Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II
Angemessenheit der Leistungen für Unterkunft und Heizung
Fehlendes schlüssiges Konzept wegen mangelhafter Datenbasis
Tatbestand
Streitig ist ein Anspruch auf Übernahme der Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1.4.2015 bis 30.9.2015 zuletzt
in Höhe von monatlich weiteren 83,25 EUR entsprechend den Tabellenwerten des Wohngeldgesetzes.
Die 1955 geb. Klägerin zu 1 ist die Mutter des 2015 geb. Klägers zu 2. Sie beziehen als Bedarfsgemeinschaft vom Beklagten
laufende Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II. Sie bewohnen eine 90 qm große 4-Zimmer-Wohnung, für die seit 1.1.2013 eine monatliche Miete von 525,50 EUR zu bezahlen ist
(400 EUR Grundmiete, 60 EUR Nebenkosten und 65,50 EUR Heizung). Warmwasser wird dezentral erzeugt. Die Kläger waren im streitgegenständlichen
Zeitraum bis 31.7.2015 erwerbstätig. Die Lohnzahlungen erfolgten im laufenden Monat. Der Kläger zu 2 erhielt im September
2015 insgesamt 1.240,12 EUR Arbeitslosengeld I auf sein Konto überwiesen (Gutschrift am 4.9.2015 und 30.9.2015).
Mit Schreiben vom 26.8.2014 wurden die Kläger auf die seit 1.1.2014 geltende angemessene Mietobergrenze von 334,75 EUR (Kaltmiete
von 254,80 EUR und Mietnebenkosten von 79,95 EUR) zuzüglich der Heizkosten hingewiesen und zur Kostensenkung aufgefordert.
Die Begrenzung der Kosten der Unterkunft wurde für die Zeit ab 1.3.2015 angekündigt.
Mit vorläufigem Bescheid vom 26.3.2015 wurden der Klägerin zu 1 für die Zeit vom 1.4.2015 bis 30.9.2015 monatlich 328,30 EUR
bewilligt. Bei der Klägerin zu 1 errechnete der Beklagte einen Bedarf von 680,30 EUR (Regelbedarf von 399 EUR, Mehrbedarf
Warmwasser von 9,18 EUR, hälftige Kosten der Unterkunft und Heizung von 200,12 EUR). Bedarfsmindernd wurde ein bereinigtes
Einkommen aus geringfügiger Beschäftigung von 280 EUR angerechnet. Beim Kläger zu 2 wurde die Bewilligung faktisch auf den
12.9.2015 befristet, da er ab 13.9.2015 wegen Vollendung des 25. Lebensjahres eine eigene Bedarfsgemeinschaft bildet. Der
Bescheid enthielt einen Hinweis auf die Veränderung der Bedarfsgemeinschaft und die Notwendigkeit einer eigenen Antragstellung
durch den Kläger zu 2. Für den Kläger zu 2 errechnete der Beklagte keinen Leistungsanspruch (errechneter Bedarf von 527,49
EUR, anzurechnendes Einkommen von fiktiv 900 EUR). Dagegen legte der Bevollmächtigte der Kläger am 10.4.2015 Widerspruch ein.
Die anerkannten Kosten der Unterkunft und Heizung seien zu niedrig angesetzt. Die angemessene Referenzmiete basiere nicht
auf einem schlüssigen Konzept. Die fiktiv angerechneten Einkommen seien zu hoch. Aus den beiliegenden Lohnabrechnungen für
März ergebe sich ein Einkommen der Klägerin zu 1 von brutto gleich netto 297,50 EUR und des Klägers zu 2 von brutto 1.003
EUR, netto 790,80 EUR.
Nach Vorlage der Gehaltsabrechnungen für April berechnete der Beklagte die Leistungen für April 2015 neu nach dem tatsächlichen
Einkommen (587,43 EUR für die Klägerin zu 1 und 31,90 EUR für den Kläger zu 2). Ab Mai werde beim Kläger zu 2 ein fiktives
Einkommen von nurmehr 850 EUR bedarfsmindernd angerechnet. Hieraus ergaben sich vorläufig keine Änderungen in der Leistungshöhe
(vorläufiger Änderungsbescheid vom 26.5.2015).
Mit Widerspruchsbescheid vom 27.5.2015 wurde der Widerspruch im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen. Die Referenzmiete
beruhe auf einem schlüssigen Konzept.
Nach Vorlage der Gehaltsabrechnungen für Mai 2015 (Einkommen der Klägerin zu 1 von brutto gleich netto 161,50 EUR und des
Klägers zu 2 von brutto 1.215,50 EUR, netto 927,48 EUR) berechnete der Beklagte für Mai den Leistungsanspruch der Klägerin
zu 1 mit 559,10 EUR und den des Klägers nach Bereinigung seines Einkommens mit 300 EUR weiterhin mit Null (Änderungsbescheid
vom 15.6.2015).
Mit weiterem Änderungsbescheid vom 1.7.2015 wurde bei der Klägerin zu 1 ab Juni 2015 ein geringeres fiktives Einkommen berücksichtigt,
so dass sich für sie ein Leistungsanspruch von monatlich 488,30 EUR für die Zeit vom 1.6. bis 30.9.2015 errechnete. Die Leistungen
für den Kläger zu 2 betrugen unverändert jeweils Null.
Nach Vorlage der Gehaltsabrechnungen für Juni 2015 (Einkommen der Klägerin zu 1 brutto gleich netto 212,50 EUR und des Klägers
zu 2 von brutto 943,50 EUR, netto 750,32 EUR) und dem Bekanntwerden der Kündigung der Arbeitsverhältnisse zum 31.7.2015 wurden
die Leistungen mit Änderungsbescheid vom 10.7.2015 für Juni, August und September neu berechnet. Der Leistungsanspruch betrug
im Juni für beide insgesamt 564,17 EUR, für August 1.135,79 EUR und im September 819,29 EUR. Der Anspruch für Juli blieb unverändert.
Nach Vorlage der Gehaltsabrechnungen für Juli 2015 (Einkommen der Klägerin zu 1 von brutto gleich netto 85 EUR und des Klägers
zu 2 von brutto 1.385,50 EUR, netto 1.029,39 EUR) berechnete der Beklagte die Leistungen für Juli 2015 mit Änderungsbescheid
vom 5.8.2015 neu. Der Klägerin zu 1 wurden ohne Anrechnung von Einkommen 608,30 EUR bewilligt. Der Leistungsanspruch des Klägers
zu 2 wurde bei einem Bedarf von 527,46 EUR und einem nach Abzug der Freibeträge von 300 EUR bereinigten Einkommen von 729,39
EUR auf Null festgesetzt.
Mit weiterem Änderungsbescheid vom 30.9.2015 wurden der Klägerin zu 1 u.a. für September 2015 728,38 EUR bewilligt, davon
320,20 EUR für die Kosten der Unterkunft und Heizung unter Anerkennung der angemessenen Mietobergrenze für einen Einpersonenhaushalt
ab 13.9.2015 von 265 EUR zuzüglich der Heizkosten und abzüglich des Anteils, der auf den Kläger zu 2 für die Zeit vom 1.9.2015
bis 12.9.2015 entfiel. Für den Kläger zu 2 errechnete der Beklagte unverändert für die Zeit vom 1.9.2015 bis 12.9.2015 einen
Anspruch von 210,99 EUR, davon 80,05 EUR für die Kosten der Unterkunft und Heizung.
Bereits am 23.6.2015 erhob der Bevollmächtigte der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg. Die Kläger hätten Anspruch auf
Anerkennung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung als Bedarf. Das Konzept des Beklagten erfülle nicht die vom
Bundessozialgericht (BSG) gestellten Anforderungen. Die ausschließliche Zuordnung des Marktes A-Stadt zum Wohnungsmarkttyp III sei methodisch verfehlt.
Die errechnete Mietobergrenze für den Wohnungsmarkttyp III von 3,92 EUR pro qm basiere weder auf repräsentativen, noch empirisch
validen Daten. Im Landkreis G. seien derartige Wohnungen tatsächlich nicht verfügbar. Die Warteliste bei den Baugenossenschaften
sei lang. Vorhandene, günstige Mietwohnungen seien langfristig belegt. Außerdem sei ein zu hohes Einkommen vorläufig berücksichtigt
worden.
Der Beklagte war der Auffassung, dass die drei Wohnungsmarkttypen die Mietunterschiede im Landkreis weniger nivellieren als
dies durch das Wohngeldgesetz geschehe. Die Zuordnung erfolge nach einer sog. Clusteranalyse. Es bestehe Freiheit in der Methodenwahl. Die Verfügbarkeit
sei nachgewiesen. Die Gemeinde A-Stadt sei zu klein, als dass noch eine weitere Binnendifferenzierung vorgenommen werden könnte.
Mit Urteil vom 30.9.2015 wurden die Klagen als unbegründet abgewiesen. Das Konzept sei schlüssig und die gewählte Vorgehensweise
zur Ermittlung der Referenzmiete nicht zu beanstanden. Die einbezogenen Daten seien repräsentativ. Die Berufung wurde im Urteil
zugelassen.
Hiergegen legte der Bevollmächtigte der Kläger am 5.11.2015 Berufung ein. Zur Begründung nahm er Bezug auf seinen bisherigen
Vortrag. Der Beklagte legte sein Konzept zur Ermittlung der angemessenen Mietobergrenze vor. Das Konzept wird wie folgt dargestellt:
Die vom Beklagten beauftragte Firma (X X.) führte im Landkreis G. von April bis Oktober 2013 zum Stichtag 1.6.2013 eine Datenerhebung
durch. Die Mieterhebung für den Landkreis G. basiert auf einer Vermieterbefragung. Dabei wurden folgende Daten erhoben: Datum
des Mietvertragsbeginns, Datum der letzten Mietänderung, Wohnungsgröße, Nettokaltmiete, kalte Betriebskosten, Heiz- und Warmwasserkosten.
