Parallelentscheidung zu LSG Berlin-Brandenburg L 37 SF 149/19 EK AL 26.05.2020
Tatbestand:
Die Kläger begehren eine Entschädigung wegen überlanger Dauer der vor dem Sozialgericht P unter den Aktenzeichen S 26 AS 994/16 und S 26 AS 995/16 geführten Verfahren. Den abgeschlossenen Ausgangsverfahren lagen folgende Sachverhalte zugrunde:
Am 06. Juni 2016 erhoben die Kläger Klagen gegen das Jobcenter Brandenburg an der Havel, das nach zunächst vorläufiger Bewilligung
von Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) mit Bescheiden vom 01. Februar 2016 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 04. bzw. 06. Mai 2016 endgültige Leistungsfestsetzungen
vorgenommen und in deren Rahmen Erstattungsansprüche gegen die Kläger in Höhe von insgesamt 2.440,18 EUR geltend gemacht hatte.
Zugleich beantragten sie Akteneinsicht vor ausführlicher Klagebegründung.
Beim Sozialgericht P wurden zwei Verfahren registriert, von denen sich das unter dem Aktenzeichen S 26 AS 994/16 geführte auf den Leistungszeitraum April bis September 2015 und das unter dem Aktenzeichen S 26 AS 995/16 geführte auf den Leistungszeitraum Oktober 2014 bis März 2015 bezog. Am 15. Juni 2016 bestätigte das Sozialgericht in beiden
Verfahren den Klageeingang, forderte den damaligen Beklagten auf, die Verwaltungsakten innerhalb von vier Wochen den Bevollmächtigten
zur Einsicht zu übersenden und sich innerhalb von sechs Wochen zu äußern. Am 24. Juni 2016 trafen in beiden Verfahren die
Erwiderungen des damaligen Beklagten ein und wurden jeweils am 07. Juli 2016 an die Bevollmächtigten zur Kenntnisnahme weitergeleitet.
Die Vorgänge wurden in das Sitzungs-Fach verfügt.
Am 04. bzw. 07. Oktober 2016 gingen die Klagebegründungen ein, mit denen im Wesentlichen geltend gemacht wurde, dass die Anrechnung
eines Durchschnittseinkommens fehlerhaft sei. Im Verfahren S 26 AS 995/16 wurde darüber hinaus eine Erstattung bei endgültiger Leistungsfestsetzung schon deshalb als nicht möglich angesehen, weil
am 22. November 2014 Änderungsbescheide ergangen seien, denen kein Vorläufigkeitsvorbehalt zu entnehmen gewesen sei.
Der damalige Beklagte wurde am 07. bzw. 12. Oktober 2016 jeweils zur Stellungnahme aufgefordert. Während sich das Gericht
im Verfahren S 26 AS 994/16 zunächst intern eine Frist von zwei Wochen zur Überprüfung des Rücklaufs der Verwaltungsakten von den Prozessbevollmächtigten
gesetzt hatte, verfristete es letztlich beide Verfahren am 12. Oktober 2016 um fünf Wochen.
Am 21. Oktober und 01. November 2016 gingen im Verfahren S 26 AS 994/16 die Klageerwiderung und eine ergänzende Stellungnahme vom damaligen Beklagten ein, im Verfahren S 26 AS 995/16 am 01. November 2016. Am 01. bzw. 02. November 2016 erfolgte jeweils eine Weiterleitung an die Bevollmächtigten zur Stellungnahme.
Zugleich wurden von diesen im Verfahren S 26 AS 994/16 die Verwaltungsakten zurückgefordert. Mit jeweils am 17. November 2016 bei Gericht eingehenden Schriftsätzen nahmen die Bevollmächtigten
Stellung. Die Schreiben wurden jeweils am 21. November 2016 an den damaligen Beklagten zur Stellungnahme weitergeleitet. Zugleich
wurde bei diesem im Verfahren S 26 AS 994/16 angefragt, ob die Verwaltungsakten zwischenzeitlich an die Bevollmächtigten übersandt worden seien. Am 02. Dezember 2016
beantragten die Bevollmächtigten, den Klägern in Höhe der Selbstbeteiligung sowie nicht durch die Rechtsschutzversicherung
gedeckter Kostenanteile Prozesskostenhilfe zu gewähren. Die Erwiderungen gingen in beiden Verfahren am 05. Dezember 2016 ein.
Zugleich teilte der damalige Beklagte im Verfahren S 26 AS 994/16 mit, dass die Übersendung der Verwaltungsakten versehentlich unterblieben sei, und kündigte eine baldige Erledigung an. Die
jeweiligen Schriftsätze wurden dem bzw. den jeweils anderen Beteiligten am 07. Dezember 2016 zur Kenntnisnahme zugeleitet.
