LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 07.05.2014 - 4 KR 4717/12
Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung; Ausschluss der Auffang-Versicherungspflicht beim Empfang laufender
Leistungen im Sinne von § 5 Abs. 8a S. 2 SGB V
Fundstellen: NZS 2014, 699
Normenkette: SGB XII §§ 47ff
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Vorinstanzen: SG Freiburg 26.09.2012
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26. September 2012 aufgehoben und die Klage
abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten beider Rechtszüge sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
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Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass sie bei der Beklagten seit 1. September 2010 nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch ( SGB V) pflichtversichertes Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung ist.
Die am 1936 geborene Klägerin ist russische Staatsangehörige. Sie reiste am 11. Dezember 2000 in die Bundesrepublik Deutschland
ein und verfügt seit 27. Dezember 2000 über eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, zwischenzeitlich über eine Niederlassungserlaubnis
nach § 23 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Ab 18. Dezember 2000 bezog sie laufende Leistungen nach den Vorschriften des Bundessozialhilfegesetz (BSHG - Bescheid des Landratsamts Breisgrau-Hochschwarzwald vom 10. Januar 2001), ab 1. Januar 2003 nach dem Grundsicherungsgesetz (GSiG - Bescheid der Beigeladenen vom 14. Januar 2003). Seit Januar 2005 erhält sie Leistungen der Grundsicherung im Alter und
bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII - Bescheid der Beigeladenen vom 14. März 2005; ab dem 1. April 2010: Bescheid der Beigeladenen vom 29. März 2010). Die Krankenbehandlung
der Klägerin übernahm ab 1. Januar 2004 bis 31. August 2010 die Beklagte gemäß § 264 Abs. 1 SGB V, die die Aufwendungen von der Beigeladenen erstattet bekam. Den Beitritt zur freiwilligen Versicherung ab 1. Januar 2005
hat die Beklagte mit Bescheid vom 22. März 2005 abgelehnt.
Unter dem 3. Februar 2010 fragte die Beigeladene bei der Klägerin nach, ob sie einen Rentenanspruch an den Rentenfonds der
Russischen Föderation habe, worauf die Klägerin der Beigeladenen am 3. März 2010 mitteilte, dass sie monatlich eine russische
Altersrente und die Rente einer Überlebenden der Leningrader Blockade erhalte. Die Zahlungen gingen auf das Konto der Sberbank
Russland in Moskau. Informationen über die aktuelle Höhe der Rente würden im Juni 2010 nach Zusendung der Lebensbestätigung
an den Russischen Pensionsfond erteilt. Am 12. Mai 2010 legte die Klägerin der Beigeladenen eine Bescheinigung des Leiters
der Rentenversicherung M.V. Golubkina, Verwaltung Nr. 3 der GU-Hauptverwaltung PF RF Nr. 5 für die Stadt Moskau und Gebiet
Moskau Rentenabteilung "Wostotschnoje Degunino" Nr. 145 vom 21. April 2010 vor, wonach sich der Umfang der Arbeitsrente der
Klägerin im Dezember 2009 auf RUB 6.850,56 beläuft und vom 1. Januar 2010 die Auszahlung der Rente wegen Nichtvorlage einer
Lebensbescheinigung für das Jahr 2010 eingestellt sei. Ergänzend teilte die Klägerin mit, dass sie die aktuelle Bescheinigung
für das Jahr 2010 beantragt habe. Die Bearbeitungszeit verzögere sich voraussichtlich bis August 2010. Die Beigeladene forderte
die Klägerin hierauf mit Schreiben vom 21. Mai 2010 auf, den Bescheid über die Zahlung einer russischen Rente sofort nach
Bewilligung vorzulegen, damit die Nachzahlung in einer Summe als Einkommen angerechnet werden könne. Am 5. August 2010 legte
die Klägerin der Beigeladenen die Bescheinigung GU Nr. 5 PO "Wostotschnoje Degunino" vom 30. Juni 2010 vor. Danach beläuft
sich die Altersrente der Klägerin in den Monaten Januar bis März 2010 auf jeweils RUB 8.427,99 und in den Monaten April bis
Juni 2010 auf RUB 8.958,96, insgesamt auf RUB 52.160,85. Außerdem erhalte die Klägerin eine monatliche Zuzahlung in Höhe von
500 Rubel. Nach der von der Klägerin am 8. September 2010 vorgelegten Bescheinigung des Leiters der Rentenabteilung M.V. Golubkina
Nr. 298 vom 18. August 2010 beläuft sich auch im Juli 2010 die Altersrente der Klägerin auf RUB 8.959,96, ab 1. August 2010
würden die Zahlungen durch den Rentenfonds der Russischen Föderation durchgeführt.
Mit Bescheid vom 5. August 2010 hob die Beigeladene den Bewilligungsbescheid vom 29. März 2010 ab dem 31. August 2010 wegen
fehlender Hilfebedürftigkeit auf. Die Klägerin erhalte bereits längere Zeit eine monatliche Rente aus Russland, die ab 1.
