Gründe:
I. In der Hauptsache ist streitig, in welcher Höhe Kindergeldzahlungen auf die Leistungen nach dem SGB II anzurechnen sind.
Die am 00.00.1966 geborene Klägerin zu 1) bezieht Leistungen nach dem SGB II. Sie lebt mit ihrem Sohn S, geboren am 00.00.1988,
und mit ihrer am 00.00.1995 geborenen Tochter K, der Klägerin zu 2), gemeinsam in einem Haushalt.
Der Beklagte bewilligte der Klägerin zu 1) und ihrem Sohn mit Bescheid vom 03.03.2011 monatliche Leistungen nach dem SGB II
in Höhe von 756,62 Euro für die Zeit vom 01.01.2011 bis 28.02.2011. Auf die Klägerin zu 1) entfielen hiervon 351,46 Euro (208,03
Euro Regelleistung und 209,54 Euro Kosten für Unterkunft und Heizung). Der Beklagte ermittelte den Leistungsanspruch der Klägerin
zu 1) unter Anrechnung eines Einkommens aus Kindergeld in Höhe von 115,46 Euro. Dieser Betrag resultierte aus dem Betrag des
Kindergeldes, welchen den Regelbedarf der Klägerin zu 2) überstieg. Die Klägerin zu 2) konnte ihren Bedarf (496,54 Euro) nach
den Berechnungen des Beklagten aus dem Unterhaltsanspruch in Höhe von 334 Euro, der Wohngeldzahlung in Höhe von 94 Euro und
einem anteiligen Kindergeld in Höhe von 68,54 Euro selbst bestreiten und erhielt keine Leistungen nach dem SGB II.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.05.2011 zurück.
Die Klägerinnen haben am 27.06.2011 Klage erhoben. Mit dieser machen sie geltend, dass das Kindergeld nur zur Hälfte auf die
Klägerin zu 1) entfalle und deshalb nur mit ihrem Anteil nach § 11 SGB II verrechnet werden könne. Im Übrigen stelle das Kindergeld
Unterhalt von Seiten des Kindesvaters dar.
Die mit der Klage zugleich beantragte Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts hat das Sozialgericht
Düsseldorf mit Beschluss vom 01.12.2011 abgelehnt. Unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts
(LSG) vom 15.11.2007 - L 7 AS 320/06 - sei die Frage, ob der den Unterhaltsanspruch mindernde Kindergeldanteil des Vaters bei der Klägerin zu 1) als Einkommen
zu berücksichtigen sei, zu bejahen.
Gegen den am 14.12.2011 zugestellten Beschluss haben die Klägerinnen am 21.12.2011 Beschwerde eingelegt. Zu deren Begründung
tragen sie im Wesentlichen vor, dass der Verweis auf das Urteil des Bayerischen LSG nicht durchgreifen könne. Die maßgebliche
Vorschrift im Unterhaltsrecht, §
1612b Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB), sei zwischenzeitlich geändert worden. Danach sei das Kindergeld nur zur Hälfte auf den Barbedarf des Kindes anzurechnen,
wenn nur ein Elternteil seine Unterhaltspflicht durch Betreuung des Kindes erfülle. Die andere Hälfte mindere die Barunterhaltsverpflichtung
des anderen Elternteils, welcher keine Betreuung des Kindes leiste.
Wegen der weitere Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen. Dieser ist
Gegenstand der Beratung gewesen.
II. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht (SG) den Antrag der Klägerinnen auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) abgelehnt.
Voraussetzung für die Gewährung von PKH ist nach §
73a Abs.
1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) i.V.m. §
114 der
Zivilprozessordnung (
ZPO) unter anderem, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Eine hinreichende Erfolgsaussicht
besteht, wenn das Gericht nach vorläufiger Prüfung den Standpunkt des Antragstellers auf Grund der Sachverhaltsschilderung
und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder doch für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit
der Beweisführung überzeugt ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 10. Auflage 2012, §
73a Rz. 7a; st. Rspr. des erkennenden Senats, z.B. Beschluss vom 23.03.2010 - L 6 B 141/09 AS -). Der Erfolg braucht nicht sicher zu sein, muss aber nach den bisherigen Umständen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für
sich haben. Ist ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte,
darf der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt werden (vgl. BSG Beschluss vom 17.02.1998, B 13 RJ 83/97 R in SozR 3-1750 § 114 Nr. 5; BVerfG Beschluss vom 14.04.2003, 1 BvR 1998/02 in NJW 2003, 296ff; BVerfG Beschluss vom 29.09.2004, 1 BvR 94/88 juris Rz. 26 - BVerfGE 81, 347).
