SGB-II-Leistungen
Mehrbedarf für dezentrale Warmwassererzeugung
Abweichender Bedarf
Zweck der Pauschalierung
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von dem Beklagten einen Mehrbedarf für dezentrale Warmwassererzeugung von weiteren 20,48 Euro monatlich
für die Zeit von Januar 2012 bis Dezember 2012, von weiteren 24,51 Euro monatlich für die Zeit von Januar 2013 bis Dezember
2013 und von weiteren 24,31 Euro für Januar 2014.
Der im März 1978 geborene Kläger bewohnt seit 1. Dezember 2009 eine 33,52 m² große mit Ofenheizung ausgestattete Wohnung,
für die Warmwasser dezentral über einen Boiler im Bad und einen Durchlauferhitzer in der Küche ohne separate Verbrauchserfassung
des dafür benötigten Stroms erzeugt wird, mit einer Gesamtmiete von 211,84 Euro monatlich (150,84 Euro Kaltmiete und 61 Euro
Betriebskostenvorauszahlung).
Mit Bescheid vom 28. Juni 2011 hatte der Beklagte dem Kläger auf dessen Weiterbewilligungsantrag Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 1. August 2011 bis 31. Januar 2012 in Höhe von 575,84 Euro monatlich (364 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts
und 211,84 Euro für Unterkunft und Heizung) bewilligt.
Auf den im Juli 2011 gestellten Antrag auf Gewährung eines Mehrbedarfs wegen dezentraler Warmwasserversorgung hatte der Beklagte
den Änderungsbescheid vom 16. August 2011 erteilt, mit dem er Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. August 2011 bis 31. Januar 2012, dabei ab 1. September 2011 in Höhe von 583,84 Euro monatlich (364 Euro
zur Sicherung des Lebensunterhalts, 8 Euro Mehrbedarf und 211,84 Euro für Unterkunft und Heizung) festgesetzt hatte.
Mit weiterem Änderungsbescheid vom 26. November 2011 hatte der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis 31. Januar 2012 in Höhe von 593,84 Euro (374 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts,
8 Euro Mehrbedarf und 211,84 Euro für Unterkunft und Heizung) bewilligt.
Mit Änderungsbescheid vom 13. Dezember 2011 hatte der Beklagte die Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis 31. Januar 2012 auf 594,44 Euro (374 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts, 8,60 Euro
Mehrbedarf und 211,84 Euro für Unterkunft und Heizung) festgesetzt.
Mit Bescheid vom 10. Januar 2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 28. Februar 2012 hatte der Beklagte dem Kläger
Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Februar 2012 bis 31. Juli 2012 ebenfalls in Höhe von 594,44 Euro monatlich gewährt.
Mit Bescheid vom 21. Juni 2012 hatte der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. August 2012 bis 31. August 2012 in Höhe von 579,85 Euro (374 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts,
8,60 Euro Mehrbedarf und 197,25 Euro) und für die Zeit vom 1. September 2012 bis 31. Januar 2013 in Höhe von 594,44 Euro monatlich
(374 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts, 8,60 Euro Mehrbedarf und 211,84 Euro) gewährt.
Mit Änderungsbescheid vom 9. August 2012 hatte der Beklagte die Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. August 2012 bis 31. August 2012 auf 1.114,45 Euro (374 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts, 8,60
Euro Mehrbedarf und 731,85 Euro für Unterkunft und Heizung) festgesetzt.
Mit weiterem Änderungsbescheid vom 24. November 2012 hatte der Beklagte die Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis 31. Januar 2013 auf 602,63 Euro (382 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts, 8,79 Euro
Mehrbedarf und 211,84 Euro für Unterkunft und Heizung) festgesetzt.
Mit Bescheid vom 10. Januar 2013 hatte der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Februar 2013 bis 31. Juli 2013 erneut in Höhe von 602,63 Euro monatlich gewährt.
Mit Änderungsbescheid vom 11. März 2013 hatte der Beklagte die Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. März 2013 bis 31. März 2013 auf 758,20 Euro (382 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts, 8,79 Euro Mehrbedarf
und 367,41 Euro für Unterkunft und Heizung) festgesetzt.
Mit Änderungsbescheid vom 18. Juni 2013 hatte der Beklagte die Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Juli 2013 bis 31. Juli 2013 auf 657,32 Euro (382 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts, 8,79 Euro und
266,53 Euro für Unterkunft und Heizung) festgesetzt.
Am 8. Juli 2013 beantragte der Kläger, ihm weitere Stromkosten zur Warmwasserzubereitung für die Jahre 2011, 2012 und 2013
zu gewähren, da die bewilligten Mehrbedarfssätze nicht bedarfsdeckend seien. Er fügte zwei in seinem Namen gestellte Anträge
der Gemeinnützigen Gesellschaft für Verbraucher- und Sozialberatung mbH (GVS) vom 1. Juli 2013 bei.
Auf seinen Antrag auf Weiterbewilligung vom 13. Juni 2013 gewährte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 17. Juli 2013
Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. August 2013 bis 31. Januar 2014 in Höhe von 610,63 Euro monatlich (382 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts,
8,79 Euro Mehrbedarf und 219,84 Euro für Unterkunft und Heizung).
Mit Änderungsbescheid vom 12. August 2013 setzte der Beklagte die Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. August 2013 bis 31. August 2013 auf 1.148,53 Euro (382 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts, 8,79
Euro Mehrbedarf und 757,74 Euro für Unterkunft und Heizung) fest.
Mit Bescheid vom 13. September 2013 lehnte der Beklagte den Antrag vom 1. Juli 2013 auf Übernahme weiterer Kosten für die
dezentrale Warmwasserversorgung ab: Abweichungen vom pauschalierten Mehrbedarf seien nur zulässig, soweit in begründeten Einzelfällen
ein nachgewiesener höherer Bedarf bestehe. Hierzu sei eine separate Abrechnung der Stromkosten, die für den Wasserboiler anfielen,
nachzuweisen.
Mit dem dagegen am 26. September 2013 eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts
(BVerfG) vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09 u. a. seien alle existenznotwendigen Aufwendungen in transparenten und sachgerechten Verfahren realitätsgerecht zu bemessen.
Bezüglich des Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 7 SGB II sei dies nicht geschehen. Die Höhe des Mehrbedarfs sei somit verfassungswidrig ermittelt.
Mit Änderungsbescheid vom 30. September 2013 setzte der Beklagte die Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. November 2013 bis 31. Januar 2014 auf 633,26 Euro monatlich (382 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts,
8,79 Euro Mehrbedarf und 242,47 Euro für Unterkunft und Heizung) fest.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 2013 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 13. September 2013
aus den in diesem Bescheid genannten Gründen zurück.
Dagegen hat der Kläger am 6. November 2013 Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben.
Mit Änderungsbescheid vom 23. November 2013 setzte der Beklagte die Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Januar 2014 bis 31. Januar 2014 auf 642,46 Euro (391 Euro zur Sicherung des Lebensunterhalts, 8,99 Euro
Mehrbedarf und 242,47 Euro für Unterkunft und Heizung) fest.
Der Kläger ist der Ansicht gewesen, ihm stehe ein Mehrbedarf für Warmwasserversorgung von insgesamt 29,08 Euro monatlich für
die Zeit von Januar 2012 bis Dezember 2012 und von 33,30 Euro für die Zeit von Januar 2013 bis Januar 2014 zu. Nach einer
Studie zum Stromverbrauch für Einpersonenhaushalte betrage der Durchschnittsverbrauch 1.798 kWh jährlich ohne elektrische
Warmwasseraufbereitung und 2818 kWh jährlich mit elektrischer Warmwasseraufbereitung. Es bestehe also eine Differenz von 1.020
kWh. Dies bedeute bei einem Strompreis wie dem des Klägers in Höhe von 0,2775 Euro/kWh Kosten für Warmwasser in Höhe von 283,05
Euro jährlich, also von 23,59 Euro monatlich. Damit sei die gewährte Warmwasserpauschale nicht bedarfsdeckend und realitätsgerecht.
Die Schwankungen im Stromverbrauch des Klägers im Zeitraum Februar 2010 bis Februar 2013 ergäben sich aus der Tatsache, dass
der Kläger im ersten Abrechnungszeitraum (bis Februar 2011) durch seine infolge eines im Jahr 2009 erlittenen Schädelhirntraumas
eingetretene langfristige Arbeitsunfähigkeit häufig abwesend gewesen sei. Der wiederum niedrige Verbrauch im dritten Abrechnungsabschnitt
(ab Februar 2012) ergebe sich aus der Tatsache, dass sich der Kläger aufgrund des hohen Vorjahresverbrauchs über Gebühr in
seinem Verbrauchsverhalten eingeschränkt habe. Im Vergleich zum Durchlauferhitzer stelle die Erwärmung des Wassers mittels
Boilers die teurere Aufbereitungsart dar, da auch Wasser erwärmt werde, das nicht benötigt werde. Der Bescheid vom 13. September
2013 tenoriere keinen Ablehnungszeitraum, so dass damit die Jahre 2012 und 2013 und fortan beschieden worden seien. Streitgegenständlicher
Zeitraum sei auch der von August 2013 bis Januar 2014, da der Beklagte mit den Bescheiden vom 17. Juli 2013 und vom 12. August
2013 zum (weiteren) Mehrbedarf nicht entschieden habe. Dem Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. März 2014 - S 205 AS 11970/13, wonach die Pauschalen nicht verfassungswidrig ermittelt worden seien, sei nicht zu folgen.
Der Kläger hat einen Auszug aus der genannten Studie, die Abrechnung der Stromkosten vom 8. März 2011 (für die Zeit von Februar
2010 bis Februar 2011 mit einem Verbrauch von 1607 kWh und einem Verbrauchspreis von 22,56 Cent/kWh), vom 19. Februar 2012
(für die Zeit von Februar 2011 bis Februar 2012 mit einem Verbrauch von 4055 kWh und einem Verbrauchspreis von 24,23 Cent/kWh),
vom 22. Februar 2013 (für die Zeit von Februar 2012 bis Februar 2013 mit einem Verbrauch von 1675 kWh und einem Verbrauchspreis
von 27,75 Cent/kWh) und vom 16. Februar 2014 (für die Zeit von Februar 2013 bis Februar 2014 mit einem Verbrauch von 2586
kWh und einem Verbrauchspreis von 27,75 Cent/kWh), Fotografien der Typenschilder der Warmwasseraufbereitungsgeräte und mehrere
Betriebskostenabrechnungen vorgelegt.
Der Beklagte hat darauf hingewiesen, dass der Verbrauch des Klägers mit 1607 kWh bzw. 1675 kWh einem durchschnittlichen Verbrauch
eines Einpersonenhaushaltes (ohne Durchlauferhitzer), welcher laut beigefügter Recherche im Internet (strompreisentwicklung.net
und die-stromsparinitiative.de) jährlich bei 1600 bis 1750 kWh liege, entspreche. Mit Durchlauferhitzer liege dieser Wert
etwa 1000 kWh höher. Angesichts des tatsächlichen Verbrauchs des Klägers habe dieser gerade keine höheren Kosten nachgewiesen.
Mit Urteil vom 10. September 2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen: Der Kläger erfülle die Grundvoraussetzungen
des § 7 SGB II für Leistungen der Grundsicherung. Die Klage sei auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit des gewährten Regelbedarfs inklusive
Mehrbedarf beschränkt, da dies einen abtrennbaren Streitgegenstand darstelle und der Kläger in seinem Überprüfungsantrag auch
nur die Überprüfung dieses Gegenstandes begehrt habe. Bei der Bestimmung des Anspruchs des Klägers habe der Beklagte die Bedarfe
im Jahr 2012 in Höhe von 374 Euro Regelbedarf und 8,60 Euro Mehrbedarf Warmwasser, im Jahr 2013 mit 382 Euro Regelbedarf und
8,79 Euro Mehrbedarf Warmwasser sowie im Jahr 2014 mit 391 Euro Regelbedarf und 8,99 Euro Mehrbedarf Warmwasser zutreffend
ermittelt. Die Voraussetzungen für eine Anerkennung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 7 SGB II seien gegeben, da beim Kläger die Warmwasserversorgung dezentral mittels Wasserboiler und Durchlauferhitzer erfolge. Ein
im Einzelfall abweichender Bedarf sei nicht gegeben, denn ein solcher lasse sich mangels konkreter Erfassung des Aufwandes
für die dezentrale Warmwasserversorgung nicht feststellen. Die objektive Feststellungslast treffe insoweit den Kläger. Der
tatsächliche Bedarf an Kosten für die Erwärmung des Warmwassers sei beim Kläger rückwirkend nicht mehr ermittelbar. Dem Wortlaut
des § 21 Abs. 7 SGB II würde es widersprechen, ein Berechnungsmodell zugrunde zu legen, welches nicht den Einzelfall widerspiegele, sondern pauschalierte
Beträge berücksichtige. Der Ansatz des Klägers, die Kosten anhand eines durchschnittlichen Verbrauchs von 10 Minuten am Tag
unter Zugrundelegung der technischen Grundwerte der konkret vorhandenen Geräte und des Stromtarifs des Klägers zu ermitteln,
könne daher nicht überzeugen. Er verkenne, dass es sich bereits bei der Angabe des durchschnittlichen Verbrauchs nicht um
einen tatsächlich ermittelten Wert, sondern nur um einen Schätzwert handele. Erkenntnisse zum Umfang des erwärmten Warmwassers
ließen sich auch nicht aus den Betriebskostenabrechnungen entnehmen, da in diesen der Bezug von Wasser nicht nach dem tatsächlichen
Verbrauch des Klägers abgerechnet, sondern der Verbrauch der gesamten Wohnanlage nach Wohnungsgröße aufgeteilt werde. Auch
die Stromabrechnungen selbst seien hierfür nicht ergiebig, da diese in den einzelnen Jahren stark voneinander abwichen und
keine Auskunft über den tatsächlichen Stromverbrauch konkret für die Warmwassererwärmung gäben. Jedenfalls bezogen auf den
Abrechnungszeitraum Februar 2012 bis Februar 2013 lasse sich bei einem Verbrauch von 1675 kWh jährlich kein erhöhter Verbrauch
feststellen. Die Kosten ließen sich auch nicht dadurch herleiten, dass die Differenz zwischen den in dem Regelsatz enthaltenen
Stromkosten und den insgesamt angefallenen Stromkosten ermittelt werde und aus der Differenz der Mehrbedarf für dezentrale
Warmwassererzeugung abgeleitet werde. Es sei schon nicht feststellbar, ob der Kläger ohne die Kosten der dezentralen Warmwasserversorgung
für den allgemeinen Haushaltsstrom genau diejenigen Stromkosten aufwenden müsse, die im Regelbedarf enthalten seien. Schließlich
spreche gegen die Berücksichtigung pauschal ermittelter Werte auch der Sinn und Zweck der Vorschrift, denn es handele sich
gerade um einen typisierten Mehrbedarf. Ein abweichender Bedarf müsse sich also konkret feststellen lassen. Die im Gesetz
festgelegten Pauschalen für den Mehrbedarf seien auch nicht als gesetzlich normierte Angemessenheitsgrenzen zu verstehen,
sondern dienten der Verwaltungsvereinfachung. Die Kammer habe sich auch nicht von der Verfassungswidrigkeit der Höhe der Mehrbedarfspauschalen
überzeugen können. Zwar gehörten auch die Kosten der Warmwassererwärmung zum verfassungsrechtlich verbürgten Existenzminimum
und seien deshalb in einem sachgerechten und transparenten Verfahren zu ermitteln. Soweit der Kläger kritisiere, dass die
Höhe des Mehrbedarfs auf einer 20 Jahren alten Empfehlung beruhe, sei dem entgegenzuhalten, dass sich allein aus einem möglicherweise
nicht sachgerechten Verfahren kein höherer Anspruch ergebe, zumal der Gesetzgeber die Richtigkeit der zugrunde gelegten "veralteten"
Daten mithilfe aktueller Daten bestätigt habe. Demnach verbrauche ein Haushalt der Referenzgruppen mit dezentraler Warmwassererzeugung
ca. 500 kWh im Monat mehr an Energie. Auch könne es für die Frage, ob die Pauschalen in der Höhe evident unzureichend bemessen
seien, nicht auf den konkreten Stromtarif des Klägers bei der Bestimmung ankommen, da es dem Kläger angesichts des liberalisierten
Strommarktes freistehe, in einen der vorhandenen günstigeren Tarife bei einem anderen Stromunternehmen zu wechseln.
Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 9. Oktober 2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 29. Oktober 2015 eingelegte
Berufung des Klägers.
Er trägt vor: Es könne zwar nicht der Verbrauch für die Warmwasseraufbereitung durch eine technische Vorrichtung ermittelt
werden. Ungeachtet dessen ließen sich die Kosten des Warmwasserverbrauchs näherungsweise auch anders ermitteln. Der Energieverbrauch
für die Warmwasseraufbereitung durchschnittlicher Einpersonenhaushalte liege zwischen 870 und 1100 kWh jährlich. Der Verbrauch
im Fall des Klägers sei eher mit einer Gasetagenheizung zu vergleichen, da kein Durchlauferhitzer, sondern ein Boiler vorliege.
