Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist im Berufungsverfahren nach entsprechender Beschränkung des Streitgegenstandes im Termin zur mündlichen
Verhandlung am 11. Mai 2010 allein noch die Gewährung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen
der Folgen der als Berufskrankheit anerkannten Virushepatitis streitig.
Die am XX.XXXXXXXXX 1953 geborene Klägerin absolvierte von April 1971 bis März 1974 erfolgreich eine Ausbildung zur Krankenschwester.
Im September 1974 wurde bei ihr eine Virushepatitis festgestellt, die die Beklagte mit Bescheid vom 18. September 1975 als
Berufskrankheit nach Nr. 37 der Anlage zur damals geltenden Siebten
Berufskrankheitenverordnung anerkannte und für deren Folgen sie zunächst eine vorläufige Verletztenrente, mit Bescheid vom 22. April 1976 dann eine Dauerrente
nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 vom Hundert gewährte. In der nachfolgenden Zeit war die Klägerin nach ihren
Angaben unter anderem vom 1. Mai bis 31. Oktober 1975 als Krankenschwester im Allgemeinen Krankenhaus B., sechs Monate als
Krankenschwester im Allgemeinen Krankenhaus E., vom 1. August 1976 bis 30. Juni 1982 in Teilzeitbeschäftigung als Krankenschwester
in einer Seniorenwohnanlage, vom 1. Juli 1982 bis 31. Dezember 1982 als Krankenschwester im I. Krankenhaus und vom 1. Juli
1983 bis 30. September 1983 als Krankenschwester auf der operativen Intensivstation des Krankenhauses S. beschäftigt. Nachfolgend
war sie nochmals im Jahre 1989 für drei Monate in ihrem Beruf im Krankenhaus O. tätig.
Während seit 1977 jährlich erfolgte Überprüfungen des Gesundheitszustandes der Klägerin durch die Beklagte keine wesentliche
Änderung im Sinne einer Besserung erbracht hatten, stellte der Internist Dr. O1 in seinem im Auftrag der Beklagten erstellten
Gutachten vom 26. April 1984 eine wesentliche Besserung sowie lediglich noch das Vorliegen einer Minderung der Erwerbsfähigkeit
von unter 20 vom Hundert fest. Die von der Beklagten daraufhin mit Bescheid vom 20. Juli 1984 in der Fassung des Widerspruchsbescheides
vom 19. Dezember 1984 vorgenommene Entziehung der Rente wurde von der Klägerin mit einer Klage vor dem Sozialgericht Hamburg
(26 U 25/85) angefochten. Dieses Klageverfahren endete durch gerichtlichen Vergleich vom 29. Mai 1987, nach welchem der Klägerin weiter
Verletztenrente bis 30. April 1987 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 vom Hundert bis 31. Dezember 1985 und
danach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 vom Hundert gewährt wurde. Grundlage dieses Vergleichs war das vom Gericht
eingeholte Gutachten des Internisten Prof. Dr. S1 vom 30. April 1987, der zu dem Ergebnis gelangt war, die chronisch-persistierende
Hepatitis sei ohne wesentliche Folgen ausgeheilt.
Am 5. Oktober 1998 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die (Wieder-)Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen
der anerkannten Berufskrankheit und machte dabei zur Begründung geltend, ihr gesundheitlicher Zustand habe sich verschlechtert.
Unter anderem leide sie seit einiger Zeit unter geschwollenen Fingern. Im Übrigen wies sie darauf hin, dass sie wegen der
Folgen der Berufskrankheit keinen dauerhaften Arbeitsplatz erlangen könne, weil sie nach den bei den Einstellungsuntersuchungen
durchgeführten Bluttests immer eine Absage erhalte. Die Beklagte lehnte diesen Antrag nach Beiziehung und Auswertung eines
Befundberichts des behandelnden Internisten Dr. J. mit Bescheid vom 1. Juli 1999 und Widerspruchsbescheid vom 30. September
1999 ab.
