Vertragsarzthonorar
Verfahrensrüge
Behaupteter Verfassungsverstoß
Fehlende Vorgabe von Indikatoren durch den EBewA
1. Wer mit der Nichtzulassungsbeschwerde einen Verfassungsverstoß geltend macht, darf sich nicht auf die bloße Benennung angeblich
verletzter Grundrechte beschränken. Vielmehr muss der Beschwerdeführer unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des
BVerfG und des BSG zu den gerügten Verfassungsnormen bzw. -prinzipien in substantieller Argumentation darlegen, welche gesetzlichen Regelungen
welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll.
2. Der Senat hat bekräftigt, dass die fehlende Vorgabe von Indikatoren durch den EBewA die Vertragspartner auf regionaler
Ebene nicht gehindert hat, nach eigener Entscheidung Zuschläge oder Abschläge von den Orientierungswerten zu vereinbaren,
die Vertragsärzte durch die fehlenden Vorgaben mithin nicht beschwert waren.
3. Ebenso hat der Senat sich mit der Berücksichtigung des Kriteriums "Geschlecht" befasst und die Feststellungen des EBewA
für ausreichend gehalten.
4. Wenn der Senat keine Ausführungen zur Verfassungsmäßigkeit gemacht hat, beruhte diese darauf, dass insofern keine Zweifel
bestanden.
Gründe:
I
Der Kläger, der als Facharzt für Nuklearmedizin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, begehrt höheres Honorar
für das Quartal III/2010. Seinem mit einem Härtefallantrag verbundenen Widerspruch gegen den Honorarbescheid half die Beklagte
teilweise ab (Nachzahlung in Höhe von ca 27 700 Euro) und wies ihn im Übrigen zurück. Das SG hat die Klage abgewiesen. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das LSG die Berufung zurückgewiesen. Der Kläger könne mit seinem
Begehren bereits deshalb nicht durchdringen, weil die Bescheide über die Zuweisung von Regelleistungsvolumen und qualifikationsgebundenen
Zusatzvolumen von ihm nicht angefochten worden seien. Sowohl die maßgeblichen Beschlüsse des Erweiterten Bewertungsausschusses
(EBewA) als auch die den Bescheiden zugrundliegenden Regelungen des Honorarverteilungsvertrags seien rechtmäßig (Beschluss
vom 10.1.2017).
Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde, zu deren Begründung er die grundsätzliche
Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) geltend macht.
II
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach §
160 Abs
2 Nr
1 SGG liegen nicht vor. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren
klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 mwN; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 5 RdNr 3). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt dann, wenn die Frage bereits geklärt ist und/oder wenn sie sich ohne Weiteres
aus den Rechtsvorschriften und/oder aus der bereits vorliegenden Rechtsprechung klar beantworten lässt. Das ist hier der Fall.
a) Der Kläger stellt die Frage,
"Verletzt die Nichtumsetzung der in den streitgegenständlichen Quartalen geltenden gesetzlichen Vorgaben in §
87 Abs
2f SGB V (Festlegung von Indikatoren zur Messung der regionalen Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur nach §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V) und in §
87 Abs
3 SGB V (Bestimmung der Morbidität nach Satz 1 mit Hilfe der Morbiditätskriterien Alter und Geschlecht) durch den zuständigen (Erweiterten)
Bewertungsausschuss in Teil C. bzw Teil F. seiner Beschlüsse vom 27./28.8.2008 bzw 2.9.2009 und die folgende Duldung dieser
Rechtsverstöße durch den erkennenden Senat den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Art 12 Abs 1 Satz 2, Art
2 Abs
1, jeweils in Verbindung mit Art
20 Abs
3 GG?"
Es kann offenbleiben, ob das Vorbringen des Klägers den Darlegungsanforderungen genügt. Wer mit der Nichtzulassungsbeschwerde
einen Verfassungsverstoß geltend macht, darf sich nicht auf die bloße Benennung angeblich verletzter Grundrechte beschränken.