Demnach ergäben sich hieraus jährliche Kosten in Höhe von 25,44 Euro monatlich (1100 kWh x 0,2775 Euro : 12 Monate). Denkbar
sei auch eine anderweitige Berechnung. Es lasse sich ermitteln, wieviel Energie physikalisch benötigt werde, um den Inhalt
des Boilers zu erhitzen, nach folgender Formel: Q = m * c * dT. Ausgehend von einer Warmwassertemperatur von maximal 15 Grad
(ermittelt für den Postleitzahlenbereich des Klägers auf der Seite der Berliner Wasserbetriebe) werde für eine Aufladung auf
60 Grad benötigt: Q (Wassermenge in kJ) = 80 kg (Masse des Wassers) * 4,18 kJ/kg * K (spezifische Wärmekapazität des Wassers)
* 45 K (Temperaturunterschied) = 150.484 kJ = ca. 4,18 kWh. Bei einem Strompreis von 0,2775 Euro/kWh resultierten daraus Kosten
in Höhe von 1,16 Euro täglich und 34,80 Euro monatlich. Soweit diesen Ermittlungsmethoden nicht gefolgt werde, könne der Kläger
jedenfalls nicht auf die in § 21 Abs. 7 SGB II geregelten Pauschalen verwiesen werden, denn diese Pauschalen seien verfassungswidrig, da sie intransparent, nicht sachgerecht
ermittelt und so niedrig bemessen seien, dass eine sachlich nicht mehr gerechtfertigte Ungleichbehandlung mit Leistungsempfängern
mit zentraler Warmwasserversorgung vorliege. Die vom Gesetzgeber mutmaßlich bzw. vielleicht gewählte Methode sei ungeeignet,
da die Datenerhebung sowohl Haushalte mit als auch ohne dezentrale Warmwasseraufbereitung umfasst habe und keine Sonderauswertung
erfolgt sei. Es handele sich letztlich um eine mehr oder weniger grobe Schätzung. Der Bescheid vom 13. September 2013 sei
dahingehend auszulegen, dass der Beklagte alle zum Zeitpunkt seines Erlasses ergangenen Bescheide geprüft habe.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 10. September 2015 zu ändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom
13. September 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2013 zu verpflichten,
den Bewilligungsbescheid vom 28. Juni 2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 16. August 2011, 26. November 2011 und
13. Dezember 2011 für den Monat Januar 2012,
den Bewilligungsbescheid vom 10. Januar 2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 28. Februar 2012 für die Zeit vom
1. Februar 2012 bis 31. Juli 2012,
den Bewilligungsbescheid vom 21. Juni 2012 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 9. August 2012 und 24. November 2012
für die Zeit vom 1. August 2012 bis 31. Januar 2013,
den Bewilligungsbescheid vom 10. Januar 2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 11. März 2013 und 18. Juni 2013 für
die Zeit vom 1. Februar 2013 bis 31. Juli 2013,
den Bewilligungsbescheid vom 17. Juli 2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 12. August 2013, 30. September 2013 und
23. November 2013 für die Zeit vom 1. August 2013 bis 31. Januar 2014,
dahingehend zu ändern, dass dem Kläger weitere Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2012 in Höhe von monatlich weiteren 20,48 Euro, für die Zeit vom 1. Januar
2013 bis 31. Dezember 2013 in Höhe von monatlich weiteren 24,51 Euro und für Januar 2014 in Höhe von weiteren 24,31 Euro bewilligt
werden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des sonstigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt
der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten des Beklagten (...), der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 13. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 21. Oktober 2013 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte den Bescheid vom 28. Juni 2011
in der Fassung der Änderungsbescheide vom 16. August 2011, vom 26. November 2011 und vom 13. Dezember 2011, den Bescheid vom
10. Januar 2012 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 28. Februar 2012, den Bescheid vom 21. Juni 2012 in der Fassung
der Änderungsbescheide vom 9. August 2012 und vom 24. November 2012 und den Bescheid vom 10. Januar 2013 in der Fassung der
Änderungsbescheide vom 11. März 2013 und vom 18. Juni 2013 zurücknimmt. Die genannten Bescheide sind nicht rechtswidrig, denn
dem Kläger steht kein Mehrbedarf für dezentrale Warmwassererzeugung von weiteren 20,48 Euro monatlich für die Zeit vom 1.
Januar 2012 bis 31. Dezember 2012 und von weiteren 24,51 Euro monatlich für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis 31. Juli 2013
zu.
Die Klage ist hinsichtlich des Leistungszeitraums vom 1. August 2013 bis 31. Januar 2014 unzulässig, denn der Bescheid vom
13. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2013 hat zu diesem Leistungszeitraum keine Regelung
getroffen, so dass der Senat gehindert ist, inhaltlich über den insoweit erhobenen Anspruch zu entscheiden. Der Bescheid vom
17. Juli 2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 12. August 2013, vom 30. September 2013 und vom 23. November 2013
ist daher nicht zu überprüfen.
Nach §
54 Abs.
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) kann durch Klage die Aufhebung eines Verwaltungsaktes oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlass eines abgelehnten
oder unterlassenen Verwaltungsaktes begehrt werden. Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch
besteht, so kann nach §
54 Abs.
4 SGG mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsaktes gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
Diese Vorschriften regeln die Anfechtungsklage, die Anfechtungs- und Leistungsklage und die Verpflichtungsklage. Sie knüpfen
alle an das Erfordernis eines Verwaltungsaktes an.
Nach §
54 Abs.
5 SGG kann mit der Klage die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn
ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
An einem nach §
54 Abs.
1 Satz 1
SGG erforderlichen Verwaltungsakt mit einer Regelung für eine Zeit ab dem 1. August 2013 fehlt es im Bescheid vom 13. September
2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2013. Ein solcher Verwaltungsakt ist auch nicht nach §
54 Abs.
5 SGG entbehrlich, denn Hauptanwendungsfall hierfür ist der so genannte Beteiligtenstreit im Gleichordnungsverhältnis, wenn sich
die Beteiligten also nicht im Über-Unterordnungsverhältnis gegenüber stehen und deswegen eine Leistung nicht durch Verwaltungsakt
einseitig festgesetzt werden darf. Im Verhältnis zum leistungsbegehrenden Bürger ist die Verwaltung jedoch grundsätzlich befugt,
das Rechtsverhältnis einseitig zu regeln (vgl. dazu Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 11. Auflage, §
54 Rdnr. 41).
Mit Bescheid vom 13. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2013 hat der Beklagte ausgehend
von einem objektiven Empfängerhorizont keine Entscheidung für den Leistungszeitraum vom 1. August 2013 bis 31. Januar 2014
getroffen. Dem steht nicht entgegen, dass diese Bescheide nicht ohne weiteres erkennen lassen, auf welchen Leistungszeitraum
sich sein Regelungssatz erstreckt. Dieser Leistungszeitraum ergibt sich nämlich im Wege einer Auslegung nach Maßgabe eines
objektiven Empfängerhorizonts unter Berücksichtigung der Entscheidungen des Beklagten insgesamt.
Der Kläger stellte am 13. Juni 2013 einen Antrag auf Weiterbewilligung der Leistungen nach dem SGB II. Mit seinen beiden Anträgen vom 1. Juli 2013 beantragte er weiteren Mehrbedarf zum einen für 2012 und für Januar bis Juni
2013 sowie zum anderen laufend ab 1. Juli 2013.
Mit Bescheid vom 17. Juli 2013 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. August 2013 bis 31. Januar 2014 in Höhe von 610,63 Euro monatlich. Dabei berücksichtigte er einen Mehrbedarf
für dezentrale Warmwassererzeugung von nur 8,79 Euro monatlich.
Aus der Sicht eines verständigen Bescheidempfängers, der in Kenntnis der tatsächlichen Zusammenhänge den wirklichen Willen
der Behörde erkennen kann, ergibt sich daraus, dass höhere Leistungen, nämlich der mit dem Antrag vom 1. Juli 2013 beanspruchte
Mehrbedarf für dezentrale Warmwassererzeugung von 33,30 Euro monatlich, für diesen Leistungszeitraum abgelehnt wurden. Angesichts
dessen war aufgrund des Antrags vom 1. Juli 2013 lediglich noch eine Entscheidung hinsichtlich der vorliegend streitigen Leistungszeiträume
2012 und von Januar bis Juli 2013 zu treffen. Diese sich objektiv ergebende Sachlage stellte sich in derselben Weise einem
objektiven Bescheidempfänger dar. Im Hinblick darauf ergibt eine dies berücksichtigende Auslegung des nachfolgenden Bescheides
vom 13. September 2013, dass mit diesem Bescheid ausschließlich über die verbliebenen Leistungszeiträume entschieden wurde.
Weder hatte der Beklagte Veranlassung, nochmals zum Leistungszeitraum vom 1. August 2013 bis 31. Januar 2014 zu entscheiden,
noch bestand eine solche Notwendigkeit aus der Sicht des Klägers. Der Bescheid vom 13. September 2013 gibt im Übrigen ebenfalls
keinen Anhalt dafür, dass mit diesem Bescheid eine (wiederholende) Regelung getroffen werden sollte. Ausgehend von einem objektiven
Empfängerhorizont und mangels ausdrücklicher anderweitiger Regelung beschränkte sich mithin die Regelung im Bescheid vom 13.
September 2013 auf die Leistungszeiträume bis 31. Juli 2013. Traf der Beklagte jedoch für einen Leistungszeitraum über den
31. Juli 2013 hinaus keine Regelung, ist der Senat an einer inhaltlichen Entscheidung über den insoweit erhobenen Anspruch
auf einen weiteren Mehrbedarf für dezentrale Warmwassererzeugung gehindert.
Der Kläger legte gegen den Bescheid vom 17. Juli 2013 auch keinen Widerspruch ein, so dass dieser Bescheid nach §
77 SGG bindend wurde. Dies steht gleichfalls einer inhaltlichen Entscheidung über diesen Bescheid und somit über den Leistungszeitraum
vom 1. August 2013 bis 31. Januar 2014 entgegen.
Rechtsgrundlage für die Rücknahme der eingangs genannten Bescheide ist § 40 Abs. 1 SGB II i. V. m. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X.
Danach gilt für das Verfahren nach dem SGB II das SGB X, wobei abweichend § 44 Abs. 4 Satz 1 SGB X mit der Maßgabe gilt, dass anstelle des Zeitraums von vier Jahren ein Zeitraum von einem Jahr tritt.
§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X bestimmt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von
einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht
erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist,
mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Bescheid vom 13. September 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
21. Oktober 2013 ist rechtmäßig.
Dieser Bescheid erweckt zwar den Anschein, als könnte über einen weiteren Mehrbedarf für den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis
31. Juli 2013 neben den dazu ergangenen (bestandskräftigen) Bescheiden zu diesem Zeitraum gesondert entschieden werden. Dies
ist jedoch nicht der Fall. Beim Mehrbedarf handelt es sich um eine laufende Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts, so
dass dieser grundsätzlich nicht besonders beantragt werden muss. Dementsprechend kann zum Mehrbedarf (oder seiner Höhe) nicht
durch einen gesonderten Verfügungssatz zulässigerweise entschieden werden und demzufolge die Gewährung eines (höheren) Mehrbedarfs
nicht in zulässiger Weise zum isolierten Streitgegenstand eines gerichtlichen Verfahrens gemacht werden (Bundessozialgericht
- BSG, Urteil vom 4. Juni 2014 - B 14 AS 30/13 R, Rdnr. 12, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4/4200 § 21 Nr. 18, m. w. N.). Bei sachgerechter Auslegung aus der maßgeblichen
Sicht eines verständigen Beteiligten erweist sich daher die mit Bescheid vom 13. September 2013 getroffene Regelung als Ablehnung
der Rücknahme der für den Zeitraum vom 1. Januar 2012 bis 31. Juli 2013 ergangenen (bestandskräftigen) Bescheide.
Die Ablehnung der Rücknahme ist nicht zu beanstanden, denn der Bescheid vom 28. Juni 2011 in der Fassung der Änderungsbescheide
vom 16. August 2011, vom 26. November 2011 und vom 13. Dezember 2011, der Bescheid vom 10. Januar 2012 in der Fassung des
Änderungsbescheides vom 28. Februar 2012, der Bescheid vom 21. Juni 2012 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 9. August
2012 und vom 24. November 2012 und der Bescheid vom 10. Januar 2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 11. März 2013
und vom 18. Juni 2013 sind rechtmäßig. Dem Kläger stand für die Zeit vom 1. Januar 2012 bis zum 31. Juli 2013 ein Mehrbedarf
für dezentrale Warmwassererzeugung von weiteren 20,48 Euro monatlich für die Zeit von Januar 2012 bis Dezember 2012 und von
weiteren 24,51 Euro monatlich für die Zeit von Januar 2013 bis Juli 2013 nicht zu.
Der Kläger erfüllte allerdings die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II, wonach Leistungen nach diesem Buch Personen erhalten, die
1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben,
2. erwerbsfähig sind,
3. hilfebedürftig sind und
4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben
(erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Der im März 1978 geborene Kläger befand sich innerhalb der genannten Altersgrenzen. Er war erwerbsfähig, denn es gibt keine
Anhaltspunkte dafür, dass er - gemäß § 8 Abs. 1 SGB II - nicht unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein konnte.
Er hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland und war zudem hilfebedürftig, denn er verfügte weder
über Einkommen noch Vermögen.
Es bestand mithin Anspruch auf Arbeitslosengeld II.
Nach § 19 Abs. 1 Sätze 1 und 3 SGB II gilt: Erwerbsfähige Leistungsberechtigte erhalten Arbeitslosengeld II. Die Leistungen umfassen den Regelbedarf, Mehrbedarfe
und den Bedarf für Unterkunft und Heizung.
Über die Bedarfe für Unterkunft und Heizung hat der Senat allerdings nicht zu entscheiden, denn der Kläger hat eine Überprüfung
insoweit nicht beantragt. Die Beschränkung seines Klagebegehrens ist zulässig, denn die Entscheidung über die Kosten der Unterkunft
und Heizung stellt (auch weiterhin) eine von der übrigen Regelung im Bescheid über die Gewährung von Arbeitslosengeld II abtrennbare
Verfügung im Sinne eines eigenständigen Verwaltungsaktes dar (BSG, Urteil vom 4. Juni 2014 - B 14 AS 42/13 R, Rdnr. 10, zitiert nach juris, abgedruckt in SozR 4-4200 § 22 Nr. 78; BSG, Urteil vom 7. November 2006 - B 7b AS 8/06 R, Rdnr. 18, abgedruckt in BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 1).
Der Regelbedarf wurde dem Kläger in zutreffender Höhe bewilligt. Er betrug für eine Person, die alleinstehend oder alleinerziehend
ist oder deren Partnerin oder Partner minderjährig ist, ab 1. Januar 2012 monatlich 374 Euro (§ 20 Absatz 2 Satz 1 SGB II, Ziffer 1 Regelbedarf-Bekanntmachung 2012) und ab 1. Januar 2013 monatlich 382 Euro (§ 20 Absatz 2 Satz 1 SGB II, Ziffer 1 Regelbedarf-Bekanntmachung 2013).
Nach § 21 Abs. 1 SGB II umfassen Mehrbedarfe Bedarfe nach den Absätzen 2 bis 6, die nicht durch den Regelbedarf abgedeckt sind.
Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Kläger die Voraussetzungen für einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 2 bis 6 SGB II haben könnte.
§ 21 Abs. 7 SGB II bestimmt: Bei Leistungsberechtigten wird ein Mehrbedarf anerkannt, soweit Warmwasser durch in der Unterkunft installierte
Vorrichtungen erzeugt wird (dezentrale Warmwassererzeugung) und deshalb keine Bedarfe für zentral bereitgestelltes Warmwasser
nach § 22 SGB II anerkannt werden. Der Mehrbedarf beträgt für jede im Haushalt lebende leistungsberechtigte Person jeweils 2,3 Prozent des
für sie geltenden Regelbedarfs nach § 20 Abs. 2 Satz 1 oder Satz 2 Nr. 2, Abs. 3 oder 4 SGB II (Ziffer 1), soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht oder ein Teil des angemessenen Warmwasserbedarfs nach
§ 22 Abs. 1 SGB II anerkannt wird.
Nach der Neuregelung zum 1. Januar 2011 (vgl. zum bisherigen Recht u. a. BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 - B 14/11b AS 15/07 R, Rdnr. 20, zitiert nach juris, abgedruckt in BSGE 100, 94 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 5, wonach die Kosten der Warmwasserbereitung bereits von der Regelleistung nach § 20 SGB II umfasst waren) werden die Kosten der Warmwasseraufbereitung nicht mehr vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts
umfasst. Sie sind auch nicht als Teil der Kosten für Unterkunft und Heizung zu gewähren. Vielmehr handelt es sich um einen
eigenständigen Bedarf, der bei dezentraler Warmwasseraufbereitung als Mehrbedarf gewährt wird (vgl. Brehm/Schifferdecker,
Der neue Warmwasserbedarf im SGB II, Sozialgerichtsbarkeit 2011, 505, 506).
Der pauschale Mehrbedarf wurde dem Kläger gewährt.
Der Regelbedarf betrug, wie oben ausgeführt, ab 1. Januar 2012 monatlich 374 Euro und ab 1. Januar 2013 monatlich 382 Euro.
2,3 Prozent hiervon ergeben 8,60 Euro bzw. 8,79 Euro.
Die erstgenannte Einschränkung des § 21 Abs. 7 Satz 2 SGB II, "soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht", stellt eine allgemeine Öffnungsklausel dar und betrifft sowohl
Fälle, in denen die tatsächlichen Warmwasseraufbereitungskosten geringer oder höher als der pauschale Mehrbedarf ausfallen
(Brehm/Schifferdecker, a. a. O., S. 507).
Maßgebend ist insoweit zunächst, ob ein abweichender Bedarf überhaupt besteht. Erst wenn ein solcher abweichender Bedarf anzuerkennen
ist, stellt sich die Frage nach der Höhe dieses abweichenden Bedarfs und ihrer Ermittlung. Abschließend muss sodann entschieden
werden, ob der Bedarf in der ermittelten Höhe als der "abweichende" Bedarf im Sinne des § 21 Abs. 7 Satz 2 SGB II anzusehen ist oder ggf. nur insoweit, als er in dieser Höhe angemessen ist, was in der Folge die weitere Frage aufwirft,
wie die Angemessenheit zu bestimmen ist.
Das Gesetz lässt offen, was unter einem abweichenden Bedarf zu verstehen ist. Wie die Beschränkung auf "im Einzelfall" allerdings
zu erkennen gibt, begründet das Vorhandensein einer Vorrichtung zur dezentralen Warmwassererzeugung nicht den Einzelfall,
sondern nach dem Wortlaut des § 21 Abs. 7 Satz 2 SGB II den Regelfall. Da das Gesetz nicht nach der Art der Vorrichtung zur dezentralen Warmwassererzeugung unterscheidet, kann der
Einzelfall ebenfalls nicht durch die Art und Beschaffenheit der Vorrichtung bestimmt sein, es sei denn es handelt sich um
eine ungewöhnliche Art der Vorrichtung, denn das Gesetz knüpft beim Regelfall an dem Sachverhalt der typischen Vorrichtungen
an (vgl. dazu weiter unten). Daher schließt der Zweck der Pauschalierung es aus, auch andere Gründe, die ursächlich für hohe
oder niedrige Warmwasseraufbereitungskosten sind, wie z. B. Alter und Zustand der Vorrichtung, als Einzelfall einzuordnen.
Ansonsten müsste für jede Vorrichtung ein Normverbrauch festgelegt werden, um davon ausgehend Abweichungen zu bestimmen. Damit
würde jedoch der Zweck der Pauschalierung verfehlt. Es soll allein ein tatsächlich (oder vermeintlich) höherer oder niedriger
Bedarf gerade nicht ausreichen. Pauschalen dienen der Verwaltungsvereinfachung und sollen zur Anwendung kommen, um konkrete
Ermittlungen zu ersparen. Mithin kann die Vorrichtung der dezentralen Warmwassererzeugung selbst grundsätzlich nicht einen
abweichenden Bedarf im Einzelfall begründen.
