Anerkennung eines Wegeunfalls in der gesetzlichen Unfallversicherung; Endpunkt des Heimwegs; Aufsuchen eines dritten Orts
nach einer berufsbedingten Nachtschicht
Gründe:
I
Umstritten ist die Erstattung von Krankenbehandlungs- und Krankentransportkosten infolge des Unfalls des Herrn N. W. (nachfolgend:
W.).
Der 1974 geborene W. war Beschäftigter bei der Firma A. in I. (im Folgenden A.) und beendete am 27. August 2002 gegen sechs
Uhr seine Nachtschicht. Anschließend fuhr er in die gemeinsam mit der Beigeladenen, seiner Ehefrau, bewohnte Ehewohnung in
I.. Er hielt sich dort zum Duschen und Frühstücken - insgesamt weniger als eine Stunde - auf und fuhr anschließend weiter
in Richtung der Wohnung seines Bruders in N., um dort zu schlafen, weil dies wegen der während der Tageszeit erfolgenden Bauarbeiten
in seiner Wohnung nicht möglich war. Der beabsichtigte Weg ist nicht ganz 30 Kilometer (km) lang, die Fahrzeit beträgt circa
40 Minuten (min). Auf diesem Weg erlitt W. gegen sieben Uhr einen Verkehrsunfall, an dessen Folgen er kurze Zeit später verstarb.
Das Begehren der klagenden Krankenkasse (KK), ihr die für Krankenbehandlung und -transport des W. aufgewendeten Kosten in
Höhe von 1.522,56 Euro zu erstatten, wurde von der beklagten Berufsgenossenschaft (BG) mit der Begründung abgelehnt, ein Wegeunfall
habe nicht vorgelegen, da der W. mit dem Erreichen seiner Wohnung den unfallversicherungsrechtlich geschützten Weg beendet
habe.
Das Sozialgericht (SG) München hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.552,86 Euro zu erstatten (Urteil vom 19. Juni 2007). Der innere Zusammenhang
des Weges mit der versicherten Tätigkeit sei gegeben, weil der Weg wesentlichen Interessen des Betriebes gedient habe, nämlich
der Wiederherstellung der Arbeitskraft des W. Der Weg von der Firma A. bis zur Wohnung des Bruders sei als einheitlicher Gesamtweg
zu einem so genannten dritten Ort zu betrachten. Die vom SG zugelassene Berufung hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt (Urteil vom
16. Januar 2008): Der Erstattungsanspruch der Klägerin bestehe, weil W. während der Autofahrt, bei der er verunglückt sei,
unter Versicherungsschutz gestanden habe. W. habe für die Zeit der Baumaßnahmen, die ihm das notwendige Schlafen am Tag unmöglich
gemacht hätten, seinen häuslichen Wirkungskreis in zwei Teilbereiche aufgeteilt. In der Familienwohnung habe er sich nach
Ende der Arbeitsschicht nur zum Duschen und zur Einnahme eines kurzen Frühstücks aufgehalten, während er in der Wohnung seines
Bruders die Schlafenszeit verbracht habe. Jeder der häuslichen Bereiche diene den ihm zugewiesenen Zweck in einem wesentlichen
Umfang und sei regelmäßig benutzt worden. Durch die Art, wie W. die beiden Lebensbereiche benutzt habe, bestehe eine Zusammengehörigkeit.
Entscheidend sei, dass sich W. nach der Unterbrechung des Heimwegs durch den Aufenthalt in seiner Wohnung zum Zeitpunkt des
Unfalls wieder auf dem direkten Weg von der Arbeitsstelle zur Wohnung seines Bruders befunden habe und berufliche Gründe für
den Weg zur Wohnung des Bruders im Vordergrund gestanden hätten. Denn W. sei aus rein betrieblichen Gründen, nämlich wegen
seiner Tätigkeit als Schichtarbeiter, gezwungen gewesen, tagsüber Schlaf und Erholung zu suchen. Daher habe ein sachgerechter,
mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängender Grund für den Weg zur Wohnung des Bruders bestanden.