Im Verfahren S 26 AS 994/16 wurden ferner am 22. Dezember 2016 Erklärungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen angefordert, nachdem
diese nur einmal übersandt worden waren. Nachdem der damalige Beklagte mit am 14. Dezember 2016 eingehenden Schreiben die
Übersendung der Verwaltungsakten an die Prozessbevollmächtigten angezeigt hatte, die angeforderten Prozesskostenhilfeunterlagen
am 12. Januar 2017 eingegangen waren, und die von den Prozessbevollmächtigten weitergeleiteten Verwaltungsakten am 19. Januar
2017 bei Gericht eingegangen waren, bewilligte das Sozialgericht den Klägern in beiden Verfahren jeweils mit Beschluss vom
24. Januar 2017 - korrigiert durch Beschlüsse vom 07. Februar 2017 - Prozesskostenhilfe im begehrten Umfang. Weiter verfügte
es die Verfahren in das Sitzungs-Fach.
Mit am 29. bzw. 28. November 2018 eingehenden Schriftsätzen rügten die Kläger jeweils die Verfahrensdauer.
Am 12. Dezember 2018 bestimmte das Gericht in beiden sowie einem dritten Verfahren jeweils einen Termin zur Erörterung der
Sache auf den 20. Februar 2019. In diesem Termin gab der damalige Beklagte im Verfahren S 26 AS 994/16 ein Teilanerkenntnis ab (Reduzierung des Erstattungsanspruchs von 1.147,44 EUR auf 918,54 EUR je Kläger), in der Sache S
26 AS 995/16 erkannte er den Klageanspruch vollständig an. Die Kläger nahmen das Anerkenntnis im Verfahren S 26 AS 995/16 an. In der Sache S 26 AS 994/16 behielten sie sich die Annahme für vier Wochen zum Zwecke der Rücksprache mit dem Insolvenzverwalter vor. Mit am 21. März
2019 bei Gericht eingehendem Schriftsatz nahmen die Kläger auch im Verfahren S 26 AS 994/16 das Teilanerkenntnis an und erklärten den Rechtsstreit im Übrigen für erledigt.
Nachdem der Beklagte es im Rahmen eines außergerichtlichen Verfahrens abgelehnt hatte, den Klägern ihrem Antrag vom 14. Juli
2019 entsprechend die von ihnen dort im Umfang von insgesamt mindestens 4.400,00 EUR geforderte Entschädigung zu gewähren,
haben die Kläger am 16. August 2019 eine Entschädigungsklage erhoben. Zur Begründung machen sie geltend, bei den streitgegenständlichen
Ausgangsverfahren, die sich jeweils über zwei Jahre und acht Monate hingezogen hätten, habe es sich um Verfahren durchschnittlicher
Schwierigkeit und Komplexität gehandelt. In beiden Verfahren sei es in den Monaten August und September 2016 sowie von März
2017 bis November 2018 zu gerichtlicher Inaktivität gekommen. Dass das Gericht im August und September 2016 eine Klagebegründung
abgewartet habe, rechtfertige keine andere Entscheidung. Weder sei dem
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) eine Pflicht zur Klagebegründung noch der Eingangsbestätigung eine entsprechende Aufforderung zu entnehmen. Im Übrigen wäre
diese Zeit bereits von der nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts maximal einzuräumenden Vorbereitungs- und Bedenkzeit
von zwölf Monaten umfasst. Von den mithin jeweils relevanten mindesten 23 Monaten gerichtlicher Inaktivität seien mindestens
elf als entschädigungsrelevant anzusehen. Allein der Suspensiveffekt einer Klage rechtfertige keine Überschreitung der mit
zwölf Monaten bereits großzügig bemessenen Vorbereitungs- und Bedenkzeit. Im Übrigen hätten sich die Klagen nicht nur gegen
die Erstattungsbescheide, sondern auch gegen die Bewilligungsbescheide gerichtet, mit denen die Leistungen endgültig festgesetzt
worden seien. Schließlich habe der Beklagte sie von den für das vorprozessuale Verfahren angefallenen Rechtsanwaltskosten
freizustellen.
Die Kläger beantragen,
den Beklagten zu verurteilen, ihnen wegen überlanger Dauer der vor dem Sozialgericht P unter den Aktenzeichen S 26 AS 994/16 sowie S 26 AS 995/16 geführten Verfahren Entschädigungen in Höhe von mindestens 1.100,00 EUR je Verfahren und Person nebst Zinsen in Höhe von
5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen
sowie
sie von den für die außergerichtliche Geltendmachung der Entschädigungsansprüche angefallenen Rechtsanwaltskosten in Höhe
von 600,71 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit freizustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte, dem die Klage am 04. Oktober 2019 zugestellt worden ist, meint, die Kläger hätten keinen Entschädigungsanspruch.
