nicht absehbare Zeit außer Stande waren, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt
oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das monatlich 630 Deutsche Mark überstieg. Erwerbsunfähig war nicht, wer eine selbständige
Tätigkeit ausübte oder eine Tätigkeit vollschichtig ausüben konnte, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen
war.
Bei der Klägerin lagen zwar zu verschiedenen Zeitpunkten erhebliche akute Gesundheitsstörungen vor, die aber einer Behandlung
zugänglich waren und mit deutlichem Erfolg behandelt wurden. Dauerhafte Funktionsbeeinträchtigungen betreffen in erster Linie
Einschränkungen der Beweglichkeit und der Kraft in der rechten Hand, Ödemneigung in den Beinen, Einschränkungen des Geruchs-
und Geschmackssinnes und Wirbelsäulenbeschwerden. Ein vor Jahren aufgetretenes Karzinom, eine depressive Reaktion und Lähmungen
der Gesichtsmuskulatur sind nach entsprechender Behandlung faktisch ausgeheilt - selbst die Klägerin bezeichnet die Fazialisparese
als halbjährige Erkrankung. Der Senat entnimmt die Feststellungen zu den Gesundheitsstörungen den Gutachten des Dr. B. und
des Dr. G. sowie den ärztlichen Unterlagen des Dr. R. und der Dr. G ... Die Einwendung der Klägerin, dass die sozialmedizinischen
Feststellungen nicht korrekt erhoben worden seien, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen: So ist neben der fachspezifischen
ärztlichen Beurteilung zumindest durch den Sozialmediziner Dr. G. und die Prüfärztin Dr. B. auch eine integrierende Gesamtwürdigung
vorgenommen worden. Längerdauernde fachärztliche Behandlungen der Klägerin auf anderen Fachgebieten als dem orthopädischen
sind nicht dokumentiert. Fragen zur Einsatzfähigkeit in bestimmten Berufen müssen ohnehin nicht an die Mediziner gerichtet
werden, da soweit überhaupt erforderlich ein Abgleich der medizinischen Einschränkungen mit den in berufskundlichen Unterlagen
beschriebenen Anforderungen vom Gericht selbst vorgenommen werden kann.
Insgesamt werden die dauerhaften gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin von allen Medizinern nicht als schwerwiegend
eingeordnet. Auch wenn das System der MdE zur Unfall- und nicht zur Rentenversicherung gehört, entspricht die vom behandelnden
Arzt Dr. R. geschätzte MdE von 15 % nur einer geringeren Einschränkung. Auch die in den Gutachten noch nicht erfasste Fazialisparese
ist nach der Darlegung der Dr. G. längerfristig nur mit Beeinträchtigungen des Geruchs- und Geschmackssinnes verbunden gewesen.
Dementsprechend hat die sozialmedizinische Beurteilung nur zu qualitativen, nicht aber zu quantitativen Einschränkungen geführt:
Der Klägerin dürfen Tätigkeiten mit häufigem Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten mit mehr als 5 kg und Einzelbelastungen
von mehr als 10 kg, mit häufigem Klettern oder Steigen, mit Absturzgefahr, mit besonderen Anforderungen an die Gebrauchsfähigkeit
der Hände, den Geruchssinn oder den Geschmackssinn oder überwiegend im Stehen nicht zugemutet werden. Bei Beachtung dieser
Arbeitsbedingungen ist eine vollschichtige Einsatzfähigkeit zu bejahen. Nachdem diese Anforderungen weitgehend bei einer Beschränkung
des Einsatzes auf leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes beachtet werden können, gehen nur von der Handfertigkeit
sowie dem Geruchs- und Geschmackssinn zusätzliche Einschränkungen aus. Diese sind aber bei weitem nicht so schwerwiegend wie
eine funktionale Einarmigkeit und schränken im Übrigen die Einsatzgebiete auch nur in wenigen Bereichen z.B. in der Gaststätten-
und Lebensmittelbranche ein. Ein in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelter sog. Katalogfall, der über den
Gesetzeswortlaut hinaus die Benennung konkreter beruflicher Einsatzmöglichkeiten erfordert (vgl. Gürtner in: Kasseler Kommentar,
Stand Juni 2012, §
43 SGB VI Rn 37), ist damit bei der Klägerin eindeutig nicht gegeben. Bei Ausübung einer vollschichtigen Tätigkeit ist auch ohne weiteres
vom Erzielen eines Einkommens auszugehen, das mehr als geringfügig ist. Auch die Tatsache, dass die Klägerin die gesundheitlich
fordernde bis überfordernde Tätigkeit der Schuhfertigerin wenn auch zeitlich beschränkt und in selbstbestimmtem Arbeitsrhythmus
nach der Altersrentengewährung weiter ausgeübt hat, spricht für ein im Erwerbsleben nutzbares Restleistungsvermögen. Die Arbeitsmarktlage
ist nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen nicht zu berücksichtigen. Erwerbsunfähigkeit nach dem am 31.12.2000 geltenden
Recht ist bei der Klägerin bis zum Beginn des Anspruchs auf Regelaltersrente somit nicht eingetreten gewesen.