Die Beklagte hat Revision eingelegt und rügt die Verletzung von §
8 Abs
2 Nr
1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VII) und eine Abweichung von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Die Wohnung des W. und die seines Bruders seien
nicht als Teilbereiche einer Wohnung zu betrachten. Denn bei den vom BSG entschiedenen Fällen habe es sich um wesentlich andere
Fallkonstellationen gehandelt. Außerdem ende der Versicherungsschutz nach §
8 Abs
2 Nr
1 SGB VII, wenn der Versicherte seine eigene Wohnung erreicht habe. Der Weg des W. zur Wohnung seines Bruders habe auch nicht mit der
betrieblichen Tätigkeit in Zusammenhang gestanden. Zwar habe W. nach der Nachtschicht das Bedürfnis zu schlafen gehabt, der
Grund für die Fahrt zu seinem Bruder sei aber der Lärm in seiner Wohnung wegen der Bauarbeiten gewesen und kein Umstand, der
in Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit gestanden habe.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 16. Januar 2008 und des Sozialgerichts München vom 19. Juni 2007 aufzuheben
und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
II
Die zulässige Revision der beklagten BG ist begründet. Das ihre Berufung zurückweisende Urteil des LSG ist ebenso wie das
der Klage stattgebende Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die klagende KK hat keinen Anspruch auf Erstattung der Krankenbehandlungs- und Krankentransportkosten
für W. in Höhe von 1.522,56 Euro gegen die Beklagte.
Anspruchsgrundlage könnte allein § 105 Abs 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sein. § 103 SGB X, der die Erstattungspflicht bei nachträglichem Entfallen der Leistungspflicht regelt, kommt ebenso wenig in Betracht wie
§ 104 SGB X, der die Erstattungspflicht des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers normiert. Nach § 105 Abs 1 Satz 1 SGB X ist, wenn ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, ohne dass die Voraussetzungen des § 102 Abs 1 SGB X vorliegen, der zuständige oder zuständig gewesene Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst
geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Diese Voraussetzungen liegen nicht
vor.
Die Beklagte ist nicht "zuständiger Leistungsträger" iS des § 105 Abs 1 Satz 1 SGB X für den Unfalls des W. "Zuständig" iS dieser Norm ist der im Hinblick auf den erhobenen Anspruch nach materiellem Recht sachlich
verpflichtete, "unzuständig" dagegen der sachlich nicht verpflichtete Leistungsträger. Eine Zuständigkeit der Beklagten für
die von der Klägerin gewährte Heilbehandlung wäre nach §
26 SGB VII nur gegeben, wenn der Unfall des W. ein Versicherungsfall der gesetzlichen Unfallversicherung gewesen wäre (vgl Überschrift
des Dritten Kapitels im
SGB VII). Ein solcher Versicherungsfall, der hier lediglich in Form eines Arbeitsunfalls (§
7 Abs
1, §
8 SGB VII) in Betracht käme, liegt jedoch nicht vor.
Rechtsgrundlage für die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall ist §
8 SGB VII. Nach §
8 Abs
1 Satz 1
SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§
2,
3 oder 6
SGB VII begründenden Tätigkeit. Nach dessen Satz 2 sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse,
die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich, dass die
Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw sachlicher Zusammenhang),
diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt
(Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheits(-erst-)schaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende
Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen aufgrund des Gesundheits(-erst-)schadens (haftungsausfüllende
Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls, sondern insbesondere für die Gewährung einer
Verletztenrente (vgl zuletzt mwN BSG, Urteil vom 30. Januar 2007 - B 2 U 23/05 R - BSGE 98, 79, 80 = SozR 4-2700 § 8 Nr 22, jeweils RdNr 12).