Den streitgegenständlichen Verfahren sei jeweils eine allenfalls durchschnittliche Schwierigkeit und Komplexität zuzuschreiben,
während die Bedeutung der Verfahren für die Kläger unterdurchschnittlich gewesen sei. Dabei sei es unerheblich, ob die Kläger
sich mit ihren streitgegenständlichen Klagen nur gegen die jeweiligen Erstattungsbescheide oder auch gegen die jeweiligen
Bewilligungsbescheide gewandt hätten. Entscheidend für die Annahme einer unterdurchschnittlichen Bedeutung des Ausgangsverfahrens
für die Kläger sei vielmehr, dass sie sich ausschließlich gegen eine Rückzahlung bereits erhaltener Leistungen gewandt und
gerade nicht zusätzliche Leistungen begehrt hätten. Der Suspensiveffekt ihrer Klagen habe sie vorläufig vor der strittigen
Rückzahlung bewahrt. Es liege insofern auf der Hand, dass ihr Interesse an einer schnellen Beendigung des Klageverfahrens
geringer sei als z.B. bei Klägern, die mit der Klage höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einklagten. Entgegen
der Ansicht der Kläger habe die gerichtliche Inaktivität in beiden Verfahren auch lediglich von März 2017 bis November 2018,
insgesamt mithin jeweils 21 Kalendermonate, gedauert. Vorliegend sei angesichts der unterdurchschnittlichen Bedeutung des
Ausgangsverfahrens eine längere Vorbereitungs- und Bedenkzeit zuzubilligen. Angesichts des Suspensiveffekts und des damit
vorläufigen Erreichens des Klagezieles allein mit der Klageerhebung sei kein Interesse der Kläger an einer raschen Entscheidung
durch das Gericht erkennbar. Es erscheine daher angemessen, mindestens von einer doppelten Vorbereitungs- und Bedenkzeit je
Instanz auszugehen. Es verbleibe damit vorliegend kein entschädigungspflichtiger Verzögerungszeitraum.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze
nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und auf die Akten des Ausgangsverfahrens verwiesen, die dem Senat vorgelegen
haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der nach §
201 Abs.
1 Gerichtsverfassungsgesetz (
GVG) sowie §
202 Satz 2
SGG, jeweils in der Fassung des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren
(GRüGV) vom 24. November 2011 (BGBl. I, S. 2302) und des Gesetzes über die Besetzung der großen Straf- und Jugendkammern in der Hauptverhandlung und zur Änderung weiterer
gerichtsverfassungsrechtlicher Vorschriften sowie des Bundesdisziplinargesetzes vom 06. Dezember 2011 (BGBl. I, S. 2554) für die Entscheidung über die Entschädigungsklage zuständige Senat konnte über diese nach §
201 Abs.
2 Satz 1
GVG i.V.m. §§
202 Satz 2,
124 Abs.
2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten hierzu unter dem 30. April bzw. 05. Mai 2020 ihr Einverständnis
erteilt hatten.
A. Die als allgemeine Leistungsklage statthafte, auf Gewährung einer Entschädigung wegen überlanger Dauer der vor dem Sozialgericht
P unter den Aktenzeichen S 26 AS 994/16 und S 26 AS 995/16 geführten Verfahren gerichtete Klage ist zulässig. Insbesondere bestehen weder an der Wahrung der gemäß §
90 SGG für die Klage vorgeschriebenen Schriftform noch an der Einhaltung der nach §
198 Abs.
5 Satz 2
GVG zu wahrenden Klagefrist von sechs Monaten nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder
einer anderen Erledigung des Verfahrens Zweifel. Denn nachdem das Verfahren S 26 AS 994/16 am 20. Februar 2019 durch Annahme eines Teilanerkenntnisses geendet hatte und im Verfahren S 26 AS 995/16 das am selben Tage erklärte Anerkenntnis letztlich am 21. März 2019 angenommen worden war, haben die Kläger am 16. August
2019 beim Landessozialgericht Entschädigungsklage erhoben, die dem Beklagten nach vollständigem Eingang des Kostenvorschusses
am 26. September 2019 letztlich am 04. Oktober 2020 zugestellt worden ist.
B. Die sich unter Berücksichtigung des §
200 Satz 1
GVG zu Recht gegen das hier passivlegitimierte Land Brandenburg richtende Entschädigungsklage ist auch begründet.