Januar 2010 abzüglich einer monatlichen Pauschale angerechnet werde. Dies seien für die Zeit vom 1. Januar bis 31. März 2010
EUR 643,02 (RUB 8.427,99, Kurs EUR 1,00 = RUB 39,32 = EUR 214,34 x drei Monate) und für die Zeit ab 1. April bis 30. September
2010 EUR 1.367,04 (RUB 8.958,96, Kurs EUR 1,00 = RUB 39,32 = EUR 227,84 x sechs Monate). Abzüglich einer Pauschale für die
Lebensbescheinigung von neunmal EUR 10,00, insgesamt EUR 90,00, ergebe sich ein Anrechnungsbetrag von EUR 1.920,06, der den
von der Beigeladenen berechneten Hilfebedarf der Klägerin von EUR 807,43 überschritt. Mit weiterem Bescheid vom 5. August
2010 stellte die Beigeladene außerdem die Leistungen der Hilfe bei Krankheit nach § 264 SGB V ab dem 1. September 2010 ein, da die gewährten Leistungen der Hilfe nach dem Dritten bis Fünften Kapitel SGB XII oder § 2 Asylbewerberleistungsgesetz ( AsylbLG) mit Wirkung ab dem 1. September 2010 eingestellt würden. Auf Antrag der Klägerin vom 8. September 2010 bewilligte die Beigeladene
der Klägerin mit Bescheid vom 30. September 2010 erneut Leistungen der Grundsicherung ab 1. Oktober 2010 bis auf weiteres.
Hierbei berücksichtigte sie die russische Rente der Klägerin mit einem Betrag in Höhe von EUR 158,15 monatlich abzüglich einer
Pauschale Lebensbescheinigung in Höhe von monatlich EUR 10,00. Der Beklagten gegenüber teilte die Beigeladene mit, dass sie
den Beitrag zur freiwilligen Versicherung oder eine Versicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ab 1. Oktober 2010 übernehmen werde. Mit Bescheid vom 25. Oktober 2010 lehnte die Beigeladene den Antrag der Klägerin vom
21. Oktober 2010 auf Hilfe bei Krankheit nach § 264 SGB V ab. Dieser Anspruch bestehe nicht. Da sie in der Zeit vom 1. bis 30. September 2010 nicht im Bezug von Leistungen nach dem
Dritten bis Fünften Kapitel SGB XII gestanden habe, habe sie einen Anspruch auf Aufnahme als Pflichtversicherte nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Mit Bescheid vom 3. März 2011 übernahm die Beigeladene ab 1. September 2010 die Kosten der Krankenbehandlung und meldete
die Klägerin nach § 264 SGB V bei der Beklagten.
Am 23. August 2010 gab die Klägerin bei der Beklagten eine Anzeige zur Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V und § 20 Abs. 1 Nr. 12 Elftes Buch Sozialgesetzbuch ( SGB XI) ab. Auf Nachfrage der Beklagten teilte sie mit, die Rente sei im Juni 2010 rückwirkend ab Januar 2010 bezahlt worden, weil
die Lebensbescheinigung wegen der verspäteten Ausstellung ihres Reisepasses im Russischen Konsulat erst im April 2010 erstellt
worden sei.
Mit Bescheid vom 14. Oktober 2010 stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V versicherungspflichtig sei und deshalb nicht ihr, der Beklagten, Mitglied habe werden können. Zur Begründung führte sie aus,
dass bei monatlicher Anrechnung der Rente ein durchgängiger Sozialhilfeanspruch bestehe, weshalb aufgrund § 5 Abs. 8a SGB V eine Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ausgeschlossen sei.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch. Der Hinweis auf § 5 Abs. 8a SGB V sei nicht zutreffend, da die Unterbrechung der Leistungen durch die Beigeladene über einen vollen Monat gedauert habe.
Mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2010 wies die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle den Widerspruch zurück.
Der Bezug der Leistungen der Grundsicherung entfalle zwar für einen vollen Kalendermonat, weshalb man bei wörtlicher Auslegung
der Regelung des § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V dazu kommen könne, dass hierdurch das Zustandekommen einer Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V nicht ausgeschlossen sei. Diese am reinen Wortlaut orientierte Auslegung könne jedoch nicht zutreffend sei. Zweck der Regelung
sei laut Entstehungsgeschichte der Norm zu verhindern, dass eine nur geringfügige Unterbrechung im Sozialhilfebezug sofort
zu einem Systemwechsel in der Zuständigkeit zwischen Sozialhilfeträger und Träger der gesetzlichen Krankenversicherung führe.
Die Anrechnung erfolge nach dem von den Sozialhilfeträgern angewandten Zuflussprinzip jeweils auf einen ganzen Kalendermonat,
für den die Hilfebedürftigkeit jeweils festgestellt werde. Würde man einer eingeschränkten wörtlichen Auslegung folgen, so
würde jede Anrechnung von Einmalzahlungen, die zu einem einmaligen Wegfall des Sozialhilfebezugs in einem Kalendermonat führe,
automatisch auch zu einem Wechsel in der Zuständigkeit vom Sozialhilfeträger hin zum Träger der gesetzlichen Krankenversicherung
führen. In der Konsequenz führe dies dazu, dass die Regelung des § 5 Abs. 8a SGB V damit inhaltsleer werde. Lege man den Wortlaut vor dem Hintergrund des Zwecks der Regelung so aus, dass eine Unterbrechung
von bis zu einem Monat unschädlich sei, so führe die einmalige Anrechnung der Nachzahlung der russischen Rente dagegen nicht
zu einem Zuständigkeitswechsel. Hierfür spreche insbesondere auch der Wortlaut der nachfolgenden Regelung des § 5 Abs. 8a Satz 4 SGB V. Hiernach gelte die Regelung des § 19 Abs. 2 SGB V nicht als anderweitige Absicherung im Krankheitsfall, sofern im Anschluss daran kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung
bestehe. Die Regelung des § 19 Abs. 2 SGB V stelle auf einen vollen Kalendermonat ab. Es wäre nicht verständlich, wenn in dem Fall des Satzes 4 auf einen gesamten Kalendermonat
abzustellen wäre, im Fall des Satzes 3 dagegen nur auf eine kürzere Zeit vor Ablauf eines vollen Kalendermonats. Eine am Zweck
der Regelung orientierte Auslegung gebiete es, einheitlich anzunehmen, dass dann, wenn eine Unterbrechung des Bezugs von bis
zu einem vollen Monat eintrete, dies als unschädlich anzusehen sei und hierdurch kein Wechsel der Zuständigkeit eintrete.
Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 10. März 2011 wies der bei der Beklagten gebildete Widerspruchsausschuss den Widerspruch
der Klägerin gegen den Bescheid vom 14. Oktober 2010 noch einmal zurück. Auf die von der Klägerin dagegen erhobene Klage zum
Sozialgericht Freiburg (SG - S 14 KR 1548/11 -) schlossen die Beteiligten einen Vergleich, wonach die Beklagte u.a. den Widerspruchsbescheid vom 10. März 2011 aufhob.
Auf den von der Klägerin bereits am 27. Oktober 2010 gestellten Antrag verpflichtete das SG (- S 1 KR 5494/10 ER -) die Beklagte im Wege der einstweiligen Anordnung, der Klägerin vorläufig bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens
sowie eines sich anschließenden Klageverfahrens Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren (Beschluss vom
1. Dezember 2010).
Am 22. Dezember 2010 erhob die Klägerin Klage zum SG. Die Beklagte lehne es rechtsirrig ab, sie als Pflichtversicherte aufzunehmen. Trotz des Beschlusses des SG vom 1. Dezember 2010 halte sie an ihrer Rechtsauffassung fest und habe ihren Widerspruch zurückgewiesen.
Die Beklagte trat der Klage unter Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens entgegen. Ergänzend trug sie vor, dass ihre Auffassung
auch vor dem Hintergrund der tatsächlichen Verhältnisse sachgerecht sei. Angesichts der Höhe der russischen Rente führe diese
bei einem laufenden monatlichen Bezug nicht zu einem Wegfall der laufenden Hilfen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII. Würde sie ordnungsgemäß Monat für Monat ausgezahlt werden, würde dies nicht zu einer Unterbrechung des laufenden Bezugs
von Leistungen nach dem SGB XII führen und damit sei ein Zuständigkeitswechsel vom Sozialhilfeträger hin zum Träger der gesetzlichen Krankenversicherung
ausgeschlossen. Praktische Umsetzungsschwierigkeiten im Transfer der eigentlich monatlich zustehenden Rente von Russland nach
Deutschland könnten nicht ausschlaggebend dafür sein, dass hierdurch ein Zuständigkeitswechsel zwischen den Trägern der Sozialhilfe
und den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung eintrete. Würde man die Möglichkeit eines solchen Zuständigkeitswechsels
durch eine eng am Wortlaut des § 5 Abs. 8a Satz 3 SGB V orientierte Auslegung zulassen, würde dies dazu führen, dass reine Zufälligkeiten in der Auszahlung und dem Zahlungstransfer
darüber entschieden, ob ein Zuständigkeitswechsel eintrete. Darüber hinaus sei durch eine solche Auslegung auch die Möglichkeit
einer Zuständigkeitsmanipulation durch eine gezielte Beeinflussung des Geldtransfers nach Deutschland durch die jeweiligen
Beteiligten möglich. Dies laufe dem eindeutig in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck gekommenen Ziel entgegen, dass die "Vorrangreglung
der Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers nach § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V für die Erbringung von Hilfen zur Gesundheit nicht dadurch unterlaufen werden soll, dass für eine unverhältnismäßig kurze
Zeit der Leistungsbezug unterbrochen wird". Einer solchen am gesetzgeberischen Ziel orientierten Auslegung stehe auch nicht
der "Wortlaut" der Regelung des § 5 Abs. 8a SGB V entgegen. Es werde zwar die Auffassung vertreten, dass eine "eindeutige" bzw. "klare und eindeutige" gesetzliche Regelung
keiner Auslegung mehr zugänglich sei (sogenannte sense-clair-doctrine). Es sei jedoch durchaus angebracht, das eindeutig formulierte
gesetzgeberische Ziel bei der Anwendung der Vorschrift mit zu berücksichtigen (Anführungszeichen im Original).
Die mit Beschluss des SG vom 27. Juli 2011 Beigeladene äußerte sich nicht.
Mit Urteil vom 26. September 2012 hob das SG den Bescheid der Beklagten vom 14. Oktober 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. März 2011 (richtig vom 14.
Dezember 2010) auf und stellte fest, dass die Klägerin seit 1. September 2010 pflichtversichertes Mitglied der Beklagten sei.