W. war zwar als Beschäftigter der Firma A. nach §
2 Abs
1 Nr
1 SGB VII versichert. Nach den Feststellungen des LSG hat er am 27. August 2002 auch einen tödlich verlaufenden Verkehrsunfall erlitten.
Dieser Unfall ist aber kein Arbeitsunfall, weil die konkrete Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses - die Autofahrt von
seiner Wohnung zur Wohnung seines Bruders - nicht im sachlichen Zusammenhang mit seiner versicherten Tätigkeit als Beschäftigter
bei der Firma A. stand.
Zu den versicherten Tätigkeiten eines Versicherten zählt nach §
8 Abs
2 Nr
1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der nach den §§
2,
3 und
6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Die in §
8 Abs
2 Nr
1 SGB VII gebrauchte Formulierung "des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges" kennzeichnet den sachlichen
Zusammenhang des Weges mit der eigentlichen versicherten Tätigkeit. Dieser besteht, wenn der Weg wesentlich zu dem Zweck zurückgelegt
wird, den Ort der Tätigkeit zu erreichen oder nach deren Beendigung zu verlassen. Maßgebliches Kriterium hierfür ist, ob die
anhand objektiver Umstände zu beurteilende Handlungstendenz des Versicherten beim Zurücklegen des Weges darauf gerichtet war,
die Haupttätigkeit aufzunehmen oder nach deren Beendigung in seinen Privatbereich zurückzukehren; denn nur dann steht sein
Handeln im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit (BSG, Urteil vom 30. Oktober 2007 - B 2 U 29/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 25 RdNr 9; Urteil vom 4. September 2007 - B 2 U 24/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 24 RdNr 12; Urteil vom 4. Juni 2002 - B 2 U 11/01 R - SozR 3-2700 § 8 Nr 10 S 39, jeweils mwN).
Die unfallbringende Fahrt des W. am 27. August 2002 stand nicht im sachlichen Zusammenhang mit seiner versicherten Tätigkeit.
Er befand sich auf dem Weg zwischen seiner Wohnung und der seines Bruders. Den Heimweg hatte er nach den tatsächlichen Feststellungen
des LSG nicht lediglich unterbrochen, sondern mit Erreichen der Familienwohnung bereits beendet (dazu nachfolgend a). Die
anschließende Weiterfahrt des Versicherten hat Versicherungsschutz nicht erneut begründet und zwar weder unter dem Gesichtspunkt,
dass es sich um einen versicherten Weg zu einem so genannten dritten Ort gehandelt hat (dazu nachfolgend b), noch unter dem
Aspekt, dass W. zwei Teilbereiche des häuslichen Wirkungskreises hatte (dazu nachfolgend c).
a) Die Ankunft des W. in seiner Wohnung beendete den mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weg vom
Ort der Tätigkeit nach §
8 Abs
2 Nr
1 SGB VII, weil er vollständig in den Privatbereich zurückgekehrt war. Bestätigt wird dies durch die Feststellungen des LSG, W. habe
nach dem Erreichen seiner Wohnung gefrühstückt und geduscht, womit die durch objektive Umstände belegte Handlungstendenz des
W. deutlich wird, mit dem Aufenthalt in seiner Wohnung vollständig in den persönlichen Bereich überzutreten.
b) Die Fahrt des W. von seiner Wohnung zu der seines Bruders konnte keinen (erneuten) Versicherungsschutz aufgrund der Rechtsprechung
zum so genannten dritten Ort begründen.