I. Die Kläger haben Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung sowohl wegen des erlittenen immateriellen Nachteils als auch
zum Ausgleich des ihnen entstandenen Vermögensschadens.
Nach §
198 Abs.
1 Satz 1
GVG wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil
erleidet. Für einen Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach
den Umständen des Einzelfalls Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß §
198 Abs.
4 GVG ausreichend ist (§
198 Abs.
2 S. 2
GVG). Eine Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur dann, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer
des Verfahrens gerügt hat (§
198 Abs.
3 Satz 1
GVG).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Kläger haben in beiden Ausgangsverfahren Ende November 2018 nach damals gut 29monatiger
Verfahrensdauer Verzögerungsrügen erhoben. Auch weisen die sich ab Klageerhebung jeweils am 06. Juni 2016 bis zur Erledigung
durch Annahme der (Teil)Anerkenntnisse im Februar bzw. März 2019 über zwei Jahre und acht bzw. neun Monate hinziehenden Verfahren
jeweils eine unangemessene Dauer auf.
Gemäß §
198 Abs.
1 Satz 2
GVG kommt es für die Beurteilung der Verfahrensdauer auf die Umstände des Einzelfalls, insbesondere das Verhalten der Verfahrensbeteiligten
und Dritten sowie die Schwierigkeit, Komplexität und Bedeutung des Verfahrens an, wobei nicht nur die Bedeutung für den auf
Entschädigung klagenden Verfahrensbeteiligten aus der Sicht eines verständigen Betroffenen von Belang ist, sondern auch die
Bedeutung für die Allgemeinheit.
1. Die Ausgangsverfahren, in denen die Kläger sich gegen die Höhe der im Rahmen endgültiger Leistungsfestsetzungen gewährten
Leistungen und insbesondere die Geltendmachung von Erstattungsansprüchen in einem der Verfahren in Höhe von 1.147,44 EUR je
Kläger, im anderen in Höhe von 72,64 EUR bzw. 72,66 EUR wandten, waren von durchschnittlicher Schwierigkeit und Komplexität.
Ebenso ist zur Überzeugung des Senats die Bedeutung der Verfahren als durchschnittlich einzustufen.
Die Bedeutung eines Verfahrens ergibt sich zum einen aus der allgemeinen Tragweite der Entscheidung für die materiellen und
ideellen Interessen der Beteiligten. Zum anderen trägt zur Bedeutung der Sache im Sinne des §
198 Abs.
1 Satz 2
GVG im Kontext des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz maßgeblich das Interesse des Betroffenen gerade an einer raschen Entscheidung
bei. Entscheidend ist deshalb auch, ob und wie sich der Zeitablauf nachteilig auf die Verfahrensposition eines Klägers und
das geltend gemachte materielle Recht sowie möglicherweise auf die weiteren geschützten Interessen auswirkt (BSG, Urteile vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 2/13 -, Rn. 29, - B 10 ÜG 9/13 R -, Rn. 31, - B 10 ÜG 12/13 R -, Rn. 35, - B 10 ÜG 2/14
R -, Rn. 38, vom 12.02.2015 - B 10 ÜG 7/14 R -, Rn. 30 sowie vom 07.09.2017 - B 10 ÜG 1/16 R -, Rn. 34, jeweils zitiert nach
juris).
Soweit der Beklagte meint, die Bedeutung des Verfahrens sei unterdurchschnittlich gewesen, da im Mittelpunkt im Wesentlichen
die Abwehr von Erstattungsforderungen eines Leistungsträgers gestanden habe und daher davon auszugehen sei, dass die Kläger
kein Interesse an einer raschen gerichtlichen Entscheidung gehabt, sie vielmehr angesichts des Suspensiveffekts ihrer Klagen
mit deren Erhebung ihr Ziel bereits vorläufig erreicht gehabt hätten, folgt der Senat ihm nicht.
