Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hat.
Der 1961 geborene Kläger erlernte von 1981 bis 1983 den Beruf eines Steinmetzes und übte diesen - mit witterungsbedingten
Unterbrechungen in den Wintermonaten - in der Folgezeit bis Dezember 2007 aus.
Ein erster Rentenantrag des Klägers vom 26.05.2008 blieb erfolglos und eine sich anschließende Klage beim Sozialgericht Würzburg
(S 8 R 721/08) wurde durch Klagerücknahme vom 07.07.2009 beendet.
Im Schwerbehindertenrecht wurde dem Kläger im Gefolge des beim Sozialgericht Würzburg durchgeführten Rechtsstreites S 3 SB 1039/08 mit Bescheid vom 05.11.2009 ein Grad der Behinderung (GdB) von 20 zuerkannt.
Mit Schreiben vom 08.11.2009 beantragte der Kläger am 10.11.2009 erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Er habe einen dauerhaften Schaden im Bereich des Schultergürtels für den ein Einzel-GdB von 10 festgestellt worden sei und
er könne deshalb seinen Beruf als Steinmetz nur noch unter drei Stunden ausüben. Es handele sich um eine dauerhafte Einschränkung.
Beim Kläger bestand seit April 2009 Arbeitslosigkeit. Ein Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wurde zurückgestellt,
weil vorrangig eine medizinische Rehabilitation zu prüfen sei. Die Anregung der Beklagten zur Durchführung einer suchttherapeutischen
Rehabilitation hielt der Kläger nicht für angezeigt.
Der Beklagten lagen ein Gutachten des Chirurgen Dr. G. vom 23.06.2008, ein Gutachten des Orthopäden Dr. H. vom 26.05.2009
und ein Gutachten des Internisten und Sozialmediziners Dr. F. vom 21.10.2009 vor. Die Beklagte ging in Ansehung der dort enthaltenen
Feststellungen davon aus, dass beim Kläger folgende Erkrankungen bestehen würden: 1. Bluthochdruck mit psychovegetativen Störungen.
2. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, degenerative Veränderungen, Nervenwurzelreizerscheinungen. 3. Funktionseinschränkungen
linkes Kniegelenk bei degenerativen Veränderungen. 4. Alkoholkrankheit. 5. Chronische Schulterschmerzen. 6. Sulcus ulnaris-Syndrom
beidseits. Eine zeitliche Einschränkung des Einsatzvermögens des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ergebe sich hierdurch
jedoch nicht.
Dementsprechend lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28.12.2009 den Rentenantrag des Klägers ab.
Auf den Widerspruch des Klägers vom 03.01.2010 hin holte die Beklagte ein orthopädisches Gutachten bei Frau Dr. B. und ein
psychiatrisches Gutachten bei Dr. M. ein. Zusammengefasst wurden dort folgende Gesundheitsstörungen beschrieben: 1. Bewegungs-
und Belastungseinschränkung im linken Schultergelenk nach Rekonstruktion der Rotatorenmanschette 2003; chronisches Impingement-Syndrom
der rechten Schulter bei Nachweis einer Rotatorenmanschettenruptur 2008. 2. Wirbelsäulensyndrom (HWS und LWS) bei degenerativer
Veränderung ohne akute Wurzelreizsymptomatik. 3. Kniebeschwerden bei beginnenden degenerativen Veränderungen. 4. Beginnende
Abnutzungserscheinungen der Hüftgelenke bei Coxa vara mit Beschwerden links und Trochanter-Enthesopathie links. 5. Wechselnde
Polyarthralgien im Bereich der Gelenke der oberen und unteren Gliedmaßen. 6. Gefühlsstörungen am 4. und 5. Finger beidseits
- Sulcus ulnaris Syndrom. 7. Krampfaderleiden. 8. Bluthochdruck. 9. Verdacht auf Sarkoidose der Lungen ohne Verschlechterung
der Lungenparameter bei Ausschluss einer Obstruktion. 10. Verdacht auf leichten Alkoholmissbrauch. Unter Berücksichtigung
dieser Gesundheitsstörungen könne der Kläger leichte körperliche Arbeiten täglich mehr als sechs Stunden verrichten. Vermieden
werden müssten belastende Tätigkeiten für die Schultergelenke wie Arbeiten über der Horizontalen, Haltearbeiten mit den Armen,
schwere und mittelschwere Tragearbeiten, monotone Tätigkeiten; ebenso müssten vermieden werden Arbeiten unter Absturzgefahr,
Einwirkung von Kälte und Nässe, häufiges Bücken, häufige Kniebeugebelastungen, Gehen auf unebenem Gelände, Klettern und Steigen.
