Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Berechtigung der Beklagten der Klägerin wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht das Krankengeld
zu entziehen.
Die 1952 geborene Klägerin war aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses als Stationshilfe Mitglied der Beklagten. Ab 7.
Oktober 2005 war sie arbeitsunfähig erkrankt und bezog Krankengeld ab 18. November 2005 von der Beklagten. Die Feststellung
der Arbeitsunfähigkeit erfolgte zunächst durch den Allgemeinarzt Dr. P., ab 18. November 2005 befand sich die Klägerin in
nervenärztlicher Behandlung bei Dr. B. unter anderem wegen einer mittelgradigen depressiven Episode aufgrund des Todes ihres
Ehemanns am 27. Juni 2005. Die Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit durch Begutachtung der Klägerin durch Dr. M. am 13. Februar
2006 ergab das weitere Vorliegen einer eindeutig depressiven Symptomatik, die zumindest als mittelschwer zu beschreiben und
die im Zusammenhang mit der veränderten Lebenssituation, dem Verlust des Partners zu sehen sei. Aufgrund der sehr heftigen
Symptomatik sei die Versicherte aktuell nicht leistungsfähig, eine Wiedervorlage wurde in acht Wochen empfohlen. Eine Minderung
der Erwerbsfähigkeit sei nicht sicher beurteilbar.
Bei der Untersuchung vom 6. April 2006 fand sich ein unverändertes Krankheitsbild. Es wurde empfohlen ein psychosomatisch-psychotherapeutisches
Reha-Verfahren durchzuführen sowie wegen erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit ein Verfahren nach §
51 Abs.
1 SGB V einzuleiten.
Diesen Antrag stellte die Klägerin am 24. April 2006 beim zuständigen Rentenversicherungsträger, bei diesem Antrag gab sie
an, auch mit einer ambulanten Leistung einverstanden zu sein.
Mit Bescheid vom 5. Mai 2006 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Niederbayern-Oberpfalz eine stationäre Leistung zur
medizinischen Rehabilitation in der psychosomatischen Klinik Bad N ... Die Aufnahme sollte am 7. Juni 2006 erfolgen. Dagegen
erhob die Klägerin Widerspruch und trug unter Vorlage eines nervenärztlichen Attests von Dr. P. vor, sie könne aufgrund ihrer
persönlichen Situation derzeit keine stationäre Rehabilitationsmaßnahme antreten, da sie ihren Enkel, ihre schwer depressive
Tochter und die demenzkranke Mutter betreuen müsse. Sie bitte daher ihr eine ambulante Reha-Maßnahme zu ermöglichen. Nach
Auffassung von Dr. P. sei eine ambulante Reha-Maßnahme sinnvoll, um die Patientin derzeit nicht aus ihrem gewohnten sozialen
Umfeld zu entfernen.
Die Deutsche Rentenversicherung teilte der Klägerin im Schreiben vom 1. Juni 2006 mit, aus ärztlicher Sicht sei eine ambulante
Reha-Maßnahme nicht sinnvoll, sie möge innerhalb von 14 Tagen mitteilen, ob sie an der Heilbehandlung noch interessiert sei.
Mit Schreiben vom 9. Juni 2006 hörte die Beklagte die Klägerin zu der von ihr beabsichtigten Beendigung der Krankengeldzahlung
zum 30. Juni 2006 an, da die Klägerin die RehaMaßnahme nicht angetreten habe und somit ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen
sei. Die Klägerin teilte daraufhin der Beklagten mit, dass sie weiterhin größtes Interesse an einer Heilbehandlung habe, wies
aber auf ihren Widerspruch gegenüber dem Rentenversicherungsträger hin. Sie teilte weiter mit, dass derzeit aus gesundheitlichen
Gründen für sie lediglich eine ambulante Maßnahme infrage komme, was auch der behandelnde Arzt bestätige. Außerdem habe sich
zwischenzeitlich der Gesundheitszustand ihrer Tochter dramatisch verschlechtert, deren behandelnder Arzt habe ihr deshalb
mitgeteilt, dass die Unterstützung und Betreuung der Tochter durch sie erforderlich sei. Eine ärztliche Bescheinigung des
behandelnden Arztes der Tochter fügte sie den Schriftverkehr ebenso bei wie das Attest ihres behandelnden Arztes und ihren
Schriftwechsel mit der Deutschen Rentenversicherung.
In einem Telefongespräch am 26. Juni 2006 gab der Rentenversicherungsträger der Beklagten bekannt, dass beabsichtigt sei,
den Bewilligungsbescheid aufzuheben, wenn die Klägerin die Maßnahme nicht Anfang Juli antrete, ein Widerspruchsbescheid werde
nicht gesondert ergehen.
