Sozialversicherungspflicht einer Erzieherin in einer Kinderbetreuungseinrichtung; Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung
und selbstständiger Tätigkeit; Auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung für die Annahme eines Lohnwuchers
Tatbestand:
Im vorliegenden Verfahren wendet sich der klagende Verein gegen seine Heranziehung zu Beitragszahlungen an die sog. Minijobzentrale
der zu 1. beigeladenen Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See aufgrund einer Tätigkeit der Beigeladenen zu 2. im
Rahmen der von dem klagenden Verein betriebenen Kinderbetreuungseinrichtungen.
Der klagende Verein ist Träger einer Vielzahl von Kindergärten, Kindertagesstätten und anderen Kinderbetreuungseinrichtungen
im Raum L ... Die Kosten der Einrichtungen werden überwiegend mit Zuwendungen der öffentlichen Hand getragen; die Eltern der
betroffenen Kinder haben sich bei entsprechender finanzieller Leistungsfähigkeit nach Maßgabe der örtlichen Rechtsvorschriften
mit Beitragszahlungen an diesen Kosten zu beteiligen.
Am 30. November 2004 schloss der klagende Verein mit der am 2. Juni 1964 geborenen (bei der Beigeladenen zu 5. gesetzlich
kranken- und bei der Beigeladenen zu 4. rentenversicherten) Beigeladenen zu 2., die die Ausbildung zur Erzieherin erfolgreich
abgeschlossen hatte, einen "Vertrag über freie Mitarbeit". Nach dem Vertrag sollte diese ab November 2004 als "Pädagogische
Vertretung nach gegenseitiger Absprache auf Honorarbasis" auf unbestimmte Zeit tätig werden. Nach § 2 des Vertrages sollte
die Vergütung je Stunde 10,25 EUR betragen; wobei kein Anspruch auf eine "Honorarfortzahlung" im Urlaubs- oder Krankheitsfall
bestehen sollte. Steuern und Sozialbeiträge sollte die Beigeladene zu 2. selbst abführen. In § 4 des Vertrages war ihre Verpflichtung
vorgesehen, die "vereinbarte Leistung persönlich durchzuführen".
In einer dem Vertrag beigefügten Anlage hatte die Beigeladene zu 2. angekreuzt, dass für sie Vertretungstätigkeit in drei
der dort insgesamt aufgeführten 30 Kinderbetreuungseinrichtungen, und zwar an allen Wochentagen mit Ausnahme des Dienstags,
in Betracht käme.
In Umsetzung dieser Rahmenvereinbarung vereinbarten von dem klagenden Verein beauftragte MitarbeiterInnen mit der Beigeladenen
zu 2. bei einem entsprechend Vertretungsbedarf telefonisch oder mündlich die genauen Daten und Einsatzorte ihrer Vertretungseinsätze.
Bei diesen Absprachen wurden jeweils die genauen Zeiten und der genaue Arbeitsort für den jeweiligen Vertretungseinsatz der
Beigeladenen zu 2. festgelegt.
Entsprechend diesen Vereinbarungen erfolgte der Einsatz der Beigeladenen zu 2. in einer der beiden kleinen Kindertagesstätten
"M.", in der Kindertagesstätte N. oder im Naturkindergarten O ... Dabei hat die Beigeladene in diesen Kinderbetreuungseinrichtungen
teilweise die ausgefallene Leitung, teilweise auch eine fehlende Zweitkraft bzw. eine nicht einsetzbare sog. FSJ-Kraft vertreten.
Bezüglich eines Teils der streitbetroffenen Vertretungseinsätze lässt sich auch nicht mehr im Einzelnen rekonstruieren, welche
Kraft seinerzeit jeweils zu ersetzen war.
Insgesamt hat die Beigeladene zu 2. im streitbetroffenen Zeitraum November 2004 bis September 2006 ca. 408 Stunden Vertretungstätigkeiten
erbracht, die jeweils monatlich mit dem vereinbarten Stundensatz von 10,25 EUR abgerechnet und insgesamt von dem klagenden
Verein mit Honorarzahlung in einer Gesamthöhe von 4.187,14 EUR vergütet wurden. Honoriert wurden dabei nur tatsächlich erbrachte
Arbeitsstunden; es erfolgte keine Lohnfortzahlung für Feiertage, Urlaubs- oder Krankentage.
Wegen der Einzelheiten der von der Beigeladenen zu 2. wahrgenommenen Tätigkeiten wird auf die Anlagen zum Schriftsatz des
klagenden Vereins vom 30. März 2015 verwiesen.
In entsprechender Weise hat der klagende Verein mit vielen weiteren Vertretungskräften vergleichbare Honorarvereinbarungen
abgeschlossen und umgesetzt.
Nachdem der beklagte Rentenversicherungsträger im Rahmen einer gestützt auf § 28p
SGB IV durchgeführten Betriebsprüfung zu der Einschätzung gelangt war, dass eine Vielzahl dieser Vertretungstätigkeiten und darunter
insbesondere auch die von der Beigeladenen zu 2. wahrgenommene Tätigkeit abhängige geringfügige Beschäftigungsverhältnisse
mit einer sich daraus ergebenden Pflicht zur Abführung von Beiträgen an die sog. Minijobzentrale darstellten, setzte sie nach
vorheriger Anhörung des klagenden Vereins mit Bescheid vom 16. Dezember 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom
16. April 2009 für den Prüfzeitraum Januar 2004 bis Dezember 2007 rückständige Beiträge in einer Höhe von insgesamt 87.186,57
EUR (einschließlich anteiliger Säumniszuschläge in Höhe von 19.262,50 EUR) fest. Von diesen Beträgen entfielen rückständige
Beiträge in Höhe von 995,74 EUR auf die Tätigkeit der Beigeladenen zu 2. (zuzüglich anteiliger Säumniszuschläge in einer Größenordnung
von etwa 300,00 EUR; wegen der Einzelheiten wird diesbezüglich auf den Schriftsatz der Beklagten vom 17. März 2015 verwiesen).
Mit der am 18. Mai 2009 erhobenen Klage hat der klagende Verein insbesondere hervorgehoben, dass nach seinem Verständnis die
betroffenen Kräfte nicht als abhängig beschäftigte Arbeitnehmer, sondern als selbständig tätige Honorarkräfte einzuordnen
seien. Auf ihnen habe ein Unternehmerrisiko gelastet; nach seinem Verständnis sei eine Weisungsgebundenheit zu verneinen.
Zudem sei unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu berücksichtigen, dass in anderen Zusammenhängen etwa
nach Einschätzung eines Ministeriums bezogen auf im Rahmen einer sog. verlässlichen Grundschule eingesetzte Kräfte ein abhängiges
Beschäftigungsverhältnis verneint worden sei.
Mit Urteil vom 18. Juli 2014, dem klagenden Verein am 21. August 2014 zugestellt, hat das Sozialgericht Hildesheim die Klage
abgewiesen. Zur Begründung hat es insbesondere dargelegt, dass die streitbetroffenen Kräfte im Rahmen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse
eingesetzt worden seien. Dafür spreche neben der Eingliederung der Vertretungskräfte in den Betrieb der Klägerin die Vereinbarung
eines Stundenlohns, zumal dessen relativ geringe Höhe den Betroffenen keinen finanziellen Spielraum zur Bildung von Rückstellungen
für die Altersvorsorge gelassen habe.
Mit der am 10. September 2014 eingelegten Berufung (L 2 R 446/14) verfolgt der klagende Verein sein Ziel weiter. Er weist insbesondere auf inhaltliche Freiheiten der Honorarkräfte bei der
Ausgestaltung ihrer Tätigkeiten hin, wobei er allerdings seinerseits zugleich auch (vgl. etwa S. 4 des Schriftsatzes vom 15.
Oktober 2014) auf eine (sich seiner Einschätzung nach bereits aus der Natur der Sache ergebende) "örtliche und zeitliche Weisungsgebundenheit
der Vertretungskräfte" hinweist. Eine Lohnfortzahlung im Urlaubs- oder Krankheitsfall sei gegenüber den Honorarkräften explizit
ausgeschlossen worden.
Der klagende Verein trägt vor, dass Entscheidungen, wonach etwa Lehrbeauftragte an Hochschulen, Reiseleiter, Bezirksstellenleiter
einer Wettgesellschaft oder Museumsführer auch als Selbständige einzustufen sein könnten, auf den vorliegend zu beurteilenden
Sachverhalt heranzuziehen seien.
Zu den von den Honorarkräften zu verrichtenden Tätigkeiten hat der klagende Verein einerseits vorgetragen (vgl. S. 5 des Schriftsatzes
vom 15. Oktober 2014), dass diese "nur für die Kinderbetreuung" eingesetzt worden seien; andererseits hat er auch ihren Einsatz
beim "Küchendienst" hervorgehoben (vgl. S. 3 des Schriftsatzes vom 30. März 2015).
Mit Beschluss vom 6. Februar 2015 hat der Senat aus dem Ausgangsverfahren den Streitgegenstand der Festsetzung von Beiträgen
aufgrund einer Beschäftigung der Beigeladenen zu 2. abgetrennt und unter dem vorliegenden Aktenzeichen fortgeführt.
Der klagende Verein beantragt im vorliegenden abgetrennten Verfahren,
das Urteil des Sozialgerichts Hildesheim vom 18. Juli 2014 und den Bescheid der Beklagten vom 16. Dezember 2008 in der Fassung
des Widerspruchsbescheides vom 16. April 2009 aufzuheben, soweit diese die Erhebung von Beiträgen aufgrund einer Beschäftigung
der Beigeladenen Frau Isabella Adam Canastro zum Gegenstand haben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
Der Senat hat eine in einem Parallelverfahren eingeholte Auskunft des Niedersächsischen Kultusministeriums vom 24. April 2015
beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten L 2 R 446/14 und L 2 R 47/15 und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des klagenden Vereins hat, soweit dies in dem im vorliegenden abgetrennten allein die Tätigkeit der
Beigeladenen zu 2. betreffenden Verfahren zu beurteilen ist, keinen Erfolg.
Die Beklagte hat in dem angefochtenen Bescheid sachlich zutreffend dargelegt, dass die Beigeladene zu 2. im streitbetroffenen
Zeitraum in dem Unternehmen des klagenden Vereins abhängig beschäftigt war, und zwar in einem im Sinne des §
8 Abs.
1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (
SGB IV) geringfügigem Umfang, so dass der klagende Verein als Arbeitgeber zur Entrichtung von Beiträgen bzw. Beitragsanteilen zur
Rentenversicherung nach §
172 Abs.
3 SGB VI und zur Krankenversicherung nach §
249b SGB V verpflichtet war. Die Höhe dieser aus der Tätigkeit der Beigeladenen zu 2. herrührenden Beitragspflichten hat die Beklagte
in dem angefochtenen Bescheid auch der Höhe nach zutreffend ermittelt (vgl. auch den das vorliegende abgetrennte Verfahren
betreffenden Auszug aus den Beitragsberechnungen im Schriftsatz der Beklagten vom 17. März 2015).
Der Senat stimmt mit der Beklagten und dem Sozialgericht dahingehend überein, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 2. in
den Kinderbetreuungseinrichtungen des klagenden Vereins rechtlich als abhängige (geringfügige) Beschäftigung und nicht etwa
als eine selbständige Tätigkeit einzustufen ist.
Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist §
7 Abs.
1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§
7 Abs.
1 Satz 1
SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in
einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer,
Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt
und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Bei untergeordneten und einfacheren Arbeiten
ist eher eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation anzunehmen (BSG, Urteil vom 28. September 2011 - B 12 R 17/09 R -, SGb 2011, 633).
Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen
Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und
Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten
Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, U.v. 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R -, SozR 4-2400 § 7 Nr 15).
Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen
ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen
stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung
gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine formlose Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die
Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen
Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht.
In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich
ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, U.v. 29. August 2012 - B 12 R 14/10 R -).
Maßgeblich sind die das Gesamtbild bestimmenden tatsächlichen Verhältnisse die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall
eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem
Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist (BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R -, BSGE 111, 257-268, SozR 4-2400 § 7 Nr 17).
Bei Abschluss der Rahmenvereinbarung vom 30. November 2004 waren sich der klagende Verein und die Beigeladene zu 2. darüber
einig, dass über die jeweiligen Vertretungsaufträge jeweils noch gesonderte - typischerweise telefonisch zu verabredende -
Vereinbarungen getroffen werden sollten. Erst nach Abschluss einer solchen spezifischen auf eine konkrete Vertretungstätigkeit
bezogenen Vereinbarung waren die Beigeladene zu 2. zur Wahrnehmung dieser Vertretungstätigkeit und der klagende Verein zur
Zahlung des vereinbarten Honorars verpflichtet.
Da außerhalb solcher Detailvereinbarungen über die Übernahme von Vertretungsaufträgen der Beigeladenen zu 2. ohnehin keine
Arbeitspflichten gegenüber der Klägerin oblagen, stand es ihr auch frei, wie und zu welchen Zwecken sie die jeweils zwischen
zwei übernommenen Aufträgen liegenden Tage nutzen wollte. Namentlich konnte sie frei darüber entscheiden, ob sie an solchen
Tagen etwa "Urlaub" machen oder anderweitigen Verpflichtungen nachgehen wollte.
Ausschlaggebend für die rechtliche Einordnung entsprechender Tätigkeiten sind in solchen Fallgestaltungen die Verhältnisse
nach Annahme - also bei Durchführung - des einzelnen Auftrags (vgl. BSG, Urteil vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R -, SozR 4-2400 § 7 Nr 15). Auch der Tagelöhner kann Arbeitnehmer sein; er wird dies sogar vielfach sein.
Aus dem Umstand, dass jemand stets aufs Neue seine Entschließungsfreiheit betätigen kann, einen weiteren Auftrag anzunehmen
und damit eine weitere Vertragsbeziehung zu begründen oder nicht, können (zwingende) Schlüsse weder in der einen - Beschäftigung
- noch in der anderen Richtung - selbstständige Tätigkeit - gezogen werden (BSG, Urteil vom 20. März 2013 - B 12 R 13/10 R -, SozR 4-2400 § 7 Nr 19), mag man diese Betätigung der Entschließungsfreiheit sprachlich auch dahingehend umschreiben,
dass der Erwerbstätige seine "Urlaubszeiten", d.h. die Zeiten, für die er keine Arbeitsaufträge entgegennehmen will, bis zur
Annahme entsprechender konkreter Aufträge selbst festlegen könne.
Es ist ohnehin nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens davon auszugehen, dass für den klagenden Verein für die Zwischenzeiträume
zwischen zwei von der Beigeladenen zu 2. jeweils übernommenen Vertretungsaufträgen keine "Verfügungsbefugnis" (beispielsweise
innerhalb einer ggfs. gesondert vereinbarten Bereitschafts- bzw. Dienstzeit) begründet worden war, aufgrund derer dieser auch
ohne vorherige Einzelabsprache über die Arbeitskraft der Beigeladenen zu 2. hätte verfügen können (vgl. zu diesen Kriterien
insbesondere BSG, Urteil vom 20. März 2013 - B 12 R 13/10 R -, SozR 4-2400 § 7 Nr 19).
Nach Übernahme eines Vertretungsauftrages war die Beigeladene zu 2. hingegen verpflichtet, diese auch gewissenhaft zu erfüllen;
nach den Vereinbarungen der Beteiligten und ihrer tatsächlichen Umsetzung hatte sie keine Möglichkeit, einen einmal übernommenen
Vertretungsauftrag mit der Begründung wieder abzusagen, sie wolle nunmehr an dem vorgesehenen Einsatztag "Urlaub" nehmen.
Urlaubszeiten im Sinne eines bezahlten Urlaubs mit Entgeltfortzahlung sahen die Vereinbarungen der Klägerin mit dem Beigeladenen
ohnehin nicht vor. Auch für Feiertage und im Krankheitsfall ist keine Fortzahlung eines Entgelts gewährt worden.
Insbesondere ist im vorliegenden Fall nichts dafür ersichtlich, dass die Beigeladene zu 2. nach Annahme eines Vertretungsauftrages
in einer für Arbeitnehmer eher untypischen Weise den Einsatz ohne Begründung und ohne Folgen für spätere Einsatzoptionen abbrechen
konnte (vgl. zu diesem Kriterium BSG, Urteil vom 25. April 2012, B 2 KR 24/10 R -, juris); gerade auch im Interesse der zu betreuenden Kinder wurde nach den Abmachungen von ihr vielmehr eine verlässliche
Wahrnehmung der Vertretungstätigkeit erwartet.
Für die maßgebliche Dauer der jeweils übernommenen Vertretungsaufträge war die Beigeladene zu 2. auch in den Betrieb des klagenden
Vereins eingegliedert; sie unterlag einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers.
Vornehmlich bei Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht des Arbeitgebers auch eingeschränkt und "zur dienenden Teilhabe
am Arbeitsprozess" verfeinert sein, wenn der Versicherte nur in den Betrieb eingegliedert ist (BSG, U.v. 18. Dezember 2001 - B 12 KR 10/01 R - SozR 3-2400 § 7 Nr 20). Im Übrigen kann auch bei sonstigen Diensten im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung bereits
"eine gewisse örtliche und zeitliche Eingliederung" des Beschäftigten genügen (vgl. BSG, B.v. 16. August 2010 - B 12 KR 100/09 B - bezogen auf Reinigungskräfte).
Ohnehin ist nicht die Nichtausübung eines Rechts als solche maßgeblich, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen
ist. Zu den in die Abwägung einzustellenden tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer
Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 25. Januar 2006 - B 12 KR 30/04 R -, juris).
In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu ermitteln, welche wesentlichen, gerade einer Selbstständigkeit das Gepräge gebenden
Freiräume für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 2. bestanden, die einer abhängig beschäftigten pädagogischen Kraft im streitigen
Zeitraum nicht zustanden. Bereits "aus der Natur der zu beurteilenden Tätigkeit" folgende größere Spielräume, die in gleicher
Weise auch für abhängig beschäftigte Kräfte bestehen, können hingegen kein maßgebendes Kriterium für die Abgrenzung selbstständiger
Tätigkeit von Beschäftigung sein (BSG, Urteil vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R -, juris). Nicht Handlungsspielräume als solche, sondern lediglich für einen Arbeitnehmer uncharakteristische Handlungsspielräume
können im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung ggfs. einen für eine selbständige Tätigkeit maßgeblichen Gesichtspunkt beinhalten
(BSG, Urteil vom 28. September 2011 - B 12 R 17/09 R -, Rn. 19, juris).
Insoweit bietet es sich an, auch der Frage nachzugehen, ob höchstpersönliche Leistungspflichten und/oder Vertretungsregelungen
bestanden. Diese nach entsprechenden Ermittlungen vorzunehmende Vergleichsbetrachtung ist dann in die erforderliche Gesamtabwägung
einzustellen (BSG, Urteil vom 25. April 2012, aaO.). Arbeitnehmer haben ihre Arbeitsleistung in der Regel höchstpersönlich zu erbringen und
dürfen sich hierbei nicht Dritter als Erfüllungsgehilfen bedienen (vgl BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 19; hierzu auch BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 15). Auch nach der Rechtsprechung des BAG stellt die Pflicht, die Leistung grundsätzlich persönlich zu erbringen, ein
typisches Merkmal für ein Arbeitsverhältnis dar, wohingegen die Befugnis, Dritte zur Leistungserbringung einsetzen zu dürfen,
vielmehr eines von mehreren im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Anzeichen darstellt, das gegen die Annahme
eines Arbeitsverhältnisses spricht (vgl BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - B 12 R 13/13 R -, SozR 4 mit Nachweisen insbesondere auch zur BAG-Rechtsprechung).
Im vorliegenden Fall ist die Beigeladene zu 2. im Rahmenvertrag vom 30. November 2004 ausdrücklich zur höchstpersönlichen
Erbringung der Vertretungstätigkeiten verpflichtet worden. Dies korrespondiert mit der Darstellung des Geschäftsführers des
klagenden Vereins im Erörterungstermin am 8. Juni 2015, wonach der Verein vor der Verpflichtung einer Vertretungskraft prüfe,
ob diese (und damit insbesondere ihre Qualifikation und Persönlichkeit) die Erwartung einer ordnungsmäßen Erledigung der Vertretungstätigkeit
begründe.
Der Geschäftsführer des klagenden Vereins hat in diesem Erörterungstermin des Weiteren klargestellt, dass sich die Vertretungskräfte,
denen ohnehin Zeit und Ort ihrer Tätigkeit durch die jeweiligen Absprachen vorgegeben waren, auch inhaltlich in den Betriebsablauf
eingliedern mussten. Soweit sie nicht selbst vertretungsweise mit der Leitung einer (kleineren) Einrichtung betraut worden
seien, hätten sie insbesondere den Weisungen der in der Einrichtung tätigen hauptamtlichen MitarbeiterInnen folgen müssen.
Dabei lässt sich der klagende Verein, wie er auf seiner Webside insbesondere auch gegenüber den Eltern der zu betreuenden
Kindern verdeutlicht, von dem Grundsatz leiten, dass alle MitarbeiterInnen und damit insbesondere auch die abhängig beschäftigten
ArbeitnehmerInnen ihren Arbeitsplatz und ihre Arbeit mit den Kindern weitgehend selbst gestalten sollen (wobei im Arbeitsalltag
ein Großteil der Tätigkeiten in kleineren auf eine wechselseitige Absprache angewiesenen Teams erfolgt). Darüber hinausgehende
relevante Freiräume der Vertretungskräfte sind nicht ersichtlich und konnten insbesondere auch von Seiten des klagenden Vereins
nicht nachvollziehbar aufgezeigt werden. Insbesondere ist nicht das Mindeste für "gerade einer Selbstständigkeit das Gepräge
gebende Freiräume" zu objektivieren.
In diesem Zusammenhang genügt schon im Ansatz nicht, tatsächliche Differenzen in den ausgeübten Tätigkeiten als solche darzulegen.
Maßgeblich sind vielmehr nur Unterschiede, die einen begründeten Anlass zu einer abweichenden Beurteilung der Frage einer
Abhängigkeit der ausgeübten Tätigkeit bieten können. Schon im Interesse eines effektiven Arbeitseinsatzes werden in allen
Betrieben für nur wenige Tage zur Verfügung stehende Vertretungskräfte - unabhängig von der vertraglichen Ausgestaltung ihres
Vertretungseinsatzes - regelmäßig für Tätigkeiten mit einem geringen Einarbeitungsaufwand eingesetzt, wohingegen für Arbeiten
mit einer größeren Einarbeitungszeit nach Möglichkeit nur längerfristig zur Verfügung stehende Kräfte herangezogen werden.
Relevante Gesichtspunkte für die sozialrechtliche Einordnung der Tätigkeit namentlich im Sinne der Ausübung einer abhängigen
Beschäftigung ergeben sich aus solchen Effektivitätserwägungen jedoch nicht. Namentlich berühren solche tatsächlichen Differenzen
schon im Ansatz nicht die soziale Schutzbedürftigkeit von Vertretungskräften im Sinne der - jeweils an den Tatbestand einer
abhängigen Beschäftigung anknüpfenden - Regelungen in §
5 Abs
1 Nr
1 SGB V, §
20 Abs
1 Satz 2 Nr
1 SGB XI, §
1 Satz 1 Nr
1 SGB VI und §
25 Abs
1 Satz 1
SGB III.
Insoweit gilt auch nichts anderes für die Tätigkeitszeiten, in denen die Beigeladene zu 2. vertretungsweise mit der Leitung
einer (kleineren) Einrichtung betraut worden ist. Der klagende Verein weist selbst darauf hin, dass auch bei solchen Vertretungstätigkeiten
eine Einweisung in die allgemeinen Arbeitsabläufe erfolge. Der klagende Verein und die Beigeladene zu 2. gingen auch als selbstverständlich
davon aus, dass auch bei einer solchen vorübergehenden Übernahme einer (immer bezogene auf eine nur kleinere Einrichtung)
"Leitungsposition" erforderlichenfalls - etwa bei Missständen, wie sie möglicherweise aufgrund von Beschwerden von Eltern
hätten deutlich werden können - auch von Seiten der Verantwortlichen des klagenden Vereins verbindliche Einzelanweisungen
hätten erteilt werden können.
Bezeichnenderweise war die zu vertretende hauptamtliche Leiterin ihrerseits wiederum auch nach der Rechtsauffassung des klagenden
Vereins abhängig beschäftigt. Auch dies verdeutlicht, dass die betroffene (von der Beigeladenen zu 2. ohnehin nur während
kürzerer Zeiten für den klagenden Verein ausgeübte Tätigkeit keine strukturell bedingten Freiräume aufwies, aufgrund derer
die Annahme einer selbständigen Tätigkeit geboten sein könnte. Bezeichnenderweise hat der klagende Verein selbst ausgeführt,
dass bei Bedarf "sonstige Kräfte" der (nominellen) Leiterin den "Ablauf des Betreuungstages" in der jeweiligen Einrichtung
vor Ort "vermittelt haben" (vgl. Schriftsatz vom 30. März 2015). Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass selbst weitreichende
Entscheidungsbefugnisse eines "leitenden Angestellten", der lediglich in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess
einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegt, nicht schon zu einem Selbstständigen machen (BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - B 12 R 13/13 R -).
Die Überbürdung des Risikos, bei krankheits- oder urlaubsbedingten Ausfällen kein Honorar zu erhalten, spricht nach der Rechtsprechung
des BSG nur dann für Selbständigkeit, wenn dem auch eine größere Unabhängigkeit oder höhere Verdienstchancen gegenüberstehen. Allein
die Belastung eines Erwerbstätigen, der im Übrigen nach der tatsächlichen Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses als abhängig
Beschäftigter anzusehen ist, mit zusätzlichen Risiken rechtfertigt hingegen nicht die Annahme von Selbständigkeit (vgl. -
bezogen auf eine verwaltungsberatende Tätigkeit - BSG, Urteil vom 25. Januar 2001 - B 12 KR 17/00 R -,juris; vgl. auch Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 25. September 2013 - L 2 R 597/10 -, juris, - bezogen auf eine andere Fallgestaltung - zu den maßgeblichen Zuordnungskriterien). Im vorliegenden Zusammenhang
verfügte die Beigeladene zu 2. jedoch weder über eine größere Unabhängigkeit noch über höhere Verdienstchancen.
Auch das maßgebende Kriterium für ein relevantes Unternehmerrisiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit
der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist,
war im vorliegenden Zusammenhang nicht gegeben. Eigene sächliche Mittel in nennenswertem Umfang hat die Beigeladene zu 2.,
nicht eingesetzt; alle erforderlichen Arbeitsmittel wurden vielmehr von Seiten des klagenden Vereins in seinen für die Kinderbetreuung
vorgesehenen Räumlichkeiten bereitgehalten.
Aus dem (allgemeinen) Risiko, außerhalb der Erledigung der einzelnen Aufträge zeitweise die eigene Arbeitskraft ggfs. nicht
verwerten zu können, lässt sich schon im Ausgangspunkt kein Unternehmerrisiko wegen der einzelnen Einsätze ableiten, welches
der Annahme einer abhängigen Beschäftigung entgegenstehen könnte (BSG, U. v. 28. September 2011 - B 12 R 17/09 R -, juris).
Bezüglich des Einsatzes der persönlichen Mittel, d.h. ihrer Arbeitskraft, war der Beigeladenen zu 2. bezogen auf die jeweils
vereinbarten Vertretungsaufträge die vereinbarte Vergütung gewiss. Ohnehin ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis
auf eine selbständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs
beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (BSG, Urteil vom 25. April 2012 - B 12 KR 24/10 R -, juris). Für die im Auftrag des klagenden Vereins wahrgenommenen Vertretungstätigkeiten hatte die Beigeladene zu 2. jedoch
lediglich Anspruch auf die vereinbarte - bezeichnenderweise nach Arbeitsstunden bemessene - Vergütung, ohne diesbezüglich
von irgendwelchen unternehmerischen Gestaltungsspielräumen Gebrauch machen zu können.
Dabei war das vereinbarte Stundenentgelt mit lediglich 10,25 EUR sogar so gering, dass bei Vertretungskräften mit der - im
Vertretungsalltag vom klagenden Verein in Anspruch genommenen - pädagogischen Qualifikation einer geprüften Erzieherin wie
bei der Beigeladenen zu 2. die Grenze zum Lohnwucher im Sinne von §
138 BGB bzw. §
291 StGB i.V.m. §
823 Abs.
2 BGB überschritten wurde.
Ausgehend von den vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem klagenden Verein und der Beigeladenen zu 2. bestand ein auffälliges
Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, d.h. zwischen den von der Beigeladenen zu 2. zu erbringenden Arbeitsleistungen
und der vertraglich vorgesehenen Honorierung. Da bei der Prüfung von §
138 BGB bzw. §
291 StGB i.V.m. §
823 Abs.
2 BGB die (Un-)Angemessenheit der konkreten vertraglichen Vereinbarungen zu beurteilen ist, sind diese als solche - und damit unabhängig
von der rechtlichen Zulässigkeit ihrer nach der Vereinbarung vorgesehenen Umsetzung - in die Prüfung einzustellen.
Nach dem eigenen Vortrag des klagenden Vereins erhielt in dem zu prüfenden Zeitraum eine abhängig beschäftigte als Erzieherin
qualifizierte Fachkraft im Alter der Beigeladenen zu 2. in Anlehnung an die im TVöD vorgesehenen Gehälter einen Bruttostundenlohn von ca. 16,00 EUR. Da der klagende Verein nach eigenem Vortrag selbst entsprechende
Gehälter zahlt, ist seinem unsubstantiierten ins Blaue hinein gestellten Antrag auf Feststellung einer niedrigeren ortsüblichen
Vergütung nicht weiter nachzugehen. Soweit in diesem Zusammenhang auf "selbständige" Vertretungskräfte Bezug genommen wird,
ist ohnehin nichts dafür ersichtlich, dass pädagogische Mitarbeiter(innen) in Kindertagesstätten und vergleichbaren Einrichtungen
in einem nennenswerten Umfang als im Rechtssinne selbständig tätige Kräfte eingesetzt werden. Zu diesem Betrag von 16,00 EUR
je Stunde kamen noch die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung (mit denen die ansonsten vom Arbeitnehmer zu tätigenden
Aufwendungen zu dessen Gunsten reduziert werden) in einer Größenordnung von 20 % hinzu, so dass sich unter Einbeziehung ihrer
ein Stundenentgelt von 19,20 EUR ergibt, wohingegen nach den vertraglichen Vereinbarungen die Beigeladene zu 2. auch den wirtschaftlichen
Wert dieser Arbeitgeberbeiträge aus der Entlohnung in Höhe von 10,25 EUR je Stunde aufzubringen hatte.
Des Weiteren hatte die Beigeladene zu 2. aus diesem Honorar nach den vertraglichen Vereinbarungen auch selbst die Mittel für
ihren Lebensunterhalt an Feiertagen, während des Erholungsurlaubs und an Krankheitstagen zurückzulegen, wohingegen bei Anwendung
der tarifvertraglichen Vorgaben der klagende Verein als Arbeitgeber für solche arbeitsfreien Tage zusätzliche Lohnzahlungen
(bei Krankheit im Rahmen der jeweiligen Lohnfortzahlungsfristen) zu erbringen hatte. Daraus ergab sich ein weiterer in den
Vergleich einzustellender Vorteil in der Größenordnung von ca. 20 %. Im Ergebnis musste der klagende Verein als Arbeitgeber
für jede von der Beigeladenen zu 2. tatsächlich erbrachte Arbeitsstunde lediglich 10,25 EUR aufwenden, mit denen bereits die
ansonsten zu entrichtenden Arbeitgeberbeiträge und die Lohnfortzahlung an Feiertagen, während des Erholungsurlaubs und an
Krankheitstagen mit abgegolten sein sollte, wohingegen nach Maßgabe der tarifvertraglichen Vorgaben der Arbeitgeber für jede
effektiv geleistete Arbeitsstunde (unter Einschluss der Arbeitgeberbeiträge und der auf sie anteilig entfallenden Aufwendungen
für die Lohnfortzahlung an Feiertagen, während des Erholungsurlaubs und an Krankheitstagen) etwa 23 EUR zu erbringen waren.
Damit ist die Grenze zu einem auffälligen Missverhältnis zwischen der tatsächlich vereinbarten und der üblichen sich aus den
tarifvertraglichen Vorgaben ergebenden Entlohnung im Ergebnis deutlich überschritten.
Auch der klagende Verein hat nicht substantiiert aufzuzeigen vermocht, dass die von ihm herangezogenen tarifvertraglichen
Regelungen nach der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses differenzieren. Ausgangspunkt zur Feststellung des Wertes der Arbeitsleistung
sind auch bei Aushilfstätigkeiten im Ausgangspunkt die Tariflöhne des jeweiligen Wirtschaftszweigs. Dies gilt jedenfalls dann,
wenn in dem Wirtschaftsgebiet üblicherweise der Tariflohn gezahlt wird. Denn dann kann grundsätzlich davon ausgegangen werden,
dass Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt nur zu den Tariflohnsätzen gewonnen werden können. Entspricht der Tariflohn indessen
nicht der verkehrsüblichen Vergütung, sondern liegt diese unterhalb des Tariflohns, ist zur Ermittlung des Wertes der Arbeitsleistung
von dem allgemeinen Lohnniveau im Wirtschaftsgebiet auszugehen (Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), Urteil vom 18. März
2009 - 6 Sa 1284/08 -, juris). Im vorliegenden Zusammenhang wird auch von Seiten des klagenden Vereins nicht geltend gemacht, dass im Bereich
der Kindertagesstätten und vergleichbarer Betreuungseinrichtungen das Personal üblicherweise untertariflich entlohnt werde.
Bezeichnenderweise orientiert er sich auch seinerseits bei der Bemessung der Löhne für dauerhaft beschäftigten Mitarbeiter
an den tarifvertraglichen Vorgaben des TVöD. Damit sind diese von Rechts wegen auch Ausgangspunkt für die Beurteilung der Angemessenheit von Aushilfslöhnen, zumal ohnehin
nicht jede Unterschreitung des Tarifniveaus, sondern nur seine Missachtung im Sinne eines auffälligen Missverhältnisses zwischen
Arbeitsleistung und Entlohnung zum Vorwurf des Lohnwuchers führen kann.
Im Ergebnis hat das maßgebliche übliche Vergleichsentgelt das der Beigeladenen zu 2. tatsächlich gewährte Entgelt um mehr
als 100 % überstiegen. Bei einem besonders groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, das anzunehmen ist,
wenn der Wert der Leistung (mindestens) doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung, kann ein tatsächlicher Schluss
auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten gezogen werden als Voraussetzung für die Annahme eines Lohnwuchers im Sinne
von §
138 BGB bzw. §
291 StGB i.V.m. §
823 Abs.
2 BGB (BAG, Urteil vom 27. Juni 2012 - 5 AZR 496/11 -, AP Nr 67 zu §
138 BGB; vgl. auch BAG, Urteil vom 22. April 2009 - 5 AZR 436/08 -, BAGE 130, 338: Ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung im Sinne von §
138 Abs.
2 BGB liegt vor, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise
gezahlten Tariflohns erreicht).
Bei der damit anzunehmenden Nichtigkeit der Entgeltabrede wegen Lohnwuchers ist die übliche und nicht etwa die niedrigste
zulässige Arbeitsvergütung zu gewähren, das heißt im Ergebnis also regelmäßig die Tarifvergütung (Landesarbeitsgericht Hamm,
U.v. 18. März 2009 6 Sa 1284/08 -, juris).
Vergeblich macht verweist der klagende Verein in diesem Zusammenhang geltend, dass er an die sog. FSJ-Kräfte noch geringere
Entgeltzahlungen erbracht habe. Soweit in den Einrichtungen des klagenden Vereins auch sog. FSJ-Kräfte tätig geworden sind,
hat es sich nicht um Arbeitnehmer gehandelt. Das freiwillige soziale Jahr (FSJ) stellt einen freiwilligen Dienst ohne Gewinnerzielungsabsicht
dar, welcher durch die pädagogische Begleitung geprägt ist und entsprechend seinem Bildungsziel nur für jüngere Menschen für
einen begrenzten Zeitraum in Betracht kam (vgl. wegen der Einzelheiten § 2 des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen sozialen
Jahres vom 17.07.2002, BGBl. I, 2002), inzwischen aufgehoben durch Art. 3 Satz 2 G v. 16.5.2008 I 842 mWv 01.06.2008. Entsprechend
dem Charakter eines ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeübten Dienstes wird gar kein Arbeitsentgelt geschuldet, sondern lediglich
die in § 2 Abs. 1 Nr. 3 des Gesetzes vorgesehenen Leistungen insbesondere in Form eines Taschengeldes erbracht. Dieses Taschengeld
lässt schon im Ansatz keine Rückschlüsse auf den Wert einer Arbeitsleistung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu.
Sozialrechtliche Konsequenzen ergeben sich aus dem erläuterten Ansatz als solchem allerdings nicht unmittelbar für die Überprüfung
der festgesetzten Beitragsforderung. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des für die Sozialversicherung zentralen Entstehungsprinzips,
wonach sich Versicherungspflicht und Beitragshöhe bei dem Beschäftigten nach dem arbeitsrechtlich geschuldeten Arbeitsentgelt
und nicht lediglich nach dem (einkommensteuerrechtlich entscheidenden) dem Beschäftigten tatsächlich zugeflossenen Entgelt
beurteilen (vgl. insbesondere BSGE 54, 136 = SozR 2200 § 393 Nr 9; BSGE 75, 61 = SozR 3-2200 § 385 Nr 5; BSGE 93, 119 = SozR 4-2400 § 22 Nr 2) bezüglich des Grundes der festgesetzten Beitragspflichten allerdings nicht, da auch unter Heranziehung
des geschuldeten Entgelts die Schwelle einer nur geringfügigen Beschäftigung im Sinne des §
8 Abs.
1 SGB IV im Ergebnis nicht überschritten wird.
Die dafür maßgebliche Beurteilung der Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit erfordert eine Prognose bzw. eine vorausschauende
Schätzung (BSG, Urteil vom 27. Juli 2011 - B 12 R 15/09 R -, SozR 4-2600 § 5 Nr 6, SozR 4-2400 § 8 Nr 4). Es bedarf der Prüfung, ob es sich bei mit der ursprünglichen Prognose nicht
mehr übereinstimmenden Sachverhalten um vorübergehende, mehr zufällige Abweichungen handelt, oder ob hinreichende Anhaltspunkte
vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass die bisher das Arbeitsentgelt oder das Arbeitseinkommen bestimmenden Umstände
sich nicht nur vorübergehend geändert haben und zu einem anderen regelmäßigen Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen im Monat
führen. Diese Grundsätze gelten auch für rückwirkende Entscheidungen (vgl BSG SozR 3-2500 § 10 Nr 19 S 81 mwN). Ist im Nachhinein zu entscheiden, ob etwa während eines in der Vergangenheit liegenden Zeitraums Versicherungsfreiheit
wegen Geringfügigkeit bestand, so ist nachträglich eine vorausschauende Betrachtung vorzunehmen. Auszugehen ist dabei von
dem Erkenntnisstand, der damals vorhanden war. Danach besteht eine Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit erst ab dem
Zeitpunkt, zu dem aus damaliger Sicht mit hinreichender Sicherheit feststand, dass die Entgeltgrenze regelmäßig im Monat unterschritten
wird (BSG, Urteil vom 27. Juli 2011 - B 12 R 15/09 R -, SozR 4-2600 § 5 Nr 6, SozR 4-2400 § 8 Nr 4, Rn. 17).
Auch unter Heranziehung des geschuldeten Entgelts war auch nicht für Teile des zu beurteilenden Zeitraums mit der erforderlichen
hinreichenden Sicherheit die Erwartung eines die Geringfügigkeitsgrenze regelmäßig überschreitenden monatlichen Entgelts zu
objektivieren.
Das aufgezeigte auffällige Missverhältnis zwischen der vereinbarten und einer üblichen Entlohnung entsprechend den tarifvertraglichen
Vorgaben bildet allerdings ein in die gebotene Gesamtabwägung mit einzustellendes Indiz für das Fehlen unternehmerischer Freiräume
und damit zugleich für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Erst recht ist bei dieser Ausgangslage kein Raum für
eine Feststellung des Bestehens höherer Verdienstchancen, wie dies nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ggfs. ein Indiz
für eine selbständige Tätigkeit zu beinhalten vermag.
Der vorliegende Streitgegenstand gibt im Übrigen keinen Anlass, näher auf ganz anders gelagerte Fallgestaltungen etwa bezogen
auf berufliche Tätigkeiten von Hochschuldozenten oder Reiseleitern einzugehen, wie sie der klagende Verein in das hiesige
Verfahren einzubringen versucht. Zu beurteilen ist lediglich der vorliegend zu überprüfende Sachverhalt und nicht ganz andere
Fallgestaltungen.
Nach den erläuterten gesetzlichen Vorgaben, die der Senat nach Maßgabe der dargelegten höchstrichterlichen Rechtsprechung
herangezogen hat, verbleibt aus den aufgezeigten Gründen im vorliegenden Fall kein Raum für die Annahme einer selbständigen
Tätigkeit der Beigeladenen zu 2. im Rahmen der von ihr für den klagenden Verein übernommenen Vertretungseinsätze.
Gründe, die Revision zuzulassen (§
160 Abs.
2 SGG), sind nicht gegeben.