Für die erlernte und ausgeübte Tätigkeit als Steinmetz sei der Kläger auf Dauer nur noch unter drei Stunden täglich einsatzfähig.
Im April 2010 endete der Anspruch des Klägers auf Leistungen nach dem
Dritten Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III); Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) kamen wegen fehlender Bedürftigkeit nicht in Betracht. Der Kläger blieb weiter arbeitsuchend gemeldet.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.05.2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück, da der Kläger nach wie vor auf
dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne zeitliche Einschränkungen einsatzfähig sei.
Am 16.06.2010 hat der Kläger per Telefax Klage zum Sozialgericht Würzburg erhoben. Das Sozialgericht hat Befundberichte der
behandelnden Ärzte M. G., Dr. A., Dr. C. und Dr. K. beigezogen. Die AOK Bayern - Die Gesundheitskasse - hat angegeben, dass
für den Kläger ab dem Jahr 2010 keine Arbeitsunfähigkeitszeiten mehr verzeichnet seien. Die Bundesagentur für Arbeit, Arbeitsagentur
H., hat bestätigt, dass der Kläger vom 27.04.2009 bis 20.06.2010 sowie erneut vom 15.07.2010 bis 25.10.2010 arbeitslos gemeldet
gewesen sei. Eine Integration habe bisher trotz Intensivbetreuung im Projekt für "Interne ganzheitliche Unterstützung zur
Integration im
SGB III" nicht erreicht werden können.
Das Sozialgericht hat vor dem Verhandlungstermin vom 25.01.2011 ein Gutachten durch die Internistin, Kardiologin und Sozialmedizinerin
Dr. H. erstellen lassen. Darin sind als Gesundheitsstörungen des Klägers festgehalten: 1. Bewegungs- und Belastungseinschränkung
der Schultergelenke mit Rekonstruktion der Rotatorenmanschette links 2003 und chronischem Impingement-Syndrom bei Rotatorenmanschettenruptur
rechts 2008. 2. Degeneratives Wirbelsäulensyndrom mit mittel- bis endgradigen Funktionseinschränkungen in HWS und LWS und
Deckplattenimpressionsfraktur BWK 1/2 ohne neurologische Ausfälle. 3. Gefühlsstörungen der Finger 3 bis 5 der linken Hand
ohne sicheren Nachweis einer C8-Nervenwurzelläsion oder eines Sulcus-ulnaris-Syndroms. 4. Belastungseinschränkung der Hüft-
und Kniegelenke bei degenerativen Veränderungen mit beginnender Bewegungseinschränkung im linken Hüftgelenk. 5. Sarkoidose
der Lunge ohne relevante Lungenfunktionseinschränkung in Ruhe. 6. Beginnende Nierenfunktionseinschränkung bei arterieller
Hypertonie und langjährigem Schmerzmittelgebrauch. 7. Reaktive depressive Verstimmung. 8. Varikosis. Der Kläger könne mindestens
sechs Stunden täglich leichte Arbeiten überwiegend im Sitzen oder in wechselnder Stellung überwiegend in geschlossenen Räumen
ausüben. Zu vermeiden seien besondere nervliche Belastungen wie Akkord- und Fließbandarbeit und Nachtschicht, unfallgefährdete
Arbeitsplätze wie auf Leitern und Gerüsten oder an laufenden Maschinen, besondere Belastung des Bewegungs- und Stützsystems
wie häufiges Bücken, Heben und Tragen von Lasten über 10 bis 15 kg, häufige Zwangshaltungen, Überkopfarbeiten, überwiegendes
Stehen oder Gehen, häufiges Klettern oder Steigen, häufiges Knien und Hocken, Gehen auf unebenem Gelände und ungünstige äußere
Bedingungen mit häufigen Einflüssen von Kälte, Nässe, Zugluft und starken Temperaturschwankungen.
