Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
Leistungsausschluss für EU-Ausländer
Weite Auslegung des Arbeitnehmerbegriffs
Entgelt aus einer geringfügigen Tätigkeit
Gründe
Die Beschwerde der Antragsteller, die im Beschwerdeverfahren noch die Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
nach dem SGB II ab 03.04.2017 sowie die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren begehren, ist begründet.
Unter Berücksichtigung des Vorbringens im Beschwerdeverfahren haben die am 00.00.1966 geborene Antragstellerin zu 1) und ihr
am 00.00.2008 geborener Sohn, der Antragsteller zu 2), die beide spanische Staatsbürger sind und im Juni 2012 in die Bundesrepublik
Deutschland einreisten, einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Die Antragstellerin zu 1) hat - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr
noch nicht vollendet (Nr. 1), ist erwerbsfähig (Nr. 2), hilfebedürftig (Nr. 3) und hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der
Bundesrepublik Deutschland (Nr. 4). Der Antragsteller zu 2) ist als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft der Antragstellerin zu
1) nach § 7 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 3 Nr. 4 SGB II leistungsberechtigt. Ab dem 03.04.2017 unterliegt die Antragstellerin zu 1) nicht dem seit 29.12.2016 geltenden Leistungsausschluss
gem. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II. Vielmehr kann sie sich auf das Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmer nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 FreizügG/EU berufen. Die Antragstellerin zu 1) hat durch die Vorlage des Arbeitsvertrages glaubhaft gemacht, dass sie bei N wöchentlich
montags und freitags je 2,5 Stunden zu einem Stundenlohn von 9,- EUR als Haushaltshilfe in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis
arbeitet. Der Lohn wird am Monatsende fällig und auf das Konto der Antragstellerin zu 1) bei der Deutschen Bank überwiesen.
Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Begriff des Arbeitnehmers weit auszulegen; die Höhe des monatlichen Entgelts aus
der geringfügigen Tätigkeit führt zu keiner anderen Beurteilung (vgl Beschluss des erkennenden Senats vom 07.04.2016 - L 7 AS 288/16 B ER mwN). Insoweit sieht auch der Antragsgegner den Lohn als ausreichend zur Anerkennung der Arbeitnehmereigenschaft an,
weil er bei einem monatlichen Verdienst der Antragstellerin zu 1) von 168,- EUR in der Vergangenheit den Antragstellern Leistungen
nach dem SGB II gewährt hat. Der Anordnungsgrund ist ebenfalls glaubhaft gemacht. Die Antragsteller können ihren Lebensunterhalt weder aus
eigenem Einkommen noch Vermögen sicherstellen. Die Räumung der Wohnung der Antragsteller, bestimmt für den 20.04.2017 (Schreiben
der Fachstelle Wohnen der Stadt L vom 29.03.2017), wurde zwar durch Beschlagnahme der Wohnung am 06.04.2017 bis zum 19.07.2017
abgewendet. Jedoch muss umgehend die Zahlung der Nutzungsentschädigung an den Vermieter gesichert werden.
Die Verpflichtung des Antragsgegners lediglich dem Grunde nach folgt aus einer entsprechenden Anwendung von §
130 SGG. Der Antragsgegner wird bei dem Anspruch der Antragstellerin zu 1) (Regelbedarf, Mehrbedarf für Alleinerziehende, Nutzungsentschädigung
für die Unterkunft) das aus der abhängigen Beschäftigung erzielte Einkommen und bei dem Antragsteller zu 2) den von dessen
Vater geleisteten Unterhalt (289,- EUR) und das Kindergeld als Einkommen berücksichtigen. Hinsichtlich der Dauer der Verpflichtung
des Antragsgegners orientiert sich der Senat an der regelmäßigen Dauer einer vorläufigen Leistungsbewilligung von sechs Monaten
(§ 41 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II).
Da die Rechtsverfolgung Aussicht auf Erfolg hatte, war den Antragstellern für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu
bewilligen (§
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
114 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§
177 SGG).