Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des vorläufigen Rechtschutzes die Aufnahme als pflichtversichertes Mitglied der gesetzlichen
Krankenversicherung bei der Antragsgegnerin.
Die am 00.00.1988 geborene Antragstellerin kam vor ca. 11 Jahren aus Ungarn in die Bundesrepublik Deutschland. Hier war sie
in verschiedenen Bordellen u.a. in M, K, W und zuletzt in H als Prostituierte tätig.
Aufgrund einer Erkrankung an Morbus Hodgkin konnte die Antragstellerin ihrer Tätigkeit nicht mehr nachkommen und beantragte
beim Jobcenter B Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II), welche ab dem 1. April 2018 bewilligt wurden.
Auf Anfrage des Betreuers der Antragstellerin teilte die Antragsgegnerin zunächst im Juli 2018 mit, dass eine freiwillige
Mitgliedschaft aufgrund der nicht vorhandenen Vorversicherungszeiten nicht möglich sei. Der daraufhin gestellte Antrag auf
Aufnahme wurde seitens der Antragsgegnerin abgelehnt (Bescheid vom 26. Oktober 2018).
Die daraufhin beantragte Mitgliedschaft bei dem privaten Krankenversicherungsunternehmen H AG lehnte diese ab. Hiergegen erhob
die Antragstellerin Klage zum Amtsgericht (AG) B (xxx) mit dem Antrag, die H AG zu verurteilen, ihr ab dem 6. November 2018
eine Krankenversicherung zu gewähren, die mindestens eine Kostenerstattung für ambulante und stationäre Heilbehandlung im
Basistarif nach § 193 Abs. 5 Versicherungsvertragsgesetz (VVG), § 152 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) umfasse.
In diesem Verfahren verkündete die Antragstellerin der Antragsgegnerin den Streit (Schriftsatz vom 15. April 2019, zugestellt
am 24. April 2019; wiederholender Schriftsatz vom 6. August 2019, zugestellt am 12. August 2019). Mit der Zustellung des zweiten
Streitverkündungsschriftsatzes wurde der Antragsgegnerin der Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem AG am 10. September
2019 mitgeteilt worden. In diesem Termin erklärte die Antragstellerin auf Befragen des AG u.a. sinngemäß, sie sei freiwillig
der Prostitution nachgegangen und habe bei ihrer Tätigkeit einem Weisungsrecht nach Ort, Zeit oder Art der Arbeit nicht unterlegen.
Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 10. September 2019 Bezug genommen.
Das AG wies die Klage ab (rechtskräftiges Urteil vom 10. September 2019). Zur Begründung führte es aus, die Antragstellerin
habe gegen die H AG keinen Anspruch auf Gewährung des Basistarifs nach § 193 Abs. 5 VVG. Hierfür sei u.a. das Fehlen von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung Voraussetzung (§ 193 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 VVG). Eine solche Pflicht bestehe u.a. nicht im Falle hauptberuflich selbstständiger Tätigkeit (§
5 Abs.
5, Abs.
5a SGB V). Diesen Umstand habe die Antragstellerin jedoch nicht dargetan. Es könne offenbleiben, ob ihr Vortrag in der mündlichen
Verhandlung für sich geeignet sei, die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit schlüssig darzulegen. Jedenfalls habe die H
AG den Vortrag der Antragstellerin zulässigerweise mit Nichtwissen bestritten. Da die Antragstellerin insoweit keinerlei Beweismittel
angeboten habe, sei nach Beweislastgrundsätzen davon auszugehen, dass sie nicht freiwillig der Tätigkeit als Prostituierte
nachgegangen sei, sodass eine hauptberuflich selbstständige Tätigkeit als zwingende Voraussetzung für eine fehlende Versicherungspflicht
in der gesetzlichen Krankenversicherung gerade nicht anzunehmen gewesen sei.