Zwar trifft es zu, dass in Verfahren, die streitige Aufhebungs- und Erstattungsbescheide zum Gegenstand haben, Kläger oftmals
durchaus Interesse an einer längeren Verfahrensdauer haben, weil sie dies (zunächst) von der anstehenden oder zumindest drohenden
Rückzahlung bereits erhaltener Leistungen befreit (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 07.09.2017 - B 10 ÜG 3/16 R -, Rn. 26, LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26.04.2018 - L 37 SF 38/17 EK AS -, Rn. 46, zitiert jeweils nach juris). Dies rechtfertigt es zur Überzeugung des Senats jedoch nicht, Klagen, die -
sei es im Zusammenhang mit Aufhebungs- oder Rücknahmeentscheidungen, sei es im Rahmen endgültiger Leistungsfestsetzungen -
im Wesentlichen Erstattungsforderungen zum Gegenstand haben, pauschal als unterdurchschnittlich bedeutsam einzustufen. Denn
auch der Suspensiveffekt einer Klage vermag an der Ungewissheit, ob die Forderung berechtigterweise durch die Behörde geltend
gemacht worden ist, nichts zu ändern; das Damoklesschwert der möglicherweise gebotenen Rückzahlung eines erheblichen Betrages
schwebt damit auch während eines anhängigen Klageverfahrens über einem Kläger. Bei vernünftig Handelnden dürfte dies mit dem
Bestreben einhergehen, Rücklagen für die Erfüllung der Zahlungsverpflichtung zu bilden, und damit andere Ausgaben zu vermeiden,
was auf die Lebensgestaltung durchaus Einfluss hat. Zur Überzeugung des Senats sind daher ergänzend jedenfalls auch die Forderungshöhe
sowie die Frage zu berücksichtigen, ob im Verfahren eine realistische Aussicht zumindest auf einen Teilerfolg bestand oder
dieses ersichtlich im Wesentlichen eingeleitet wurde, um die Rückzahlung der - eigentlich von Anfang an als berechtigt erkannten
- Forderung hinauszuzögern. Mit Blick auf die Forderungshöhe ist dabei bei Empfängern (ergänzender) Grundsicherungsleistungen
zu berücksichtigen, dass sich der objektive Umfang für diese anders darstellt. Denn existenzsichernden Leistungen ist regelmäßig
eine überdurchschnittliche Bedeutung für ihren Empfänger beizumessen (BSG, Urteil vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 2/14 R - juris, Rn. 39), weil ggf. Leistungen zur Deckung des Lebensunterhalts im Existenzminimumsbereich
fehlen und durch Einsparmaßnahmen bzw. die Aufnahme privater Darlehen kompensiert werden müssen (BSG, Urteil vom 12.02.2015 - B 10 ÜG 11/13 R -, juris, Rn. 29). Dementsprechend bereitet diesen ggf. aber auch die Rückzahlung
bereits geringerer Beträge größere Probleme.
Gemessen daran kann vorliegend nicht angenommen werden, die Verfahren seien von nur unterdurchschnittlicher Bedeutung gewesen.
Dies gilt auch für das Verfahren S 26 AS 995/16, in dem es letztlich um Erstattungsforderungen in Höhe von (nur) gut 72,00 EUR je Kläger gegangen ist. Denn gerade in diesem
Verfahren haben die Kläger letztlich in vollem Umfang mit ihrem Begehren Erfolg gehabt, was bereits gegen die Annahme spricht,
es wäre ihnen im Wesentlichen um ein Hinauszögern der Rückzahlung gegangen. In dem Parallelverfahren standen hingegen Erstattungsforderungen
von knapp 1.450,00 EUR je Kläger im Raum, was insbesondere für einen Empfänger von Grundsicherungsleistungen einen durchaus
substantiellen Betrag bedeutet. Auch hier haben die Kläger zumindest einen Teilerfolg erreicht. Auch im Übrigen lassen sich
dem Verhalten der Kläger in den beiden Prozessen keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass es ihnen bei der Erhebung der Klagen
im Wesentlichen um ein Hinauszögern der Rückzahlung gegangen wäre. Für die Allgemeinheit hatten die Verfahren hingegen keinerlei
Bedeutung.
2. Für die Entscheidung, ob eine überlange Verfahrensdauer vorliegt, sind aktive und inaktive Zeiten der Bearbeitung gegenüberzustellen.