Auf Antrag des Klägers nach §
109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) ist ein Gutachten durch den Chirurgen Dr. I eingeholt worden. Im Gutachten vom 28.03.2011 sind die Gesundheitsstörungen
des Klägers folgendermaßen beschrieben worden: 1. Halswirbelsäulensyndrom mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung bei degenerativen
Veränderungen. 2. Kalksalzminderung der Knochen bei Vitamin-D-Mangel mit Verdacht auf Deckplattenimpression BWK 1/2. 3. Periarthritis
humero-scapularis beidseits mit hochgradig konzentrischer schmerzhafter Bewegungseinschränkung im Bereich beider Schultergelenke.
4. Verdacht auf Sulcus-ulnaris-Syndrom beidseits. 5. Polyarthrosen beider Handgelenke und der Finger beider Hände. 6. Degeneratives
LWS-Syndrom mit pseudoradikulärer Schmerzsymptomatik. 7. Coxarthrose beidseits. 8. Retropatellararthrose beider Kniegelenke.
9. Spreizfuß mit Hallux valgus. 10. Krampfaderleiden. 11. Bluthochdruck. 12. Niereninsuffizienz. 13. Sarkoidose der Lunge
mit COPD. 14. Depressive Verstimmung. Gegenüber den Vorgutachten sei keine wesentliche Verschlechterung eingetreten. Es bestehe
für den Beruf eines Steinmetzes Berufsunfähigkeit. Die Vielzahl der Gesundheitsstörungen würde außerdem dazu führen, dass
eine vollschichtige Erwerbstätigkeit nicht mehr möglich sei. Der Kläger sei in seiner körperlichen Leistungsfähigkeit vielmehr
auf weniger als sechs Stunden tägliche Einsatzzeit beschränkt. Aufgrund der Dauerschmerzen im Bereich der Wirbelsäule und
der großen Gelenke könnten selbst leichte körperliche Arbeiten nur noch unter entsprechender zeitlicher Begrenzung ausgeführt
werden. Zudem sei auch ein annähernd regelmäßiger Nachtschlaf aus diesen Gründen nicht mehr möglich. Die vielfältigen klinischen
und bildgebenden Befunde seien bisher in ihrer Konsequenz nicht hinreichend gewürdigt worden, so dass die Summierung von Erkrankungen
eine normale Teilhabe am Erwerbsleben nicht mehr zulasse.
Zu diesem Gutachten hat Dr. G. vom Ärztlichen Dienst der Beklagten am 19.04.2011 Stellung genommen: Danach sei im Gutachten
des Dr. I keine Angabe zu klinischen Tests in Bezug auf die Rotatorenmanschette enthalten. Ein Fallarm sei nicht aufgeführt;
die Halswirbelsäule sei mittelgradig eingeschränkt, das übrige Achsenorgan allenfalls endgradig. Die großen Gelenke beider
Beine seien altersentsprechend normal beweglich und es würden keine neurologischen Ausfälle vorliegen. Ein kompletter Rückzug
aus dem Erwerbsleben lasse sich auch unter Würdigung aller Gesundheitsstörungen nicht überzeugend rechtfertigen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 05.07.2011 die Klage abgewiesen. Eine zeitliche Einschränkung der Einsatzfähigkeit des
Klägers sei nicht nachgewiesen und der Kläger müsse sich auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisen lassen. Das Gericht folge
dem nachvollziehbaren widerspruchsfreien Gutachten der Dr. H.; die von Dr. I gegen dieses Gutachten erhobenen Einwände seien
dagegen nicht nachvollziehbar. So sei hinsichtlich der Sarkoidose vom behandelnden Pneumologen ein recht stabiles Bild ausdrücklich
benannt worden. Hinsichtlich der Angabe einer chronischen Niereninsuffizienz mit hypertensiver Nephropathie sei von Dr. I
bei der Übernahme der Diagnosen die vom Facharzt nur als Verdachtsdiagnose bezeichnete Erkrankung als vollständig vorhanden
angenommen worden. Dass der Facharzt dieser Diagnose keine besondere erwerbsmindernde Bedeutung beigemessen habe, ergebe sich
schon daraus, dass eine Kontrolluntersuchung erst in einem Abstand von einem Jahr vorgeschlagen worden sei. Da das Gutachten
des Dr. I die vorliegenden Befunde nur in rudimentären Auszügen wiedergegeben habe und beachtet habe, sei es nicht nachvollziehbar.