§
43 Abs.
2 SGB VI in der am 31.12.2000 geltenden Fassung sah als berufsunfähig Versicherte an, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder
Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher
Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken war. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit
von Versicherten zu beurteilen war, umfasste alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprachen und ihnen unter
Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie des bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer
bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden konnten. Berufsunfähig war nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben
konnte, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen war.
Aus der gesetzlichen Formulierung ist abzuleiten, dass Berufsunfähigkeit jedenfalls dann nicht vorliegt, wenn die zuletzt
vor Eintritt der gesundheitlichen Verschlechterung ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung weiterhin vollschichtig
ausgeübt werden kann. Ferner dass es einen weiteren Kreis an zumutbaren Tätigkeiten gibt, die als sog. Verweisungstätigkeiten
in Betracht kommen; eine entsprechende Einsatzfähigkeit in diesen Tätigkeiten schließt ebenfalls das Vorliegen von Berufsunfähigkeit
aus. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die in §
43 Abs.
1 Nr.
2 SGB VI a.F. geforderte Verschränkung von medizinischem Leistungsfall und Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen
bei §
236 SGB VI nicht in gleicher Weise gilt. Mit anderen Worten: Hier können auch noch nach Eintritt von Berufsunfähigkeit die gesetzlichen
Voraussetzungen der Wartezeit von 35 Jahren erfüllt werden.
Die Klägerin hat ursprünglich den Beruf einer Damenschneiderin erlernt und ausgeübt. Wegen der Einschränkungen der Handbeweglichkeit
hätte die Klägerin jedenfalls im Dezember 2010 diesen Beruf nicht mehr vollschichtig ausüben können. Dies ist zur Überzeugung
des Senats jedoch nicht relevant, weil die Klägerin die Tätigkeit der Damenschneiderin zuvor aufgegeben hatte. Dabei wird
zu Gunsten der Klägerin sogar unterstellt auch wenn dies bisher noch nicht mit Belegen untermauert ist, dass die Klägerin
im Jahr 1980 tatsächlich in vollem Umfang eine Fachtätigkeit als Damenschneiderin ausgeübt hat und nicht nur als Industrienäherin
tätig war und ferner dass die Angaben der Klägerin zutreffen, wonach sie diese Tätigkeit bis 1980 unter Vorliegen von Arbeitsunfähigkeitszeiten
wegen der Karzinomerkrankung ausgeübt hat. Zu Gunsten der Klägerin könnte man auch der Rechtsauffassung folgen, wonach der
Bezug zu dieser Tätigkeit wohl noch nicht allein durch einen langjährigen Rückzug aus dem Erwerbsleben entfallen sein dürfte
(vgl. Gürtner a.a.O., Stand August 2012, §
240 SGB VI, Rn 21). Auch die Aufnahme einer geringfügigen versicherungsfreien Beschäftigung im Jahr 1994 müsste an dem vorhandenen Berufsschutz
nicht zwingend etwas ändern, weil damit nicht erkennbar wird, ob von der Klägerin nicht doch noch von der späteren Wiederaufnahme
einer versicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit im erlernten Beruf ausgegangen wird; kurzfristige und/oder geringfügige Beschäftigungen
können die versicherten Verhältnisse regelmäßig nicht prägen. Etwas anderes ist jedoch jedenfalls mit dem Übergang dieser
Beschäftigung in eine versicherungspflichtige im Jahr 1999 eingetreten. Nunmehr liegt klar ein Wiedereintritt in das Erwerbsleben
mit Ausübung einer pflichtversicherten Tätigkeit vor; die längerdauernden Beitragszahlungen lassen deutlich erkennen, dass
ein Versicherter davon ausgeht, zukünftig seine Erwerbstätigkeit in diesem Beruf zu gestalten, und sich damit abgefunden hat,
nicht mehr in den erlernten Beruf zurückzukehren. Dass die Klägerin für den Wechsel in die Tätigkeit einer Schuhfertigerin
besondere individuelle Gründe anführt, kann nicht dazu führen, dass eine Lösung vom ursprünglich erlernten Beruf zu verneinen
wäre. Die Klägerin hat sich dauerhaft einer anderen Berufstätigkeit zugewandt, so dass von einer Rückkehr in die Tätigkeit
der Damenschneiderin nicht mehr auszugehen war.