Dabei sind dem Ausgangsgericht gewisse Vorbereitungs- und Bedenkzeiten, die regelmäßig je Instanz zwölf Monate betragen, als
angemessen zuzugestehen, selbst wenn sie nicht durch konkrete Verfahrensförderungsschritte als begründet und gerechtfertigt
angesehen werden können. Angemessen bleibt die Gesamtverfahrensdauer in Hauptsacheverfahren regelmäßig zudem dann, wenn sie
den genannten Zeitraum überschreitet, aber insoweit auf vertretbarer aktiver Verfahrensgestaltung des Gerichts beruht oder
durch Verhalten des Klägers oder Dritter verursacht wird, die das Gericht nicht zu vertreten hat (BSG, Urteil vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 12/13 R - juris, Rn. 33, 54 f.). Bedeutsam ist dabei zudem, dass dann keine inaktive Zeit
der Verfahrensführung vorliegt, wenn ein Kläger während Phasen (vermeintlicher) Inaktivität des Gerichts selbst durch das
Einreichen von Schriftsätzen eine Bearbeitung des Vorganges durch das Gericht bewirkt. Denn eingereichte Schriftsätze, die
einen gewissen Umfang haben und sich inhaltlich mit Fragen des Verfahrens befassen, bewirken generell eine Überlegungs- und
Bearbeitungszeit beim Gericht, die mit einem Monat zu Buche schlägt (BSG, Urteil vom 03.09.2014, B 10 ÜG 12/13 R, juris, Rn. 57). Weiter ist zu beachten, dass die Übersendung eines Schriftsatzes,
z.B. eines Gutachtens, einer gutachtlichen Stellungnahme oder auch der Berufungserwiderung an die Beteiligten zur Kenntnis
stets die Möglichkeit zur Stellungnahme beinhaltet sowie die Entscheidung des Gerichts, im Hinblick auf eine mögliche Stellungnahme
zunächst nicht weitere Maßnahmen zur Verfahrensförderung zu ergreifen, grundsätzlich noch seiner Entscheidungsprärogative
unterliegt und - mit Ausnahme unvertretbarer oder schlechthin unverständlicher Wartezeiten - durch das Entschädigungsgericht
nicht als Verfahrensverzögerung zu bewerten ist (BSG, Urteil vom 07.09.2017 - B 10 ÜG 1/16 R - juris, Rn. 43). Schließlich ist kleinste relevante Zeiteinheit im Geltungsbereich
des GRüGV stets der Kalendermonat (BSG, Urteil vom 12.02.2015 - B 10 ÜG 11/13 R - 2. Leitsatz und Rn. 34, vgl. auch Urteile vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 12/13 R -,
Rn. 29, - B 10 ÜG 9/13 R - Rn. 25, - B 10 ÜG 2/13 - Rn. 24, jeweils zitiert nach juris).
Unstreitig und insoweit zu Recht gehen die Beteiligten davon aus, dass es in den beiden streitgegenständlichen Ausgangsverfahren
jeweils in der Zeit von März 2017 (Monat nach Korrektur der Prozesskostenhilfe-Bewilligung) bis November 2018 (Monat vor Anberaumung
des Termins), mithin im Umfang von 21 Kalendermonaten, zu Phasen gerichtlicher Inaktivität gekommen ist. Darüber hinaus ist
den Klägern zu folgen, soweit sie auch die Monate August und September 2016 als Verzögerungsmonate bewerten. Denn nachdem
die Bevollmächtigten in ihren Klageschriften vom Juni 2016 um Akteneinsicht gebeten und eine anschließende ausführlichere
Klagebegründung in Aussicht gestellt hatten, hat das Sozialgericht den damaligen Beklagten Mitte Juni gebeten, die Akten den
Bevollmächtigten zur Akteneinsicht zuzuleiten, und dafür eine Frist von vier Wochen gesetzt. Zugleich hat es aber auch den
damaligen Beklagten um Erwiderung binnen sechs Wochen gebeten. Während eine Aktenübersendung unterblieben war, sind die Erwiderungen
noch im Juni 2016 eingegangen und wurden Anfang Juli 2016 an die Bevollmächtigten zur Kenntnisnahme weitergeleitet. Weder
aber hat das Sozialgericht - ggf. in der Annahme, die Verwaltungsakten wären aufforderungsgemäß an die Bevollmächtigten geschickt
worden - diese an die Klagebegründung erinnert, noch hat es umgekehrt den damaligen Beklagten an die Übersendung erinnert.
Stattdessen hat das Sozialgericht die Akten in das Sitzungsfach verfügt und damit zum Ausdruck gebracht, die Sache als entscheidungsreif
einzustufen. Dies hatte letztlich zur Folge, dass den Verfahren erst im Oktober 2016 Fortgang gewährt wurde, als die Bevollmächtigten
Begründungen vorlegten, ohne inzwischen Akteneinsicht gehabt zu haben.
Insgesamt ist es damit in beiden Verfahren in 23 Kalendermonaten zu gerichtlicher Inaktivität gekommen.
3. Dies bedeutet indes nicht, dass den Klägern jeweils eine Entschädigung für 23 Monate in zwei Verfahren zustehen würde.