Es verbleibe bei der von Dr. H. festgestellten Einsatzfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger mit Schreiben vom 27.10.2011 am 28.10.2011 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt.
Er hat geltend gemacht, dass insbesondere das Zusammenspiel der Erkrankungen auf internistischem, orthopädischem und psychiatrischem
Fachgebiet nicht hinreichend berücksichtigt worden sei.
Der Senat hat Befundberichte bei dem behandelnden Arzt M. G. eingeholt und ärztliche Unterlagen beigezogen. Hierzu hat Frau
Dr. B. vom Ärztlichen Prüfdienst der Beklagten am 17.07.2012 Stellung genommen: Die Phase einer Arbeitsunfähigkeitsepisode
vom 16.04. bis 11.06.2012 sei bestätigt worden; hinsichtlich der Niereninsuffizienz sei keine Verschlechterung festzustellen
gewesen. Im Bereich der arteriellen Hypertonie hätten sich die gemessenen Blutdruckwerte überwiegend im Normbereich befunden.
Der Kläger hat ein Attest des Allgemeinmediziners M. G. vom 07.11.2012 vorgelegt, worin zusätzlich zu den bekannten Diagnosen
ein chronifiziertes Schmerzsyndrom angegeben worden ist und in der Zusammenschau der internistischen, orthopädischen und psychischen
Erkrankungen die Leistungsfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als deutlich eingeschränkt angesehen worden
ist. Das chronifizierte Schmerzsyndrom ist auch im Attest des Orthopäden Dr. A. vom 26.10.2012 aufgeführt.
Der Senat hat ein Gutachten beim Orthopäden und Rheumatologen Dr. E. eingeholt, der den Kläger am 28.01.2013 untersucht hat.
Im Gutachten vom 27.03.2013 sind die Gesundheitsstörungen des Klägers folgendermaßen beschrieben worden: 1. Schmerzsymptomatik
und Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule bei degenerativen Veränderungen. 2. Schmerzsymptomatik der Lendenwirbelsäule
mit Bewegungseinschränkung bei leichten degenerativen Veränderungen und Zustand nach kernspintomografisch nachgewiesener Deckplattenimpression
BWK 1/2 (2010). 3. Leichte Bewegungseinschränkung beider Schultergelenke bei engem Raum unter dem Schulterdach (Impingementsyndrom),
Verdacht auf Rotatorenmanschettenruptur rechts und erneute Ruptur der Rotatorenmanschette links nach einer Rekonstruktion
2003. 4. Schmerzsymptomatik beider Kniegelenke links mehr als rechts, ohne wesentliche funktionelle Einbußen. 5. Schmerzsymptomatik
in der Becken- und Hüftregion beidseits ohne wesentliche funktionelle Einbußen. 6. Schmerzsymptomatik beider Füße bei degenerativen
Veränderungen der Fußwurzel links ohne wesentliche funktionelle Einbußen. 7. Schmerzsymptomatik beider Hände ohne wesentliche
funktionelle Einbußen, subjektiv angegebene Pelzigkeit über der Außenseite beider Hände in den Versorgungsgebieten des Nervus
ulnaris beidseits ohne motorische Ausfälle. 8. Krampfaderleiden. Als Diagnosen sind fachfremd übernommen worden: 9. Sarkoidose
der Lunge ohne wesentliche Funktionseinschränkungen in Ruhe. 10. Beginnende Nierenfunktionseinschränkung bei arterieller Hypertonie,
langjähriger Schmerzmittelgebrauch. 11. Reaktive depressive Verstimmung.