Die Klägerin sei nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V seit 1. September 2010 versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten, denn ab diesem Zeitpunkt habe die bisher nicht gesetzlich
oder privat krankenversicherte Klägerin, die weder hauptberuflich selbständig erwerbstätig sei (§ 5 Abs. 5 SGB V) noch zum versicherungsfreien Personenkreis nach § 6 Abs. 1 und 2 SGB V gehöre, keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall, nachdem die Beigeladene mit Bescheid vom 5. August
2010 Leistungen der Hilfe bei Krankheit nach § 264 SGB V ihr gegenüber eingestellt habe. § 5 Abs. 8a Satz 2 und Satz 3 SGB V stünden dem Eintritt der Versicherungspflicht nicht entgegen. Der Ausschluss des § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V greife nicht, weil die Klägerin mit Wirkung ab dem 31. August 2010 keine laufenden Leistungen nach dem Dritten, Vierten,
Sechsten und Siebten Kapitel SGB XII empfangen habe. Auch nach § 5 Abs. 8a Satz 3 SGB V sei der Eintritt der Versicherungspflicht nicht ausgeschlossen. Denn der Anspruch der Klägerin auf laufende Leistungen nach
dem SGB XII sei vom 31. August 2010 bis einschließlich 30. September 2010 und damit nicht für weniger als einen Monat unterbrochen gewesen.
Der Ausschlusstatbestand greife bei einer Unterbrechung von weniger als einem Monat und damit bei einer Unterbrechung von
bis zu 29 Tagen ein (§ 191 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB - i. V. m. § 26 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -). Die vom Gesetzgeber gewählte Formulierung sei eindeutig und einer Auslegung nicht zugänglich (Hinweis auf Sozialgericht
Oldenburg, Urteil vom 8. September 2011 - S 61 KR 151/11 -; in juris). Hiervon abgesehen sei der Leistungsbezug der Klägerin 31 Tage unterbrochen gewesen, sodass selbst bei der Auslegung
der Vorschrift im Sinne der Beklagten ein Ausschluss nicht eingetreten wäre.
Gegen das ihr am 19. Oktober 2012 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 12. November 2012 Berufung eingelegt. Sie ist unter
Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens weiter der Auffassung, dass bei einem ansonsten durchgängig bestehenden Hilfebedarf
allein die Leistungszurechnung eines Nachzahlungsbetrags auf einen einzelnen Kalendermonat nicht dazu führen könne, dass hierdurch
ein vom Gesetzgeber grundsätzlich nicht gewollter Systemwechsel in der Zuständigkeit der ansonsten leistungspflichtigen Sozialhilfeträger
hin zu den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung erfolge. Ein solcher Systemwechsel könne nicht von Zufälligkeiten
abhängig gemacht werden. Auf die einzelnen Fallgestaltungen dieser "Nachzahlungen aus dem Ausland" habe der Betroffene im
Einzelfall mehr oder weniger direkten Einfluss. Die Verzögerung könne zum Einen in einem verzögerten Verwaltungshandeln der
dortigen Behörden liegen, das der Betroffene zunächst nicht weiter beeinflussen könne, es könne in einer faktischen Verzögerung
der Auszahlung liegen, die in Abwicklungsschwierigkeiten unter Einschaltung der zwischenstaatlichen Zahlungssysteme begründet
sei, es könne aber auch darin liegen, dass der Betroffene Anträge nicht rechtzeitig stelle, angeforderte Bescheinigungen nicht
rechtzeitig vorlege oder Zahlungsanweisungen von eigenen Konten oder Konten von Angehörigen aus dem Ausland durch sein schlichtes
Zutun verzögere. Der Umfang der jeweils möglichen Einflussnahme und "Disposition" über den Auszahlungs- oder Weiterleitungszeitpunkt
entziehe sich einer unmittelbaren Überprüfung. Je offener und je gezielter diese Einflussnahme auf die Auszahlung der Rentenleistung
zu Tage trete, desto weniger gerechtfertigt erscheine im Einzelfall, dass der Umstand der Nachzahlung dieser Beträge, die
eigentlich als laufende Leistung gedacht seien und entsprechend auch zugebilligt würden, zu einem Wechsel in der Zuständigkeit
vom Sozialhilfeträger zum Träger der gesetzlichen Krankenversicherung führe. Deshalb gebiete die Rechtsklarheit hier eindeutige
Anknüpfungspunkte zu suchen, die eine gezielte Verlagerung der Zuständigkeiten verhindere. Bereits im seinem Urteil vom 6.
Oktober 2010 (B 12 KR 25/09 R; in juris) habe das Bundessozialgericht (BSG) betont, dass mit der Einführung der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V die Leistungsverantwortung für den Krankheitsfall nicht von den Sozialhilfeträgern auf die gesetzlichen Krankenversicherung
"verschoben" werden solle. Mithin könne in diesem Bereich bei einem bereits eingetretenen Leistungsbezug nach dem SGB XII ein grundsätzlicher Vorrang der Sozialhilfe angenommen werden. Dies gelte unmittelbar nach dem Wortlaut der Regelung des
§ 5 Abs. 8a SGB V bereits für Fälle einer nur kurzzeitigen Unterbrechung im Leistungsbezug nach dem SGB XII von weniger als einem Monat. Die gesetzliche Krankenversicherung mit der Auffangpflichtversicherung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V solle erst dann eintreten, wenn kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall bestehe. Zu einer solchen vom
Gesetzgeber nicht gewollten Verschiebung käme es aber nach Ansicht des Bayerischen Landessozialgerichts (Beschluss vom 20.