Die Ansicht von Knickrehm/Hahn (in Eicher, SGB II, Grundsicherung für Arbeitsuchende, Kommentar, 3. Auflage, § 21 Rdnr. 81), wonach auch erhöhte Kosten aufgrund veralteter Vorrichtungen einen Einzelfall begründen können (so auch Urteil
des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 26. Mai 2014 - L 9 SO 474/13, Rdnr. 43, zitiert nach juris: bei völlig veralteten
Installationen), vermag der Senat daher nicht zu teilen (so wohl auch Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen
vom 30. Januar 2014 - L 6 AS 1667/12, Rdnr 26, zitiert nach juris).
Der Auffassung von Geiger (Unterkunfts- und Heizkosten nach dem SGB II, 3. Auflage, S. 129), wonach unter Einzelfall (jedenfalls) der Fall zu verstehen ist, dass in der Wohnung eine technische
Vorrichtung vorhanden ist, mit der die Kosten für die Warmwassererzeugung separat erfasst werden, kann ebenso wenig gefolgt
werden. Ein Bezug zur technischen Erfassung findet sich (so auch Brehm/Schifferdecker, a. a. O., S. 507) im Gesetz gerade
nicht.
Die weiteren Ausführungen von Geiger (S. 130)
"Wird die Energie für das Gerät, das Warmwasser erzeugt, gesondert gemessen und abgerechnet, bestimmt der gemessene Energieverbrauch
den Mehrbedarf nach § 21 Abs. 7 SGB II, soweit er angemessen ist. Welche Anforderungen an eine solche Messung zu stellen sind, kann den BSG-Entscheidungen zum Warmwasserabzug vom 27. Februar 2008 - B 14/11b AS 15/07 R, vom 22. September 2009 - B 4 AS 8/09 R und vom 6. April 2011 - B 4 AS 16/10 R entnommen werden; danach muss eine genaue Messung per Zähler oder einer vergleichbaren Apparatur vorhanden sein. Eine Schätzung
nach der durchschnittlichen Gerätebetriebsdauer, dem Anschlusswert des Geräts und dem Strom- oder Gaspreis pro Verbrauchseinheit
genügt danach nicht (Hinweis auf Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 30. Januar 2014 - L 6 AS 1667/12, Rdnr. 28, zitiert nach juris, und vom 26. Mai 2014 - L 9 SO 474/13, Rdnr. 41, zitiert nach juris). Besteht eine Differenz
zwischen dem im Regelbedarf enthaltenen Anteil für Strom und den insgesamt anfallenden Stromkosten, kann nicht unterstellt
werden, dass der Strom-Mehrbetrag genau die für die Warmwassererzeugung benötigte Energie ist (Hinweis auf Sozialgericht Berlin
vom 26. März 2014 - S 205 AS 11970/13, Rdnr. 29, zitiert nach juris). Ob die Jobcenter, gegebenenfalls die Sozialgerichte, im Wege der Amtsermittlung zu einer
gesonderten Feststellung mittels Sachverständigen verpflichtet sind, wenn ein vom Regelbedarf abweichender Bedarf (im technischen
Sinn) geltend gemacht wird, z. B. weil Warmwasser mit einem uralten Boiler erzeugt wird, der einen ungewöhnlichen hohen Strombedarf
hat, ist noch nicht hinreichend geklärt."
betreffen die Beweiserhebung und nicht die Bestimmung des abweichenden Bedarfs im Einzelfall.
Der Zweck der Vorschrift des § 21 Abs. 7 Satz 2 SGB II lässt es ebenfalls nicht zu, besondere Umstände des Einzelfalles erst bei der Prüfung, ob höhere Aufwendungen angemessen
sind, zu berücksichtigen.
Diese Meinung vertritt aber das Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 30. Januar 2014 - L 6 AS 1667/12, Rdnr 26 - 28, zitiert nach juris).
Danach böten vom Normalfall abweichende persönliche Verhältnisse bei den Hilfebedürftigen oder technische Besonderheiten entsprechend
der Rechtsprechung des BSG zur Berücksichtigung von Heizkosten zwar Anhaltspunkte dafür, dass höhere Aufwendungen als angemessen berücksichtigt werden
könnten. Das entbinde aber nicht davon, zunächst festzustellen, ob höhere Aufwendungen bestünden (Rdnr. 26). Für den vom LSG
zu entscheidenden Fall hatten die Klägerinnen aber schon keine besonderen Umstände vorgetragen, die einen über den Regelfall
hinausgehenden Stromverbrauch für die Warmwasseraufbereitung erforderlich machen würden, nicht einmal solche, die eine Bedarfsdeckung
durch die in § 21 Abs. 7 SGB II genannten Pauschalen als ungenügend erscheinen ließen. Schon nach ihrem eigenen Vortrag, so das Landessozialgericht, könne
der anhand ihrer Daten ermittelte Verbrauch möglicherweise noch von der Pauschale abgedeckt sein. Außerdem fehlte es nach
dem Landessozialgericht, da die Schätzungsgrundlagen (wie z. B. die tägliche Nutzungsdauer insbesondere unter Volllast) des
Vollbeweises bedürften, bereits an einer ausreichenden, d. h. ohne vernünftige Zweifel anzunehmenden Schätzungsgrundlage (Rdnr.
28).
Sei festgestellt, dass höhere Aufwendungen bestünden, schließe sich die Prüfung an, ob diese Aufwendungen angemessen seien.
In diesem Zusammenhang (erst) könne den besonderen Umständen des Einzelfalls Bedeutung zukommen (Rdnr. 26).
Dieser rechtliche Ansatz folge auch aus der Entstehungsgeschichte der Warmwasserpauschalen. Nach der bis zum 31. März 2011
geltenden Rechtslage seien die über den im Regelsatz enthaltenen Betrag hinausgehenden anfallenden Kosten der Warmwasseraufbereitung
bis zur Angemessenheit im Rahmen der Prüfung der Angemessenheit der Heizkosten übernommen worden. Nach der Rechtslage ab 01.
April 2011 würden im Falle zentraler Warmwasseraufbereitung die Leistungen lediglich durch eine Angemessenheitsprüfung, die
entsprechend den Regeln der BSG-Rechtsprechung mit Hilfe der örtlichen Heizkostenspiegel zu erfolgen habe, begrenzt. Im Falle dezentraler Warmwasseraufbereitung
sei die Deckung der Bedarfe durch Gewährung eines Mehrbedarfs vorgesehen (§ 21 Abs. 7 SGB II). Wie auch bei der zentralen Warmwasserversorgung sei im Falle der dezentralen Warmwasserversorgung eine Ermittlung der konkreten
Kosten mangels technischer Vorrichtungen häufig nicht möglich, so dass die Leistungen pauschal gewährt würden. Lediglich für
die seltenen Fälle, in denen bei dezentraler Warmwasserversorgung eine Ermittlung der konkreten Kosten möglich sei, komme
die Anwendung der Öffnungsklausel in Betracht. Die Übernahme tatsächlich entstehender Warmwasserkosten im Falle zentraler
Warmwasserbereitung zeige, dass eine von den Pauschalen in § 21 Abs. 7 Satz 2 SGB II abweichende Leistungserbringung im Falle dezentraler Warmwasserbereitung nicht vom Vorliegen besonderer Umstände abhängig
sein könne. Demnach erschöpfe sich ihr Zweck darin, Beweisschwierigkeiten hinsichtlich der tatsächlich anfallenden Kosten
zu beseitigen (Rdnr. 27).
Vor diesem Hintergrund führten bloße Beweisschwierigkeiten nicht automatisch dazu, einen höheren Bedarf bei Vorliegen besonderer
Umstände im Wege der Schätzung gemäß §
287 Abs.
2 Zivilprozessordnung (
ZPO) i. V. m. §
202 SGG festzustellen (Rdnr. 28).
Diente, wie das Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen meint, die Vorschrift des § 21 Abs. 7 Satz 2 SGB II allein dazu, Beweisschwierigkeiten hinsichtlich der tatsächlich anfallenden Kosten zu beseitigen, weil eine von den Pauschalen
in § 21 Abs. 7 Satz 2 SGB II abweichende Leistungserbringung im Falle dezentraler Warmwasserbereitung nicht vom Vorliegen besonderer Umstände abhängig
sein könne, können, so das Landessozialgericht (zwar) folgerichtig, besondere Umstände des Einzelfalles ausschließlich bei
der Prüfung, ob höhere Aufwendungen angemessen sind, Bedeutung erlangen. Dieser rechtliche Ansatz erfordert somit jedoch,
dass schon die Behauptung eines höheren, den pauschalen Mehrbedarf überschreitenden Bedarfs zu weiteren Ermittlungen zwingt,
denn erst wenn der konkrete höhere Bedarf feststeht, lässt sich im jeweiligen Einzelfall beurteilen, ob "besondere Umstände"
ihn in dieser oder einer anderen Höhe angemessen erscheinen lassen. Dies widerspricht jedoch, wie bereits aufgezeigt, gerade
dem Zweck einer Pauschalierung.
Schließlich ist entgegen der Ansicht des Sozialgerichts Berlin (Urteil vom 26. März 2014 - S 205 AS 11970/13, Rdnr. 31, zitiert nach juris) auch nicht aufgrund des Wortlauts der Vorschrift, der historischen Auslegung und des Sinn
und Zwecks der Vorschrift davon auszugehen, dass es in Fällen, in denen es an einer konkreten Erfassung der Aufwendungen für
die dezentrale Warmwassererzeugung fehlt, bei der Gewährung der im Gesetz geregelten Pauschalen zu verbleiben hat. Das Gesetz
selbst lässt gerade offen, wie der Nachweis im Einzelnen zu erfolgen hat. Es kommen daher alle Beweismittel in Betracht. Ob,
wenn eine Messung mittels eines Zählers oder einer vergleichbaren Apparatur nicht vorgenommen wurde, mit diesen anderen Beweismitteln
der erforderliche Beweis im konkreten Einzelfall geführt werden kann, ist eine Frage der Beweiswürdigung (vgl. dazu oben die
weiteren Ausführungen von Geiger, S. 130).