Während des nachfolgenden Klageverfahrens hat das Sozialgericht den Befundbericht des Internisten Dr. J. sowie die medizinischen
Unterlagen aus dem Verfahren der Klägerin gegen den Rentenversicherungsträger einschließlich des Gutachtens des Internisten
und Arbeitsmediziners Dr. S2 vom 28. Mai 2004 beigezogen. Nach diesem Gutachten kann die Klägerin noch leichte bis mittelschwere
Tätigkeiten vollschichtig verrichten. Zu meiden seien lediglich bestimmte Tätigkeiten in Heilberufen, bei denen eine besondere
Gefahr einer Ansteckung gegeben sei (Op-Schwester). Darüber hinaus hat das Sozialgericht das schriftliche Gutachten vom 5.
Juni 2002 nebst ergänzender Stellungnahme vom 13. September 2002 des Internisten und Arbeitsmediziners Prof. Dr. B1 eingeholt,
wonach bei der Klägerin eine ausgeheilte chronische Hepatitis mit bestehender geringer Infektiosität und damit einem geringen
Risiko einer Hepatitis B-Virus-Übertragung vorliege. Nur weil die Klägerin nach ihren Angaben potentiellen Arbeitgebern bereits
vor der Probezeit die gewerbeärztliche Bescheinigung über die Hepatitiserkrankung vorgelegt habe, sei für sie die Erlangung
einer entsprechenden Anstellung als Krankenschwester erschwert worden. Krankenschwestern, die den zuständigen Betriebsarzt
und nicht den Arbeitgeber selbst über ihre Infektion informierten, würden in der Regel unter Auflagen auf allgemeinen Krankenstationen
eingestellt werden. Aufgrund der durch die Berufskrankheit hervorgerufenen beruflichen Schwierigkeiten sei eine Minderung
der Erwerbsfähigkeit von 10 vom Hundert festzustellen.
Durch sein Urteil vom 24. Mai 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Eine wesentliche Verschlimmerung in den Folgen
der als Berufskrankheit anerkannten Virushepatitis im Sinne des § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch -- Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) liege nicht vor. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit, die sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen
und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens richte,
liege nach wie vor unter dem nach §
56 Abs.
1 Satz 1
Siebtes Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (
SGB VII) für die Gewährung einer Rente erforderlichen Grad von 20 vom Hundert. Aus gesundheitlichen Gründen bestehe bereits seit
1987 keine Minderung der Erwerbsfähigkeit mehr. Dies stehe nach allen vorliegenden ärztlichen Unterlagen und Gutachten fest.
Ob die von der Klägerin behauptete faktische Verschlossenheit des Arbeitsmarktes in ihrem erlernten Beruf als Krankenschwester
wegen der Offenbarung ihrer Infektion bei Vorstellungsgesprächen bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu berücksichtigen
sei, bedürfe keiner Entscheidung. Prof. Dr. B1 habe nachvollziehbar dargelegt, dass unter der Annahme, bestimmte Tätigkeiten
im Gesundheitssektor seien der Klägerin verschlossen, die Minderung der Erwerbsfähigkeit mit 10 vom Hundert - und damit nicht
in rentenberechtigender Höhe - einzuschätzen sei. Daneben bleibe festzustellen, dass die Klägerin ihre beruflichen Kenntnisse
und Fähigkeiten weiter nutzen könne, weil lediglich Tätigkeiten in den Bereichen Chirurgie, Intensiv- und Neugeborenenmedizin
zu meiden seien. Der Umstand, dass die Klägerin bis 1989 immer wieder - wenn auch kurzzeitig - Anstellungen als Krankenschwester
gefunden habe, belege, dass keine komplette Verschlossenheit des Arbeitsmarktes für die Klägerin in ihrem erlernten Beruf
vorliege.
Gegen das ihr am 15. Juni 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 7. Juli 2005 Berufung eingelegt. Das Sozialgericht habe
nicht alle gesundheitlichen und beruflichen Einschränkungen berücksichtigt, sondern sich sehr einseitig nur der Frage der
Hepatitis angenommen. Wegen ihrer gesundheitlichen Störungen sei sie nicht in der Lage, sechs Stunden pro Tag zu arbeiten.
Wenn überhaupt, dann benötige sie einen Arbeitsplatz, wo sie zwischen Sitzen und Stehen wechseln könne. Derartige Arbeitsabläufe
könnten nach heutigen technischen Standards zwar eingerichtet werden, jedoch zeige die Erfahrung, dass die meisten Arbeitgeber
nicht bereit seien, sich auf solche Arbeitsabläufe einzulassen. Das Sozialgericht habe ebenfalls nicht berücksichtigt, dass
aus der Hepatitis als Folgeerkrankungen wiederkehrende Durchfälle, Verdauungsstörungen, eine Funktionsschwäche der Bauchspeicheldrüse,
Wassereinlagerungen und Funktionsstörungen der Nebennieren entstanden seien. Diese nachfolgenden Erkrankungen der Hepatitis
B hätten zu einer seit Mitte 1983 andauernden Langzeit-Erwerbslosigkeit geführt.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. Februar 2005 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1.
Juli 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. September 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr
wegen der Folgen der als Berufskrankheit anerkannten Virus-Hepatitis eine Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. Februar 2005 zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das Sozialgericht habe die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Klägerin
habe nach der Feststellung der Hepatitis im Jahre 1974 bis ins Jahr 1983 hinein an mehreren Stellen in ihrem Beruf als Krankenschwester
gearbeitet. Sie habe offensichtlich trotz des Carrier-Status Arbeit gefunden. Die Klägerin habe wohl erst nach 1983 Schwierigkeiten
auf dem Arbeitsmarkt gehabt. Aber auch im Jahre 1989 sei sie erneut über 3 Monate im Krankenhaus tätig gewesen. Unter diesen
Umständen falle es schwer, der Argumentation der Klägerin zu folgen, sie habe aufgrund ihres Gesundheitszustandes tatsächlich
keine Anstellung in ihrem Beruf finden können.
Nachdem die Klägerin die Auffassung vertreten hatte, auch ihre seelische Beeinträchtigung sei Folge der Hepatitiserkrankung,
hat das Gericht sich einem im Verfahren der Klägerin gegen den Rentenversicherungsträger erteilten Gutachtenauftrag an den
Nervenarzt Dr. L. angeschlossen. Dieser Sachverständige hat die Klägerin am 2. Januar 2008 untersucht und das schriftliche
Gutachten vom 9. Januar 2008 eingereicht. Darin kommt er zu dem Ergebnis, dass die Leistungsfähigkeit der Klägerin durch eine
psychische Minderbelastbarkeit im Rahmen einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit paranoiden Zügen und durch eine chronische
dysphorische Verstimmung im Sinne einer Dysthymie mit vermehrter Reizbarkeit und Verstimmbarkeit und emotionaler Labilität
beeinträchtigt sei. Bei über Jahrzehnte vollständig fehlenden nervenärztlichen Befunderhebungen und Feststellungen sei es
im Nachhinein nicht mit der entsprechenden Wahrscheinlichkeit möglich, diese psychische Erkrankung als Folge der Virushepatitis
anzusehen. Primärpersönliche Züge hätten hier sicherlich eine erhebliche Rolle gespielt. Dennoch würden mehr Gesichtspunkte
dafür als dagegen sprechen, dass psycho-reaktive Folgen der Virushepatitis bei der Klägerin bestehen, da durch die Erkrankung
ihr gesamter Lebensentwurf in völlig andere Bahnen gelenkt worden sei, auch wenn man hierfür die Primärpersönlichkeit ganz
wesentlich mit verantwortlich machen müsse. Zumindest ein Teil der festzustellenden psychopathologischen Auffälligkeiten sollten
als psychoreaktive Folgen der Virushepatitis im Sinne einer reaktiven dysthymen Störung anerkannt und mit einer Minderung
der Erwerbsfähigkeit von 10 vom Hundert bewertet werden. Dies gelte zumindest seit Oktober 1998.
Die Beklagte hat dieser Beurteilung unter Hinweis auf die von der Klägerin bis 1989 ausgeübten Tätigkeiten als Krankenschwester
widersprochen und ausgeführt, es passe nicht zu diesen Tatsachen, dass nun der ganze Lebensplan der Klägerin durch die Erkrankung
aus der Bahn gelenkt worden sein solle. Eine direkte Verknüpfung der Arbeitslosigkeit der Klägerin mit der ausgeheilten Virus-Hepatitis
bestehe gerade nicht. Es könne deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass die vom Sachverständigen festgestellten Persönlichkeitsstörungen
anteilig auf die Viruserkrankung zurückzuführen seien.
Demgegenüber hält die Klägerin die Beurteilung des Sachverständigen für zutreffend. Sie habe auch schon vor 1983 ständig Schwierigkeiten
auf dem Arbeitsmarkt gehabt und keine Stelle über längere Zeit behalten können. Die Arbeitgeber seien immer wieder nicht bereit
gewesen, Dauerarbeitsverhältnisse mit ihr einzugehen, nachdem der Hepatitis-Status bekannt geworden sei. Dementsprechend habe
die Deutsche Rentenversicherung bei ihr auch Berufsunfähigkeit angenommen und eine entsprechende Rente auf Dauer gewährt.
Die Klägerin hat dazu Arbeitszeugnisse des Allgemeinen Krankenhauses B. vom 31. Oktober 1975, der V.-Genossenschaft vom 8.
Juli 1982, des I. Krankenhauses vom 31. Dezember 1982 sowie des Krankenhauses S. vom 19. Oktober 1983 eingereicht.
Im Termin am 11. Mai 2010 hat Dr. L. sein Gutachten ergänzend dahingehend erläutert, dass auch die Tatsache, dass die Klägerin
nach ihrer Erkrankung noch einige Jahre in ihrem Beruf tätig und sogar auf einer Intensivstation eingesetzt war, nicht gegen
die Entwicklung psychoreaktiver Folgen aufgrund vergeblicher Bemühungen spreche, wieder eine Arbeitsstelle zu finden. In diesem
Zusammenhang sei möglicherweise eine zunehmend vorsichtige Einstellung der Arbeitgeber im Umgang mit an Hepatitis B erkranktem
Personal von Bedeutung. Mangels wegweisender Befunde bleibe diese Überlegung natürlich spekulativ. Wenn allerdings Prof. Dr.
B1 in seinem Gutachten 2002 letztlich keine messbaren körperlichen Folgen der Hepatitis feststelle, aber die Ausgrenzung vom
Arbeitsmarkt mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 vom Hundert bemesse, werde damit der gleiche Tatbestand aus arbeitsmedizinischer
Sicht beschrieben, wie er, der Sachverständige, ihn aus nervenärztlicher Sicht angegeben habe.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der
in der Sitzungsniederschrift vom 11. Mai 2010 aufgeführten Akten und Unterlagen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen
Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin (§§
143,
144,
151 Sozialgerichtsgesetz -
SGG -) ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die auf Gewährung einer Verletztenrente gerichtete Klage aus zutreffenden Gründen
abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 1. Juli 1999 und 30. September 1999 sind rechtmäßig. Entgegen ihrer
Auffassung hat die Klägerin keinen Anspruch auf (Wieder-)Gewährung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung
wegen der Folgen der als Berufskrankheit anerkannten Virushepatitis.
Entgegen den Ausführungen der Beklagten im Widerspruchsbescheid vom 30. September 1999 sowie des Sozialgerichts in seiner
angefochtenen Entscheidung ist der Anspruch der Klägerin nicht davon abhängig, ob gegenüber der Entziehung der ursprünglich
gewährten Rente wiederum eine wesentliche Änderung im Sinne des § 48 SGB X eingetreten ist. § 48 SGB X regelt ausschließlich die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung bei Änderung der Verhältnisse. Bei der Entziehung
einer ursprünglich gewährten Rente handelt es sich aber ebenso wenig wie bei der Ablehnung einer beantragten Rentengewährung
um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Die rechtlichen Wirkungen der Entziehung erstrecken sich gerade nicht über die einmalige
Gestaltung der Rechtslage hinaus auf eine gewisse Dauer. Sie erschöpfen sich vielmehr in einer einmaligen Gestaltung der Sach-
und Rechtslage bezogen auf den Zeitpunkt ihres Erlasses (vgl. von Wulffen/Wiesner, SGB X, § 48, Rdnrn. 1,4, m.w.N.). Ein wie hier geltend gemachter Anspruch auf (Wieder-)Gewährung einer in der Vergangenheit bereits einmal
entzogenen Verletztenrente ist daher von keinen weiteren rechtlichen Voraussetzungen abhängig als ein Erstantrag.
Nach §
56 Abs.
1 SGB VII setzt die Gewährung einer Verletztenrente voraus, dass die Erwerbsfähigkeit des Verletzten infolge des Berufskrankheit um
mindestens 20 vom Hundert gemindert ist. Entgegen der Auffassung der Klägerin bedingen die Folgen der als Berufskrankheit
anerkannten Virushepatitis nicht diesen erforderlichen Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit. Das steht zur Überzeugung
des Senats nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, insbesondere nach Auswertung der in den während des Klageverfahrens beigezogenen
Unterlagen aus dem Verfahren der Klägerin gegen den Rentenversicherungsträger enthaltenen Gutachten und des vom Sozialgericht
eingeholten Gutachtens des Internisten und Arbeitsmediziners Prof. Dr. B1 sowie des während des Berufungsverfahrens eingeholten
Gutachtens und der ergänzenden Ausführungen des Nervenarztes Dr. L. fest. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der als Folge
der Berufskrankheit geltend gemachte Gesundheitsschaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen muss, ohne
dass eine völlige Gewissheit zu fordern ist. Demgegenüber genügt für den Ursachenzusammenhang der Gesundheitsstörung mit dem
Unfall eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, d.h. es müssen mehr Gesichtspunkte dafür als dagegen sprechen. Allerdings ist
die bloße Möglichkeit eines Zusammenhangs nicht ausreichend.
Nach übereinstimmender Beurteilung aller sowohl im anhängigen als auch im Verfahren gegen den Rentenversicherungsträger gehörten
medizinischen Sachverständigen sind entgegen der Auffassung der Klägerin körperliche Folgen der als Berufskrankheit anerkannten
Hepatitis nicht ersichtlich und somit bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit auch nicht zu berücksichtigen.
Die von der Klägerin insoweit geltend gemachten Beschwerden in Form von Durchfällen, Verdauungsstörungen, einer Funktionsschwäche
der Bauchspeicheldrüse, Wassereinlagerungen und Funktionsstörungen der Nebennieren konnten von den Sachverständigen nicht
festgestellt werden bzw. stellen sich nach den gutachterlichen Beurteilungen gerade nicht als Folgen der durchgemachten Hepatitis
dar. Insoweit ist von Bedeutung, dass der Erfolg der Klägerin im Verfahren gegen den Rentenversicherungsträger, der letztlich
einen Anspruch auf Gewährung von Berufsunfähigkeitsrente anerkannt hat, nicht im Zusammenhang mit der anerkannten Berufskrankheit
steht. Vielmehr ist im Rentenverfahren festgestellt worden, dass die Klägerin wegen anderer gesundheitlicher Beeinträchtigungen
insbesondere in Form einer Lungenerkrankung nur noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten verrichten und deshalb schon nicht
mehr als Krankenschwester arbeiten und wegen ihrer psychischen Gesundheitsstörungen auch nicht in Betracht kommende Verweisungstätigkeiten
verrichten kann. Bei dieser Rentengewährung kam der Berufskrankheit somit gar keine Bedeutung zu.
Soweit der vom Sozialgericht gehörte arbeitsmedizinische Sachverständige Prof. Dr. B1 eine durch die Folgen der Berufskrankheit
bedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 vom Hundert angenommen hat, weil die Berufskrankheit die Klägerin faktisch
gehindert habe, ihren Beruf als Krankenschwester auszuüben, vermag dies nicht ohne Weiteres zu überzeugen, zumal auch Prof.
Dr. B1 wie alle anderen Sachverständigen dargelegt hat, dass die Virushepatitis mit einem zwar geringen, aber nicht völlig
auszuschließenden Infektionsrisiko die Klägerin lediglich hindert, als Krankenschwester in bestimmten Bereichen wie z.B. als
Operationsschwester, in der Intensivmedizin oder der Geburtshilfe tätig zu werden. Damit bestätigt auch dieser Sachverständige,
dass die Klägerin trotz ihrer Berufskrankheit grundsätzlich in der Lage war, weiter als Krankenschwester zu arbeiten. Dies
wird letztlich - worauf bereits das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat - durch den Umstand bestätigt, dass die Klägerin
gerade in den ersten Jahren nach der diagnostizierten Hepatitis tatsächlich an mehreren Stellen als Krankenschwester - zeitweise
sogar auf einer Intensivstation - gearbeitet hat. Aus keinem der von der Klägerin vorgelegten Arbeitszeugnisse ergeben sich
Anhaltspunkte dafür, dass das Arbeitsverhältnis wegen der anerkannten Berufskrankheit beendet bzw. nicht fortgeführt worden
ist. Dementsprechend weist Prof. Dr. B1 in seinem schriftlichen Gutachten auch zu Recht darauf hin, dass gescheiterte Bewerbungen
der Klägerin um einen Arbeitsplatz in erster Linie darauf zurückzuführen sind, dass sie nach ihren eigenen Angaben bereits
im ersten Vorstellungsgespräch auf ihr Infektionsrisiko hingewiesen und die gewerbeärztliche Bescheinigung über das Vorliegen
einer berufsbedingten Virushepatitis vorgelegt hat. Ein derartiges Verhalten wird nach den zutreffenden Darlegungen des Sachverständigen
in der Regel im Sinne einer vorsorglich angekündigten Leistungseinschränkung bzw. einer zu erwartenden überdurchschnittlichen
Erkrankungshäufigkeit interpretiert und führt allein aus diesem Grund zu einer Nichtberücksichtigung der Bewerbung. Dies gilt
umso mehr unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die von der Klägerin den potentiellen Arbeitgebern vorgelegte gewerbeärztliche
Bescheinigung noch aus den 70er Jahren und damit aus einer Zeit stammt, als die Auswirkungen und das Infektionsrisiko der
Hepatitis noch erheblich größer waren, als in der hier zu bewertenden Zeit ab 1987 bzw. 1998. Hätte die Klägerin ihren jeweils
aktuellen Trägerstatus - wie nach den Ausführungen des arbeitsmedizinischen Sachverständigen im Krankenhausbereich üblich
- dem Betriebsarzt offenbart, wären ihre Einstellungschancen jedenfalls erheblich größer gewesen.
Legt man der Beurteilung zugrunde, dass der Klägerin nur ein ganz geringer Anteil aller Krankenschwestertätigkeiten aufgrund
der Berufskrankheit tatsächlich verwehrt war, und setzt diesen Anteil im Sinne der abstrakten Schadensbemessung ins Verhältnis
zu allen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für sie in Betracht kommenden Arbeitsplätzen, lässt sich eine Minderung der Erwerbsfähigkeit
von 10 nicht rechtfertigen. Eine besondere berufliche Betroffenheit im Sinne des §
56 Abs.
2 Satz 3
SGB VII, wie sie von Prof. Dr. B1 angesprochen wurde, kommt bei der Klägerin ebenfalls nicht in Betracht. Nach der Regelung des §
56 Abs. 2 Satz 3 SGB II sind bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit auch Nachteile zu berücksichtigen, die der
Versicherte dadurch erleidet, dass er bestimmte von ihm erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge
des Versicherungsfalles nicht mehr oder nur noch vermindert nutzen kann. Es handelt sich insoweit um eine Härtefallklausel,
für die wesentliche Faktoren das Alter des Versicherten, die Dauer seiner Ausbildung, die Dauer der Ausübung einer speziellen
beruflichen Tätigkeit und die Art der speziellen beruflichen Fähigkeiten sind (vgl. Jochem Schmitt,
SGB VII, Gesetzliche Unfallversicherung, Kommentar, §
56 Rdnrn. 30 ff, m.w.N.). Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte kann bei der Klägerin, die bei Anerkennung der Berufskrankheit
gerade ihre Krankenschwesterausbildung abgeschlossen hatte, nicht vom Vorliegen besonderer, über das übliche Maß hinausgehender
beruflicher Kenntnisse und/oder Erfahrungen die Rede sein. Letztlich kann dies aber - wie bereits das Sozialgericht zutreffend
dargelegt hat - dahingestellt bleiben, weil auch unter Annahme einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 vom Hundert wegen
der Verschlossenheit bestimmter Tätigkeitsbereiche im Gesundheitssektor der für eine Rentengewährung erforderliche Mindestgrad
der Minderung der Erwerbsfähigkeit nicht erreicht wird.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Ausführungen des nervenärztlichen Sachverständigen Dr. L ...
Dieser hat für den Senat überzeugend dargelegt, dass bei der Klägerin eine psychische Minderbelastbarkeit im Rahmen einer
kombinierten Persönlichkeitsstörung mit paranoiden Zügen und daneben eine chronische dysphorische Verstimmung im Sinne einer
Dysthymie vorliegen. Nachvollziehbar hat der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt, dass bei über Jahrzehnte
vollständig fehlenden nervenärztlichen Befunderhebungen und Feststellungen im Nachhinein diese Gesundheitsstörungen wegen
fehlender Brückensymptome nicht mit der entsprechenden Wahrscheinlichkeit als Folge der Virushepatitis anzusehen sind. Zwar
hat er darüber hinaus die Auffassung vertreten, dass ein Teil der festzustellenden psychopathologischen Auffälligkeiten als
psycho-reaktive Folgen der Hepatitis anerkannt und mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 10 vom Hundert bewertet werden
sollten, jedoch vermag insoweit seine Begründung nicht zu überzeugen. Wenn er davon ausgeht, dass durch die festgestellte
Hepatitis der gesamte Lebensentwurf der Klägerin in völlig andere Bahnen gelenkt worden sei, übersieht er, dass die Klägerin
trotz der Erkrankung immer wieder Arbeitsstellen als Krankenschwester gefunden hat und nach den Ausführungen des Arbeitsmediziners
Prof. Dr. B1 ohne ihren Hinweis auf die Hepatitis schon beim ersten Vorstellungsgespräch wahrscheinlich auch weiterhin gefunden
hätte. Daran vermag auch eine möglicherweise zunehmend vorsichtige Einstellung der Arbeitgeber nichts zu ändern. Zu Recht
hat Dr. L. deshalb anlässlich seiner Anhörung im Termin am 11. Mai 2010 auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass seine Überlegungen
insoweit mangels wegweisender Befunde spekulativ bleiben. Letztlich kann aber auch dies dahingestellt bleiben. Wie Dr. L.
auf Befragung ausdrücklich bestätigt hat, handelt es sich bei den von ihm aus nervenärztlicher Sicht gewürdigten Schwierigkeiten
der Klägerin, in ihrem erlernten Beruf dauerhaft Fuß zu fassen, um den gleichen Tatbestand, den Prof. Dr. B1 aus arbeitsmedizinischer
Sicht seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat. Übereinstimmend sind die Sachverständigen zu dem Ergebnis gelangt, dass diese
mit der anerkannten Berufskrankheit in ursächlichem Zusammenhang stehenden Schwierigkeiten mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit
von 10 vom Hundert zu bemessen sind. Ein rentenberechtigender Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit wird danach auch unter
Berücksichtigung dieser beruflichen Schwierigkeiten gerade nicht erreicht. Die auf Gewährung einer Verletztenrente gerichtete
Berufung der Klägerin konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
193 SGG und entspricht im Ergebnis dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des §
160 Abs.
2 Nr.
1 oder Nr.
2 SGG nicht vorliegen.