Es wurden nur diejenigen Wohnungen berücksichtigt, die zumindest über das Merkmal Bad und Sammelheizung verfügten. Substandardwohnungen,
die diesem Niveau nicht genügten, blieben unberücksichtigt. Ausgehend vom Zensus 2011 ging der Beklagte von rund 19.110 zu
Wohnzwecken vermieteten Wohnungen aus. Befragt wurden die größeren Vermieter und Verwalter, im Wesentlichen große Wohnungsunternehmen,
und kleinere Vermieter. Ergänzt wurde die Datenerhebung mit SGB II-Datensätzen des Beklagten. Dieser Datensatz wurde wiederum um Wohnungen mit unvollständigen Angaben, Eigentumswohnungen und
Wohnungen, die bereits über die größeren oder kleineren privaten Vermieter erfasst wurden, bereinigt. Von den insgesamt 2.704
ermittelten Datensätzen standen nach Durchführung einer statistischen Extremwertkappung für die eigentliche Auswertung 1.928
Datensätze zur Verfügung. Davon entfallen rund 900 Wohnungen auf größere Vermieter (Wohnungsunternehmen und Wohnungsgenossenschaften).
Konkret handelte es sich um die gemeinnützige Baugenossenschaft G. eG, gemeinnützige Baugenossenschaft B-Stadt und U. GmbH,
gemeinnützige Baugenossenschaft I. eG, BSG A. W. GmbH N. und Bezirk-S.-Stiftung. 723 Datensätze stammen von SGB II-Beziehern des Beklagten. Folglich stammen rund 305 Datensätze von kleineren Vermietern. Daneben wurden im Zeitraum Februar
2013 bis August 2013 Angebotsmieten erfasst. Ausgewertet wurden Immoscout 24, Immonet, Immowelt, örtliche Tagespresse, Anzeigenblätter
und Internetseiten der großen Wohnungsanbieter im Kreisgebiet. Erfasst wurden 606 Angebotsmieten. Nach Durchführung der Extremwertkappung
blieben 577 Datensätze übrig. Als Vergleichsraum wurde der Landkreis G. festgelegt. Innerhalb dieses Vergleichsraums wurden
mit Hilfe einer sog. Clusteranalyse diejenigen Kommunen zusammengefasst, die sich strukturell am ähnlichsten sind, unabhängig
von ihrer räumlichen Lage im Landkreis. Berücksichtigt wurden dabei verschiedene Strukturindikatoren, die alle nach Auffassung
des Konzepterstellers einen auf Einfluss auf das örtliche Mietpreisniveau ausüben, nämlich Bevölkerungsentwicklung, Bevölkerungsdichte,
Siedlungsstruktur, Pro-Kopf-Einkommen, Neubautätigkeit, Wohngeldeinstufung, Bodenpreis, Entfernung Oberzentrum und die Mietquote.
Anhand der Clusteranalyse wurden die Wohnungsmarkttypen I, II und III ermittelt. Wohnungsmarkttyp I umfasst die Gemeinden
B., I., K. und O ... Der Wohnungsmarkt II umfasst die Städte B-Stadt, K., T., G. und L ... Wohnungsmarkttyp III umfasst die
Gemeinden B., H., A-Stadt, K., die Verwaltungsgemeinschaft K., N. a. d. K., U. und Z. (vgl. Karte 1, Konzept S. 21). Von den
1.928 ermittelten Bestandsmieten-Datensätze verteilten sich 522 auf den Wohnungsmarkt Typ I, 1.201 auf den Wohnungsmarkttyp
II und 205 auf den Wohnungsmarkt Typ III. Von den laut Zensus 2011 vermieteten Wohnungen (deren Gesamtzahl nach Angaben des
Beklagten immer wieder korrigiert wurden) liegen 2.840 Wohnungen im Bereich des Wohnungsmarkttyps I, 10.310 Wohnungen im Bereich
des Wohnungsmarkttyps II und 4.500 Wohnungen im Bereich des Wohnungsmarkttyps III. Der Wohnungsmarkttyp ist gemäß Ausführung
des Konzepterstellers nicht mit dem homogenen Lebens- und Wohnbereich gleichzusetzen (vgl. Konzept S. 11). Der Wohnungsmarkttyp
stellt eine empirische Differenzierung der Angebotsstruktur innerhalb des Vergleichsraums dar. In einem Wohnungsmarkttyp werden
Gebiete gleicher Wohnungsmarkt- und Mietpreisstrukturen zusammengefasst unabhängig von ihrer räumlichen Lage im Landkreis.
Im Konzept wird auf S. 13 weiter ausgeführt, dass erst im Falle einer über den Angemessenheitsgrenzen liegenden Miete individuell
zur prüfen sei, ob es Gründe gebe, auch höhere Mietwerte übernehmen zu lassen. Hierfür müsse durch eine Bestimmung des homogenen
Wohn- und Lebensbereichs (Wohnort im Sinne des BSG) für den Einzelfall geprüft werden, für welchen Zeitraum Mietangebote berücksichtigt werden müssen. Der homogene Wohn- und
Lebensbereich selbst könne immer sowohl Teile des eigenen Wohnungsmarkttyps als auch andere Wohnungsmarkttypen umfassen. Letztlich
sei die Bedarfsgemeinschaft frei in der Wahl ihres Wohnortes, sofern die örtlichen Angemessenheitsgrenzen eingehalten würden.
D.h. im Falle der Unangemessenheit der Miete müsse die Bedarfsgemeinschaft nicht innerhalb des gesamten Vergleichsraums oder
Wohnungsmarkttyps nach einem passenden Angebot suchen. Ausreichend sei es, innerhalb des homogenen Wohn- und Lebensbereiches
nach Alternativwohnraum zu suchen. Dabei müsse sich die Bedarfsgemeinschaft nicht am Wohnungsmarkttyp orientieren, in dem
sie unangemessen wohne. So könne auch eine Wohnung in einer anderen Kommune in einem anderen Wohnungsmarkttyp angemietet werden,
sofern die Erreichbarkeit gegeben sei. In diesem Fall erfolge die Angemessenheitsprüfung auf Basis der Werte des Wohnungsmarktes,
in dem sich die Alternativwohnung befinde. Generell würden die Angemessenheitsgrenzen des Wohnungsmarkttyps gelten, in dem
sich die angebotene Wohnung befinde. Zur Festlegung des angemessenen Marktsegments wurde zunächst die gesamte Nachfragergruppe
ermittelt (vgl. Tab. 8, Konzept S. 33). Danach geht der Beklagte von 1.300 SGB IIHaushalten im Landkreis aus und insgesamt
von 9.480 Haushalten mit Nachfragern im unteren Marktsegment (SGB XII-Haushalte, Wohngeldempfänger, Sonstige). Dies entspricht einem Anteil an den Haushalten von insgesamt von 14%. Folglich sollten
in diesem Umfang die preisgünstigsten Wohnungen des lokalen Wohnungsbestandes auch für diese Gruppe zur Verfügung stehen.
Als ausreichend für normale Wohnungsmarktverhältnisse, also ohne zusätzliche und kurzfristige Nachfrageveränderungen werden
Prozentwerte von 10% bis 20% bei den Angebotsmieten angesehen. Zur Ableitung der Angemessenheitsgrenze (Quadratmetermiete)
wird aus der Verteilung der Bestandsmieten ein Perzentil definiert, das die Ausgangssituation bestimmt. Dieser Anteil orientiert
sich grob am Umfang dessen, was als theoretische Untergrenze bzgl. der Versorgung mit Wohnraum bei den SGB II- bzw. SGB XII-Empfängern angesehen werden kann. Ein Perzentil ist ein Lagemaß zur Beschreibung von Werteverteilungen: Das 30. Perzentil
beschreibt z.B. den Punkt in der Verteilung, bis zu dem 30% aller Werte liegen, im vorliegenden Fall die untersten 30% der
Mieten. Sollten die Anteile der erfassten Wohnungsangebote, die zudem auf Basis der Bestandsmieten abgeleiteten Perzentilen
in dem jeweiligen Wohnungsmarkt verfügbar sind, in den wesentlichen Gruppen (1- und 2-Personen-Bedarfsgemeinschaften) zu hoch
oder zu niedrig liegen, werden solange erhöhte oder reduzierte Perzentile nach dem vom Konzepthersteller entwickelten iterativen
Verfahren geprüft, bis die Angebotsanteile als ausreichend unter den aktuellen Marktbedingungen bewertet werden können. Im
Ergebnis dieses iterativen Prozesses wurde für den Landkreis G. für alle Wohnungsgrößenklassen und Wohnungsmarkttypen das
33%-Perzentil gewählt (vgl. Konzept, S. 37). Unter Anwendung dieser Perzentilgrenzen auf die Bestandsmieten ergeben sich für
eine Bedarfsgemeinschaft mit 2 Personen im Wohnungsmarkt Typ III (wie hier streitgegenständlich) eine Netto-Kaltmiete von
3,92 EUR pro Quadratmeter (vgl. Tab. 10 Konzept, S. 38). Bei der Wohnfläche geht der Beklagte von 50 bis zu 65 m2 aus.
Im Rahmen der Datenerhebung wurden bei großen und kleinen Vermietern auch die kalten Betriebskosten abgefragt. Die ermittelten
Durchschnittswerte, differenziert nach Wohnungsgröße und Wohnungsmarkttyp, sind in Tab. 11 dargestellt (Konzept, S. 39). Da
für den Wohnungsmarkt Typ III nicht für alle Wohnungsgrößenklassen Werte ermittelt werden konnten, wurde auch der SGB II-Datensatz des Beklagten herangezogen. Die Auswertung der tatsächlichen Betriebskosten der Bedarfsgemeinschaften hat ergeben,
dass diese Werte höher waren als die in der Erhebung ermittelten. Daher wurden zu Gunsten der Leistungsempfänger im Folgenden
die durchschnittlichen Betriebskostenwerte des SGB II-Datensatzes, differenziert nach Wohnungsgröße, jedoch nicht nach Wohnungsmarkttyp, in Ansatz gebracht (vgl. Tab. 12, 13 und
14, Konzept, S. 40f. sowie Stellungnahme vom 13.7.2016). Für einen 2-Personenhaushalt liegt der Wert bei 1,23 EUR pro qm.
Unter den 34 ausgewerteten Bestandsmieten für einen 2-Personen-Haushalt im Wohnungsmarkttyp III sind 9 Wohnungen, die 65 qm
groß sind. Die übrigen Wohnungen sind allesamt kleiner. Demgegenüber stand ein konkretes Angebot von 14 Angebotsmieten zur
Verfügung. Von diesen Angebotsmieten sind 2 Wohnungen 65 qm groß, die Übrigen sind allesamt kleiner. In absoluten Zahlen ausgedrückt
können mit dem qm -Preis von 3,92 EUR zwei Angebotsmietwohnungen angemietet werden. Dies entspricht 14% (vgl. Tabelle 17,
Konzept, S. 44).