Denn erst die wertende Gesamtbetrachtung und Abwägung aller Einzelfallumstände ergibt, ob die Verfahrensdauer die äußerste
Grenze des Angemessenen deutlich überschritten und deshalb das Recht auf Rechtsschutz in angemessener Zeit verletzt hat (BSG, Urteil vom 07.09.2017 - B 10 ÜG 1/16 R - juris, Rn. 33). Dabei sind - wie bereits ausgeführt - dem Ausgangsgericht Vorbereitungs-
und Bedenkzeiten von in der Regel zwölf Monaten je Instanz als angemessen zuzugestehen, falls sich nicht aus dem Vortrag des
Klägers oder aus den Akten besondere Umstände ergeben, die vor allem mit Blick auf die Kriterien von §
198 Abs.
1 Satz 2
GVG im Einzelfall zu einer anderen Bewertung führen (BSG, Urteile vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 2/13 R - Rn. 48, - B 10 ÜG 2/14 R - Rn. 49 und - B 10 ÜG 12/13 R - Rn. 56, jeweils zitiert
nach juris). Im Rahmen der Gesamtabwägung ist schließlich im Hinblick auf die Regelung des §
198 Abs.
3 Satz 4
GVG weiter zu prüfen, ob und inwieweit eine mögliche Verletzung der Hinweispflicht eines Klägers nach §
198 Abs.
3 Satz 3
GVG zu einer Verkürzung der entschädigungsrelevanten Überlänge beitragen kann (BSG, Urteil vom 12.02.2015 - B 10 ÜG 11/13 R - juris, Rn. 34).
Anlass, von der Vorbereitungs- und Bedenkzeit von zwölf Monaten für die beiden Klageverfahren abzuweichen, besteht zur Überzeugung
des Senats weder nach Aktenlage noch nach dem Vortrag der Beteiligten.
Insbesondere sieht er es nicht als gerechtfertigt an, von der vom Beklagten geforderten Verdoppelung der Vorbereitungs- und
Bedenkzeit auszugehen, weil die streitgegenständlichen Ausgangsverfahren Erstattungsbescheide im Rahmen endgültiger Leistungsfestsetzungen
zum Gegenstand hatten. Abgesehen davon, dass die jeweiligen Streitgegenstände - wie oben ausgeführt - hier nicht dazu führen
können, den Rechtsstreitigkeiten eine nur sehr geringe Bedeutung zuzusprechen, ist zu beachten, dass es bei der Frage der
angemessenen Verfahrensdauer letztlich um den Justizgewährleistungsanspruch geht und in den Ausgangsverfahren Verfahrensbeteiligte
nicht nur die - jetzt eine Entschädigung begehrenden - Kläger waren, sondern auch die beklagte Behörde, um deren Erstattungsbescheide
es ging. Auch diese Behörde, die ihre Leistungen aus Mitteln der Steuerzahler finanziert, hat ein Interesse an einer zügigen
Entscheidung und ggf. der Rückerstattung überzahlter Leistungen. Die Gebietskörperschaften sind daher gehalten, für eine Personalausstattung
der Gerichte zu sorgen, die es nicht nötig macht, Verfahren, in denen es im Wesentlichen - sei es im Zusammenhang mit Aufhebungs-
oder Rücknahmebescheiden, sei es im Rahmen einer endgültigen Leistungsfestsetzung - um Erstattungsforderungen geht, länger
als zwölf Monate zurückzustellen.
Umgekehrt sieht der Senat jedoch auch keinen Anlass, zugunsten der Kläger von einer Verkürzung der üblichen Vorbereitungs-
und Bedenkzeit von zwölf Monaten auszugehen, sodass die streitgegenständlichen Ausgangsverfahren eine Überlänge von jeweils
elf Kalendermonaten aufweisen.
4. Durch diese überlange Verfahrensdauer haben die Kläger jeweils einen Nachteil nicht vermögenswerter Art erlitten. Dies
folgt bereits aus §
198 Abs.
2 Satz 1
GVG, wonach ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, vermutet wird, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert
hat. Umstände, die diese gesetzliche Vermutung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen, sind nicht erkennbar und auch von
dem Beklagten nicht vorgebracht worden.
5. Eine Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß §
198 Absatz
4 GVG, insbesondere durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war, sieht der Senat
vorliegend nicht als ausreichend an (§
198 Abs.
2 Satz 2
GVG). Eine derartige Kompensation kommt unter Würdigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zu
Art. 6 und Art. 41 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) nur ausnahmsweise in Betracht (vgl. BSG, Urteile vom 21.02.2013 - B 10 ÜG 1/12 KL - Rn. 45, vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 2/13 R - Rn. 52 und - B 10 ÜG 12/13 R - Rn.
59 sowie vom 12.02.2015 - B 10 ÜG 11/13 R - Rn. 36 und - B 10 ÜG 7/14 R - Rn. 43, alle zitiert nach juris). Namentlich kann
dies dann der Fall sein, wenn das Verfahren für den Entschädigungskläger aus der Sicht eines verständigen Dritten in der Lage
des Klägers keine besondere Bedeutung hatte oder dieser durch sein Verhalten erheblich zur Verlängerung des Verfahrens beigetragen
hat. Beides ist hier jedoch nicht der Fall. Wie bereits oben ausgeführt, ist mit Blick auf die streitgegenständlichen Ausgangsverfahren
weder von geringer Bedeutung auszugehen noch den Klägern vorzuwerfen, sie hätten zu deren Verlängerung beigetragen.