Januar 2012 - L 4 KR 430/10 B ER -; in juris), wenn für einen Leistungsempfänger, der sowohl vor der Nachzahlung als auch unmittelbar anschließend Sozialhilfe
bezogen habe, allein durch Anrechnung dieses Nachzahlungsbetrags eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung
begründet werden könnte. Der dem Beschluss des Bayerischen Landessozialgerichts zugrunde liegende Sachverhalt entspreche der
hier zur Entscheidung anstehenden Konstellation. Im Anschluss an dieses Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts habe das
Sozialgericht Regensburg im Urteil vom 7. Dezember 2011 (S 2 KR 287/10; in juris) entschieden, dass durch die Unterbrechung des Leistungsbezugs für einen Monat keine Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V eingetreten sei. Zur Begründung habe das Sozialgericht Regensburg darauf hingewiesen, dass nicht das Fehlen des Leistungsbezugs,
sondern das Bestehen des Anspruchs entscheidend sei. Mit dem Bayerischen Landessozialgericht und dem Sozialgericht Regensburg
sei also nicht nur die Anrechnungspraxis der jeweiligen Sozialhilfeträger zu beanstanden, es sei ebenso darauf hinzuweisen,
dass nach dem Zweck der Regelung von § 5 Abs. 8a SGB V und § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V darauf abzustellen sei, dass durchgängig ein Anspruch auf Sozialhilfe bzw. Leistungen der Grundsicherung bestehe und allein
durch die Nachzahlung der geringfügigen monatlichen Rente dieser im Grunde bestehende Leistungsanspruch nicht beseitigt werde.
Die Anrechnungspraxis der Sozialhilfeträger und auch das Berufen darauf, widerspreche dem Gebot der Zusammenarbeit der Sozialleistungsträger
in § 86 SGB X.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 26. September 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angegriffene Urteil für zutreffend und nimmt hierauf Bezug. Auf Nachfrage des Senats hat die Klägerin mitgeteilt,
dass die Zahlung der Rente monatlich auf ihr russisches Konto erfolgt sei. Sie habe das Geld während ihrer einmal jährlich
stattfindenden Russland-Reise abgehoben. Seit Juli 2010 erhalte sie ihre Rente auf ihr Konto bei der Volksbank in Freiburg.
Sie werde ihr einmal in drei Monaten überwiesen. Die Überweisungen seien am 6. September und am 23. November 2010 erfolgt.
Die Änderung sei vorgenommen worden, weil sie so bequemer an ihre Rente komme. Seit dem Jahr 2001 habe sie dem Russischen
Rentenversicherungsträger jeweils zum Jahresanfang eine Lebensbescheinigung vorlegen müssen. Die Verzögerung Anfang 2010 sei
aufgrund des langesamen Briefverkehrs mit dem Russischen Rentenversicherungsträger eingetreten. Nach den vorgelegten Kontoauszügen
hat die Klägerin am 6. September eine Auslandsgutschrift über EUR 474,45 (drittes Quartal 2010) und am 26. November 2010 in
Höhe von EUR 662,12 (Viertes Quartal 2010) erhalten.
Die Beigeladene beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist ebenfalls auf die Ausführungen des SG im angegriffenen Urteil. Auf Nachfrage des Senats hat sie erläutert, dass nach dem Grundsatz des Zuflusses nach damaliger
Praxis keine andere Entscheidung als die Einstellung für einen Monat möglich gewesen sei. Seit dem Jahr 2011 würden die einmal
im Quartal überwiesenen Renten aus Russland laufend monatlich angerechnet. Die Praxis der russischen Rentenversicherungsträger
bei Zahlung ins Ausland nur einmal im Quartal zu überwiesen, sei im Jahr 2010 nicht bekannt gewesen. Die Anrechnung der Rente
ab 2011 im Fall der Klägerin entspreche der generellen Vorgehensweise ab dem Jahr 2011.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und den Verwaltungsvorgang der Beklagten und der
Beigeladenen verwiesen.
Entscheidungsgründe
1.
Die Berufung der Beklagten, über der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß §§ 151, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz ( SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und statthaft.
2.
Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 14. Oktober 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Dezember
2010. Zwar hat das SG im Urteil vom 26. September 2012 den Bescheid vom 14. Oktober 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. März
2011 aufgehoben. Insoweit handelt es sich jedoch um eine offenbare Unrichtigkeit. Die Beklagte hat über den Widerspruch der
Klägerin gegen den Bescheid vom 14. Oktober 2010 mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2010 entschieden. Soweit sie mit
Widerspruchsbescheid vom 10. März 2011 erneut über den Widerspruch entschieden hat, hat sie keine neue Entscheidung getroffen.