Ein abweichender Bedarf im Einzelfall ist daher vornehmlich personenbezogen zu verstehen. Dabei kommt es ebenfalls nicht auf
individuelle Verhaltensweisen des einzelnen Leistungsberechtigten an (so wohl auch Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen
vom 30. Januar 2014 - L 6 AS 1667/12, Rdnr 26, zitiert nach juris), denn dies würde ebenfalls dem Zweck der Pauschalierung widersprechen.
Als abweichender Bedarf ist nach Knickrehm/Hahn (Eicher, SGB II, a. a. O., § 21 Rdnr. 81) etwa an einen krankheitsbedingten oder berufsbedingten höheren Aufwand bei der Körperhygiene zu denken. In gleicher
Weise kann krankheitsbedingt oder infolge häuslicher Abwesenheit berufsbedingt oder durch sonstige Gründe bedingt ein niedrigerer
Aufwand bei der Körperhygiene entstehen (zu krankheitsbedingt höherem Bedarf: Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen
vom 26. Mai 2014 - L 9 SO 474/13, Rdnr. 43, zitiert nach juris).
Ein solcher Bedarf darf allerdings nicht nur vorübergehend bestehen, denn für einmalige Bedarfe kommt unter den Voraussetzungen
des § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB II lediglich die Gewährung eines Darlehens in Betracht. Der Bedarf muss daher ein laufender Bedarf, so wie er nach § 21 Abs. 6 Satz 1 SGB II zu verstehen ist (vgl. dazu Knickrehm/Hahn in Eicher, SGB II, a. a. O., § 21 Rdnrn. 67, 68) sein. Ob darüber hinaus die weiteren Voraussetzungen des § 21 Abs. 6 Satz 2 SGB II entsprechend zur Auslegung heranzuziehen sind und sich in diesem Fall § 21 Abs. 7 Satz 2 SGB II gegenüber § 21 Abs. 6 Satz 2 SGB II bezogen auf einen Mehrbedarf infolge dezentraler Warmwassererzeugung als lex specialis (vgl. auch Geiger, a. a. O., S. 129,
der einen abweichenden Bedarf aufgrund besonderer Umstände in der Person des Leistungsberechtigten wie Krankheit oder Behinderung
aber § 21 Abs. 6 SGB II zuordnet) darstellt oder, falls keine analoge Anwendung des § 21 Abs. 6 Satz 2 SGB II stattfindet, also geringere Voraussetzungen genügen (und daher die beiden Vorschriften auch nicht im Verhältnis von lex generalis
zu lex specialis zu einander stehen), bedarf vorliegend keiner Entscheidung.
Beim Kläger waren keine personenbezogenen Sachverhalte vorhanden, die einen abweichenden laufenden Bedarf begründet hätten.
Der Kläger hatte zwar ursprünglich mit der Klageerhebung geltend gemacht, er habe wegen eines nächtlichen Einnässens infolge
Epilepsie einen erhöhten Hygienebedarf und damit einen erhöhten Warmwasserverbrauch. Nach der dazu vorgelegten Bescheinigung
der Fachärztin für Neurologie Dr. L vom 14. Februar 2013 hat sich anhand der Anamnese mit bisher drei Ereignissen die Diagnose
einer Epilepsie stellen lassen. Eine antiepileptische Behandlung bei bisher guter Verträglichkeit sei bereits begonnen worden.
Im weiteren Verlauf des Klageverfahrens hat der Kläger statt des erbetenen Miktionsprotokolls darauf hingewiesen, dass er
durch entsprechendes Verhalten ein weiteres Einnässen vermeiden kann. In der mündlichen Verhandlung beim Sozialgericht hat
er einem krankheitsbedingten Aspekt eines erhöhten Warmwasserverbrauchs schließlich keine weitere Bedeutung mehr beigemessen.
§ 21 Abs. 7 Satz 2 SGB II lässt damit einen höheren Mehrbedarf nicht zu.
Im Übrigen ist festzustellen, dass in der Wohnung des Klägers keinerlei technische Vorrichtungen vorhanden sind, um das Volumen
des verbrauchten Warmwassers oder den für die Erwärmung des Wassers erforderlichen Energieaufwand zu messen. Weitere Erkenntnisquellen
für die Ermittlung des konkreten Warmwasserverbrauchs des Klägers stehen nicht zur Verfügung, so dass der Senat keine weiteren
Ermittlungsmöglichkeiten hat.
§ 21 Abs. 7 SGB II verletzt das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nach Art.
1 Abs.
1 Grundgesetz (
GG) in Verbindung mit Art.
20 Abs.
1 GG nicht.
Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09, u. a. (zitiert nach juris, abgedruckt in BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr. 12) unter anderem ausgeführt:
"Der unmittelbar verfassungsrechtliche Leistungsanspruch auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums muss so
ausgestaltet sein, dass er stets den gesamten existenznotwendigen Bedarf jedes individuellen Grundrechtsträgers deckt. Der
Umfang dieses Anspruches kann im Hinblick auf die Arten des Bedarfs und die dafür erforderlichen Mittel jedoch nicht unmittelbar
aus der Verfassung abgeleitet werden. Er ist vom Gesetzgeber konkret zu bestimmen (Rdnrn. 135, 137 und 138). Zur Konkretisierung
des Anspruchs hat der Gesetzgeber alle existenznotwendigen Aufwendungen in einem transparenten und sachgerechten Verfahren
nach dem tatsächlichen Bedarf, also realitätsgerecht zu bemessen. Hierzu hat er zunächst die Bedarfsarten sowie die dafür
aufzuwendenden Kosten zu ermitteln und auf dieser Basis die Höhe des Gesamtbedarfs zu bestimmen. Das
Grundgesetz schreibt ihm dafür keine bestimmte Methode vor. Abweichungen von der gewählten Methode bedürfen allerdings der sachlichen
Rechtfertigung (Rdnrn. 139 und 140). Da das
Grundgesetz selbst keine exakte Bezifferung des Anspruchs erlaubt, beschränkt sich die materielle Kontrolle darauf, ob die Leistungen
evident unzureichend sind. Um eine der Bedeutung des Grundrechts angemessene Nachvollziehbarkeit des Umfangs der gesetzlichen
Hilfeleistungen sowie deren gerichtliche Kontrolle zu gewährleisten, müssen die Festsetzungen der Leistungen auf der Grundlage
verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren tragfähig zu rechtfertigen sein. Zur Ermöglichung dieser verfassungsgerichtlichen
Kontrolle besteht für den Gesetzgeber die Obliegenheit, die zur Bestimmung des Existenzminimums im Gesetzgebungsverfahren
eingesetzten Verfahren und Berechnungsschritte nachvollziehbar offenzulegen (Rdnrn. 141 bis 144).
Zur Bestimmung der Regelleistung hat sich der Gesetzgeber auf ein Verfahren gestützt, das im Grundsatz geeignet ist, die zur
Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums notwendigen Leistungen realitätsgerecht zu bemessen. Das Statistikmodell
ist eine verfassungsrechtlich zulässige, weil vertretbare Methode zur realitätsnahen Bestimmung des Existenzminimums. Das
geltende Statistikmodell stützt sich auf geeignete empirische Daten (Rdnrn. 159, 160, 162, 167)."
Ausgehend davon hat das BVerfG in seinem Urteil vom 9. Februar 2010 beanstandet, dass der festgesetzte Regelsatz und damit
zugleich der regelleistungsrelevante Verbrauch nicht auf einer tragfähigen Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichproben
(EVS) 1998 beruhten. So hat das BVerfG unter anderem ausgeführt, dass die Abschläge in der Abteilung 04 (Wohnen, Wasser, Strom,
Gas und andere Brennstoffe) bei der Ausgabenposition Strom (Kürzung um 15 Prozent) nicht tragfähig begründet seien. So seien
Ausgaben für Strom, wie aus späteren Erläuterungen deutlich werde, gekürzt worden, weil in manchen Haushalten mit Strom auch
geheizt, der Bedarf für Heizung jedoch durch Leistungen nach § 22 Abs. 1 SGB II gedeckt werde (Rdnrn. 174, 177 und 178).
Das BVerfG hat in seinem Beschluss vom 23. Juli 2014 - 1 BvL 10/12, u. a. (zitiert nach juris, abgedruckt in BVerfGE 137, 34 = NJW 2014, 3425) anknüpfend an seine bisherige Rechtsprechung unter Betonung dessen, dass sich seine Kontrolle im Wege einer Gesamtschau
auf die Höhe der Leistungen insgesamt und nicht auf einzelne Berechnungselemente, die dazu dienen, diese Höhe zu bestimmen,
bezieht (Rdnrn. 81, 80, 82 bis 85), zur gesetzlichen Neuregelung ausgeführt, dass sich nicht feststellen lässt, dass die Leistungen
evident unzureichend festgesetzt sind (Rdnr. 86). Es hat dazu im Einzelnen dargelegt:
"Der Gesetzgeber hat die Leistungshöhe nicht dadurch evident unterschritten, dass er die Fortschreibung an dem regelmäßig
berechneten Verbraucherpreisindex orientiert und für den Haushaltsstrom keinen Sonderindex genutzt hat, der die ungewöhnlich
hohen Preissteigerungen im entscheidungserheblichen Zeitraum hätte besser abbilden können. Aus der immer vorhandenen Möglichkeit,
den Preisanstieg existenzsichernder Leistungen genauer abzubilden, folgt nicht, dass die nach dem Verbraucherindex angepasste
Gesamtsumme der Leistungen für den Regelbedarf evident unzureichend ist. Auch liegt im Fall des Haushaltsstroms keine über
Jahrzehnte reichende Veränderung mit einem ständig anwachsenden Preisanstieg vor, die der Gesetzgeber nicht beachtet hätte
(Rdnr. 88).