In §
8 Abs
2 Nr
1 SGB VII ist als Ziel und Ausgangspunkt des Weges nur der Ort der versicherten Tätigkeit genannt. Daher ist der Schutz der gesetzlichen
Unfallversicherung - anders als nach §
31 Abs
2 Beamtenversorgungsgesetz, der bei Beamten nur den unmittelbaren Weg zwischen Wohnung und Dienststelle unter den Schutz der Beamtenversorgung stellt
- nicht auf die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte beschränkt. Anstatt von oder zur Wohnung kann der Weg nach und von
dem Ort der versicherten Tätigkeit auch an einem anderen Ort - an einem so genannten dritten Ort - beginnen oder enden (vgl
dazu zuletzt grundlegend: BSG, Urteil vom 5. Mai 1998 - B 2 U 40/97 R - BSGE 82, 138, 140 = SozR 3-2200 § 550 Nr 18). Dem dritten Ort als Ausgangs- oder Endpunkt des Weges von oder zur Arbeitsstätte ist dabei
allerdings begriffsnotwendig immanent, dass er anstelle der Wohnung des Versicherten und nicht - wie hier - zusätzlich aufgesucht
wird.
Die Wohnung des Bruders käme deshalb lediglich dann als dritter Ort in Betracht, wenn W. nicht zuvor bereits seine eigene
Wohnung als Endpunkt des Weges von der Arbeitsstätte erreicht hätte und daher nicht bereits durch Erreichen derselben vollständig
in den privaten Bereich übergetreten wäre. Aus diesem Grund ist der vorliegende Sachverhalt auch nicht vergleichbar mit dem
vom Senat im Urteil vom 19. Oktober 1982 (2 RU 7/81 - NJW 1983, 2286) entschiedenen. In diesem Verfahren wollte ein Beschäftigter nach Beendigung der Nachtschicht anstatt in seine drei km vom
Arbeitsplatz entfernt liegende Wohnung, die zum Schlafen ungeeignet war, direkt vom Arbeitsplatz in den 18 km vom Arbeitsplatz
entfernt stehenden Wohnwagen zum Schlafen fahren und verunfallte auf diesem Weg.
c) Die Fahrt des W. von der eigenen Wohnung zu der des Bruders stand auch nicht aufgrund der Rechtsprechung des Senats zu
zwei Teilbereichen eines einzigen häuslichen Wirkungskreises, also einer gespaltenen Wohnung, unter Versicherungsschutz.
Nach dieser Rechtsprechung kann, wenn der Versicherte über eine gespaltene Wohnung verfügt, jeder Teil für sich Endpunkt des
Weges von der Arbeitsstätte sein (BSG, Urteil vom 26. Juli 1963 - 2 RU 16/62 - BSGE 19, 257, 258 f = SozR Nr 44 zu § 543
RVO aF; Urteil vom 28. Oktober 1976 - 8 RU 24/76 - BSGE 43, 15, 17 = SozR 2200 § 550 Nr 21 S 40, 41), wobei auch ein kurzer Aufenthalt in einem Teilbereich nicht schadet, wenn sich der
Unfall erst auf dem Weg zwischen den beiden Teilbereichen ereignet hat (BSG, Urteil vom 26. Juli 1963 - 2 RU 16/62 - BSGE 19, 257, 259 = SozR Nr 44 zu § 543
RVO aF). Dabei hat der Senat aber stets gefordert, dass jeder der beiden häuslichen Bereiche den ihm zugewiesenen Zweck in einem
wesentlichen Umfang dient und mit einer gewissen Regelmäßigkeit benutzt wird (BSG, Urteil vom 26. Juli 1963 - 2 RU 16/62 - BSGE 19, 257, 258 = SozR Nr 44 zu § 543
RVO aF; Urteil vom 28. Oktober 1976 - 8 RU 24/76 - BSGE 43, 15, 17 = SozR 2200 § 550 Nr 21 S 40, 41). Die Rechtsfigur der zwei Teilbereiche eines einzigen häuslichen Wirkungskreises setzt
voraus, dass sich beide Aufenthaltsorte in ihrer Benutzbarkeit in der Weise ergänzen, dass das zum Wohnen oder Schlafen Wesentliche
dem einen Ort fehlt, dem anderen aber zu eigen ist (BSG, Urteil vom 26. Juli 1963 - 2 RU 16/62 - BSGE 19, 257, 259 = SozR Nr 44 zu § 543
RVO aF; Urteil vom 23. Juni 1977 - 8 RU 98/76 - SozR 2200 § 550 Nr 31 S 73, 77; Urteil vom 19. Oktober 1982 - 2 RU 67/81 - JURIS-Dokument, RdNr 11).