Auf das von der Klägerin gegen den Bescheid vom 14. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. März 2011
betriebene Klageverfahren hat die Beklagte der Klägerin deshalb auch vergleichsweise angeboten, den Widerspruchsbescheid vom
10. März 2011 aufzuheben. Dieses Angebot hat die Klägerin angenommen (S 14 KR 1548/11). Die Klägerin hat im der Berufung zugrundeliegenden Klageverfahren mit Klageschriftsatz vom 22. Dezember 2010 auch beantragt,
den Bescheid vom 14. Oktober 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Dezember 2010 aufzuheben, die Beklagte
hat in der Berufungserwiderung vom 9. Mai 2011 ebenfalls auf den Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2010 Bezug genommen.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 14. Oktober 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 14. Dezember 2010 nur soweit er die Frage der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung regelt. Gegen
die im Bescheid der Beklagten vom 14. Oktober 2010 sinngemäß ebenfalls enthaltene Feststellung, dass sie nicht in der gesetzlichen
Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 12 SGB XI versicherungspflichtig sei, hat sich die Klägerin weder mit ihrem Widerspruch noch mit ihrem Klageantrag gewandt. Die SG hat hierüber auch nicht entschieden.
3.
Klageart ist neben der Anfechtungsklage die Feststellungsklage gemäß § 55 SGG, gerichtet auf die Feststellung der Versicherungspflicht der Klägerin in der gesetzlichen Krankenversicherung ab 1. September
2010. Die Versicherungspflicht tritt unabhängig von einem Beitritt kraft Gesetzes ein, so dass die Feststellungsklage zulässig
ist (BSG, Urteil vom 21. Dezember 2011 - B 12 KR 13/10 R -; in juris).
4.
Die Berufung der Beklagten ist begründet. Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 14. Oktober 2010 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 14. Dezember 2010 zu Recht festgestellt, dass die Klägerin ab 1. September 2010 nicht pflichtversichert
in der gesetzlichen Krankenversicherung nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ist. Das SG hat auf die hiergegen erhobene Klage zu Unrecht den Bescheid der Beklagten vom 14. Oktober 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 14. Dezember 2010 aufgehoben und festgestellt, dass die Klägerin seit 1. September 2010 pflichtversichertes Mitglied der
Beklagten ist.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung (wie die im Folgenden genannten Bestimmungen eingefügt mit Wirkung vom
1. April 2007 durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG - vom 26. März 2007, BGBl. I, Seite 378) sind seit dem 1. April 2007 in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig Personen, die keinen anderweitigen
Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und zuletzt gesetzlich krankenversichert (Buchst. a) oder bisher nicht gesetzlich
oder privat krankenversichert waren, es sei denn, sie gehören zu den nach § 5 Abs. 5 SGB V genannten hauptberuflich Selbständigen oder zu den nach § 6 Abs. 1 oder 2 SGB V versicherungsfreien Personen oder hätten bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland zu ihnen gehört (Buchst. b).
§ 5 Abs. 11 SGB V enthält Sonderregelungen für Ausländer. Grundsätzlich gilt die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des SGB haben (§ 30 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I -). Mit § 5 Abs. 11 SGB V hat der Gesetzgeber eine im Sinne des § 37 SGB I abweichende Regelung getroffen. Ziel der Regelung ist die Vermeidung von Rechtsmissbrauch (Felix in: jurisPK- SGB V, 2. Aufl. 2012, § 5 SGB V, Rn. 98). Nach Satz 1 des Abs. 11 werden Ausländer, die nicht Angehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, Angehörige
eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder Staatsangehörige der Schweiz sind, von der
Versicherungspflicht nach Abs. 1 Nr. 13 erfasst, wenn sie eine Niederlassungserlaubnis oder eine Aufenthaltserlaubnis mit
einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem AufenthG besitzen und für die Erteilung dieser Aufenthaltstitel keine Verpflichtung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG besteht.
a) Die Klägerin unterfällt als russische Staatsangehörige mit einer unbefristeten Niederlassungserlaubnis nach § 23 Abs. 2 AufenthG dem persönlichen Anwendungsbereich des Versicherungspflichttatbestandes des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Sie war weder hauptberuflich Selbständige noch gehörte sie zu den nach § 6 Abs. 1 oder 2 SGB V versicherungsfreien Personen. Die Klägerin hatte auch keinen Anspruch auf Leistungen nach § 19 Abs. 2 SGB V, denn zum 31. August 2010 endete nicht ihre Mitgliedschaft als Versicherungspflichtige, sondern ihr Anspruch auf Hilfe bei
Krankheit nach § 264 SGB V. Darauf, ob im Anschluss daran ein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall bestand, kommt es damit nicht
an (§ 5 Abs. 8a Satz 4 SGB V). Denn Versicherungspflicht trat aufgrund § 5 Abs. 8a SGB V nicht ein.
Gemäß § 5 Abs. 8a SGB V ist nach Abs. 1 Nr. 13 nicht versicherungspflichtig, wer nach Abs. 1 Nr. 1 bis 12 versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder nach § 10 SGB V versichert ist (Satz 1). Satz 1 gilt entsprechend für Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten
und Siebten Kapitel des SGB XII und für Empfänger laufender Leistungen nach § 2 AsylbLG (Satz 2). Satz 2 gilt auch, wenn der Anspruch auf diese Leistungen für weniger als einen Monat unterbrochen wird (Satz 3).
Empfangen im Sinne von § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V werden laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Leistungen des Vierten Kapitels des SGB XII), wie sie die Klägerin erhielt, in dem Zeitraum, für den sie durch Verwaltungsakt des Sozialhilfeträgers zuerkannt werden.