Den daraufhin wiederholten Antrag der Antragstellerin auf Aufnahme als freiwilliges Mitglied bei der Antragsgegnerin lehnte
dies ab (Bescheid vom 19. September 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. November 2019). Eine freiwillige Versicherung
in Gestalt einer obligatorischen Anschlussversicherung (§
188 Abs.
4 SGB V) scheide aufgrund fehlender Vorversicherungszeiten aus. Die Voraussetzungen für eine abhängige Beschäftigung nach §
5 Abs.
1 Nr.
1 SGB V seien - für eine Vorversicherungszeit - nicht nachgewiesen. Die Antragstellerin trage insoweit die Feststellungslast. Eine
Aufnahme nach §
5 Abs.
1 Nr.
13 SGB V scheitere u.a. daran, dass eine vorherige Krankenversicherung aus dem ursprünglichen Wohnland (Ungarn) nicht nachgewiesen
sei. Eine Mitgliedschaft über den Arbeitslosengeld II-Bezug nach §
5 Abs.
1 Nr.
2a SGB V bestehe nicht, da die Antragstellerin zuvor hauptberuflich selbstständig erwerbstätig gewesen sei (§ Abs. 5, 5a
SGB V). Die dagegen durch die Antragstellerin am 5. Dezember 2019 erhobene Klage ist beim Sozialgericht (SG) Detmold (S 29 KR 2237/19) rechtshängig.
Am 16. Januar 2020 hat die Antragstellerin zudem bei dem SG Detmold einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Die Eilbedürftigkeit
ergebe sich daraus, dass sie in ärztlicher Behandlung stehe, die zwingend fortzusetzen sei, weil andernfalls konkrete Lebensgefahr
bestehe. Sie sei nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig gewesen. Es habe eine abhängige Beschäftigung bestanden. Auf
ihre undatiert vorgelegte eidesstattliche Versicherung sowie die weitere eidesstattliche Versicherung des behandelnden Onkologen
Dr. X wird Bezug genommen.
Die Antragstellerin hat schriftsätzlich beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, sie vorläufig bis zum rechtskräftigen Abschluss des
Klageverfahrens S 29 KR 2237/19 als Mitglied in die gesetzliche Krankenversicherung aufzunehmen und ihr entsprechende Leistungen zu gewähren.
Die Antragsgegnerin hat schriftsätzlich beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie hat auf ihre Bescheide Bezug genommen. Ergänzend hat sie darauf verwiesen, dass sie im Zeitpunkt der erstmaligen Antragstellung
keine für die Antragstellerin wählbare Krankenkasse gewesen sei.
Das SG hat dem Antrag entsprochen (Beschluss vom 25. Februar 2020). Auf die Begründung wird Bezug genommen.
Gegen diesen der Antragsgegnerin am 25. Februar 2020 zugestellten Beschluss hat sie am 10. März 2020 Beschwerde erhoben. Die
grundsätzlich nach §
5 Abs.
1 Nr.
2a SGB V bestehende Versicherungspflicht aufgrund des laufenden Arbeitslosengeld II-Bezuges entfalle nach §
5 Abs.
5a SGB V, da die Antragsteller hauptberuflich selbstständig sei. Nach summarischer Prüfung entsprächen die von ihr eidesstattlich
dargelegten Arbeitsumstände nicht für eine abhängige Beschäftigung.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des SG Detmold vom 25. Februar 2020 zu ändern und den Antrag abzulehnen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Mit Schriftsatz vom 9. Juni 2020 verweist sie maßgeblich auf ihren Vortrag in der mündlichen Verhandlung
vor dem AG zu den Umständen ihrer Arbeit als Prostituierte.
Der Senat hat die Beteiligten auf die möglichen Konsequenzen der Streitverkündung im Verfahren vor dem AG hingewiesen. Die
Antragstellerin hat vorgetragen, die sich daraus ergebende Interventionswirkung sei im sozialgerichtlichen Folgeprozess restriktiv
zu handhaben, da dort der Amtsermittlungsgrundsatz gelte. Die Annahme des AG, die Antragstellerin sei nicht freiwillig als
Prostituierte tätig geworden, werde durch ihren Vortrag im Schriftsatz vom 9. Juni 2020 widerlegt. Die Antragstellerin beantragt
die Beiladung der H AG.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte im vorliegenden und in den
Verfahren des SG Detmold S 29 KR 2237/19, S 19 AS 1136/18 ER, des AG B (xxx) sowie auf die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin Bezug genommen. Die betreffenden Akten sind beigezogen
worden.