Vielmehr muss der Beschwerdeführer unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu den gerügten Verfassungsnormen bzw -prinzipien in substantieller Argumentation darlegen, welche gesetzlichen Regelungen
welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (vgl BSG Beschluss vom 8.2.2017 - B 13 R 294/16 B - Juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 8.9.2016 - B 9 V 13/16 B - Juris RdNr 7 mwN). Eine solche gründliche Erörterung der höchstrichterlichen und verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung
lässt die Beschwerde bereits vermissen. Auch fehlt es an Darlegungen dazu, warum einer Rechtsfrage zu ausgelaufenem Recht
grundsätzliche Bedeutung zukommt. Der Hinweis auf zwanzig dem Prozessbevollmächtigten bekannte Fälle reicht insofern nicht.
Auch der Vortrag, die Frage, ob die Gerichte "Ungehorsam" gegenüber dem Gesetzgeber dulden dürfen, spiele immer wieder eine
Rolle, führt in dieser plakativen Allgemeinheit nicht weiter. Schließlich ist nach dem Vorbringen des Klägers auch nicht erkennbar,
inwiefern die Rechtsfrage im konkreten Fall klärungsfähig ist.
Jedenfalls kann die Frage auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats eindeutig beantwortet werden. In dem vom Kläger
in Bezug genommenen Urteil des Senats vom 11.12.2013 (B 6 KA 4/13 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 5) hat der Senat bekräftigt, dass die fehlende Vorgabe von Indikatoren durch den EBewA die Vertragspartner
auf regionaler Ebene nicht gehindert hat, nach eigener Entscheidung Zuschläge oder Abschläge von den Orientierungswerten zu
vereinbaren (so schon das Urteil vom 21.3.2012 - B 6 KA 21/11 R - BSGE 110, 258 = SozR 4-2500 § 87a Nr 1, RdNr 33 ff), die Vertragsärzte durch die fehlenden Vorgaben mithin nicht beschwert waren. Ebenso
hat der Senat sich mit der Berücksichtigung des Kriteriums "Geschlecht" befasst und die Feststellungen des EBewA für ausreichend
gehalten (SozR 4-2500 § 87b Nr 5 RdNr 29). Wenn der Senat keine Ausführungen zur Verfassungsmäßigkeit gemacht hat, beruhte
diese darauf, dass insofern keine Zweifel bestanden. Der nicht näher substantiierte Vortrag des Kläger gibt keinen Anlass
zu weiteren Überlegungen. Die Ausführungen des Klägers verhalten sich ausschließlich dazu, dass der Senat das Vorgehen des
EBewA nicht zutreffend beurteilt hat. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wird damit nicht aufgezeigt.
b) Auch die Frage,
"Verstößt es gegen das Gebot des venire contra factum proprium gem §
242 BGB, wenn eine Kassenärztliche Vereinigung schriftlichen Regelungen bewusst nicht die äußere Form eines Bescheides gibt, um massenweisen
Widersprüchen vorzubeugen, sich aber nachträglich auf eine Bescheideigenschaft beruft?"
Diese Frage kann abstrakt ohne Weiteres bejaht werden, sodass ihr keine grundsätzliche Bedeutung zukommt. Allerdings fehlt
es insoweit an der erforderlichen Klärungsfähigkeit im Fall des Klägers. Das LSG hat einen solchen Sachverhalt nicht festgestellt.
Soweit der Kläger eine andere Auffassung vorträgt, greift er lediglich die Bewertung des LSG im Einzelfall an.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm §§
154 ff
VwGO. Als erfolgloser Rechtsmittelführer hat der Kläger die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§
154 Abs
2 VwGO).
3. Die Festsetzung des Streitwerts entspricht der von keinem Beteiligten angegriffenen Festsetzung des LSG (§
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 1
SGG iVm § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG).