Anspruch auf Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung; Erforderlichkeit einer zeitnahen ärztlichen Feststellung
der Arbeitsunfähigkeit
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 01.10. bis 11.11.2005 streitig.
Die 1950 geborene Klägerin war zuletzt vom 01.12.2004 bis 15.09.2005 aufgrund eines Arbeitsverhältnisses als Küchenhilfe in
einer chirurgischen Praxis bei der Beklagten versichert. Die letzte Lohnzahlung erfolgte für den Monat Juli 2005. Nach Insolvenz
des Arbeitsgebers wurde das Arbeitsverhältnis am 12.08.2005 zum 15.09.2005 gekündigt.
Am 24.08.2005 erlitt die Klägerin im Urlaub in Jugoslawien einen Vorderwandinfarkt. Ein entsprechender Arbeitsunfähigkeitsnachweis
wurde für die Zeit vom 24.08. bis 25.09.2005 von der jugoslawischen Krankenkasse übermittelt. Ab 26.09.2005 wurde durch Dr.
W. eine Arbeitsunfähigkeits-Erstbescheinigung bis 30.09.2005 ausgestellt Die Beklagte zahlte deshalb bis zu diesem Datum Krankengeld.
Am 05.10.2005 wurde eine (erneute) Arbeitsunfähigkeits-Erstbescheinigung durch Dr. M. wegen der Diagnosen: Nicht näher bezeichneter
Brustschmerzen sowie nicht näher bezeichneter Tachykardie ab 04.10.2005 mit der voraussichtlichen Dauer 11.10.2005, die am
11.10.2005 bis 21.10.2005 verlängert wurde, ausgestellt. Anschließend wurde von der praktischen Ärztin Dr. M. in Folgebescheinigungen
bis 11.11.2005 weiterhin Arbeitsunfähigkeit attestiert.
Mit streitigem Bescheid vom 26.10.2005 lehnte die Beklagte die Zahlung von Krankengeld auf Grund der erneuten, durch Erstbescheinigung
attestierten Arbeitsunfähigkeit ab 04.10.2005 ab, da die Mitgliedschaft der Klägerin mit Krankengeldberechtigung am 30.09.2005
geendet habe.
Zur Begründung des dagegen erhobenen Widerspruchs ließ die Klägerin im Wesentlichen vortragen, dass sie am 30.09.2005 (Freitag)
erneut bei Dr. W. habe vorstellig werden wollen, die Praxis jedoch geschlossen gewesen sei und sie deshalb erst am 04.10.2005
erneut einen Arzt (Dr. W.) habe aufsuchen können, der die Überweisung zum Kardiologen veranlasst habe. Dr. M. habe auch zu
Unrecht eine Erstbescheinigung ausgestellt, da sie auf Grund derselben Krankheit durchgehend arbeitsunfähig gewesen sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.01.2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Klägerin habe entsprechend
der bis 30.09.2005 durch Dr. W. bescheinigten Arbeitsunfähigkeit Krankengeldleistungen bezogen. Ab 01.10.2005 habe sich der
mitgliedschaftsrechtliche Status der Klägerin geändert, da die aufrechterhaltende Mitgliedschaft als Beschäftigte nur bis
30.09.2005 bestanden habe und die ab 01.10.2005 begründete Familienversicherung (über den Ehemann der Klägerin) keine versicherungsrechtliche
Leistung auf Krankengeldzahlung (anlässlich der erneut ab 04.10.2005 bestätigten AU-Fähigkeit) beinhalte. Darüber hinaus habe
eine Rückfrage bei Dr. M. ergeben, dass für die Zeit vor dem 01.10.2005 keine Arbeitsunfähigkeit bestätigt werden könne.
Mit der hiergegen am 25.01.2006 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiter verfolgt. Weiterhin hat sie sich auf
die Bescheinigung des Dr. W. vom 08.12.2005 gestützt, wonach bei ihr dieselbe Krankheitsursache über den 30.09.2005 hinaus
fortbestanden und weiterhin AU-Fähigkeit begründet habe. Der Klägerin sei es nicht anzulasten, dass ihr wegen der geschlossenen
Praxis des behandelnden Arztes am 30.09.2005, dem Wochenende und dem Feiertag am 03.10.2005 kein früherer Arztkontakt möglich
gewesen sei.
Mit Urteil vom 28.09.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Unter Hinweis auf die einschlägigen §§