Maßgeblich ist nicht, ob sie bezogen werden, sondern ob sie beansprucht werden können. Es kommt auf den vom Sozialhilfeträger
durch Verwaltungsakt (bestimmten) zuerkannten Leistungsanspruch an (BSG, Urteil vom 6. Oktober 2010 - B 12 KR 25/09 R - ; in juris). Dies folgt aus dem Bedeutungszusammenhang der Norm, aus dem Zweck der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V als sogenannte Auffangversicherung; der Wortlaut des § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V steht nicht entgegen. § 5 Abs. 8a SGB V steht im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, den er tatbestandlich konkretisiert. Das gegenwärtige Fehlen einer anderweitigen Absicherung wird dort als Abwesenheit eines
Anspruchs definiert. An das Nichtbestehen eines Anspruchs knüpfen auch die Bestimmungen über den Beginn der Mitgliedschaft
der nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V Versicherungspflichtigen in § 186 Abs. 11 Sätze 1 und 3 SGB V an, ebenso § 190 Abs. 13 Satz 1 Nr. 1 SGB V hinsichtlich des Endes der Mitgliedschaft, wenn eine Absicherung aufgrund anderer Leistungen der Sozialhilfe in Betracht
kommt. Auch § 5 Abs. 8a Sätze 3 und 4 SGB V stellen auf den Anspruch auf Leistungen ab, so dass es folgerichtig erscheint, diesen Maßstab auch Satz 2 der Vorschrift
zugrunde zu legen, um nicht den Regelungszusammenhang zu durchbrechen. Diese Auslegung entspricht auch unter teleologischem
Gesichtspunkten dem Zweck der Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V als Auffangversicherungspflicht (zum Ganzen: BSG, a.a.O.).
aa) Zwar war die Klägerin nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 bis 12 SGB V versicherungspflichtig, freiwilliges Mitglied oder familienversichert (§ 10 SGB V) und erhielt in der Zeit vom 31. August bis 30. September 2010 auch keine laufenden Leistungen nach dem Dritten, Vierten,
Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII. Sie hatte allerdings (auch) für diesen Zeitraum Anspruch auf laufende Leistungen auf Grundsicherung im Alter und damit Anspruch
auf laufende Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII, so dass Versicherungspflicht ab 1. September 2009 wegen § 5 Abs. 8a Satz 2 SGB V nicht eintrat.
bb) Nicht außer Acht gelassen werden darf das Betreiben der Beigeladenen, einen über §§ 47ff. SGB XII, § 264 SGB V bestehenden Schutz zu beenden, um zu einer Mitgliedschaft der Klägerin nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V zu gelangen. Die Beigeladene hat bei der Klägerin unter dem 3. Februar 2010 wegen der russischen Rente nachgefragt. Die Klägerin
wurde von der Beigeladenen bereits mit Schreiben vom 21. Mai 2010 auf einen Antrag bei der Beklagten nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V für jenen Monat der eventuellen Einstellung der Leistungen der Grundsicherung im Alter wegen der Anrechnung der Rente hingewiesen.
Am 5. August 2010 erfolgte eine diesbezügliche Besprechung mit der Klägerin, dabei wurde ihr bereits ein verkürzter Antrag
auf erneute Leistungen der Grundsicherung im Alter ausgehändigt. Diesen Antrag stellte die Klägerin am 8. September 2010.
Die Beigeladene war an diesem Vorgang aktiv beteiligt. Ab Oktober 2010 berücksichtigte sie die russische Rente bei der Bewilligung
der Leistungen der Grundsicherung im Alter auch mit ihrem monatlichen Zahlbetrag, obwohl auch zu diesem Zeitpunkt keine monatliche,
sondern eine quartalsmäßige Auszahlung dieser Rente erfolgte. Würde man in einer solchen Konstellation auf die Bescheide der
Beigeladenen mit Blick auf die laufenden Leistungen der Grundsicherung im Alter abstellen, hätte die Beigeladene die Verschiebung
der Leistungsverantwortung für den Krankheitsfall zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung in der Hand, die Subsidiarität
der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V wäre umgangen. Deshalb ist der Senat der Ansicht, dass die Ausführungen des BSG im Urteil vom 6. Oktober 2010 (B 12 KR 25/09 R -; a.a.O.) so zu verstehen sind, dass laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter nicht nur dann "empfangen" werden,
wenn der Sozialhilfeträger dies bescheidmäßig festgestellt hat, sondern dass es auf die Erfüllung der materiell-rechtlichen
Anspruchsvoraussetzungen einschließlich des Antrags ankommt (so auch Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.
Mai 2011 - L 12 SO 60/09 -; offengelassen Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 23. Juli 2008 - L 11 KR 2101/08 PKH-B -; beide in juris; a.A. Sozialgericht Oldenburg, Urteil vom 8. September 2011 - S 61 KR 151/11; a.a.O.).
cc) Die Klägerin hatte auch in der Zeit vom 31. August bis 30. September 2010 Anspruch auf laufende Leistungen der Grundsicherung.