Im Vordergrund würden die seit 10 Jahren bestehenden Schmerzen in beiden Schultern stehen. Dabei seien im Bereich der beiden
Schultergelenke und auch im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule Funktionseinschränkungen durchaus nachvollziehbar, ohne
dass aber eine vollständige Funktionslosigkeit vorliege. Die Funktion sei trotz der degenerativen Veränderungen relativ gut:
Selbst Überkopfbewegungen seien sowohl aktiv als auch passiv möglich, wenn auch mit Schmerzsymptomatik verbunden. Eine wesentliche
Verschlechterung gegenüber den Vorgutachten sei nicht festzustellen.
Zudem hat der Gutachter Hinweise dafür gesehen, dass von einer Verdeutlichung der Einschränkungen durch den Kläger auszugehen
sei. Die im Gutachten des Dr. I geäußerte Verdachtsdiagnose der Osteoporose lasse sich aus seiner Sicht nicht bestätigen.
Die von Dr. I angenommenen ständigen Schmerzen und dadurch bedingten Schlafstörungen würden sich nicht in vollem Umfang nachvollziehen
lassen. Der Schweregrad der Einschränkungen führe insgesamt nicht dazu, dass die Leistungsfähigkeit selbst für leichte körperliche
Tätigkeiten so eingeschränkt wäre, dass diese keine sechs Stunden täglich mehr ausgeübt werden könnten. Dem Kläger seien vielmehr
leichte und kurzzeitig auch mittelschwere Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, aber auch in wechselnder Position in geschlossenen
Räumen vollschichtig zumutbar. Zu vermeiden seien jedoch besondere nervliche Belastungen wie Wechselschicht, Nachtschicht,
Fließbandtätigkeiten, sowie überwiegendes Gehen oder Stehen, überwiegendes Heben und Tragen von Lasten mit mehr als 10 kg,
überwiegende Überkopfarbeiten, Arbeiten in Zwangshaltungen wie gebeugte oder kniende Positionen, unfallgefährdete Arbeitsplätze
auf Leitern und Gerüsten mit Absturzgefahr und unter ungünstigen äußeren Witterungsbedingungen.
Der Kläger hat hiergegen eingewandt, dass nach dem Hinzutreten des neuen linksseitigen Schulterbefundes die Schmerz- und Schlafstörungen
noch zugenommen hätten und durch den Schmerzmittelgebrauch sich die Nierenfunktion weiter verschlechtert habe. Auch sei wegen
der bestehenden Depressivität weitere ärztliche Begutachtung erforderlich.
Die Prüfärztin B. vom ärztlichen Dienst der Beklagten hat sich am 11.07.2013 dazu geäußert, dass der Kernspintomografiebefund
vom 13.05.2013 zwar eine hochgradige Teilruptur des Supraspinatus links und ein erneutes Impingement unter dem Acromyoclavikulargelenk
zeige. Dies sei jedoch vom Gutachter Dr. E. bereits als Verdachtsdiagnose in seinem Gutachten vom 28.01.2013 berücksichtigt
worden. Der zusätzlich mitgeteilte leicht progrediente Nierenfunktionswert habe keine Auswirkungen auf die bestehende sozialmedizinische
Beurteilung.
Der Senat hat im August 2013 einen weiteren Befundbericht beim behandelnden Facharzt für Neurologie und Nervenheilkunde Dr.