Da nach Auffassung des Konzepterstellers für die Angemessenheitsprüfung nur das Gesamtprodukt ausschlaggebend ist, wird nachfolgend
die Bruttokaltmiete gebildet und den Angebotsmieten gegenübergestellt. Das Ergebnis ist in Tabelle 18 (Konzept, S. 45) festgehalten.
Danach können 21% der Angebotsmieten angemietet werden, das sind in absoluten Zahlen ausgedrückt nunmehr 3 Wohnungen, die
55,64 bzw. 64,80 qm groß sind.
Die Referenzmieten aus dem erstellten Konzept wurden ab 1.1.2014 angewandt.
Der Bevollmächtigte der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 30.9.2015 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 26.3.2015
und 26.5.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.5.2015 in der Fassung der Bescheide vom 15.6.2015, 1.7.2015, 10.7.2015,
5.8.2015 und 30.9.2015 zu verurteilen, den Klägern für die Zeit vom 1.4.2015 bis 30.9.2015 für die Kosten der Unterkunft und
Heizung insgesamt monatlich weitere 83,25 EUR zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufungen zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Zur Begründung der Schlüssigkeit seines Konzeptes verweist er
auf die Entscheidung des LSG Rheinland-Pfalz vom 29.11.2016, L 3 AS 137/14. Der Konzeptersteller sei derselbe gewesen, die Landkreise vergleichbar (Stellungnahme vom 8.3.2017). Ferner wies er erneut
darauf hin (Stellungnahme vom 10.5.2017), dass der Vergleichsraum der gesamte Landkreis sei und nicht die jeweiligen Wohnungsmarkttypen,
welche ausschließlich das jeweilige Mietniveau widerspiegelten. Jede Kommune könne ihr nächstgelegenes Ober- oder Mittelzentrum
innerhalb von 30 min mit dem öffentlichen Nahverkehr erreichen. Der Vergleichsraum sei eine abstrakte, d.h. generalisierte
Betrachtungsebene. Der homogene Lebens- und Wohnbereich einer Bedarfsgemeinschaft sei dagegen im konkreten Einzelfall zu bestimmen.
Die Bestimmung eines solchen stoße auf abstrakter Ebene an empirische Grenzen. Die Zusammenfassung ähnlicher Wohnungsmarkt-
und Mietpreisstrukturen sei in der obergerichtlichen Rechtsprechung wiederholt für zulässig und sachgerecht erachtet worden
(vgl. LSG NRW vom 27.1.2016, L 12 AS 1180/12; LSG Thüringen vom 8.7.2015, L 4 AS 718/14). Sollte man dazu eine andere Auffassung vertreten, sei nicht das gesamte Konzept unschlüssig, vielmehr könnte auf die höchsten
Werte des Wohnungsmarkttyps II zurückgegriffen werden. Die Datenerhebung sei repräsentativ. Hierzu übermittelte der Beklagte
die 385 Datensätze der Bestandsmieten, die für die Auswertung für 2-Personen-Haushalte im Wohnungsmarkttyp II zur Verfügung
standen. Hiervon erreichten 26 Mietwohnungen eine Größe von 65 qm. Alle anderen waren kleiner. Mit der hieraus ermittelten
Bruttokaltmiete von 5,73 EUR pro qm konnten 29 der insgesamt 84 Angebotsmieten angemietet werden. Welche Größen die Angebotsmietwerte
haben, ist nicht bekannt. Eine Beschränkung der Mietwerte auf die der letzten 4 Jahre mit einer Mietanpassung oder Neuvermietung,
wie im Fall von M-Stadt, würde nach Auffassung des Beklagten dazu führen, dass nur 765 Datensätze insgesamt für die Auswertung
zur Verfügung stehen würden. Dies hätte eine erhebliche Verzerrung des Mietwohnungsmarktes zur Folge (vgl. Stellungnahme des
Konzepterstellers als Anlage zum Schreiben des Beklagten vom 10.5.2017).
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten
des Sozialgerichts und des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten Berufungen (§§
143,144, 151
SGG) sind nur im tenorierten Umfang begründet.
Streitgegenstand ist der Bescheid des Beklagten vom 26.3.2015 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26.5.2015 in Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 27.5.2015 geändert durch die Bescheide vom 15.6.2015, 1.7.2015, 10.7.2015, 5.8.2015 und vom
30.9.2015, mit dem die SGB II-Leistungen für die Zeit vom 1.4.2015 bis 30.9.2015 festgesetzt wurden.
Den Änderungsbescheiden ab 15.6.2015 kann nicht entnommen werden, dass sie endgültig ergangen sind und die vorläufige Bewilligung
(zumindest teilweise) ersetzen sollten. Es werden auch keine Rechtsgrundlagen genannt, auf die die Bescheide gestützt werden.
Sie sind aber stets begünstigend bzw. unverändert gegenüber der jeweils früheren (vorläufigen) Bewilligung. Die hierdurch
bewilligten Leistungen gelten gemäß § 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II i.V.m. § 80 Abs. 2 Nr. 1 SGB II ab 1.8.2017 als endgültig bewilligt.
Streitgegenständlich ist auch für den Kläger zu 2 der Zeitraum vom 1.4.2015 bis 30.9.2015 (und nicht nur bis zum 12.9.2015).
Die im September für den Kläger zu 2 vorgenommene befristete Bewilligung bis zum 12.9. wegen Vollendung des 25. Lebensjahres
ist als solche in keinem der Bescheide objektiv erkennbar. An keiner Stelle wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für
den Kläger zu 2 die Bewilligung im September nur für die Zeit vom 1.9. bis 12.9. erfolgt. Soweit der Bewilligungszeitraum
1.4. bis 30.9.2015 in den Bescheiden benannt wird, wird an keiner Stelle nach dem jeweiligen Mitglied der Bedarfsgemeinschaft
differenziert. Die vorgenommene Befristung ist daher unwirksam. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist kein gesonderter
Antrag für die Zeit ab 13.9. bis 30.9.2015 erforderlich. Die Klägerin zu 1 war bevollmächtigt, am 26.2.2015 auch zugunsten
des Klägers zu 2 einen Weiterbewilligungsantrag für den nächsten Bewilligungsabschnitt bis zum 30.9.2015 zu stellen, § 38 Abs. 1 Satz 2 SGB II. Die Antragstellung wird nicht dadurch unwirksam, dass der Kläger zu 2 das 25. Lebensjahr erreicht, vgl. § 13 Abs. 2 SGB X.
Der Bevollmächtigte der Kläger hat im Erörterungstermin vom 13.3.2017 ausdrücklich den Streitgegenstand auf höhere Kosten
der Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1.4.2015 bis 30.9.2015 beschränkt. Dies ist zulässig (vgl. BSG vom 26.5.2011, B 14 AS 132,10 R; BSG vom 7.11.2006, B 7b AS 8/06 R, Rn 18).
Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 und 3 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.
Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen,
sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen
Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs
Monate.
Soweit der Beklagte den Bedarf für Unterkunft und Heizung auf seine Referenzmiete von 334,75 EUR zuzüglich der tatsächlichen
Heizkosten von 65,50 EUR, insgesamt 400,25 EUR begrenzt hat, beruht deren Festlegung nicht auf einem schlüssigen Konzept.
Von der Schlüssigkeit eines Konzepts ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG auszugehen, sofern die folgenden Mindestvoraussetzungen erfüllt sind (vgl. BSG vom 16.6.2015, B 4 AS 44/14 R, Rn 20): - Die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen;
- Es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung (Art von Wohnungen, Differenzierung nach Standard
der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete/Vergleichbarkeit, Differenzierung nach Wohnungsgröße); - Angaben über den Beobachtungszeitraum;
- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel); - Repräsentativität des Umfangs der
einbezogenen Daten; - Validität der Datenerhebung; - Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung;
- Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze).
Die vom Grundsicherungsträger gewählte Datengrundlage muss auf einem schlüssigen Konzept beruhen, das eine hinreichende Gewähr
dafür bietet, die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiederzugeben. Das kann u.a. dann der Fall sein,
wenn die Datenbasis auf mindestens 10% des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes beruht (vgl. BSG vom 18.6.2008, B 14/7b AS 44/06 R, Rn 16). Dabei ist eine Auswertung nur des Wohnungsbestandes bestimmter Anbieter bei der Erstellung des Konzepts zulässig,
wenn gleichzeitig gewährleistet ist, dass hierdurch das untere Mietpreisniveau des gesamten örtlich in Betracht zu ziehenden
Mietwohnungsbestandes realistisch abgebildet wird. So ist es u.a. nicht zulässig, Hilfebedürftige auf bestimmte Wohnungsbaugesellschaften
als Anbieter zu verweisen, wenn nicht erkennbar ist, dass diese das in Bezug zu nehmende Mietsegment aufgrund einer marktbeherrschenden
Stellung im Wesentlichen abdecken (vgl. BSG vom 20.8.2009, B 14 AS 41/08 R, Rn 19). Datenerhebungen allein bei den örtlichen Wohnbaugenossenschaften sind nicht ausreichend, wenn die Genossenschaften
über keinen ins Gewicht fallenden Anteil am Wohnungsbestand des Vergleichsraumes verfügen und eine Mietpreisabfrage keine
valide Datengrundlage für die Angemessenheitsgrenze ergeben kann (vgl. BSG vom 22.9.2009, B 4 AS 18/09 R, Rn 20).
Die für den Wohnungsmarkttyp III, dem der Wohnort der Kläger zugeordnet ist, ermittelte Referenzmiete basiert auf nicht repräsentativen
Daten. Auf den Wohnungsmarkttyp III entfallen ca. 4.500 der laut Zensus 2011 vermieteten Wohnungen (vgl. Stellungnahme des
Beklagten vom 13.7.2016). Insgesamt wurden 205 Datensätze zur Ermittlung der Referenzmiete für den Wohnungsmarkttyp III ausgewertet
(vgl. Tabelle 6, Konzept S. 29). Damit wurden lediglich 5% des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes einbezogen.
Dies ist eine unzureichende Datenbasis.
Unabhängig davon sind die für den Mietwohnungsmarkt im Landkreis erhobenen Daten in ihrer Gesamtheit nicht hinreichend repräsentativ.