Die Klägerin informierte mit Schreiben vom 6. Juli 2006 die Deutsche Rentenversicherung Niederbayern-Oberpfalz, sie habe keineswegs
auf die bewilligte Leistung verzichtet, sie habe nur gebeten, statt der stationären eine ambulante Maßnahme durchzuführen.
Von diesem Schreiben gab sie auch der Beklagten Kenntnis.
Die Deutsche Rentenversicherung Niederbayern-Oberpfalz teilte der Klägerin mit Schreiben vom 26. Juli 2006 mit, dass eine
ambulante Maßnahme nach Aussage des Sozialärztlichen Dienstes nicht erfolgversprechend sei. Aufgrund der telefonischen Mitteilung,
das bewilligte stationäre Verfahren in Bad N. nicht anzutreten, sei der Bewilligungsbescheid aufgehoben worden. Sollte sie
nicht auf das stationäre Heilverfahren verzichten, werde um Mitteilung gebeten, ansonsten werde der Vorgang als abgeschlossen
betrachtet.
Bei der Beklagten legte die Klägerin Widerspruch gegen die Entscheidung vom 26. Juni 2006 ein und wiederholte ihr Vorbringen,
dass mit dieser Entscheidung ihren berechtigten Interessen in keinster Weise Rechnung getragen werde. Sie habe zur Wiedererlangung
ihrer Gesundheit nach Kräften beigetragen, so dass ihr fehlende Mitwirkung nicht vor-gehalten werden könne. Der Gedanke, ihr
gewohntes Umfeld für die stationäre Maßnahme zu verlassen, führe zu schweren Schuldgefühlen und damit zu einer Verschlechterung
ihres psychischen Zustands.
Die Beklagte teilte mit Bescheid vom 14. Juli 2006 mit, die Krankengeldzahlung wegen des nicht angetretenen Heilverfahrens
mit dem 14. Juli 2006 einzustellen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Widerspruch der Klägerin vom 21. Juli 2006. Sie trug vor, dass ihre Einwände bisher
nicht berücksichtigt worden seien und sie bereits drei Widersprüche eingelegt habe. Sie beantragte, ihr eine ambulante Maßnahme
zuteil werden zu lassen und die Entscheidung bezüglich des Krankengelds aufzuheben.
Mit Schreiben vom 10. August 2006 wies die Beklagte die Klägerin daraufhin, dass aufgrund der Einstellung des Krankengelds
die Mitgliedschaft zum 14. Juli 2006 geendet habe und angeboten werde die Mitgliedschaft im Rahmen einer freiwilligen Versicherung
fortzuführen. Dr. P. bestätigte gegenüber der Beklagten die weitere Arbeitsunfähigkeit.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 29. August 2006 den Widerspruch zurück mit der Begründung, dass für die bestehende
erhebliche Minderung oder Gefährdung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin eine stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahme
nötig sei um eine Besserung herbeizuführen. Wegen der Schwere und Dauer der Erkrankung sei eine stationäre Maßnahme erforderlich,
diese habe der Rentenversicherungsträger auch für fünf Wochen genehmigt. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin sei es nicht
sinnvoll, eine ambulante Maßnahme durchzuführen, denn im Gegensatz zur Klägerin sehe der Medizinische Dienst gerade die Herausnahme
aus dem bisherigen Umfeld als wichtig an. Die Klägerin selbst habe wiederholt private Gründe angeführt, die gegen eine stationäre
Maßnahme sprächen. In Abwägung zwischen den Interessen der Versichertengemeinschaft und der Versicherten sei daher eine Versagung
des Krankengelds bis zur Nachholung der Mitwirkung ermessensfehlerfrei erfolgt.
Dagegen richtet sich die zum Sozialgericht Regensburg am 4. September 2006 erhobene Klage, zu deren Begründung die Klägerin
auf die abweichende Meinung ihrer behandelnden Ärzte hinwies, dass auch eine ambulante Maßnahme ausreiche und eine stationäre
Kur aus sozialen Gründen derzeit nicht zumutbar sei.
Soweit die Klägerin auch die Rückzahlung der Beiträge zur freiwilligen Versicherung gefordert hat, wurde dies als eigenes
Klageverfahren angesehen. Diese Klage wurde von der Klägerin mit Schreiben vom 6. Oktober 2006 zurückgenommen.