II.
1. Der Antrag der Antragstellerin auf Beiladung der H AG zum vorliegenden Verfahren war abzulehnen. Die H AG ist am hier streitigen
Rechtsverhältnis nicht derart beteiligt, dass die Entscheidung ihr gegenüber nur einheitlich ergehen kann (§
75 Abs.
2 1. Alt.
Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Sie ist auch kein im Falle einer Ablehnung des Anspruchs der Antragstellerin leistungspflichtiger Leistungsträger
(§
75 Abs.
2 2. Alt.
SGG). Schließlich werden ihre berechtigten Interessen auch nicht durch die Entscheidung berührt (§
75 Abs.
1 Satz 1
SGG). Aufgrund des Urteils des AG B steht gemäß §
322 Abs.
1 Zivilprozessordnung (
ZPO) rechtskräftig fest, dass die H AG nicht verpflichtet ist, die Antragstellerin als Versicherungsnehmerin aufzunehmen. Die
Rechtskraft dieser Entscheidung kann durch eine Entscheidung des erkennenden Senates nicht beseitigt werden.
2. Der Antragstellerin, welche die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen unzweifelhaft erfüllt, war für das Beschwerdeverfahren
Prozesskostenhilfe zu bewilligen (§
73a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m.§§
114 Abs.
1 Satz 1,
119 Abs.
1 Satz 2
ZPO). Die Beiordnung von Rechtsanwalt Q für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren folgt aus §
121 Abs.
2 ZPO.
3. Die zulässige, insbesondere statthafte (§
172 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) sowie form- und fristgerecht (§
173 Satz 1, §
64 Abs.
1, Abs.
2, §
63 SGG) am 10. März 2020 schriftlich eingelegte Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den ihr am 25. Februar 2020 zugestellten Beschluss
des SG Detmold vom 25. Februar 2020 ist nicht begründet.
a) Nach §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis, aus
dem der Antragsteller eigene Ansprüche ableitet (Anordnungsanspruch), zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher
Nachteile nötig erscheint (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und -grund sind glaubhaft zu machen (§
86b Abs.
2 Satz 4
SGG i.V.m. §§
920 Abs.
2,
294 Abs.
1 Zivilprozessordnung). Für die Beurteilung des Anordnungsanspruchs kommt es in erster Linie auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache an. Der
Anordnungsgrund besteht nur dann, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass ihm unter Berücksichtigung der widerstreitenden
öffentlichen Belange ein Abwarten bis zur Entscheidung der Hauptsache nicht zuzumuten ist (vgl. Senat, Beschluss vom 30. Januar
2019 - L 11 KR 442/18 B ER - KrV 2019, 126; Beschluss vom 22. Januar 2018 - L 11 KA 82/16 B ER - juris; jeweils m.w.N.). Wegen des Zusammenhangs zwischen den genannten Kriterien (einerseits der Erfolgsaussichten
im Falle einer Entscheidung in der Hauptsache und andererseits der Unzumutbarkeit, auf eine solche Entscheidung zu warten)
besteht eine funktionelle Wechselbeziehung zwischen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund: Mit zunehmender Eilbedürftigkeit
sind die Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs zu reduzieren, und je höher die Erfolgsaussichten in
der Hauptsache sind, desto geringere Anforderungen sind an den Anordnungsgrund zu stellen. Gänzlich verzichtet werden kann
indessen weder auf den Anordnungsanspruch noch auf den Anordnungsgrund. Ist Letzterer nicht dargetan, kommt der Erlass einer
einstweiligen Anordnung selbst dann nicht in Betracht, wenn der Antragsteller im Hauptsacheverfahren voraussichtlich obsiegen
wird. Andernfalls würde sich das Gericht über den eindeutigen Wortlaut des §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG ("wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint") hinwegsetzen. Sind schließlich die Erfolgsaussichten
offen, so bedarf es einer umfassenden Interessenabwägung (zu den genannten Kriterien ausführlich Senat, Beschluss vom 22.