Mit den ausgewerteten 1.928 Datensätzen ist nicht sichergestellt, dass der Mietmarkt im Landkreis insgesamt realitätsgerecht
dargestellt wird. Laut Angaben des Konzepterstellers, gestützt auf den Zensus 2011, sind im Landkreis etwa 19.110 Wohnungen
zu Wohnzwecken vermietet. Insgesamt lagen der Auswertung 1.928 Datensätze zugrunde, das sind etwas mehr als 10% des Mietwohnungsmarktes.
Von den 1.928 Datensätzen entfallen rund 900 Datensätze auf Wohnungsgenossenschaften und gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften
(hier: Gemeinnützige Baugenossenschaft G. eG, Gemeinnützige Baugenossenschaft B-Stadt und U. GmbH, Gemeinnützige Baugenossenschaft
I. eG, BSG A. W. GmbH N. und Bezirk-S.-Stiftung; Anteil ca. 47%). Weitere 723 Datensätze entfallen auf SGB II-Empfänger (Anteil ca. 38%), die übrigen 305 Datensätze auf kleinere private Anbieter (Anteil ca. 16%). Fast die Hälfte der
erhobenen und ausgewerteten Daten entfallen somit auf im Wesentlichen Wohnungsbaugesellschaften und -genossenschaften. Dabei
gibt es jedoch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Wohnungsbaugesellschaften und Wohnungsgenossenschaften im Landkreis
in etwa auch in diesem Umfang den Mietmarkt beherrschen. Allein die Frage, wie viele Datensätze der Angebotsmieten auf die
Wohnungsbaugesellschaften bzw. Wohnungsgenossenschaften entfallen, blieb unbeantwortet. Eine Zuordnung der erhobenen Werte
der Angebotsmieten zur Art der Wohnungsanbieter sei nicht erfolgt (vgl. Stellungnahme vom 13.7.2016 zu Frage 6). Es sind auch
sonst keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass diese Anbieter fast die Hälfte des Mietmarktes im Landkreis repräsentieren.
Schließlich sind die Datensätze nicht hinreichend aktuell. Die 1.928 Datensätze sind ausschließlich Bestandsmietenwerte. Dagegen
dienten die erhobenen 577 Angebotsmieten allein der Ergebniskontrolle, ob mit der aus den Bestandsmieten ermittelten Referenzmiete
tatsächlich auf dem Wohnungsmarkt angebotene Wohnungen hätten angemietet werden können. Im Konzept wird nicht aufgeschlüsselt,
welche Bestandsmieten länger als 4 Jahre vor dem Erhebungsstichtag abgeschlossen bzw. geändert worden sind. Der ergänzenden
Stellungnahme des Beklagten und des Konzepterstellers vom 10.5.2017 ist zu entnehmen, dass solche Wohnungen nicht ausgenommen
wurden. Hätte man nur Bestandsmieten ausgewertet, die in den letzten 4 Jahre neu abgeschlossen oder geändert wurden, hätten
von den unbereinigten 2.032 Mietwerten 1.228 Datensätze ausgeschlossen werden müssen (im Einzelnen 233 Mietwerte von professionellen
Anbietern, 807 Mietwerte aus den SGB II-Datensätzen und 188 Mietwerte von privaten Vermietern). Nach einer Extremwertkappung wären nur 765 Datensätze verblieben.
Das sind lediglich 4% des regional relevanten Mietwohnungsmarktes. Selbst wenn man die 577 Angebotsmieten zu den 765 Datensätzen
noch hinzurechnen sollte, würden nur 7% des relevanten Mietwohnungsmarktes erfasst.
Anzumerken ist jedoch, dass eine Hinzurechnung der Angebotsmieten voraussetzen würde, dass diese entgegen dem Konzept des
Beklagten in die konkrete Ermittlung der Referenzmiete einfließen müsste und nicht lediglich einer Plausibilitätskontrolle
dienen dürften.
Anders als bei einem Rückgriff auf Mietspiegeldaten müssen bei der Festlegung der Angemessenheitsobergrenze auch Angebotsmieten
einbezogen werden (vgl. BSG vom 16.6.2015, B 4 AS 44/14 R, Rn 22). Danach führt die alleinige Anknüpfung an den Bezug von SGB II- bzw. SGB XII-Leistungen bzw. Wohngeld bereits deshalb zu einer unzureichenden Datenbasis, weil von vornherein kein realitätsgerechtes
Abbild der aktuellen Situation bei Neuanmietungen ermöglicht wird. Es sei nicht erkennbar, ob und inwieweit die einbezogenen
Daten auch für die Höhe des Mietpreises bei Neuvermietungen repräsentativ sein könnten. Die vom Träger vorgenommene Ergebniskontrolle
durch Auswertung von Wohnungsangeboten könne eine systematische Einbeziehung des Faktors der Neuvertragsmieten von vornherein,
das heißt bei den Grundlagen der Datenerhebung nicht ersetzen.
Dies ist vorliegend nicht geschehen. Auch aus diesem Grund bilden die ermittelten Referenzmieten den Mietwohnungsmarkt im
Landkreis nicht realitätsgerecht ab.
Schließlich ist zu beanstanden, dass der Beklagte es unterlassen hat, im Rahmen der zunächst vorzunehmenden abstrakten Prüfung
den Vergleichsraum festzulegen, in dem nicht nur die Daten erhoben, sondern diese auch für den gesamten Raum ausgewertet werden.
Nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG vom 26.5.2011, B 14 AS 132/10 R, Rn 25) ist Ausgangspunkt für die Bestimmung des Vergleichsraumes zunächst der Wohnort des Leistungsberechtigten. Der Vergleichsraum
muss einen ausreichend großen Raum der Wohnbebauung umfassen, um ein entsprechendes Wohnungsangebot aufzuweisen und die notwendigen
abstrakten Ermittlungen zu ermöglichen. Des Weiteren muss er aufgrund seiner räumlichen Nähe, seiner Infrastruktur, insbesondere
seiner verkehrstechnischen Verbundenheit, einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden. Im Konzept
heißt es zwar auf S. 10, dass der Vergleichsraum der Landkreis G. ist. Abweichend von der zunächst vorgenommenen abstrakten
Festlegung des Vergleichsraums werden nach dem Konzept Wohnungsmarkttypen gebildet, die ausdrücklich nicht mit dem Vergleichsraum
bzw. homogenen Lebens- und Wohnbereichen entsprechend der vom BSG getroffenen Definition gleichzusetzen sind (vgl. Konzept S. 11). Die Festlegung des Landkreises als Vergleichsraums bleibt
somit eine abstrakte Definition ohne jegliche Konsequenzen, da sie nicht als Folge davon zur Ermittlung einer abstrakt einheitlichen
Referenzmiete, beispielsweise für den 2-Personenhaushalt für den gesamten Landkreis führt.
Da weitere Daten nicht zur Verfügung stehen und weitere Erkenntnisquellen angesichts des Zeitablaufs nicht ersichtlich sind,
scheidet eine Nachbesserung des Konzepts aus.
Ein Rückgriff auf die Tabellenwerte zu § 12 Wohngeldgesetz ist somit zulässig. Der Wohnort A-Stadt ist der Mietenstufe II zuzuordnen. Hieraus errechnet sich für einen 2-Personenhaushalt
eine Mietobergrenze incl. eines Sicherheitszuschlags von 10% von 418 EUR zuzüglich 65,50 EUR Heizkostenvorauszahlung, das
sind 483,50 EUR. Hieraus ergibt sich eine fehlende Differenz zu den vom Beklagten anerkannten Kosten der Unterkunft und Heizung
in Höhe von 83,25 EUR. Davon entfallen nach dem Kopfteilprinzip auf die Klägerin (zu 1) pro Monat 41,63 EUR und auf den Kläger
(zu 2) 41,62 EUR.
Hieraus errechnet sich für die Klägerin zu 1 für die Zeit vom 1.4.2015 bis 31.8.2015 eine Nachzahlung von 208,15 EUR (41,63
EUR x 5). Für September 2015 errechnet sich keine weitere Nachzahlung, da der Beklagte bereits Kosten der Unterkunft und Heizung
in Höhe von 320,20 EUR anerkannt hat (vgl. Änderungsbescheid vom 30.9.2015). Insoweit war die Berufung der Klägerin als unbegründet
zurückzuweisen.
Für den Kläger zu 2 errechnet sich eine Nachzahlung von insgesamt 124,86 EUR für die Monate April, Juni und August 2015 (41,62
EUR x 3). Für Mai, Juli und September 2015 errechnet sich keine weitere Nachzahlung, da der Kläger zu 2 aufgrund seiner Einkommensverhältnisse
nicht hilfebedürftig ist. Insoweit war die Berufung des Klägers zu 2 als unbegründet zurückzuweisen.
Der Kläger zu 2 hat einen Bedarf von 569,11 EUR (320 Regelbedarf, Mehrbedarf Warmwasser von 7,36 EUR und hälftige Kosten der
Unterkunft und Heizung nach den Tabellenwerten WoGG von 241,75 EUR, §§ 9, 19, 20, 22 SGB II). Im Mai steht dem Bedarf ein Bruttoeinkommen von 1.215,50 EUR, netto 927,48 EUR gegenüber. Das Erwerbseinkommen ist mit
insgesamt 300 EUR §§ 11, 11b SGB II zu bereinigen. Hieraus ergibt sich ein anzurechnendes Einkommen von 627,48 EUR (vgl. Änderungsbescheid vom 15.6.2015). Der
Kläger zu 2 ist nicht hilfebedürftig. Im Juli steht dem Bedarf ein Bruttoeinkommen von 1.385,50 EUR, netto 1.029,39 EUR gegenüber.
Hieraus ergibt sich ein anzurechnendes Einkommen von 729,39 EUR. Der Kläger zu 2 ist nicht hilfebedürftig. Im August ist der
Kläger zu 2 nicht hilfebedürftig, da ihm Arbeitslosengeld I in Höhe von insgesamt 1.240,12 EUR auf sein Konto überwiesen wurden.
Auch nach Abzug der Versicherungspauschale von 30 EUR (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-V) verbleibt ein anzurechnendes Einkommen von 1.210,12 EUR, das seinen Bedarf weit übersteigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG und berücksichtigt den Umstand, dass die Kläger nur teilweise obsiegt haben.
Gründe für die Zulassung der Revision i.S.v. §
160 Abs.
2 SGG sind nicht ersichtlich.