Gericht
Sozialgerichtsbarkeit (38838)
Verfassungsgerichtsbarkeit (83)
Verwaltungsgerichtsbarkeit (1210)
Gerichte der EU (6)
Ordentliche Gerichtsbarkeit (1013)
Arbeitsgerichtsbarkeit (137)
Finanzgerichtsbarkeit (87)

Datum
2022 (1459)
2021 (2495)
2020 (2120)
2019 (2531)
2018 (2333)
2017 (2639)
2016 (2936)
2015 (4224)
2014 (2921)
2013 (1392)
mehr...
LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 13.04.2017 - 8 R 1083/14
Aufhebung einer Witwenrente Unterbliebene Anrechnung einer anderweitigen Versorgung Grobe Fahrlässigkeit Zurechnung von Verschulden
1. Grobe Fahrlässigkeit ist nach der Legaldefinition des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X gegeben, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
2. Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, wer schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss, dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie der besonderen Umstände des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff).
3. Die Vorschriften des § 278 Satz 1 BGB, wonach der Schuldner ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang wie eigenes Verschulden zu vertreten hat, und des § 166 Abs. 1 BGB, wonach nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht kommt, soweit die rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die Kenntnis oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, wonach also das Verhalten bzw. die Kenntnis oder das Kennenmüssen einer dritten Person als eigenes Verhalten bzw. eigene Kenntnis oder eigenes Kennenmüssen zugerechnet wird, finden jedenfalls im Fall einer gesetzlichen Vertretung oder rechtsgeschäftlichen Bevollmächtigung entsprechende Anwendung im öffentlichen Recht.
4. Wenn grobe Fahrlässigkeit der Begünstigten im Raume steht, ist nicht ein objektiver Maßstab anzulegen, sondern auf die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit, das Einsichtsvermögen und Verhalten der Betroffenen sowie die besonderen Umstände des Falles abzustellen.
5. Die Behörde kann deshalb nicht allein auf den Akteninhalt abstellen; ansonsten wäre sie jeweils gezwungen, einen Verwaltungsakt vorsorglich, sozusagen "auf Verdacht" zu erlassen.
Normenkette:
SGB X § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3
,
BGB § 278 S. 1
,
BGB § 166 Abs. 1
Vorinstanzen: SG Berlin 19.11.2014 S 30 R 2056/13
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. November 2014 wird zurückgewiesen.
Die Klage gegen den Bescheid vom 12. April 2016 wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Verfahren vor dem Landessozialgericht nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungstext anzeigen: