Anspruch auf Arbeitslosengeld II; Leistungen für Unterkunft und Heizung bei mehreren Unterkünften
Tatbestand:
Streitig zwischen den Beteiligten ist die Übernahme der Kosten der Unterkunft für eine Wohnung des Klägers in E., E- Str für
die Monate März und April 2005.
Der 1976 geborene Kläger beantragte am 01.03.2005 die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld
II - Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bei der Beklagten. Im Antrag gab er an, bei Frau M. L. (L), I.
Str., M. zu wohnen. Kosten der Unterkunft machte er für eine Wohnung E-Str. in E. i.H.v. insgesamt 550,00 Euro monatlich geltend.
Mit Bescheid vom 05.04.2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger Alg II i.H.v. 317,40 Euro monatlich für die Zeit vom 01.03.2005
bis 31.08.2005. Von der Regelleistung werde ein Betrag von 27,60 Euro für mietfreies Wohnen angerechnet. Die Miete für die
Wohnung in E. könne nicht übernommen werden.
Ein Absendevermerk findet sich auf dem in der Beklagtenakte befindlichen Bescheidabdruck nicht. Am 09.05.2005 erhob der Kläger
per E-mail Widerspruch und machte geltend, dass dieser fristgemäß sei. Mit Einschreiben vom 02.06.2005, eingegangen bei der
Beklagten am 03.06.2005, teilte er der Beklagten mit, dass er seinen Widerspruch aufrechterhalte. Mit Widerspruchsbescheid
vom 29.07.2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unzulässig zurück. Eine E-mail wahre die Schriftform nicht. Der Widerspruchsbescheid
wurde nach dem Vermerk auf dem Bescheid der Beklagten am 29.07.2005 zur Post gegeben.
Hiergegen hat der Kläger am 12.09.2005 Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben. Er sei zum 01.03.2005 arbeitslos gewesen. Da keine begründete Aussicht darauf bestanden habe, eine Stelle im Raum
W. zu finden, habe er im Großraum M. gesucht, wobei ihm eine Bekannte kurzfristig eine Schlafstelle in ihrer Wohnung angeboten
habe. Die Wohnung in E. sei bis zum Ablauf der normalen Kündigungsfrist zum 30.04.2005 von der Beklagten zu übernehmen. Er
habe sich vorher bei der ARGE in W. erkundigt. Diese habe dem Umzug nach M. zugestimmt.
Nachdem die Beklagte anerkannt hatte, dass ein Abzug von Stromkosten i.H.v. 27,60 Euro von der Regelleistung nicht vorzunehmen
sei, hat das Sozialgericht Würzburg (SG) mit Urteil vom 28.05.2009 die Klage abgewiesen. Sowohl der Widerspruch des Klägers als auch dessen Klage sei zwar fristgemäß
erhoben worden. Sie sei aber unbegründet, da zu den nach § 22 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu übernehmenden Kosten
der Unterkunft nur die Kosten gehörten, die zur Deckung des konkreten Wohnbedarfs des Klägers bestimmt seien. Dieser sei aber
bereits durch die kostenlose Unterkunft bei einer Bekannten gedeckt. Kosten für eine Zweitwohnung, die im streitgegenständlichen
Zeitraum nicht benutzt worden sei, seien von der Beklagten nicht zu übernehmen. Dem Umzug nach M. sei auch weder von der Beklagten
noch von dem für E. zuständigen Leistungsträger zugestimmt worden. Eine schriftliche Zusicherung nach § 34 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) läge nicht vor, Anhaltspunkte für eine Erforderlichkeit des Umzugs nach § 22 Abs. 3 SGB II seien nicht erkennbar.
Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht (BayLSG) eingelegt. Der Umzug nach M. sei notwendig
gewesen, da er keinerlei Aussichten auf eine Integration in den Arbeitsmarkt in W. gehabt habe. Er habe eine Beziehung mit
L gehabt und zunächst anhand eines Untermietvertrages prüfen wollen, ob ein Zusammenleben in dieser Form gewollt sei, was
letztendlich nicht geklappt habe, deshalb sei er am 01.06.2005 nach W.-E. zurückgekehrt. Seine Wohnung in W.-E. habe er am
31.01.2005 gekündigt. Im Raum I. habe er berechtigte Aussichten auf eine Anstellung gehabt.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 28.05.2009 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung
des Bescheides vom 05.04.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2005 zu verpflichten, dem Kläger für die
Zeit vom 01.03.2005 bis 30.04.2005 zusätzlich Kosten der Unterkunft für die Wohnung E-Str., E. i.H.v. monatlich 550,00 Euro
zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Beklagtenakten, sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, §§
143,
144,
151 Sozialgerichtsgesetz (
SGG). Sie ist aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dabei kann es im Ergebnis dahinstehen, ob sowohl der Widerspruch gegen den Bescheid vom
05.04.2005 wie auch die Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 29.07.2005 verfristet waren. Der Bescheid der Beklagten vom
27.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.02.2007 ist jedenfalls rechtmäßig. Eine Rechtsverletzung des Klägers
nicht vor.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten der Unterkunft für die Wohnung in E., denn er hat diese im streitgegenständlichen
Zeitraum nicht bewohnt. Die tatsächliche Nutzung einer Wohnung ist Voraussetzung für die Leistungsgewährung (vgl. Berlit in
LPK-SGB II, 3. Aufl. § 22 Rdnr. 16 ff). Nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II werden angemessene Unterkunftskosten in tatsächlicher
Höhe nur für eine einzige Unterkunft anerkannt, selbst wenn der Hilfebedürftige über mehrere Unterkünfte verfügen kann. Abzustellen
ist dann auf die vorrangig tatsächlich genutzte Unterkunft (vgl. Thüringer LSG, Beschluss vom 15.04.2008 - L 9 AS 1438/07 ER - mwN - veröffentlicht in juris). Dies ist die Wohnung der L in M ... Nach der eigenen Einlassungen des Klägers hatte
dieser zumindest auch wegen seiner Beziehung zu L die Wohnung in W.-E. tatsächlich aufgegeben und seinen Lebensmittelpunkt
nach M. verlagert.
Es liegt auch kein Sachverhalt vor, der es gebietet, eine Ausnahme von diesem Regelfall zu machen. Ein solche Ausnahmefall
kann angenommen werden, wenn bei einem notwendigen Wohnungswechsel die Mietzeiträume wegen der Kündigungsfristen oder notwendiger
Renovierungsarbeiten nicht nahtlos aufeinander abgestimmt werden können, so dass doppelte Mietaufwendungen (sog. Überschneidungskosten)
nicht zumutbar abgewendet werden können (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.06.2006 - L 10 B 488/06 AS ER - veröffentlicht in juris). Vorliegend war der Wohnungswechsel aber schon nicht notwendig. Die vom Kläger vorgebrachten
Vorstellungsgespräche rechtfertigen eine Notwendigkeit des Umzuges jedenfalls nicht, denn der Kläger hätte hierzu - wie er
selber einräumt - einen Anspruch auf Ersatz der Reisekosten gegen die zuständige ARGE gehabt. Andere Gründe, die den Kläger
zwingend veranlasst haben könnten, unverzüglich den Raum W. zu verlassen, sind von ihm weder vorgetragen noch dem Senat ersichtlich.
Hierbei kann dahinstehen, ob die Wohnung in W.-E. gekündigt war oder nicht. Die Anmietung einer neuen Wohnung im Raum I. war
jedenfalls noch nicht erfolgt. Eine schriftliche Zusicherung i.S.d. § 34 SGB X zu einem Umzug nach M. lag nicht vor.
Die Berufung war damit als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder 2
SGG zuzulassen, liegen nicht vor.