Statthaftigkeit der Beschwerde im sozialgerichtlichen Verfahren bei Ausschluss nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG
Gründe:
I. Streitig ist ein Anspruch der Beschwerdeführerin auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für ein Klageverfahren
vor dem Sozialgericht Regensburg (SG).
Die 1951 geborene Klägerin und Beschwerdeführerin begehrt im Klageverfahren vor dem SG, Az.: S 9 R 791/08, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Die Beklagte und Beschwerdegegnerin hat einen hierauf gerichteten Antrag der
Beschwerdeführerin vom 9. September 2008 mit Bescheid vom 15. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.
November 2008 abgelehnt, weil die Erwerbsfähigkeit der Beschwerdeführerin nicht gefährdet und eine ambulante Behandlung ausreichend
sei. Dagegen hat die Beschwerdeführerin am 26. November 2008 Klage erhoben und beantragt, ihr für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe
zu bewilligen und Rechtsanwalt K. S., A-Stadt, beizuordnen.
Das SG hat den Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe
im sozialgerichtlichen Verfahren keine Kosten zu tragen und verfüge im Übrigen über ein einzusetzendes Vermögen in Höhe von
50.000,00 Euro, so dass sie die Kosten der Prozessführung aus dem Vermögen bestreiten könne (Beschluss vom 18. Februar 2009,
den Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführerin zugestellt am 28. Februar 2009). Bezüglich der fehlenden Kostentragung
hat das SG auf §§
183 ff.
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) verwiesen und ausgeführt, die Beiordnung eines Rechtsanwalts sei nicht erforderlich. Zu den Erfolgsaussichten der Klage
hat das SG keine Ausführungen gemacht. Beigefügt war eine Rechtsmittelbelehrung, wonach gegen diesen Beschluss die Beschwerde zum Bayer.
Landessozialgericht (LSG) zulässig sei.
Zur Begründung der am 30. März 2009 (einem Montag) gegen diesen Beschluss eingelegten Beschwerde haben die Prozessbevollmächtigten
der Beschwerdeführerin zunächst vorgetragen, das vom SG angesprochene Vermögen diene der Altersversorgung der Beschwerdeführerin und ihres Ehemannes und sei daher nicht zu berücksichtigen.
Nach einem Hinweis des Senats auf das Inkrafttreten des §
172 Abs.
3 SGG zum 1. April 2008 wurde ergänzend ausgeführt, der Beschluss sei ohne Gewährung rechtlichen Gehörs und ohne Hinweis auf die
Rechtsauffassung des SG erfolgt. Das SG hätte die Beschwerdeführerin darauf aufmerksam machen müssen, dass es das deklarierte Sparvermögen nicht als begünstigte
Altersvorsorge ansehe. Vorsorglich werde außerdem geltend gemacht, dass der Beschluss nicht im eigentlichen Sinne auf der
Annahme einer finanziellen Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin beruhe, sondern darauf, dass das Sparvermögen als nicht
privilegiertes liquides Vermögen angesehen werde. Außerdem sei nicht klar, ob das SG die Ablehnung ausschließlich auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin gestützt habe oder die Auffassung
vertrete, es bedürfe keiner Beiordnung eines Anwalts. Nach der dem angefochtenen Beschluss beigefügten Rechtsmittelbelehrung
sei im Übrigen die Beschwerde statthaft.
Die Prozessbevollmächtigten der Beschwerdeführerin beantragen sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Regensburg vom 18. Februar 2009 aufzuheben, der Beschwerdeführerin für das dortige Klageverfahren
mit dem Az.: S 9 R 791/08 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihr Rechtsanwalt K. S., A-Stadt, beizuordnen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akten des SG beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Beschwerdeakte Bezug genommen.
II. Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist unzulässig (§§
172,
173 SGG).
Gemäß §
172 Abs.
3 Nr.
2 SGG in der ab 1. April 2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes
vom 26. März 2008 (SGGArbGGÄndG - BGBl. I 2008 S. 444) ist die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe ausgeschlossen, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen
oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint (hat). Vielmehr kann die Ablehnung von Prozesskostenhilfe
mit der Beschwerde nur noch angefochten werden, wenn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache verneint wurden (vgl. die Begründung
des Gesetzentwurfs zum SGGArbGGÄndG in BR-Drs. 820/07 Seite 29 zu Nr. 29 Buchst. b) Nr. 2). Dies ist hier nicht der Fall.
Das SG hat seine ablehnende Entscheidung ausschließlich auf die fehlende wirtschaftliche Bedürftigkeit der Beschwerdeführerin gestützt.
Es hat hierzu ausgeführt, die Beschwerdeführerin verfüge über ein nach §
73a Abs.
1 S. 1
SGG i.V.m. §
115 Abs.
2 Zivilprozessordnung (
ZPO) einzusetzendes Vermögen, aus dem sie die Kosten der Prozessführung bestreiten könne. Erwägungen zu den Erfolgsaussichten
der Klage enthält der Beschluss nicht.
Welche rechtlichen Erwägungen der Beurteilung der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen zu Grunde liegen, ist
für die Frage, ob die Ablehnung der Prozesskostenhilfe auch auf einer Verneinung der Erfolgsaussichten beruht, unerheblich.
Weder der Wortlaut des §
172 Abs.
3 Nr.
2 SGG noch die Begründung des Gesetzentwurfs hierzu lassen Raum für die in der Beschwerdebegründung anklingende Annahme, eine Beschwerde
sei auch bezüglich der rechtlichen Bewertung einzelner Einkommens- oder Vermögenspositionen zulässig.
Auch die - im Ergebnis fehlerhaften - Ausführungen des SG zur Beiordnung eines Rechtsanwalts im sozialgerichtlichen Verfahren sind nicht geeignet, die Zulässigkeit der Beschwerde
zu begründen. Die Notwendigkeit der Beiordnung eines Rechtsanwalts (§
73 a SGG i.V.m. §
121 ZPO) ist gemäß §
73 a SGG i.V.m. §
114 ZPO keine Tatbestandsvoraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Prozesskostenhilfe ist vielmehr (nur) dann zu
bewilligen, wenn eine Partei die Kosten der Prozessführung nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht,
nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende
Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ergänzende Ausführungen des SG zur Notwendigkeit der Beiladung eines Rechtsanwalts sind daher nicht geeignet, die Beschwerde zu eröffnen, wenn die Ablehnung
der Prozesskostenhilfe nicht (auch) wegen fehlender Erfolgsaussichten der Klage erfolgt ist. Einer (isolierten) Beschwerde
gegen die Ablehnung der Beiordnung, über die das SG erkennbar nicht entschieden hat, würde ihrerseits das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, weil eine solche Beiordnung die Bewilligung
von Prozesskostenhilfe voraussetzt. Im Übrigen hat sich das SG zur Beiordnung eines Rechtsanwalts lediglich im Zusammenhang mit der für die Beschwerdeführerin zu erwartenden Kosten geäußert
und die Notwendigkeit einer solchen Beiordnung zutreffend nicht als Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe
angesehen.
Dass eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung nicht zur Zulässigkeit des darin genannten Rechtsmittels führt, bedarf keiner
näheren Erläuterung (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG- Kommentar, 9. Auflage, §
66 Rn. 12a). Auch die Geltendmachung eines Verfahrensmangels steht dem Ausschluss der Beschwerde nicht entgegen (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer
aaO. § 172 Rn. 7 ff). Ob das SG den Anspruch der Beschwerdeführerin auf rechtlichen Gehörs verletzt hat, wäre gegebenenfalls im Rahmen einer Anhörungsrüge
(§
178a SGG) durch das SG selbst zu prüfen.
Der Beschluss ergeht kostenfrei (§
187 SGG) und ist nicht anfechtbar (§
177 SGG).