Das SG hat zutreffend entschieden, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von PKH nicht erfüllt sind. Die Klage hat keine Aussicht
auf Erfolg, da der Beklagte das Kindergeld in zutreffender Weise zur Anrechnung gebracht hat und sich demgemäß kein Anspruch
der Klägerin zu 1) auf höhere Leistungen nach dem SGB II ergibt.
Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und
Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011 (BGBl. I 2011, S. 453) sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11 b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11 a genannten
Einnahmen als Einkommen zu berücksichtigen. Der Kinderzuschlag nach § 6 a des Bundeskindergeldgesetzes ist als Einkommen dem
jeweiligen Kind zuzurechnen (§ 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II). Das gilt nach § 11 Abs. 1 Satz 4 SGB II auch für das Kindergeld für
zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder, soweit es bei dem jeweiligen Kind zur Sicherung des Lebensunterhalts, mit Ausnahme
der Bedarfe nach § 28, benötigt wird.
Obwohl das Kindergeld steuerrechtlich den Eltern zusteht (vgl. §§
62 EStG ff), wird es danach für zur Bedarfsgemeinschaft gehörende Kinder dem jeweiligen Kind zugerechnet. Die Anrechnung des Kindergeldes
nach § 11 Abs. 1 Satz 4 SGB II als Einkommen des Kindes ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Das Kindergeld, welches wegen
Fehlens eines zu versteuernden Einkommens - wie hier - nicht zur steuerlichen Freistellung des Existenzminimums eines Kindes
erforderlich ist, stellt eine Leistung zur Förderung der Familie dar. Als solche dient es dazu, die wirtschaftliche Lage von
Familien mit Kindern im Verhältnis zu solchen ohne Kinder zu verbessern und deren Lebensunterhalt zu sichern. Das Grundrecht
auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art.
1 Abs.
1 i.V.m. Art.
20 Abs.
1 GG wird durch die Anrechnung des Kindergeldes nicht verletzt, soweit staatliche Leistungen in der gesetzlich bestimmten Höhe
gewährt werden. Ferner verlangt das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums keine Sozialleistungen,
die den Betreuungs-, Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf für Kinder in gleichem Maße berücksichtigen wie das Steuerrecht. Hinsichtlich
der Zahlung von Kindergeld werden alle Kindergeldberechtigten und hinsichtlich der Anrechnung des Kindergeldes nach § 11 Abs.
1 Satz 3 SGB II a.F. auch alle zu einer Bedarfsgemeinschaft mit ihren Eltern gehörenden, hilfebedürftigen Kinder gleich behandelt
(vgl. BVerfG Nichtannahmebeschluss vom 11.03.2010 - 1 BvR 3163/09).
Der Bedarf der Klägerin zu 2) setzte sich nach den Berechnungen des Beklagten aus einer Regelleistung in Höhe von 287 Euro
sowie anteiligen Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 209,54 Euro zusammen und betrug somit insgesamt 496,54 Euro.
Dem standen eine Unterhaltsleistung des getrennt lebenden Vaters in Höhe von 334 Euro sowie Wohngeld in Höhe von 94 Euro gegenüber.
Die Klägerin zu 2) benötigte daher zur Bedarfsdeckung lediglich noch einen Anteil vom Kindergeld in Höhe von 68,54 Euro. Der
Anteil des Kindergeldes in Höhe von 115,46 Euro, den die Klägerin zu 2) nicht zur eigenen Bedarfsdeckung benötigt, ist daher
der Bezugsberechtigten, nämlich der Klägerin zu 1), als Einkommen zuzurechnen.
Dem steht die Regelung des §
1612b BGB in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I 2007, S. 3189ff) nicht entgegen.
Nach dessen Absatz 1 ist das auf das Kind entfallende Kindergeld zur Deckung seines Barbedarfs zu verwenden, 1. zur Hälfte,
wenn ein Elternteil seine Unterhaltspflicht durch Betreuung des Kindes erfüllt oder 2. in allen anderen Fällen in voller Höhe.
In diesem Umfang mindert es den Barbedarf des Kindes. Mit der Neuregelung bezweckte der Gesetzgeber eine Harmonisierung zwischen
den unterhalts- und sozialrechtlichen Regelungen. Während im Sozialrecht nach Maßgabe des § 11 Abs. 1 SGB II das Kindergeld
für minderjährige Kinder dem jeweiligen Kind als Einkommen zugerechnet wird, wurde es im Unterhaltsrecht nicht als Einkommen
des Kindes, sondern als solches der Eltern angesehen. Dies - so der Gesetzgeber -, obwohl Einigkeit darüber besteht, dass
das Kindergeld im wirtschaftlichen Ergebnis dem Kind zusteht und dazu bestimmt ist, dessen Existenzminimum zu sichern (vgl.
BT-Drucksache 16/1830 S. 29). Die Neuregelung soll diesen Missstand beseitigen. In der Gesetzesbegründung ist hierzu ausgeführt:
"Davon ausgehend, dass das Kindergeld zwar den Eltern ausbezahlt wird, es sich dabei aber um eine zweckgebundene, der Familie
für das Kind zustehende Leistung handelt, soll das jeweilige, auf das unterhaltsberechtigte Kind entfallende Kindergeld von
dessen Unterhaltsbedarf vorweg abgesetzt werden. Die unterhaltsrechtliche Funktion des Kindergeldes, den Bedarf des Kindes
zu decken, kommt auf diese Weise klar zum Ausdruck. Gleichzeitig werden damit die zivilrechtlichen Bestimmungen in Einklang
mit den sozialrechtlichen Grundentscheidungen gebracht. Der steuer- bzw. kindergeldrechtliche Grundsatz, dass es sich beim
Kindergeld um eine staatliche Leistung für das Kind an die Eltern handelt (§
62 Abs.
1 EStG, § 1
BKGG), bleibt unverändert" (BT-Drucksache 16/1830, S. 29).
Die gesetzliche Neuregelung des §
1612b BGB kann daher keineswegs so verstanden werden, als hätte der Gesetzgeber die Einkommensanrechnung gemäß § 11 Abs. 1 Satz 4 SGB
II unterbinden wollen. Vielmehr war es das Bestreben des Gesetzgebers, im Unterhaltsrecht ebenso wie in den sozialrechtlichen
Regelungen eine Zweckbestimmung des Kindergeldes gegenüber den unterhaltspflichtigen Eltern zu begründen. Das Kindergeld stellt
daher im Ergebnis nach wie vor eine staatliche Leistung zur Förderung der Familie dar. Mit der Zurechnung des Kindergeldes
bei dem jeweiligen Kind wird lediglich erreicht, dass das Existenzminimum des Kindes innerhalb der Bedarfsgemeinschaft vorrangig
gesichert wird (vgl. Harich, SGb 2012, S. 224ff: Anmerkung zu dem Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 14.07.2011 - 1 BvR 932/10). Sofern daher das Existenzminimum des Kindes durch anderweitige Einkommensarten, wie z.B. Unterhaltszahlungen, in einem
Umfang gedeckt ist, dass das volle Kindergeld nicht zur Bedarfsdeckung benötigt wird, widerspricht es nicht der Zweckbestimmung
des Kindergeldes - auch nicht aus unterhaltsrechtlicher Sicht - den zur Bedarfsdeckung nicht benötigten Teil dem bezugsberechtigten
Elternteil zuzurechnen, der mit dem Kind in einer Bedarfsgemeinschaft lebt und die Betreuungsleistung erbringt. Eine andere
Bewertung ist der Entscheidung des BVerfG in dem Nichtannahmebeschluss vom 14.07.2011 - 1 BvR 932/10 - nicht zu entnehmen. Zum einen behandelt das BVerfG allein unterhaltsrechtliche Fragestellungen. Zum anderen stellt auch
das BVerfG wesentlich darauf ab, dass der Gesetzgeber eine Angleichung der unterhaltsrechtlichen mit den sozialrechtlichen
Regelungen bezweckte.
Schließlich ist auch keine "doppelte" Anrechnung des hälftigen Kindergeldanteils zu befürchten, der auf den barunterhaltspflichtigen
Elternteil entfällt. Denn bei der Bedarfsermittlung ist das Einkommen anzurechnen, das der Klägerin zu 2) tatsächlich zur
Verfügung steht. Dieses tatsächliche Einkommen setzt sich aus dem gezahlten Unterhalt, aus dem Wohngeld und aus dem Kindergeld
zusammen. Eine doppelte Berechnung ist damit nicht gegeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
73 a Abs.
1 Satz 1
SGG in Verbindung mit §
127 Abs.
4 ZPO.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§
177 SGG).