Tatbestand:
Die Klägerin begehrt eine an der Nordsee durchzuführende dermatologische Maßnahme der medizinischen Rehabilitation (Reha).
Die Klägerin ist 1958 geboren und bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Am 29.03.2005 leitete der behandelnde Hautarzt/Allergologe
Dr. G. ein Verfahren zu Leistungen der medizinischen Rehabilitation ein. Mit Verordnung vom 21.05.2005 attestierte er der
alleinerziehenden und seit 1999 arbeitslosen Klägerin chronische Müdigkeit, Schlafstörungen, Erschöpfung, Depressionen, Magen-Darm-Syndrom,
Cephalgie, Gelenkschmerzen, Anämie, rezidivierende Infektionen, Schwindel, Herzrhythmusstörungen, Menopausensyndrom, Neurodermitis
sowie multiple Allergien. Wegen des depressiven Erschöpfungssyndroms sei die Klägerin in der Berufsausübung eingeschränkt,
Ursache sei u.a. die familiäre Überlastungssituation. Die Rehabilitationsziele bestünden in psychischer Stabilisierung und
Besserung des atopischen Syndroms, der Schlafstörungen sowie der Depression. Als Maßnahmen wurden Balneo-, Dermato- und Psychotherapie
empfohlen. Besonders wies Dr. G. darauf hin, dass die Reha dringend erforderlich sei wegen der psychischen Gesamtsituation.
Die Beklagte lehnte einer Stellungnahme des MDK vom 09.06.2005 folgend mit Bescheid vom 14.06.2005 die begehrte Reha-Maßnahme
ab mit der Begründung, zur Behandlung der Neurodermitis reiche eine ambulante Vorsorgeleistung aus.
Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch und bezog sich auf ein Attest des Dr. G., wonach die komplexe Beschwerdesymptomatik
mit einer nur ambulanten Maßnahme nicht therapierbar sei. Einer weiteren ablehnenden Stellungnahme des MDK folgend lehnte
die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 28.06.2005 die Reha-Bewilligung ab. Dem gegenüber hielt die Klägerin ihren Widerspruch
aufrecht wegen ihrer gesundheitlichen Gesamtsituation. Sie nahm dabei Bezug auf Atteste der psychologischen Psychotherapeutin
Dipl.-Psych. U. K. vom 06.07.2005, des Dipl. Psych. R. vom 07.07.2005 sowie auf die Diagnostik des Internisten/Rheumatologen
Dr. O. vom 14.03.2002, welcher u.a. eine somatisierte Depression festgestellt hatte. Entsprechend einer erneuten Stellungnahme
des MDK wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.09.2005 den Widerspruch als unbegründet zurück, denn ambulante Vorsorgeleistungen
in Gestalt einer Kompaktkur hätten Vorrang vor einer stationäre Reha.
Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Bayreuth erhoben mit dem Antrag, ihr eine stationäre Reha-Maßnahme an der
Nordsee für ihre Hauterkrankung zu bewilligen. Mit der Klagebegründung vom 11.03.2006 hat sie vorgetragen, ein Kuraufenthalt
sei dringend erforderlich wegen ihrer Hauterkrankungen und Allergien, die psychisch ausgelöst seien.
Während des laufenden Klageverfahrens hat die Beklagte auf Verordnung der praktischen Ärztin S. H. vom 06.12.2006 eine stationäre
Reha wegen der psychischen Leiden sowie zur dermatologisch/allergologischen Behandlung bewilligt. Vom 13.06.2007 bis 15.08.2007
hat die Klägerin die entsprechende stationäre Reha in der M.-Klinik in H./Ostsee durchlaufen, wobei die ursprüngliche Dauer
um 21 Tage verlängert wurde. Die Klägerin hat gleichwohl erklärt, anhängige Klage wolle sie wegen weiteren Reha-Bedarfs bezüglich
ihrer Hautleiden aufrecht erhalten.
Nach Beiziehung der einschlägigen Befund- und Behandlungsberichte sowie des Entlassungsberichts der Reha-Klinik vom 17.08.2007
hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 19.06.2008 die Klage abgewiesen. Der Klägerin fehle ein Rechtsschutzbedürfnis,
weil mittlerweile die Beklagte die mit der Klage begehrte Reha bewilligt und die Klägerin diese auch durchgeführt habe. Die
Klägerin damit habe ihr unter dem 06.10.2005 formuliertes Klageziel erreicht. Ein weitergehendes Feststellungsinteresse sei
nicht erkennbar. Über einen neu gestellten Reha-Antrag wie derjenige vom März 2008 sei anhand der aktuellen gesundheitlichen
Situation erst noch zu entscheiden. Die Klägerin könne nicht mit Erfolg geltend machen, mit der Klage habe sie eine Reha wegen
ihrer Hauterkrankung begehrt, während die Reha in H. wegen ihrer davon zu unterscheidenden psychischen Erkrankungen durchlaufen
worden sei. Denn der behandelnde Hautarzt Dr. G. habe in der Verordnung der Reha vom 21.05.2005 unzweifelhaft zum Ausdruck
gebracht, dass die Ursachen der Hauterkrankung in erster Linie auf psychischem Gebiet lägen und deshalb eine ganzzeitliche
Betreuung erforderlich sei. Die dieser Verordnung entsprechende Reha habe die Klägerin somit bereits erhalten.
Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt mit dem Ziel, unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 14.06.2005 eine
stationäre dermatologische Rehamaßnahme an der Nordsee zu erhalten. Die bewilligte und durchgeführte Reha in H. gehe auf die
Verordnung der Hausärztin S. H. vom 06.12.2006 zurück, welche die Rehabilitationsbedürftigkeit mit den psychischen Erkrankungen
begründet habe. Eine gezielte dermatologische Behandlung sei in H. deshalb auch nicht erfolgt. Sie bedürfe einer solchen Maßnahme,
um die erforderlichen Therapien für die rein körperlich verursachten Hauterkrankungen erhalten zu können.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 19.06.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14.06.2005 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 06.09.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine stationäre dermatologische Reha-Maßnahme
an der Nordsee zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 11.08.2009 waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie
auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§
143,
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -), aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine weitere stationäre Maßnahme der medizinischen Rehabilitation.
Streitgegenstand ist nach der eindeutigen Bezeichnung durch die Klägerin in der Berufungsschrift vom 22.07.2008 die ursprüngliche
Entscheidung der Beklagten im Bescheid vom 14.06.2005 - ausgestaltet durch den Widerspruchsbescheid vom 06.09.2005. Dort hatte
es die Beklagte ursprünglich abgelehnt, der Klägerin überhaupt einer Maßnahme der stationären Reha zu gewähren, weil vorrangig
ambulante Maßnahmen auszuschöpfen seien.
Diese gegenständliche Ablehnungsentscheidung der Beklagten hat sich im Laufe des Gerichtsverfahrens überholt. Die Klägerin
hat vom 13.06.2007 bis 15.08.2007 (einschließlich Verlängerung um 21 Tage) eine zweimonatige stationäre Reha durchlaufen in
einer auf Hauterkrankungen, Allergien und Psychosomatik spezialisierten Rehabilitationsklinik. Nach dem dort erstellten Maßnahme-
und Entlassungsbericht vom 17.08.2007 waren zwar eine mittelgradige depressive Episode bei rezidivierender depressiver Störung
sowie eine kombinierte Persönlichkeitsstörung führend für die Behandlungen gewesen. Jedoch hatte sich die Kur darin keineswegs
erschöpft. Bei der Klägerin wurden nämlich ein atopische Ekzem, allergische Rhinitis und die rezidivierende Herpes-Simplex-Infektion
als haut- und allergiebezogene Behandlungsdiagnosen gestellt. Wie der Maßnahme- und Entlassungsbericht vom 17.08.2007 belegt,
hatte die Klägerin während der gesamten Kurdauer in Hinsicht sowohl auf die psychische Erkrankung als auch der Haut-/Allergieerkrankungen
umfangreiche medizinische Behandlungen erhalten. Hieraus sowie aus der weiteren medizinischen Dokumentation folgt zur Überzeugung
des Gerichts, dass die Klägerin die von dem Hautarzt Dr. G. ursprünglich verordnete Reha inhaltlich bewilligt erhalten und
tatsächlich durchlaufen hat. Für Dr. G. stand nämlich unzweifelhaft im Vordergrund die psychische Verursachung der Hauterkrankungen.
Dr. G. hatte ausdrücklich die depressive Erkrankung mit den somatisierenden Folgen wie z.B. Schlaf- und Verdauungsstörungen
sowie die weiteren aufgetretenen somatoformen Erkrankungen und Symptome in einen kausalen Kontext mit den psychischen Erkrankungen
der Klägerin gestellt. Für ihn sollte nach seiner Verordnung vom 21.05.2005 im Vordergrund der Reha eine psychisch/psychosomatische
Behandlung stehen. Dieser Einschätzung hatten auch die Atteste des Dipl. Psych. R. vom 07.07.2005, des behandelnden Internisten/Rheumatologen
Dr. O. vom 14.03.2002 und der behandelnden psychologischen Psychotherpeutin Dipl.-Psych. U. K. vom 06.07.2005 entsprochen.
Insoweit bleibt es ohne weitere Folgen, dass die Beklagte die Reha zeitlich erst nach Verordnung der praktischen Ärztin S.
H. vom 06.12.2006 bewilligt hat. Denn diese hatte in den entscheidenden Punkten des medizinischen Zusammenhangs, der gegenseitigen
Bedingung und der erforderlichen Reha-Behandlung von psychischer und dermatologischer Erkrankung derjenigen des Dr. G. inhaltlich
entsprochen.
Der §
2 Abs.
1, §
12 Abs.
1 SGB V resultierende allgemeine Leistungsanspruch der Klägerin, der sich vorliegend zu einem Anspruch auf eine Leistung zur medizinischen
Rehabilitation gemäß §
27 Abs.
1 Satz 1 Nr.
6 i.V.m. §
40 SGB V konkretisiert hatte, ist damit von der Beklagten trotz ursprünglicher Ablehnung vor Beendigung des Klageverfahrens erfüllt
worden. Die Klägerin kann deshalb wegen Erfüllung ihres Reha-Anspruches diesen nicht mehr im Gerichtswege weiter geltend machen.
Es ist zwar denkbar, dass die Klägerin trotz der durchlaufenen Reha noch immer oder heute wieder an psychischen sowie dermatologischen
Erkrankungen leidet, welche eine stationäre Leistung zur Rehabilitation erforderlich machen könnten. Ob dies allerdings tatsächlich
der Fall ist und ob medizinische Gründe ausnahmsweise dringend vor Ablauf des vierjährigen Karenzzeitraums gemäß §
40 Abs.
3 Satz 4
SGB V eine aktuelle Reha-Bedürftigkeit begründen können, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Darüber ist in einem
neuen Verwaltungsverfahren zu entscheiden. Bevor dieses nicht durchlaufen ist, ist die Klägerin nicht berechtigt, ein Klageverfahren
durchführen (§
78 Abs.
3, Abs.
1 SGG).
Die Berufung der Klägerin bleibt somit in vollem Umfange ohne Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe zur Zulassung der Revision gemäß §
160 SGG sind nicht ersichtlich.