C. eingeholt. Danach ist beim Kläger eine Dysthymie mit rezidivierender depressiver Episode anzunehmen; eine Arbeitsunfähigkeit
sei von ihm nicht festgestellt worden. In einem vom Kläger vorgelegten ärztlichen Attest vom 16.09.2013 hat Dr. C. ausgeführt,
dass es dem Kläger aufgrund der körperlichen Einschränkungen trotz anhaltender Bemühungen nicht möglich sei, eine adäquate
Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu bekommen, was zu einem erheblichen Leidensdruck führe. Es handele sich um eine
langanhaltende mittelgradige depressive Symptomatik, die ihrerseits die Belastbarkeit auf dem Arbeitsmarkt einschränke.
Aufgrund eines Glatteisunfalles hat der Kläger Ende November/Anfang Dezember 2013 stationär behandelt werden müssen; es hatte
eine Mehrfragmentfraktur des linken Sprunggelenks vorgelegen.
Der Senat hat ein Gutachten bei der Neurologin und Psychiaterin Dr. I. eingeholt, die den Kläger am 24.02.2014 untersucht
hat. Danach sind auf dem neuropsychiatrischem Fachgebiet 1. eine anhaltende depressive Reaktion, derzeit leichtgradig, 2.
ein leichtes Karpaltunnelsyndrom links, 3. ein sehr geringes Sulcus-Ulnaris-Syndrom links, 4. ein Halswirbelsäulensyndrom
ohne neurologische Ausfallserscheinungen und 5. ein Lendenwirbelsäulenschmerz ohne Anhalt für einen akuten Wurzelkontakt und
ohne neurologische Funktionseinbußen vorhanden. Es seien verschlechterte testpsychologische Ergebnisse festzustellen gewesen,
ohne dass sicher hätte abgegrenzt werden können, ob dies auf verminderte Ausdauer oder verminderte Motivation zurückzuführen
gewesen sei. Insgesamt sei davon auszugehen, dass der Kläger noch mindestens sechs Stunden täglich leichte bis zeitweise mittelschwere
Tätigkeiten im Sitzen oder im Wechselrhythmus verrichten könne. Auszuschließen seien besondere nervliche Belastungen wie Akkord-
oder Fließbandarbeit, Zeitdruck und Nachtschicht und außerdem überwiegendes Stehen und Gehen, häufiges Auftreten von Tätigkeiten
mit Heben und Tragen von Lasten, Bücken, Überkopfarbeiten, Zwangshaltungen und Steigen. Vermieden werden sollten auch unfallgefährdete
Arbeitsplätze. Die ambulanten Möglichkeiten des psychiatrischen und psychotherapeutischen Fachgebiets seien bisher noch nicht
ausgeschöpft worden.
Seitens der nervenärztlichen Gutachterin ist ergänzend die Einholung eines internistischen Gutachtens empfohlen worden. Der
Kläger hat im Weiteren noch das Vorliegen einer Schilddrüsenerkrankung geltend gemacht.
Der Senat hat ein Gutachten durch den Internisten und Sozialmediziner Dr. F. erstellen lassen, der den Kläger am 07.07.2014
untersucht hat und die Gesundheitsstörungen des Klägers auf seinem Fachgebiet folgendermaßen beschrieben hat: 1. Chronische
Niereninsuffizienz im Stadium der kompensierten Retention, derzeit weitgehend stabile Nierenfunktion. 2. Medikamentös nicht
vollständig kompensierter arterieller Bluthochdruck, kein Anhalt für eine Einschränkung der Pumpleistung des linken Herzens.
3. Leichtgradige chronische Atemwegserkrankung sowie anamnestisch Sarkoidose ohne Behandlungsbedürftigkeit. 4. Adipositas
1. Grades. 5. Typ-2 Diabetes mellitus mit ausgeglichener Stoffwechsellage ohne spezielle Behandlung. 6. Krampfaderleiden der
unteren Extremitäten mit beginnenden Komplikationen. 7. Struma nodosa mit euthyreoter Stoffwechsellage.
Aus internistischer Sicht hätten sich gegenüber dem fachbezogenen Vorgutachten der Dr. H. keine wesentlichen Änderungen ergeben.
