Parallelentscheidung zu BSG - B 6 KA 18/17 B - v. 02.08.2017
Gründe:
I
Die Klägerin ist eine - im streitbefangenen Zeitraum aus drei Fachärzten für Innere Medizin bestehende - Berufsausübungsgemeinschaft,
die mit Sitz im Bezirk der beklagten KÄV zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist. Sie begehrt höheres Honorar für
das Quartal III/2011. Ihre Widersprüche gegen die Zuweisung des Regelleistungsvolumens (RLV) und eines qualifikationsgebundenen Zusatzvolumens (QZV) sowie gegen den Honorarbescheid für das Quartal III/2011 wies die
Beklagte zurück. Klage und Berufung der Klägerin blieben ohne Erfolg. Die RLV-/QZV-Zuweisung sei rechtmäßig und die Beklagte habe auf dieser Grundlage auch das Honorar der Klägerin für das streitbefangene
Quartal rechtsfehlerfrei festgesetzt. Sowohl die maßgeblichen Beschlüsse des Erweiterten Bewertungsausschusses (EBewA) als
auch die den Bescheiden zugrundliegenden Regelungen des Honorarverteilungsvertrags seien rechtmäßig.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in der Entscheidung des LSG wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde, zu deren
Begründung sie die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) geltend macht.
II
1. Die Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher
Bedeutung der Rechtssache nach §
160 Abs
2 Nr
1 SGG liegen nicht vor. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren
klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BSG Beschluss vom 29.11.2006 - B 6 KA 23/06 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 mwN; BSG Beschluss vom 28.4.2005 - B 9a/9 VG 15/04 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 5 RdNr 3). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt dann, wenn
die Frage bereits geklärt ist und/oder wenn sie sich ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften und/oder aus der bereits vorliegenden
Rechtsprechung klar beantworten lässt. Das ist hier der Fall.
Die Klägerin fragt:
"Verletzt die Nichtumsetzung der in den streitgegenständlichen Quartalen geltenden gesetzlichen Vorgaben in §
87 Abs.
2f)
SGB V (Festlegung von Indikatoren zur Messung der regionalen Besonderheiten bei der Kosten- und Versorgungsstruktur nach §
87a Abs.
2 Satz 2
SGB V) in §
87b Abs.
3 SGB V (Bestimmung der Morbidität nach Satz 1 mit Hilfe der Morbiditätskriterien Alter und Geschlecht) durch den zuständigen (Erweiterten)Bewertungsausschuss
in Teil C. bzw. Teil F. seiner Beschlüsse vom 27./28.8.2008 bzw. 2.9.2009 und die folgende Duldung dieser Rechtsverstöße durch
den erkennenden Senat den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 Satz 2, Art.
2 Abs.
1, jeweils in Verbindung mit Art.
20 Abs.
3 GG?"
Es kann offenbleiben, ob das Vorbringen der Klägerin den Darlegungsanforderungen genügt. Wer mit der Nichtzulassungsbeschwerde
einen Verfassungsverstoß geltend macht, darf sich nicht auf die bloße Benennung angeblich verletzter Grundrechte beschränken.
Vielmehr muss der Beschwerdeführer unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG und des BSG zu den gerügten Verfassungsnormen bzw -prinzipien in substantieller Argumentation darlegen, welche gesetzlichen Regelungen
welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll (vgl BSG Beschluss vom 8.2.2017 - B 13 R 294/16 B - Juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 8.9.2016 - B 9 V 13/16 B - Juris RdNr 7 mwN). Eine solche gründliche Erörterung der höchstrichterlichen und verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung
lässt die Beschwerde bereits vermissen. Auch fehlt es an Darlegungen dazu, warum einer Rechtsfrage zu ausgelaufenem Recht
grundsätzliche Bedeutung zukommt. Der Hinweis auf zwanzig dem Prozessbevollmächtigten bekannte Fälle genügt insofern nicht.
Auch der Vortrag, die Frage, ob die Gerichte "Ungehorsam" gegenüber dem Gesetzgeber dulden dürfen, spiele immer wieder eine
Rolle, führt in dieser plakativen Allgemeinheit nicht weiter. Schließlich ist nach dem Vorbringen der Klägerin auch nicht
erkennbar, inwiefern die Rechtsfrage im konkreten Fall klärungsfähig ist.
Jedenfalls kann die Frage auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats eindeutig beantwortet werden. In dem von der Klägerin
in Bezug genommenen Urteil des Senats vom 11.12.2013 (B 6 KA 4/13 R - SozR 4-2500 § 87b Nr 5) hat der Senat bekräftigt, dass die fehlende Vorgabe von Indikatoren durch den EBewA die Vertragspartner
auf regionaler Ebene nicht gehindert hat, nach eigener Entscheidung Zuschläge oder Abschläge von den Orientierungswerten zu
vereinbaren (so schon das Urteil vom 21.3.2012 - B 6 KA 21/11 R - BSGE 110, 258 = SozR 4-2500 § 87a Nr 1, RdNr 33 ff), die Vertragsärzte durch die fehlenden Vorgaben mithin nicht beschwert waren. Die Vertragspartner
durften nach §
87a Abs
2 Satz 2
SGB V aF solche Zuschläge nur nicht unter Verwendung von Kriterien vereinbaren, die denen widersprachen, die der BewA (unterstellt)
festgelegt hatte (BSG SozR 4-2500 § 87b Nr 5 RdNr 27). Ebenso hat der Senat sich mit der Berücksichtigung des Kriteriums "Geschlecht" bezogen auf die Festlegung
der RLV befasst und die dahingehenden Vorgaben des EBewA für ausreichend gehalten (SozR 4-2500 § 87b Nr 5 RdNr 29-30). Wenn der Senat
keine Ausführungen zur Verfassungsmäßigkeit gemacht hat, beruhte dies darauf, dass insofern keine Zweifel bestanden. Der nicht
näher substantiierte Vortrag der Klägerin gibt keinen Anlass zu weiteren Überlegungen. Die Ausführungen der Klägerin verhalten
sich ausschließlich dazu, dass der Senat aus seiner Sicht das Vorgehen des EBewA nicht zutreffend beurteilt hat. Eine Rechtsfrage
von grundsätzlicher Bedeutung oder eine erneute Klärungsbedürftigkeit (vgl dazu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl 2017, §
160 RdNr 8b) wird damit nicht aufgezeigt.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 3
SGG iVm §§
154 ff
VwGO. Als erfolglose Rechtsmittelführerin hat die Klägerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§
154 Abs
2 VwGO).
3. Die Festsetzung des Streitwerts entspricht der von keinem Beteiligten angegriffenen Festsetzung des LSG (§
197a Abs
1 Satz 1 Teilsatz 1
SGG iVm § 52 Abs 3 Satz 1; § 47 Abs 1 und 3 GKG).