6. Ausgehend von der entschädigungspflichtigen Überlänge von jeweils elf Kalendermonaten und dem in §
198 Abs.
2 S. 3
GVG vorgegebenen Richtwert von 1.200,00 EUR für jedes Jahr der Verzögerung beläuft sich damit die den Klägern zustehende angemessene
Entschädigung auf 1.100,00 EUR je Verfahren. Soweit §
198 Abs.
2 Satz 4
GVG für atypische Sonderfälle (vgl. BSG, Urteil vom 12.02.2015 - B 10 ÜG 11/13 R - Rn. 37 ff., vgl. auch Urteile vom 07.09.2017 - B 10 ÜG 1/16 R - Rn. 50, 52 und
- B 10 ÜG 3/16 R - Rn. 33, jeweils zitiert nach juris) die Möglichkeit eröffnet, von der Entschädigungspauschale abzuweichen,
wenn sich nämlich das zu beurteilende Verfahren durch eine oder mehrere entschädigungsrelevante Besonderheiten in tatsächlicher
oder rechtlicher Hinsicht von vergleichbaren Fällen abhebt (BSG, Urteil vom 12.02.2015 - B 10 ÜG 11/13 R - Rn. 39, vgl. auch Urteil vom 07.09.2017 - B 10 ÜG 1/16 R - Rn. 51 f., jeweils
zitiert nach juris), besteht dafür vorliegend kein Raum. Weder hatten die Ausgangsverfahren eine außergewöhnlich geringe Bedeutung
für die Kläger noch wiesen die Verfahren jeweils eine nur kurzzeitige Verzögerung auf (vgl. zu diesen Varianten: BSG, Urteil vom 12.02.2015 - B 10 ÜG 11/13 R - juris, Rn. 39).
7. Darüber hinaus steht den Klägern eine Entschädigung für den erlittenen Vermögensschaden in Form der für die vorprozessuale
Geltendmachung des Anspruchs angefallenen Rechtsanwaltskosten (vgl. insoweit BVerwG, Urteil vom 27.02.2014 - 5 C 1/13 D -, juris, Rn. 40, unter Bezugnahme auf BT-Drs. 17/3802, S. 19; siehe auch Röhl in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGG, 1. Aufl. 2017, §
198 GVG, Rn. 108) zu. Diese Kosten belaufen sich bei einem Wert von 4.400,00 EUR auf insgesamt 600,71 EUR [= 303,00 EUR (Geschäftsgebühr
§ 13 Nr. 2300 VV RVG) x 1,6 (Erhöhungsgebühr für außergerichtliche Vertretung, Nr. 2300 VV RVG und für zweite Person, Nr. 1008 VV RVG) + 20,00 EUR (Pauschale für Post und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG) zzgl. 95,91 EUR (19 % Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG)].
II. Da der Entschädigungsanspruch nach §
198 GVG außerhalb des Systems der sozialrechtlichen Ansprüche steht, für die Prozesszinsen nach Maßgabe des §
44 des
Ersten Buches des Sozialgesetzbuches grundsätzlich nicht beansprucht werden kann (vgl. BSG, Urteile vom 03.09.2014 - B 10 ÜG 9/13 R - Rn. 52, - B 10 ÜG 12/13 R - Rn. 61 und - B 10 ÜG 2/14 R - Rn. 54, alle zitiert
nach juris), war der Beklagte weiter in analoger Anwendung der §§
288 Abs.
1,
291 Satz 1 des
Bürgerlichen Gesetzbuches zur Zahlung von Prozesszinsen in Höhe von 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz zu verurteilen. Diese sind ab Rechtshängigkeit,
d.h. nach §
94 Satz 2
SGG ab Zustellung der Klage, hier ab dem 04. Oktober 2019 zu zahlen. III. Soweit in §
198 Abs.
4 Satz 3
GVG schließlich die Möglichkeit vorgesehen ist, in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung auszusprechen, dass die Verfahrensdauer
unangemessen war, sieht der Senat hierfür keinen Grund. Er vermag bereits nicht zu erkennen, dass vorliegend ein schwerwiegender
Fall gegeben wäre.
V. Anlass, die Revision nach §§
160 Abs.
2 Nr.
1,
202 Satz 2
SGG,
201 Abs.
2 Satz 3
GVG zuzulassen, bestand nicht.