Das Sozialgericht zog die Akte der Deutschen Rentenversicherung Niederbayern-Oberpfalz bei. Den von der Klägerin gestellten
neurlichen Antrag auf ambulante Reha-Maßnahme vom 20. November 2006 lehnte der Rentenversicherungsträger mit Bescheid vom
27. November 2006 ab mit der Begründung, die Voraussetzungen seien nicht erfüllt, da eine Krankenhausbehandlung angezeigt
sei.
Die Beklagte legte eine Bescheinigung von Dr. P. vom 14. Dezember 2006 vor, worin dieser bestätigte, dass die Klägerin vom
14. Juli bis 13. Dezember 2006 arbeitsunfähig erkrankt war. Nach Mitteilung der Beklagten wurde von der Klägerin am 2. Januar
2007 die Beschäftigung im Bezirksklinikum wieder aufgenommen.
Nach Hinweis an die Beteiligten wies das Sozialgericht Regensburg mit Gerichtsbescheid vom 23. Juli 2008 die Klage ab. Zur
Begründung stellte das Sozialgericht darauf ab, dass nach der Entscheidung des Medizinischen Dienstes der Rentenversicherung
eine mindestens 5-wöchige Rehabilitationsmaßnahme in einer psychosomatischen Klinik notwendig sei. Gemäß §
63 SGB I solle sich der Versicherte auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers einer Heilbehandlung unterziehen, wenn zu erwarten
sei, dass sie eine Besserung des Gesundheitszustandes herbeiführe. Dieser ärztlich festgestellten Notwendigkeit einer stationären
Maßnahme habe sich die Klägerin verweigert, als sie das Heilverfahren nicht angetreten habe, so dass die Beklagte unter Ausübung
ihres Ermessens zu Recht das Krankengeld versagt habe.
Mit der Berufung vom 18. August 2008 wendet sich die Klägerin gegen diese Entscheidung und verwies darauf, dass sie weiterhin
der Überzeugung sei, aus berechtigten Gründen die gewährte stationäre Rehabilitationsmaßnahme nicht angetreten zu haben, da
die ambulante Maßnahme ausreichend gewesen sei. Daher habe sie ihre Mitwirkungspflicht nicht verletzt. Besonders die Erkrankung
ihrer Tochter erforderte, dass sie sich um ihr Enkelkind kümmerte und daher zum damaligen Zeitpunkt die Reha-Maßnahme an einem
weit entfernten Ort nicht antreten konnte. Ihre Auffassung sei auch bestätigt durch das Attest ihres behandelnden Arztes Dr.
P ... Da sie aus berechtigten Gründen die Maßnahme nicht angetreten habe, sei die Entscheidung, ihr wegen fehlender Mitwirkung
das Krankengeld zu versagen, rechtswidrig.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 23. Juli 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Juli 2006 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Krankengeld
für die Zeit vom 14. Juli 2006 bis 2. Januar 2007 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass keine neuen Tatsachen vorgetragen seien, die geeignet wären, Zweifel an der Richtigkeit des Gerichtsbescheid
des Sozialgerichts Regensburg aufkommen zu lassen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten der Beklagten, des Sozialgerichts Regensburg und des Bayerischen
Landessozialgerichts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Entscheidung konnte gemäß §
153 Abs.
5 SGG durch die Berichterstatterin zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern ergehen, da der Senat mit Beschluss vom 10. Februar
2009 die Berufung der Berichterstatterin übertragen hatte.
Nach §
44 Abs.
1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse
stationär in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung (§ 23 Abs. 4, §§ 24, 40 Abs. 2 und § 41) behandelt
werden.
Diesen Anspruch hat die zum Zeitpunkt der Versagung am 14. Juli 2006 unstreitig arbeitsunfähige Klägerin auch nicht aufgrund
fehlender Mitwirkung nach §§
63,
65,
66 SGB I verloren, so dass die Beklagte nach Auffassung des Senats nicht berechtigt war, der Klägerin ab 14. Juli 2006 die weitere
Zahlung des Krankengelds zu versagen.
§
63 SGB I bestimmt: "Wer wegen Krankheit oder Behinderung Sozialleistungen beantragt oder erhält, soll sich auf Verlangen des zuständigen
Leistungsträgers einer Heilbehandlung unterziehen, wenn zu erwarten ist, dass sie eine Besserung seines Gesundheitszustandes
herbeiführen oder eine Verschlechterung verhindern wird."
Die Grenzen der Mitwirkung sind dabei in §
65 SGB I normiert, der bestimmt: "die Mitwirkungspflichten nach den §§
60 bis
64 bestehen nicht, soweit
1. ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistungen oder ihrer Erstattung
steht oder
2. ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder
3. der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen
Kenntnisse selbst beschaffen kann."