Januar 2018, a.a.O. m.w.N.).
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen hat die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Nach summarischer
Prüfung besteht Versicherungspflicht nach §
5 Abs.
1 Nr.
2a SGB V [dazu unter aa)]. Auf den Ausschlusstatbestand nach §
5 Abs.
5a,
5 SGB V kann sich die Antragsgegnerin jedenfalls im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz nicht berufen [dazu unter bb)].
aa) Nach §
5 Abs.
1 Nr.
2a SGB V sind Personen in der Zeit versicherungspflichtig, für die sie Arbeitslosengeld II nach dem SGB II beziehen, es sei denn, dass diese Leistung nur darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 24 Abs. 3 Satz 1 SGB II bezogen werden; dies gilt auch, wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder
die Leistung zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist. Diese Voraussetzungen erfüllt die Antragstellerin unstreitig.
Sie erhält seit dem 1. April 2018 durchgehend Leistungen nach dem SGB II, die nicht darlehensweise bewilligt werden und auch nicht lediglich Leistungen nach § 24 Abs. 3 Satz 1 SGB II enthalten.
bb) Im Rahmen der im gerichtlichen Eilrechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung ist zudem nicht von einem Ausschluss der
Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 5a Satz 1 auszugehen. Danach gilt, dass nach §
5 Abs.
1 Nr.
2a SGB V nicht versicherungspflichtig ist, wer zuletzt vor dem Bezug von Arbeitslosengeld II privat krankenversichert war oder weder
gesetzlich noch privat krankenversichert war und zu den in §
5 Abs.
5 SGB V oder den in §
6 Abs.
1 oder 2
SGB V genannten Personen gehört oder bei Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätte.
Im vorliegenden Fall kommt nur der Ausschlusstatbestand des §
5 Abs.
5 SGB V in Betracht, der eine hauptberuflich selbstständige Tätigkeit der Antragstellerin voraussetzt. Auf diesen Ausschlusstatbestand
kann sich die Antragsgegnerin jedenfalls im Rahmen des Verfahrens auf einstweiligen Rechtsschutz jedoch nicht berufen. Hieran
ist sie nämlich durch die Interventionswirkung der wirksamen Streitverkündung im Zivilprozess gehindert.
(1) Nach §§
74 Abs.
3,
68 ZPO wird der Streitverkündete - hier die Antragsgegnerin - im Verhältnis zu der Hauptpartei - hier der Antragstellerin - mit
der Behauptung nicht gehört, dass der Rechtsstreit, wie er dem Richter vorgelegen habe, unrichtig entschieden sei; mit der
Behauptung, dass die Hauptpartei den Rechtsstreit mangelhaft geführt habe, wird er nur insoweit gehört, als er durch die Lage
des Rechtsstreits zur Zeit seines Beitritts oder durch Erklärungen und Handlungen der Hauptpartei verhindert worden ist, Angriffs-
oder Verteidigungsmittel geltend zu machen, oder als Angriffs- oder Verteidigungsmittel, die ihm unbekannt waren, von der
Hauptpartei absichtlich oder durch grobes Verschulden nicht geltend gemacht sind. Diese Grundsätze gelten grundsätzlich auch
in einem Folgeprozess vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit (BSG, Urteil vom 13. September 2011, B 1 KR 4/11 R, BSGE 109, 133 ff.).
Im vorliegenden Fall hat das AG B entschieden, dass eine hauptberufliche selbstständige Tätigkeit der Antragstellerin im Sinne
von §
5 Abs.
5 SGB V nicht erwiesen sei. Die Antragsgegnerin wird daher gemäß §
68 ZPO im sozialgerichtlichen Folgeverfahren nicht mit dem Vortrag gehört, dass AG habe insoweit unrichtig entschieden. Etwas anderes
folgt auch nicht daraus, dass das AG zur Begründung ausgeführt hat, die Antragstellerin habe für ihre gegenteilige Behauptung
keinen Beweis angetreten. Denn die Antragsgegnerin war aufgrund der rechtzeitigen Streitverkündung ihr gegenüber nicht gehindert,
Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend zu machen, die für eine hauptberuflich selbstständige Tätigkeit der Antragstellerin
sprachen. Diese Möglichkeit hat sie indessen nicht genutzt, sondern sich darauf beschränkt, ihre Zuständigkeit zu bestreiten.
(2) Ein Ausnahmetatbestand vom Eintritt der Interventionswirkung liegt nicht vor.
(a) Allerdings greift §
68 ZPO nicht im Falle solcher Feststellungen ein, auf denen die Entscheidung des Erstgerichts nach objektiven Maßstäben nicht beruht
(sog. überschießende Feststellungen, vgl. BGH, Beschluss vom 27.11.2003, V ZB 43/03, BGHZ 157, 97 ff. m.w.N.). Eine solche überschießende Feststellung liegt hier jedoch nicht vor. Das AG hat sein klageabweisendes Urteil
maßgeblich damit begründet, eine hauptberuflich selbstständige Tätigkeit der Antragstellerin als Ausschlusstatbestand für
Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung sei nicht bewiesen. Damit hat es einen nach objektiven Maßstäben
vertretbaren Begründungsansatz gewählt.
(b) Zwar ist darüber hinaus §
68 ZPO in einem vom Amtsermittlungsgrundsatz (§
103 Satz 1
SGG) beherrschten Folgeprozess restriktiv anzuwenden (BSG a.a.O., juris-Rn. 15). Dies führt jedoch zumindest im hier zu entscheidenden Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz nicht
zu einem abweichenden Ergebnis.
Im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht kann der Senat dabei entgegen der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin nicht berücksichtigen,
dass die Antragstellerin ihren Vortrag aus der mündlichen Verhandlung vor dem AG im Beschwerdeverfahren wiederholt hat. Denn
genau diesen Vortrag hat das AG als nicht bewiesen angesehen, was aus den dargelegten Gründen von der Interventionswirkung
gemäß §
68 ZPO umfasst wird. Der Amtsermittlungsgrundsatz als "Schranke" der Interventionswirkung kann daher nur dann zum Tragen kommen,
wenn dem erkennenden Senat über den Vortrag der Antragstellerin hinaus - ungeachtet des Vorliegens entsprechender Beweisanträge
ihrerseits - Beweismittel zur Verfügung stünden, welche die Annahme einer hauptberuflich selbstständigen Tätigkeit stützen.
Solche Beweismittel sind jedoch derzeit nicht ersichtlich und angesichts der Komplexität der für eine solche Annahme zu treffenden
Feststellungen (vgl. zur Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung zuletzt BSG, Urteil vom 4. Juni 2019, B 12 R 11/18 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 42 m.w.N.) im Rahmen der im Verfahren auf einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung
auch nicht zu beschaffen. Die anderweitigen Darlegungen der Antragstellerin zu dieser Frage sind jedenfalls derart lückenhaft,
dass sie für sich genommen keine abweichende Beurteilung rechtfertigen. Das gilt umso mehr, als der erkennende Senat im Rahmen
der Amtsermittlung an den Vortrag der Beteiligten nicht gebunden ist (§
103 Satz 2
SGG).
Angesichts dessen verbleibt es (vorläufig) bei der Annahme einer Versicherungspflicht der Antragstellerin während des laufenden
Bezuges von Arbeitslosengeld II gemäß §
5 Abs.
1 Nr.
2a SGB V.
c) Im Übrigen, insbesondere auch bzgl. der Ausführungen zum Anordnungsgrund nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen
auf den Beschluss des SG Bezug, denen er sich anschließt (§
142 Abs.
2 Satz 3
SGG).
4. Die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren erfolgt in entsprechender Anwendung von §
193 SGG.
5. Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht angefochten werden (§177
SGG).