Der Kläger könne nach wie vor leichte körperliche Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung - unter Überwiegen des Sitzens
- ausüben. Auszuschließen seien ungünstige äußere Witterungsbedingungen wie Kälte oder Nässe, Einwirkungen von Bronchialreizstoffen,
übermäßige nervliche Belastungen sowie dauerndes Stehen.
Die Klägerseite hat geltend gemacht, dass Dr. F. ausschließlich internistische Diagnosen berücksichtigt habe. In der orthopädischen
Begutachtung des Dr. E. sei die zwischenzeitlich eingetretene Mehrfachfraktur des linken Sprunggelenkes noch nicht berücksichtigt
worden. Es sei weitere Sachaufklärung geboten.
Der Senat hat daraufhin eine weitere ergänzende orthopädische Begutachtung bei Dr. E. in Auftrag gegeben. Dieser hat nach
nochmaliger Untersuchung des Klägers in seinem Gutachten vom 21.11.2014 ausgeführt, dass der Kläger nach wie vor leichte und
kurzzeitig mittelschwere körperliche Arbeiten überwiegend sitzend oder in wechselnder Stellung bei zeitlicher Einschränkung
verrichten könne. Er sei auch in der Lage, täglich viermal eine Wegstrecke von mehr als 500 Meter mit zumutbarem Zeitaufwand
zu Fuß zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Aus ärztlicher Sicht sei auch noch eine Besserung der Beschwerden
hinsichtlich Funktion und Schwellneigung des linken Sprunggelenkes zu erwarten. Eine vorübergehende Arbeitsunfähigkeit habe
in der Zeit vom 28.11.2013 bis 31.07.2014 bestanden.
Die Klägerseite hat hiergegen vorgebracht, dass die ausgeprägte Schmerz- und Befundsymptomatik in den Schultergelenken sowie
im Bereich des linken Sprunggelenkes eine Erwerbstätigkeit von mindestens sechs Stunden täglich ausschließe und auch der Auffassung
des Dr. E. hinsichtlich der Arbeitsunfähigkeit nicht gefolgt werden könne, da Arbeitsunfähigkeit nur bei kurzfristigen Erkrankungen
vorliege und der Kläger mehr als sechs Monate auf dem Arbeitsmarkt nicht einsatzfähig gewesen sei, was schon als - zeitlich
begrenzte - Erwerbsminderung hätte eingeordnet werden müssen.
Aus einem Versicherungsverlauf vom 24.03.2014 ist eine Lücke in den rentenrechtlichen Zeiten im Dezember 1985 und Januar 1986
ersichtlich - angeblich wegen einer Sperrzeit. Zusätzliche freiwillige Beiträge sind für November 2010 bis Januar 2011 ausgewiesen.
Vom Kläger sind fortlaufende Zeiten der Arbeitslosmeldung geltend gemacht worden, für die er über Nachweise verfüge. Die Beklagte
hat solche Zeiten bisher nur bis 2013 erfasst. Nach den Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung lässt sich aus
den Unterlagen für den verlängerten 5-Jahreszeitraum (01.09.2006 bis 02.03.2015) aktuell eine Belegung von 44 Kalendermonaten
mit Pflichtbeiträgen ersehen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 05.07.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 28.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 19.05.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Rente wegen Erwerbsminderung ab Antragstellung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 05.07.2011 zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der beigezogenen Akte der Beklagten
und der ebenfalls beigezogenen Akte des Zentrums Bayern Familie und Soziales - - Bezug genommen.
Sämtliche im Verfahren beteiligten Ärzte, einschließlich der den Kläger behandelnden Ärzte, haben keine Bedenken gegen die
Ausübung einer Teilzeittätigkeit im Umfang von täglich 3 Stunden geäußert. Für ein Herabsinken der Leistungsfähigkeit des
Klägers an geeigneten Arbeitsplätzen des allgemeinen Arbeitsmarktes auf weniger als 3 Stunden täglich gibt es keinerlei Belege.
Eine volle Erwerbsminderung liegt somit mit Sicherheit nicht vor.