Es ist nicht zu erkennen, dass er relevante Bedarfsarten übersehen hätte. Zudem sind nach § 21 SGB II auch besondere Mehrbedarfe zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz gedeckt (Rdnr. 90).
Der Gesetzgeber ist nicht gehalten, für die Berechnung jeder Leistung eigene Erhebungen durchzuführen, sondern darf sich auch
dafür entscheiden, vorhandene Daten zu nutzen. Es ist auch nicht zu beanstanden, dass in die Berechnung der Regelbedarfe Einzelposten
aus der EVS einfließen, die nicht mit veröffentlichten Zahlen belegt sind (Rdnr. 95).
Der Berechnung des Bedarfs für den Haushaltsstrom liegt eine Sonderauswertung zugrunde, die Heizstromkosten aus der Erhebung
ausschließt. Die so ermittelten Verbrauchsausgaben wurden dann in vollem Umfang als regelbedarfsrelevant anerkannt. Allerdings
sind in die Durchschnittsbildung auch Haushalte ohne Kosten für Strom einbezogen. Jedoch stellen nicht ausgewiesene Stromkosten
bei 7,4 Prozent der befragten Haushalte die Sicherung der menschenwürdigen Existenz nicht insgesamt infrage. Es liegt im Entscheidungsspielraum
des Gesetzgebers, wie die Verbrauchsausgaben für diese Haushalte in einer realistischen Berechnung des existenzsichernden
Bedarfs einbezogen werden" (Rdnr. 112).
In der Gesetzesbegründung (Bundestag-Drucksache 17/3404, S. 55), die dem Beschluss des BVerfG vom 23. Juli 2014 - 1 BvL 10/12 (u. a.) zugrunde lag, wird der Betrag der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben in Abteilung 04 für Erwachsene mit Sonderauswertung
Strom (Haushalte, die nicht mit Strom heizen) unter laufender Nummer 18 mit Code 0451 010 Strom (auch Solarenergie), Mieterhaushalte
mit durchschnittlichen monatlichen Ausgaben der Referenzhaushalte mit 26,80 Euro mit einem regelbedarfsrelevanten Anteil von
100 v. H. ausgewiesen. Dazu ist im Einzelnen unter anderem dargelegt: Die in der Sonderauswertung Ein-Personen-Haushalt der
EVS 2008 nachgewiesenen Ausgaben für Strom werden - wie bereits in der Sonderauswertung EVS 2003 - grundsätzlich als regelbedarfsrelevant
anerkannt. Im Unterschied zur Sonderauswertung EVS 2003 wird bei den ermittelten Stromausgaben jedoch kein Abschlag für Heizungsstrom
vorgenommen. Hintergrund dieses Abschlages in der Sonderauswertung EVS 2003 war, dass die Heizkosten bei den Kosten der Unterkunft
berücksichtigt werden. In Umsetzung des Urteils des BVerfG vom 9. Februar 2010 basieren die Ausgaben für Haushaltsenergie
auf einer gesonderten Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 von Haushalten, die nicht mit Strom heizen.
Der pauschalen Mehrbedarfsregelung des § 21 Abs. 7 Satz 2 SGB II lagen nach dem Regelungsvorschlag für den Vermittlungsausschuss zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen
und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Bundestag-Drucksache 17/3404) u. a. folgende Überlegungen zugrunde (abgedruckt in Geiger, a. a. O., S. 126 und 127):
Für Leistungsberechtigte, deren Wasserbedarf nicht ausschließlich über eine zentrale, also gemeinsame Warmwasserversorgung
aller Wohneinheiten eines Mehrparteienhauses oder die Heizungsanlage einer Wohnung bzw. eines Einfamilienhauses gedeckt wird,
soll ein zusätzlicher Mehrbedarf eingeführt werden. Damit wird berücksichtigt, dass die dezentrale Warmwassererzeugung in
einer Wohnung durch in der Regel mit Strom oder Gas betriebenen Boilern und Durchlauferhitzern Energiekosten verursacht, die
im Rahmen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe nicht konkret ermittelt werden können. Der Stromverbrauch von mit Strom
betriebenen Vorrichtungen zur Warmwassererzeugung wird aus dem Stromnetz des Haushalts gedeckt. Mangels eigener Stromzähler
für diese Geräte kann der Stromverbrauch jedoch nicht isoliert ermittelt werden. Vergleichbares gilt bei mit Gas oder Versorgungsleitungen
betriebenen Durchlauferhitzern und Boilern, wenn zusätzlich der Kochherd mit Gas betrieben wird. Auch hier fehlt ein separater
Verbrauchszähler für die Warmwassererzeugung. Da die im Regelbedarf enthaltenen Stromverbrauchsausgaben keine Anteile für
die dezentrale elektrische Warmwassererzeugung enthalten, werden die Energiekosten für alle hier verwendeten Energieformen
über einen Mehrbedarf abgedeckt. Die Höhe des Mehrbedarfs beruht auf dem im bislang von den Kosten für Unterkunft und Heizung
vorzunehmenden Abzug eines Anteils von 30 Prozent der im geltenden Regelsatz enthaltenen Verbrauchausgaben für Haushaltsstrom
bei Leistungsberechtigten, die ihr Warmwasser über eine zentrale Warmwasserversorgung erhalten. Der Anteil von 30 Prozent
der Stromausgaben für Warmwassererzeugung beruht auf einer Empfehlung des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge
aus dem Jahr 1991 und wurde ermittelt auf Basis von durchschnittlichen Stromverbräuchen von Haushalten unterschiedlicher Größe
und Ausstattung. Das Bundessozialgericht hat die Ermittlung des Anteils elektrischer Energie am Stromverbrauch von Haushalten
in seinem Urteil vom 27. Februar 2008 (B 14/11b AS 15/07 R) bestätigt. Dieser aus dem Vergleich von durchschnittlichen Stromverbräuchen ermittelte Anteil von 30 Prozent lässt sich
durch aktuelle Daten bestätigen. Nach der Stromverbrauchsstatistik des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft e.
V. (BDEW) verbraucht ein Ein-Personen-Haushalt mit einfacher Ausstattung (elektrischer Kochherd, Kühl-/Gefriergerät, Waschmaschine)
und elektrischer Warmwassererzeugung jährlich rund 2.050 Kilowattstunden Strom. Nach allen verfügbaren Informationen (Angaben
zu durchschnittlichen Stromverbrauchsmengen nach Haushaltsgröße von Stromversorgern und Beratungsdienstleistern im Internet)
beläuft sich der Stromverbrauch eines vergleichbaren Einpersonenhaushalts ohne elektrische Warmwassererzeugung auf jährlich
rund 1.550 Kilowattstunden. Danach erhöht sich der durchschnittliche Stromverbrauch im Ein-Personen-Haushalt durch die elektrische
Warmwassererzeugung um rund 500 Kilowattstunden jährlich oder etwa ein Drittel. Daraus ergibt sich folgende Höhe der Mehrbedarfe:
Regelbedarfsstufe 1
Höhe der Regelbedarfsstufe 364 Euro
Verbrauchsausgaben Haushaltsstrom 28,12 Euro
Anteil 30 Prozent der Verbrauchsausgaben = Betrag Mehrbedarf 8,44 Euro
Betrag Mehrbedarf in Prozent Regelbedarfsstufe 2,3 Prozent.
Die in die Regelbedarfsbemessung eingeflossenen, in Abteilung 04 der Sonderauswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe
2008 statistisch erfassten Ausgaben für Strom umfassen somit auch die Kosten der Erwärmung von Wasser über den Haushaltsstrom
durch einen Durchlauferhitzer oder Boiler. Heraus genommen wurden lediglich Haushalte, die mit Strom heizen (so auch Urteil
des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 26. Mai 2014 - L 9 SO 474/13, Rdnr. 45, zitiert nach juris, unter Hinweis
auf Bundestag-Drucksache 17/3404, S. 55 f.). Da im Rahmen der EVS die durch den Betrieb von Durchlauferhitzern und Boilern
entstehenden Kosten nicht gesondert ermittelt werden können, durfte der Gesetzgeber auf andere vorhandene Daten zurückgreifen
und sich daher auf der Grundlage der Stromverbrauchsstatistik des BDEW auf die Angaben von Stromversorgern und Beratungsdienstleistungen
im Internet stützen.