Eine Lösung vom bisherigen Beruf im sozialrechtlichen Sinn wäre nur dann ausnahmsweise zu verneinen gewesen, wenn die Klägerin
zu diesem Tätigkeitswechsel allein aus gesundheitlichen Gründen gezwungen gewesen wäre, weil sich dann das in der Rentenversicherung
versicherte Risiko niedergeschlagen hätte (Gürtner, a.a.O. Rn 23). Das bedeutet, dass zum Zeitpunkt des Berufswechsels entweder
Berufsunfähigkeit vorgelegen haben müsste und nur deshalb nicht vorgelegen hätte, weil der Wechsel in eine zumutbare Verweisungstätigkeit
mit niedrigeren Anforderungen erfolgt ist. Dafür gibt es im Fall der Klägerin keine Belege. Die Einschränkungen der Handbeweglichkeit
sind erst später eingetreten und die Schwellneigung der Beine hätte nicht eine Aufgabe der Tätigkeit als Damenschneiderin
verlangt, da diese nicht überwiegend im Stehen ausgeübt wird. Zusätzlich ist der Wechsel in eine andere als eine zumutbare
Verweisungstätigkeit erst recht nicht auf gesundheitliche Gründe zurückführbar. Soweit die Klägerin anführt, durch die frühere
Erkrankung aus dem Erwerbsleben geworfen worden zu sein und deshalb auf dem Arbeitsmarkt keine adäquaten Chancen gehabt zu
haben, hätte sie sich um eine Wiedereingliederung durch entsprechende Teilhabeleistungen bemühen können.
Somit sind auch aus Sicht des Senats die Beklagte und das Sozialgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die letzte versicherungspflichtig
von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als Schuhfertigerin den maßgeblichen Anknüpfungspunkt für die Beurteilung bildet, ob
Berufsunfähigkeit vorliegt oder nicht. Der Einwand der Klägerin, dass dies auf Zufälligkeiten des beruflichen Werdegangs rekurriere
und damit nicht gerechtfertigt sei, überzeugt den Senat nicht: Ohne das Auftreten einer gesundheitlichen Verschlechterung
hätte die Klägerin auch weiterhin gesundheitlich zumutbar die Tätigkeit der Schuhnäherin ausüben können wie es im Übrigen
ja auch jetzt erfolgt ist und damit auch nur Einkünfte aus dieser Tätigkeit erzielen können, so dass es gerechtfertigt ist,
den Versicherungsfall der gesundheitlich bedingten Einschränkung der Erwerbsfähigkeit genau daran d.h. an der zuletzt pflichtversicherten
Tätigkeit zu orientieren.
Nachdem die Klägerin zuletzt eine Tätigkeit ausgeübt hat, für die nach der vorliegenden Arbeitgeberauskunft keine besondere
Ausbildung oder Anlernzeit erforderlich war, ist es nicht sozial unzumutbar, als Verweisungstätigkeiten auch andere Tätigkeiten
ohne besondere Vorkenntnisse heranzuziehen. In einem derartigen Fall ist die Verweisung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zulässig
und es muss keine besondere Verweisungstätigkeit benannt werden (vgl. Gürtner a.a.O. Rn 114).
Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin gegen die von der Rechtsprechung entwickelte Auslegung des §
43 SGB VI a.F., die ihren Niederschlag im sog. Mehrstufensystem gefunden hat, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Im Übrigen erscheint
es bei den relativ wenigen Einschränkungen der Arbeitsbedingungen aller Erfahrung nach unproblematisch, dass die Beklagte
bei Bedarf zumutbare Verweisungstätigkeiten auch konkret hätte benennen können, wobei die oberste Stufe des Schemas für die
Klägerin entgegen ihrem Vorbringen ohnehin nicht in Betracht gekommen wäre, da weder eine Meistertätigkeit noch ein anderes
über die Facharbeiterqualifikation hinaushebendes Merkmal benannt und belegt ist. Die Einwände der Klägerin gegen die etwa
für Anlerntätigkeiten des oberen Bereiches geeignete Verweisungstätigkeit einer einfachen Pförtnerin, die das Sozialgericht
beispielhaft zum besseren Verständnis herangezogen hatte, könnten ohne dass es darauf ankäme den Senat ebenfalls nicht überzeugen;
die festgestellte sozialmedizinische Einsatzfähigkeit würde eine derartige Tätigkeit nicht ausschließen.
Nach all dem ergibt sich, dass die Klägerin unter keinem Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zuerkennung einer Altersrente für
schwerbehinderte Menschen hat. Die mitbeantragte Aufhebung des Rentenbescheids wegen Altersrente für langjährige Versicherte
kam ebenfalls nicht in Betracht, nachdem dieser Bescheid rechtmäßig ergangen ist. Eine im Zuge der Verknüpfung der beiden
Rentenanträge notwendige Rücknahme des Antrags auf diese Rente ist logischerweise nicht erfolgt, nachdem eine Zuerkennung
der Altersrente für schwerbehinderte Menschen nach dem Gang des Verfahrens nicht in Betracht gekommen ist.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten und die Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichtsbescheids sind im Ergebnis
nicht zu beanstanden und die Berufung war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß §
160 Abs
2 Nrn 1 und 2
SGG zuzulassen, liegen nicht vor.