Der Klägerin stand für den Monat September 2010 die monatliche Rente zu. Es wird insoweit nicht verkannt, dass aufgrund der
Nachzahlung der Rente für sechs Monate im Juni 2010 unter Berücksichtigung des Zuflussprinzips im Monat September 2010 bei
der Klägerin grundsätzlich keine Bedürftigkeit vorgelegen hat. Der Einsatz des eigenen Einkommens bei der Berechnung von Sozialhilfe
wird im Einzelnen durch die Verordnung zur Durchführung des § 82 SGB XII (DV zu § 82 SGB XII; zuletzt geändert durch Art. 11 Verwaltungsvereinfachungsgesetz vom 21. März 2005, BGBl. I, Seite 818, bis 31. Dezember 2004 Verordnung zur Durchführung des § 76 BSHG vom 28. November 1962, BGBl. I, Seite 692) geregelt. Abweichend von dem Grundsatz, dass auf den tatsächlichen Zufluss abzustellen ist, bestimmt § 8 Abs. 1 Satz 1 DV zu § 82 SGB XII, dass andere als die in den §§ 3, 4, 6 und 7 DV zu § 82 SGB XII genannten Einkünfte, zu denen auch Renten gehören (§§ 8 Abs. 1 Satz 2 DV zu § 82 SGB XII, 19 Abs. 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz [EStG]; vgl. auch Schmidt in: jurisPK-SGB XII, § 82 SGB XII Rn¨91), wenn sie nicht monatlich oder wenn sie monatlich in unterschiedlicher Höhe erzielt werden, als Jahreseinkünfte zu
berechnen sind. § 3 Abs. 3 Satz 2 und 3 DV zu § 82 SGB XII gilt nach § 8 Abs. 1 Satz 3 DV zu § 82 SGB XII entsprechend. Nach § 3 Abs. 3 Satz 2 DV zu § 82 SGB XII sind einmalige Einnahmen von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie anfallen; sie sind, soweit nicht im Einzelfall eine
andere Regelung angezeigt ist, auf einen angemessenen Zeitraum aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag
anzusetzen. Satz 2 gilt auch für Sonderzuwendungen, Gratifikationen und gleichartige Bezüge und Vorteile, die in größeren
als monatlichen Zeitabständen gewährt werden (§ 3 Abs. 3 Satz 3 DV zu § 82 SGB XII). Eine solche Anrechnungsweise mit angemessener Verteilung auf mehrere Monate, auch auf den Monat September 2010, ist hier
geboten. Zu berücksichtigen ist, dass es sich nicht um eine einmalige (Renten-)Leistung, sondern um eine Altersrente handelt,
die von der Klägerin laufend beansprucht werden kann und nur wegen bürokratischer Hindernisse einmal halbjährlich und nunmehr
vierteljährlich ausbezahlt wird. Ab Oktober 2010 - und nicht erst wie nach ihrem Vorbringen im Berufungsverfahren ab dem Jahr
2011 - hat die Beigeladene die vierteljährlichen Zahlungen auch auf die Monate umgelegt. Weshalb die Rentennachzahlung im
Juni 2010 von der Beigeladenen anders angerechnet wurde, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Insoweit ist das Vorgehen
der Beigeladenen widersprüchlich. Die Zufälligkeit der Nachzahlung durch den russischen Rentenversicherungsträger kann nicht
entscheidend für die Frage sein, ob die Auffangversicherungspflicht begründet wird (so auch Bayerisches Landessozialgericht,
Beschluss von 20. Januar 2011 - L 4 KR 430/10 B ER; Sozialgericht Regensburg, Urteil vom 7. Dezember 2011 - S 2 KR 297/10 -; jeweils a.a.O.). Den für die Leistung erforderlichen Antrag hat die Klägerin bereits am 8. September 2010 gestellt. Die
Voraussetzungen für einen erneuten Bezug der laufenden Leistungen lagen damit bereits ab 8. September 2010 wieder vor. Denn
statt des Anrechnungsbetrages von EUR 1.920,06 (Betrag der für die Monate Januar bis September 2010 gezahlten russischen Rente
abzüglich einer Pauschale für die Lebensbescheinigung) war nur der auf den Monat September 2010 entfallende Betrag der gezahlten
russischen Rente abzüglich der Pauschale von EUR 217,84 (monatliche Rente RUB 8.958,96 = EUR 227,84 abzüglich der Pauschale
in Höhe von EUR 10,00) anzurechnen. Dieser Betrag lag deutlich unter dem von der Beigeladenen angenommenen angemessenen monatlichen
Hilfebedarf der Klägerin von EUR 807,43 (Blatt 319 der Verwaltungsakte der Beigeladenen).
b) Damit war der Anspruch der Klägerin auf laufende Leistungen der Grundsicherung im Alter zu diesem Zeitpunkt (8. September
2010) auch weniger als einen Monat unterbrochen (§ 5 Abs. 8a Satz 3 SGB V). Die Frage, ob § 5 Abs. 8a Satz 3 SGB V angesichts des eindeutigen Wortlauts einer Auslegung zugänglich ist (verneinend: Sozialgericht Oldenburg, Urteil vom 8. September
2011 - S 61 KR 151/11 -; Sozialgericht Regensburg, Urteil vom 7. Dezember 2011 - S 2 KR 297/10 -; jeweils a.a.O.) stellt sich deshalb vorliegend nicht.
4.
Da die Klägerin seit 1. September 2010 nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V versicherungspflichtig ist, wäre sie auch nicht nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI versicherungspflichtig in der sozialen Pflegeversicherung, wenn man anders als der Senat (siehe oben 2.) annähme, auch die
Feststellung der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung sei Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits.
5.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision wird zugelassen.
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