Die beiden Sachverhaltskonstellationen der Entscheidungen, in denen das BSG zwei eigenständige Teilbereiche eines einzigen
häuslichen Wirkungskreises angenommen hatte, verdeutlichen dies: In der Entscheidung vom 26. Juli 1963 (2 RU 16/62 - BSGE 19, 257 ff = SozR Nr 44 zu § 543
RVO aF) verfügte der Versicherte lediglich über ein Untermietzimmer zum Schlafen, bei dem es sich um einen alten, kahlen Raum
handelte, der lediglich mit einem Bett, einem Schrank und einer Kommode möbliert war, und verbrachte im Übrigen seine Freizeit
in der Wohnung seiner Braut, die ihrerseits noch im Haus ihrer Eltern lebte, wo er auch verköstigt wurde. In der Entscheidung
vom 28. Oktober 1976 (8 RU 24/76 - BSGE 43, 15 ff = SozR 2200 § 550 Nr 21 S 40) bewohnte der aus Griechenland stammende Versicherte gemeinsam mit einem Landsmann ein Zimmer,
das nicht mit einer Kochgelegenheit oder einem Bad ausgestattet war, zum Schlafen, Lesen, Umziehen und Aufbewahren persönlicher
Gegenstände. Nach der Arbeit hielt er sich regelmäßig bei seiner Ehefrau auf, die ihn mit lebensnotwendigen Dingen wie Essen
und Wäsche versorgte und die in der gleichen Stadt einer Beschäftigung als Küchenhilfe in einer Klinik nachging, in der ihr
ein 2,5 x 3,5 Meter großes Zimmer zur Verfügung stand. Die auf dem gleichen Stockwerk gelegene Personalküche und das Bad konnte
der Ehemann mitbenutzen.
W. hingegen verfügte über eine vollständige Wohnung gemeinsam mit seiner Ehefrau in I., in der er alle lebensnotwendigen Verrichtungen,
wie Essen, Duschen, Schlafen usw, durchführen konnte. Seiner Wohnung fehlte nichts zum Wohnen Wesentliches, was nur der Wohnung
seines Bruders zu eigen gewesen wäre. Im Gegensatz zu den oben genannten Sachverhalten liegt keine notwendige Ergänzung eines
Wohnbereichs durch einen anderen vor. W. war nicht aufgrund räumlicher Besonderheiten darauf angewiesen, für bestimmte Zwecke
eine andere Wohnung zu benutzen, weil seine eigene hierfür keine Möglichkeit bot. Die Annahme von zwei Teilbereichen eines
einzigen häuslichen Wirkungskreises scheidet bei einer solchen Sachlage aus.
d) Allgemeine Überlegungen, wie sie das SG und das LSG angestellt haben, zur Betriebsdienlichkeit des Weges des W. zu seinem Bruder oder zum Vorliegen eines sachgerechten,
mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Grundes für diesen Weg, weil W. als Nachtschichtarbeiter tagsüber schlafen
musste und der Weg daher wesentlichen Interessen des Betriebes gedient habe, nämlich der Wiederherstellung der Arbeitskraft
des W., vermögen mangels entsprechender gesetzlicher Grundlagen keinen Versicherungsschutz zu begründen. Im Übrigen waren
die eigenwirtschaftlichen Umbaumaßnahmen des W. in seiner Wohnung die Umstände, die ihn dazu zwangen, den Tagesschlaf nicht
in seiner Wohnung, sondern an einem anderen Ort zu suchen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Halbsatz 1
SGG iVm § 63 Abs 12 Satz 1, § 52 Abs 1, 3 Gerichtskostengesetz.