Nach Abs. 2 können "Behandlungen und Untersuchungen,
1. bei denen im Einzelfall ein Schaden für Leben oder Gesundheit nicht mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden
kann,
2. die mit erheblichen Schmerzen verbunden sind oder,
3. die einen erheblichen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit bedeuten,"
abgelehnt werden.
Unzweifelhaft liegen die Grenzen der Mitwirkungen des §
65 Abs.
2 SGB I bei der Klägerin nicht vor. Nach Auffassung des Senats konnte sie jedoch aus einem wichtigen Grund die Inanspruchnahme des
stationären Heilverfahrens zu diesem Zeitpunkt ablehnen. Nach Auffassung des Senats ist dabei vor allem zu berücksichtigen,
dass der Rentenversicherungsträger bereits in seinen Formularen für die Antragstellung vermerkt, dass anstatt stationärer
Reha-Maßnahmen auch ambulante in Betracht kommen können. Die Klägerin hatte sich bereits bei dieser Antragstellung dafür ausgesprochen,
bei ihr eine ambulante Reha-Maßnahme durchzuführen. Sie hat dann gegenüber dem Rentenversicherungsträger, und davon hatte
die Beklagte jeweils unmittelbar Kenntnis erlangt, gegen die Entscheidung, ihr eine stationäre Maßnahme zu bewilligen, Widerspruch
eingelegt. Diesen Widerspruch hat sie nicht zuletzt durch Vorlage eines Attestes ihres behandelnden Arztes begründet. Bei
dieser Begründung handelte es sich nicht ausschließlich um persönliche Gründe, vielmehr hat die Klägerin, belegt durch das
Attest ihres Arztes, dargelegt, dass die örtliche Trennung von ihrer Familie zu gesundheitlichen Einschränkungen im Sinne
von schweren Schuldgefühlen führen würde. Berücksichtigt man nun, dass die Klägerin an einer schweren depressiven Reaktion
erkrankt war, die im Zusammenhang mit dem Tod ihres Ehepartners einige Wochen vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit steht, und
die von ihr genannten und auch belegten Gründe darin bestehen, dass ihre Tochter akut schwer an einer Psychose erkrankt war
und wie deren behandelnder Arzt bestätigt hat, auf die Unterstützung der Mutter angewiesen war, so wäre es erforderlich gewesen,
auf diese Begründung einzugehen und darzulegen, warum trotz dieser geschilderten besonderen Umstände, die stationäre Maßnahme
sofort durchzuführen sei. Von Seiten des Rentenversicherungsträgers auf dessen Entscheidung sich auch die Beklagte gestützt
hat, ist hingegen auf diese Begründung der Widersprüche der Klägerin nicht eingegangen worden, vielmehr wurde trotz des Widerspruchs
gegen die aufhebende Entscheidung vom Rentenversicherungsträger kein förmliches Widerspruchsverfahren durchgeführt. Ein Vorgehen
das verfahrensrechtlich zu beanstanden ist, denn der Versicherte hat gegen förmliche Entscheidungen im Sinne eines Verwaltungsakts
und um einen solchen handelt es sich bei der Aufhebung eines Bewilligungsbescheides, wohl unstreitig, ein Widerspruchsrecht,
da nur so gewährleistet ist, dass eine sozialgerichtlich nachprüfbare Entscheidung ergehen kann. Der Beklagten war bekannt,
dass der Versicherungsträger kein Widerspruchsverfahren durchführen wird, trotzdem hat sie ohne weitere eigene Ermittlungen
die Entscheidung des Rentenversicherungsträgers, dass nur eine stationäre Maßnahme geeignet sei, übernommen und ihrer eigenen
Entscheidung zugrunde gelegt, ohne dazu gegebenenfalls ihren eigenen ärztlichen Dienst nochmals zu hören. Gerade die wiederholt
vorgebrachte und durch die ärztlichen Atteste belegte andere Auffassung des behandelnden Nervenarztes, hätte Anlass gegeben,
sich mit den vorgebrachten Argumenten der Klägerin auseinander zusetzen und das Vorliegen eines triftigen Grundes zu überprüfen.
Auch wenn im Vortrag der Klägerin Argumente enthalten waren die keine Berücksichtigung finden können, wie zum Beispiel die
Versorgung ihrer Katzen und die Grabpflege, so rechtfertigte dies nicht, das Argument der Betreuung der aktuell schwer erkrankten
Tochter und des zweijährigen Enkels ungeprüft zu lassen.