Auch die hilfsweise geltend gemachte teilweise Erwerbsminderung liegt zur Überzeugung des Senats beim Kläger nicht vor. Der
Senat folgt dabei den Gutachten des Dr. E., der Dr. I. und des Dr. F ... Dabei wird deutlich dass im Vordergrund die Einschränkungen
der Schulterbeweglichkeit stehen, die Schmerzen auslösen, was im weiteren Gefolge depressive Störungen und Nierenbeschwerden
im Gefolge des Schmerzmittelkonsums verstärkt. Aus Sicht des Senats sind die medizinischen Zusammenhänge in den Gutachten
erfasst und herausgearbeitet worden. Sie führen dazu, dass der Kläger bei den ihm zumutbaren Arbeitsbedingungen in qualitativer
Hinsicht umfangreich eingeschränkt ist. So sind auf Grund der Gesundheitsstörungen besondere nervliche Belastungen wie Wechselschicht,
Nachtschicht, Akkordarbeit, Fließbandtätigkeiten und Zeitdruck zu vermeiden. Auch darf das Bewegungs- und Stützsystem nicht
durch überwiegendes Heben und Tragen von Lasten mit mehr als 10 kg, überwiegende Überkopfarbeiten, Arbeiten in Zwangshaltungen,
gebeugte oder kniende Positionen, häufiges Steigen und überwiegendes Gehen oder Stehen überbeansprucht werden. Vermieden werden
sollten auch unfallgefährdete Arbeitsplätze und der Einfluss ungünstiger äußerer Witterungsbedingungen.
Bei Beachtung dieser Einschränkungen kann der Kläger noch täglich mindestens 6 Stunden erwerbstätig sein. Er kann dabei leichte
und kurzzeitig auch einmal mittelschwere körperliche Arbeiten in vorwiegend sitzender Arbeitshaltung mit der Möglichkeit zum
Wechsel der Körperhaltung verrichten. Die von Dr. I und M. G. geäußerte sozialmedizinische Einschätzung, dass wegen des Zusammenspiels
der verschiedenen Erkrankungen die Beachtung der Einschränkungen der Arbeitsbedingungen nicht ausreiche und der Kläger nicht
mehr 6 Stunden täglich, sondern nur noch weniger einsatzfähig sei, hat den Senat nicht überzeugen können. Wenn die Tätigkeit
so gestaltet ist, dass sie nicht zu einem belastungsinduzierten Schmerzgeschehen beim Kläger führt - also die körperlichen
Anforderungen eher gering gehalten sind - gibt es keine überzeugenden Gründe dafür, dass eine derartige Aktivität nur 5 Stunden
täglich und nicht etwa auch 6 Stunden täglich ohne Gefährdung der Restgesundheit ausgeübt werden könnte.
Hinsichtlich der psychischen Belastungsdimension ist zudem darauf hinzuweisen, dass es einhellige Auffassung der fachspezifisch
kundigen Ärzte ist, dass beim Kläger bisher die ambulanten Möglichkeiten des psychiatrischen und psychotherapeutischen Fachgebiets
noch nicht ausgeschöpft sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (z.B. Urteil vom 21.03.2012, Az. L 19 R 35/08) ergibt sich aus den Entscheidungen des Bundessozialgerichts (so Urteile vom 12.09.1990 - 5 RJ 88/89 - und vom 29.02.2006 - B 13 RJ 31/05 R - jeweils zitiert nach [...]), dass bei psychischen Erkrankungen eine Rentengewährung nur dann in Betracht kommt, wenn
belegt ist, dass sämtliche Behandlungsoptionen ausgeschöpft sind und auch mit leitliniengerechter ärztlicher oder therapeutischer
Hilfe eine Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit zumindest zur Ausübung einer leichten Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes
für täglich 6 Stunden nicht mehr möglich ist. Auch aus diesem Grund ist ein Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen Erwerbsminderung
derzeit nicht zu begründen.
Die angefochtenen Bescheide der Beklagten und die hierzu ergangene erstinstanzliche Entscheidung sind nicht zu beanstanden
und die Berufung ist zurückzuweisen.