Gründe:
I. Die aus zwei Erwachsenen und drei Kindern bestehende Bedarfsgemeinschaft der Antragsteller bewohnt eine 123 m² großes angemietetes
Haus, für dessen Nutzung monatlich 750,00 EUR Kaltmiete zzgl. 150,00 EUR an kalten Nebenkosten zu entrichten sind. Die Kündigungsfrist
für das am 01.05.2010 begonnene Mietverhältnis beträgt nach dem vorgelegten Mietvertrag vom 09.02.2010 für den Vermieter drei
Monate, wenn seit der Überlassung des Mietobjektes weniger als fünf Jahre vergangen sind.
Der Antragsgegner bewilligte bis Januar 2012 einschließlich Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung der tatsächlichen
Aufwendungen für die Unterkunft, mit bestandskräftigem Bescheid vom 27.01.2012 dann Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung
einer als angemessen angesehenen Kaltmiete von 508,25 EUR.
Am 22.02.2012 beantragten die Antragsteller ein Darlehen i.H.v. 900,00 EUR zwecks Zahlung der Miete für Februar 2012, weil
der Antragsteller zu 2) seine Geldbörse mitsamt einem Barbetrag von 980,00 EUR verloren habe. Dies lehnte der Antragsgegner
mit Bescheid vom 23.02.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.03.2012 ab, gegen den die Antragsteller im Verfahren
S 4 AS 269/12 am 27.03.2012 Klage erhoben und eine Tilgungsvereinbarung mit dem Vermieter vorgelegt haben, wonach die rückständige Miete
für Februar 2012 in sechs Monatsraten zu je 150,00 EUR, beginnend mit März 2012, getilgt werden soll.
Mit Beschluss vom 16.04.2012 hat das Sozialgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren
abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Erfolgsaussicht biete. Ein Anspruch auf Übernahme der
Mietschulden ergebe sich insbesondere nicht aus § 22 Abs. 8 SGB II, weil Wohnungslosigkeit bisher nicht einzutreten drohe,
die bewohnte Unterkunft zu teuer und nach keiner in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung angemessen sei. Auch unter Zugrundelegung
der Richtwerte des Wohngeldgesetzes stünden den Klägern monatliche Aufwendungen von 600,00 EUR inkl. Nebenkosten zu. Die tatsächlichen
Mietaufwendungen von 900,00 EUR lägen weit darüber.
Gegen diesen Beschluss haben die Antragsteller am 10.05.2012 in dem Verfahren L 19 AS 943/12 B Beschwerde eingelegt und auf den Vortrag im parallel geführten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes verwiesen.
Mit Antrag an das Sozialgericht vom 26.03.2012 im vorliegenden Rechtsstreit haben die Antragsteller die einstweilige Verpflichtung
des Antragsgegners zur Erbringung eines Darlehens von monatlich 150,00 EUR für den Zeitraum von März bis August 2012 begehrt
und für dieses Verfahren Prozesskostenhilfe beantragt.
Mit zwei Beschlüssen vom 18.04.2012 hat das Sozialgericht den Antrag in der Sache sowie den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe
abgelehnt, weil es an der Glaubhaftmachung sowohl eines Anordnungsgrundes als auch eines Anordnungsanspruches fehle. Weder
drohe baldiger Wohnungsverlust noch bestehe eine Rechtsgrundlage für eine darlehensweise Leistungsgewährung. § 24 Abs. 1 Satz
1 SGB II biete keine Anspruchsgrundlage zur darlehensweisen Übernahme von Mietschulden, § 28 Abs. 8 SGB II im vorliegenden
Fall auch nicht, da Wohnungslosigkeit bislang noch nicht einzutreten drohe, die Unterkunft unangemessen teuer sei.
Gegen beide Beschlüsse vom 18.04.2012 haben die Antragsteller am 10.05.2012 Beschwerde eingelegt, für deren Durchführung gleichfalls
Prozesskostenhilfe beantragt worden ist. Das Sozialgericht verkenne die zivilrechtliche Rechtslage, wonach eine außerordentliche
Kündigung wegen Mietrückstandes durch Nachzahlung abgewendet werden könne, nicht jedoch die gleichfalls drohende ordentliche
Kündigung nach §
573 BGB. Zwar sei umstritten, ab welcher Höhe eines Mietrückstandes auf der Rechtsgrundlage von §
573 Abs.
2 Nr.
1 BGB gekündigt werden könne. Erreiche der Zahlungsrückstand jedoch eine Monatsmiete im vorliegenden Fall, könne jedenfalls gekündigt
werden.
Zu Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II. Die zulässigen Beschwerden sind unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht angenommen, dass weder Anordnungsanspruch noch Anordnungsgrund für den Erlass der begehrten
Regelungsanordnung nach §
86b Abs.
2 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) glaubhaft gemacht sind.
Hierzu nimmt der Senat zunächst gem. §
142 Abs.
2 Satz 3
SGG auf die Begründung der angefochtenen Beschlüsse Bezug. Die dort vertretene Rechtsansicht entspricht der soweit ersichtlich
einhelligen Auffassung aller Fachsenate des LSG NRW, wonach eine aktuelle Gefährdung der Unterkunft regelmäßig frühestens
ab Zustellung einer Räumungsklage anzunehmen ist (z.B. Beschlüsse des Senats vom 14.07.2010 - L 19 AS 912/10 B ER, vom 17.01.2011 - L 19 AS 2165/10 B ER, vom 29.02.2012 - L 19 AS 2254/11 B ER).
Im Hinblick auf die Beschwerdebegründung ist darauf hinzuweisen, dass auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit einer ordentlichen
Kündigung ein unmittelbar drohender Wohnungsverlust weder i.S.d. Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes noch als Anspruchsvoraussetzung
für die Gewährung eines Darlehens nach § 22 Abs. 8 SGB II glaubhaft gemacht ist. Denn der Vermieter hätte für seine ordentliche
Kündigung die mietvertraglich vereinbarte Kündigungsfrist von drei Monaten zu wahren und die - bislang nicht einmal angedrohte
- ordentliche Kündigung wegen Mietrückstandes würde nach der hier alleine möglichen summarischen Prüfung weder Bestand haben
noch gar im Ergebnis zu einer Räumung und dem endgültigen Verlust der Unterkunft führen.
Denn die ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzuges setzt nach §
573 Abs.
2 Nr.
1 BGB im Gegensatz zur fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzuges ein Verschulden des Mieters voraus. Während der Mieter beim
Zahlungsverzug für seine finanzielle Leistungsfähigkeit einzustehen hat und sich deswegen nicht auf §
286 Abs.
4 BGB bzw. §
285 BGB a.F. berufen kann, entlastet ihn im Rahmen von §
573 Abs.
2 Nr.
1 BGB eine unverschuldete Zahlungsunfähigkeit. Damit begünstigt §
573 Abs.
2 Nr.
1 BGB den Mieter bei einer ordentlichen Kündigung und eröffnet ihm im Gegensatz zur fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzuges
die Möglichkeit, sich auf unvorhersehbare wirtschaftliche Engpässe zu berufen. Im Rahmen des Verschuldens kann zudem eine
nachträgliche Zahlung des Mieters zu seinen Gunsten berücksichtigt werden, weil sie ein etwaiges Fehlverschulden in einem
milderen Licht erscheinen lässt (Urteil des BGH vom 16.02.2005 - VII ZR 6/04 m.w.N.).
Nach dem vorgetragenen Sachverhalt, der nach Aktenlage nicht unplausibel ist, kommt allenfalls Fahrlässigkeit des Antragstellers
zu 2), ggf. sogar Schuldlosigkeit im Falle eines Diebstahles der Geldbörse in Betracht.
Ein Verlust der Unterkunft aufgrund ordentlicher vermieterseitiger Kündigung droht daher nicht, jedenfalls nicht in absehbarer
Zukunft.
Abschließend weist der Senat darauf hin, dass die Aufnahme eines Darlehens nach dem SGB II für die Antragsteller keine wirtschaftlich
sinnvolle Lösung darstellen dürfte.
Nach § 42 Abs. 2 SGB II werden Rückzahlungsansprüche aus Darlehen ab dem Folgemonat der Auszahlung durch monatliche Aufrechnung
i.H.v. 10 % des maßgebenden Regelbedarfs getilgt.
Nach dem vorgelegten Bewilligungsbescheid vom 27.01.2012 hat die Bedarfsgemeinschaft der Antragsteller einen Regelleistungsbedarf
von 1.463,00 EUR, was zu einer monatlichen Tilgung durch Aufrechnung i.H.v. 146,30 EUR führen würde. Bei dieser Lage bietet
es sich auch wirtschaftlich an, die Tilgung der Mietrückstände direkt im Verhältnis zum Vermieter vorzunehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von §
193 Abs.
1 SGG.
Nach Vorstehendem fehlt es an hinreichender Erfolgsaussicht als Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach
§§ 73a
SGG, 114
ZPO sowohl im Antragsverfahren wie auch im Beschwerdeverfahren.
Kosten des Beschwerdeverfahrens nach Ablehnung von Prozesskostenhilfe sind entsprechend §
127 Abs.
4 ZPO nicht zu erstatten.
Dieser Beschluss ist endgültig, §
177 SGG.