Es hätte bei dieser Sachlage auch nahe gelegen, nicht zuletzt im Hinblick auf das mit der Einstellung des Krankengelds verbundene
Ende der Mitgliedschaft, eine Beratung der Klägerin dahingehend durchzuführen, dass möglicherweise nach Besserung des Gesundheitszustandes
der Tochter, das stationäre Heilverfahren begonnen wird. Gerade der weitere Verlauf der Erkrankung der Klägerin mit Wiederaufnahme
der Tätigkeit im Januar 2007 zeigt, dass auch ohne ein Heilverfahren eine Besserung eingetreten ist. Durch diesen tatsächlichen
Ablauf ist auch die weitere Entscheidung des Rentenversicherungsträgers vom November 2006, dass eine Heilbehandlung nicht
ausreichend sei, sondern stationäre Krankenhausbehandlung erforderlich sei, wenig plausibel bzw. nicht nachvollziehbar.
Dabei verkennt der Senat auch nicht, dass grundsätzlich ein Auswahlermessen des Leistungsträgers bezüglich der Heilmaßnahme
besteht und damit auch Einschränkungen für den Versicherten verbunden sind. Trotzdem ist bei den allgemeinen Grenzen der Mitwirkungspflicht
nach §
65 Abs.
1 SGB I die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinn zu berücksichtigen, d.h. die mit der Mitwirkungshandlung verbundenen Nachteile dürfen
insgesamt die Vorteile nicht überwiegen. Dabei ist eine Abwägung erforderlich, in die sämtliche Interessen des Leistungsberechtigten
eingebracht, gewichtet und untereinander sowie gegeneinander abgewogen werden müssen. Nach der Rechtsprechung des BSG ist
die dabei vorzunehmende Bewertung, der mit einer Mitwirkungshandlung verbundenen Vor- und Nachteile nicht nur nach objektiven
Maßstäben - gleichsam aus der Vorstellung eines "normalen" Menschen -, sondern auch nach der (subjektiven) Bewertung des Betroffenen
selbst vorzunehmen (vgl. Seewald, Kasseler Kommentar §
65 SGB I Rn. 8).
Neben der Verhältnismäßigkeit ist auch die Zumutbarkeit als Unterfall der Verhältnismäßigkeit zu betrachten. Als wichtiger
Grund sind demnach sämtliche die Willensbildung bestimmenden Umstände zu verstehen, welche als Motive die Weigerung des Leistungsberechtigten
entschuldigen und als berechtigt erscheinen lassen können. Maßgeblich ist also, welche Auffassung der Betroffene billigerweise
vertreten darf, dabei können die Gründe in seiner Person aber auch in seiner Umwelt, seinen Familienverhältnissen und auch
im Inhalt der Anordnung liegen (Seewald aaO. Rn. 9, 10).
Wie dargestellt sieht der Senat diese Gründe der Verhältnismäßigkeit verletzt, da die Klägerin aus wichtigem Grund, nämlich
unter Berücksichtigung ihrer derzeitigen Familienverhältnisse sich nicht grundsätzlich der Reha-Behandlung widersetzt hat,
sondern nur der Durchführung einer stationären Maßnahme zu diesem Zeitpunkt. Damit hätte sowohl aus der Sicht des Rentenversicherungsträgers,
aber auch aus Sicht der Beklagten eventuell auch nach Rücksprache mit den behandelnden Ärzten geprüft werden müssen, ob zu
einem späteren Zeitpunkt eine stationäre Maßnahme zumutbar hätte durchgeführt werden können.
Da der Senat zum Ergebnis gelangt, dass die Klägerin aus einem triftigen Grund die Durchführung der Maßnahme zu diesem Zeitpunkt
abgelehnt hat, war es nicht gerechtfertigt, das Krankengeld zum 14. Juli 2006 gemäß §
66 SGB I auf Dauer zu versagen.
In Hinblick auf die vom behandelnden Arzt bestätigte dauerhafte Arbeitsunfähigkeit der Klägerin war ihr deshalb unter Aufhebung
des Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Regensburg vom 23. Juli 2008 sowie des Bescheides der Beklagten vom 14. Juli 2006
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. August 2006 Krankengeld für die Zeit vom 14. Juli 2006 bis 2. Januar 2007
zuzusprechen.
Die Kostenentscheidung entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits, in dem die Klägerin in vollem Umfang obsiegt hat.
Gründe, gemäß §
160 Abs.
2 Ziff. 1 und 2
SGG die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.