Werden die bekannten Werte für Warmwasserkosten pro Quadratmeter und die angemessenen Wohnflächen für Empfänger von Grundsicherungsleistungen
für eine Durchschnittsbetrachtung zugrunde gelegt, ergibt sich Folgendes: Nach den regelmäßigen Veröffentlichungen des Deutschen
Mieterbundes betrugen die Kosten des durchschnittlichen Warmwasserverbrauchs bundesweit in den Jahren 2009 bis 2011 nach den
für die damaligen Bewilligungszeiträume bereits veröffentlichten Werten 0,25 Euro/m² (https://www.mieterbund.de/service/betriebskostenspiegel.html.,
Stichwort Betriebskostenspiegel, Betriebskosten Abrechnungsjahr 2009 und Betriebskosten Abrechnungsjahr 2011). Nach der Anlage
zu den Betriebskosten nach dem Berliner Mietspiegel 2011 (www.grundeigentum-verlag.de/mietspiegel/msp_berlin.pdf) beliefen
sich die Kosten des durchschnittlichen Warmwasserverbrauchs auf 0,28 Euro/m². Geht man von der Wohnfläche der Wohnung des
Klägers von 33,52 m² oder von einem Zweipersonenhaushalt mit einer für diese angemessenen Wohnfläche von 60 m² aus, ergeben
sich keine relevanten Abweichungen für die vom Gesetzgeber bundesweit angesetzten Pauschalen für die Warmwasserkosten bei
dezentraler Warmwasserversorgung. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass wegen der Einsparungen in einem Zweipersonenhaushalt
der errechnete Wert um ein Neuntel zu erhöhen ist, weil das BVerfG einen Abschlag bei Zweipersonenhaushalten von 90 v. H.
pro Person bzw. von 80 v. H. für die zweite Person für angemessen hält (BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09, u. a., Rdnr. 189). Im Hinblick auf die vom Gesetzgeber bundesweit vorgegebene Pauschale bietet sich an, die Kosten des bundesweiten
Durchschnittsverbrauchs zu berücksichtigen. Danach ergibt sich ein Durchschnittsverbrauch von 8,33 Euro (60 m² x 0,25 Euro/m²
x 10/9 x 0,5) monatlich bzw. für die (angemessene) Wohnungsgröße des Klägers von 8,38 Euro (33,52 m² x 0,25 Euro je m²) monatlich.
Eine relevante Abweichung von den für den streitigen Zeitraum maßgebenden Mehrbedarfspauschalen lässt sich damit nicht feststellen.
Nach der aktuellen Energie-Info des BDEW Bundesverband "Stromverbrauch im Haushalt" Stand 4. Juli 2016 (https://www.bdew.de
unter Suchbegriff: "Stromverbrauch im Haushalt") verbrauchen alleinlebende Personen durchschnittlich 2050 Kilowattstunden
Strom im Jahr (S. 5, 6). Gut ein Viertel der Haushalte in Deutschland bekommen das warme Wasser in Küche und Bad über eine
elektrische Warmwasserversorgung. Die elektrische Warmwasserversorgung stellt eine bedeutende Stromverbrauchsquelle im Haushalt
dar, darauf entfällt im Durchschnitt über alle Haushalte fast 15 Prozent des Stromverbrauchs. Ein-Personen-Haushalte mit elektrischer
Warmwasserversorgung verbrauchen dafür rund 750 kWh im Jahr (S. 8). Haushalte ohne elektrische Warmwasserbereitung benötigen
rund 30 Prozent weniger Strom als Haushalte mit elektrischer Warmwasserbereitung (S 9).
Nach den aktuellen Angaben der vom Bundesumweltministerium initiierten Stromsparinitiative (http://www.die-stromsparinitiative.de
unter den Begriffen "1- Personenhaushalt" bzw. "Stromverbrauch im Haushalt") liegt der durchschnittliche Jahresverbrauch eines
deutschen Ein-Personen-Haushaltes in einem Mehrfamilienhaus bei 1.500 Kilowattstunden Strom. Wird das Warmwasser in Küche
und Bad mit Strom erhitzt, sind es im Schnitt weitere 500 Kilowattstunden pro Jahr. Allerdings hängt die Höhe des Verbrauchs
auch davon ab, ob es sich um ein Einfamilienhaus oder um ein Mehrfamilienhaus handelt. Der Stromverbrauch in einer Wohnung
im Mehrfamilienhaus ist durchschnittlich 36,6 Prozent niedriger als im Einfamilienhaus. Wird das Warmwasser für Bad und Küche
mit Strom erhitzt, also per Durchlauferhitzer oder Boiler, erhöht sich der Stromverbrauch pro Kopf um knapp 27 Prozent oder
385 kWh jährlich.
Der Senat vermag angesichts dessen nicht zu erkennen, dass die Höhe des pauschalen Mehrbedarfs der Regelbedarfsstufe 1 aufgrund
falscher Annahmen zustande gekommen ist (so aber Eckhardt, Zur Frage der Angemessenheit der Energiekosten zur Bereitung von
Warmwasser im SGB II, in info also 2012, 200, 203: für alle Mehrbedarfe des § 21 Abs. 7 SGB II). Danach seien im Vermittlungsausschuss mit Verweis auf den Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. ein durchschnittlicher
Stromverbrauch von 2.050 KWh im Jahr bei einem Ein-Personen-Haushalt unterstellt worden. In diesen Durchschnitt seien auch
Haushalte eingegangen, die mit Strom Warmwasser bereiten. Dieses seien aber nur ca. 20 Prozent der Haushalte. Bei elektrischer
Warmwasserbereitung mit Durchlauferhitzern entstehe nur ein geringer gerätebedingter Verlust. Bei Warmwasserbereitung mit
Speicherboilern entstünden erhebliche Mehrkosten durch Wärmeverluste. Die im Vermittlungsausschuss aufgrund von nicht weiter
bezeichneten Internetrecherchen angenommene jährliche Energiemenge in Höhe von 500 KWh für die elektrische Bereitung von Warmwasser
in einem Ein-Personen-Haushalt erscheine aufgrund der Recherchen des Autors sachlich falsch.
Auf andere Berechnungen kommt es allerdings nicht an, so dass auch die vom Kläger als Ergebnis einer anderen Studie dargestellte
Berechnung nicht entscheidend ist, denn es obliegt allein dem Gesetzgeber, anhand der von ihm durchgeführten Ermittlungen
zu entscheiden, welcher Mehrbedarf pauschal zu berücksichtigen ist. Die Tatsache, dass unterschiedliche Recherchen oder Studien
zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, stellt die Entscheidung des Gesetzgebers nicht in Frage. Gerade der vorliegende Sachverhalt
zeigt, dass der Verbrauch von Warmwasser stark vom Verhalten des einzelnen abhängig ist, so dass sich die vom Gesetzgeber
zugrunde gelegten Daten nicht als evident unzutreffend erweisen. Dass der Verbrauch von Warmwasser extrem differiert, wird
im Übrigen auch von Eckhardt (a.a.O., S. 204) eingeräumt. Daher vermag der von ihm gewählte Ansatz zur Ermittlung des Wertes
von angemessenen Warmwasserbereitungskosten eine Unzulänglichkeit der vom Gesetzgeber herangezogenen Daten ebenfalls nicht
zu begründen.
Im Übrigen darf der Gesetzgeber bei der Ordnung von Massenerscheinungen typisierende und pauschalierende Regelungen treffen.
Dies gilt auch für Leistungen zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Allerdings verlangt Art.
1 Abs.
1 GG, der die Menschenwürde jedes einzelnen Individuums ohne Ausnahme schützt, dass das Existenzminimum in jedem Einzelfall sichergestellt
wird. Der Hilfebedürftige, dem ein pauschaler Geldbetrag zur Verfügung gestellt wird, kann über seine Verwendung im Einzelnen
selbst bestimmen und einen gegenüber dem statistisch ermittelten Durchschnittsbetrag höheren Bedarf in einem Lebensbereich
durch geringere Ausgaben in einem anderen ausgleichen. Dies ist ihm auch zumutbar. Dass sich der Gesamtbetrag aus statistisch
erfassten Ausgaben in den einzelnen Abteilungen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe zusammensetzt, bedeutet nicht, dass
jedem Hilfebedürftigen die einzelnen Ausgabenpositionen und -beträge stets uneingeschränkt zur Verfügung stehen müssen. Es
ist vielmehr dem Statistikmodell eigen, dass der individuelle Bedarf eines Hilfebedürftigen vom statistischen Durchschnittsfall
abweichen kann. Die regelleistungsrelevanten Ausgabepositionen und -beträge sind von vornherein als abstrakte Rechengrößen
konzipiert, die nicht bei jedem Hilfebedürftigen exakt zutreffen müssen, sondern erst in ihrer Summe ein menschenwürdiges
Existenzminimum gewährleisten sollen. Wenn das Statistikmodell entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben angewandt
und der Pauschalbetrag insbesondere so bestimmt worden ist, dass ein Ausgleich zwischen verschiedenen Bedarfspositionen möglich
ist, kann der Hilfebedürftige in der Regel sein individuelles Verbrauchsverhalten so gestalten, dass er mit dem Festbetrag
auskommt; vor allem hat er bei besonderem Bedarf zuerst auf das Ansparpotential zurückzugreifen, das in der Regelleistung
enthalten ist (BVerfG, Urteil vom 09. Februar 2010 - 1 BvL 1/09 u. a., Rdnr. 205).
Die Berufung muss somit erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 Abs.
1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG). Es ist die Rechtsfrage zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen im Einzelfall ein abweichender Bedarf besteht, der
anstelle des pauschalen Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 7 SGB II zu berücksichtigen ist. Diese Rechtsfrage ist bisher höchstrichterlich nicht geklärt und lässt sich angesichts der Vielzahl
der dazu vertretenen Auffassungen auch nicht unzweifelhaft eindeutig beantworten.