46 Abs.
1 Nr.
2 SGB V, 44 Abs.
1 Satz 1
SGB V, §
192 SGB V und §
19 Abs.
2 Satz 1
SGB V hat es im Wesentlichen zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe über den 30.09.2005 weder tatsächlich Krankengeld bezogen,
noch habe sie für den nachfolgenden Zeitraum Anspruch auf Krankengeldzahlung. Die Arbeitsunfähigkeit sei grundsätzlich durch
eine vorzulegende ärztliche AU-Bescheinigung (als Grundlage eines Leistungsanspruchs) nachzuweisen. Derartige Bescheinigungen
lägen nur bis 30.09.2005 sowie erneut für den Zeitraum ab 04.10.2005 vor. Auf die Frage, ob bei der Klägerin in dem Zeitraum
01.10. bis 03.10.2005 nach den funktionellen Auswirkungen der bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen tatsächlich
Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe, komme es nicht an. Grundsätzlich obliege es Versicherten, dafür Sorge zu tragen, dass
für einen geltend gemachten Krankengeldanspruch die leistungsrechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden. Nicht erforderlich
sei (z.B. wegen eines unvorhergesehenen Ereignisses - vorgetragene Schließung der Praxis Dr. W. am 30.09.2005), dass der bisherige
Arzt Folgebescheinigungen ausstellt. Dies könne von jedem Arzt geschehen und sei bei einer Vorstellung z.B. nach einem Wochenende
mit dem neu konsultierten Arzt gegebenenfalls konkret zu besprechen (insbesondere, dass und aufgrund welcher Diagnose bislang
Arbeitsunfähigkeit bestanden hat und gegebenenfalls eine Folgebescheinigung begehrt wird). Weder die Schließung der Praxis
des Dr. W. am 30.09.2005 noch die auch auf Grund gesetzlicher Feiertage erst erneut am 04.10.2005 zu Stande gekommene Vorstellung
bei Dr. M. würden rechtlich relevante Umstände darstellen, den Fortwirkungstatbestand des §
192 Abs.1 Nr. 2
SGB V auszufüllen. Nachdem von der Klägerin gerade nicht die notwendigen Bemühungen zum Erhalt kontinuierlicher durchgehender ärztlicher
AU-Bescheinigungen als Grundlage für leistungsrechtliche Krankengeldansprüche unternommen wurden, habe die Klägerin Anspruch
auf Krankengeld nur für die Dauer der ärztlich bescheinigten Arbeitsunfähigkeit bis 30.09.2005. Mit diesem Zeitpunkt sei auch
der Versicherungsschutz nach §
5 Abs.
1 Nr.
1 SGB V entfallen. Der ab 01.10.2005 erlangte krankenversicherungsrechtliche Schutz gemäß §
10 Abs.
1 SGB V als kostenfrei familienversicherte Ehefrau, dem gemäß §
19 Abs.
2 Satz 1
SGB V Vorrang gegenüber nachgehenden Leistungsansprüchen aus dem beendeten Versicherungsverhältnis eingeräumt ist, habe leistungsrechtliche
Ansprüche auf Krankengeldzahlung nicht mehr beinhaltet.
Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Ergänzend zu ihrem bisherigen Vorbringen lässt sie vortragen, es sei lebensfremd
und könne von der Klägerin auch nicht gefordert werden, dass sie, nachdem sie bereits von Dr. W. an den Kardiologen Dr. M.
überwiesen wurde, nun, wie das SG ausführe, zu einem x-beliebigen Arzt zu gehen, um eine Folgebescheinigung zu erhalten. Da ab 24.08. bis 11.11.2005 eine durchgehende
AU wegen derselben Krankheit der Klägerin bestanden habe und sie auch alles Zumutbare getan habe, um entsprechende AU-Bescheinigungen
zu erhalten, stehe ihr auch für den Zeitraum 01.10. bis 11.11.2005 ein Krankengeldanspruch zu.
Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 28.09.2007 sowie den zu Grunde liegenden Bescheid der Beklagten vom 26.10.2005
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.01.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für die
Zeit vom 01.10.2005 bis 11.11.2005 Krankengeld zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die beigezogenen Akten sowie den Inhalt der gewechselten
Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§
143,
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -). In der Sache selbst ist die Klage unbegründet, das Urteil des SG Nürnberg vom 28.09.2007 ist zutreffend und gibt die
Rechtslage korrekt wieder. Der Senat nimmt ausdrücklich auf die Gründe dieses Urteils Bezug und schließt sich ihnen gemäß
§
153 Abs.2
SGG an.
Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass sich nach dem Urteil des BSG vom 26.06.2007 - B 1 KR 37/06 R (= SozR 4-1500 § 46 Nr. 2 = NZS 208, 315 - 317) ein Anspruch des Versicherten auf Krankengeld nach dem Versicherungsverhältnis
bestimmt, das im Zeitpunkt des jeweils in Betracht kommenden Entstehungstatbestandes für Krankengeld vorliegt.
Der Ausnahmefall, in dem die unterbliebene ärztliche Feststellung der AU ausnahmsweise - rückwirkend - nachgeholt werden kann
(vgl. dazu zuletzt zusammenfassend BSGE 95, 219 = SozR 4-2500 § 46 Nr.1, jeweils Rdnr.18 ff.), liegt hier nicht vor.
Nochmals ist Folgendes festzuhalten:
Dr. W. attestierte am 26.09.2005 eine AU bis 30.09.2005. Auf Grund dieser AU-Bescheinigung (akuter Myokardinfarkt, nicht näher
bezeichnet) zahlte die Beklagte Krankengeld bis 30.09.2005. Eine Verlängerung der AU-Bescheinigung erfolgte durch Dr. W. nicht.
Am 04.10.2005 erfolgte eine Behandlung bei Dr. M., der am gleichen Tag eine AU-Bescheinigung (Brustschmerzen, nicht näher
bezeichnet, Tachykardie, nicht näher bezeichnet) erstellte. Eine Rückfrage bei Dr. M. ergab, dass für die Zeit vor dem 01.10.2005
keine AU bestätigt werden könne.
Damit lagen zweifelsohne zwei verschiedene Arbeitsunfähigkeitszeiten vor. Eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit über den 30.09.2005
hinaus bis 04.10.2005 ist somit weder nachgewiesen noch zeitnah ärztlich festgestellt worden.
Nachdem ab 01.10.2005 eine Familienversicherung auf Grund der Mitgliedschaft des Ehemannes bestand, war ein Anspruch auf Krankengeld
(auch als nachgehender) aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit vom 04.10.2005 ausgeschlossen (§
19 Abs.
2 SGB V).
Somit ist die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG A-Stadt vom 28.09.2007 zurückzuweisen.
Angesichts des Verfahrensausgangs besteht kein Anlass, der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten zu erstatten (§
193 SGG).
Gründe, die Revision nach §
160 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.