Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X - Prüfung einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung
Tätigkeit als kaufmännische Angestellte in der Firma des Ehegatten
Gründung einer GmbH durch die Ehepartner mit einer Beteiligung der Ehefrau von 10% und des Ehemannes von 90%, wobei der Ehemann
alleiniger Geschäftsführer der GmbH ist
Tatbestand
Die Klägerin begehrt im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) die Feststellung, dass sie bei der Beigeladenen zu 1) nicht versicherungspflichtig beschäftigt ist.
Die Klägerin arbeitete zunächst als Finanzbeamtin, bis sie dann im Jahr 1980 eine Tätigkeit als kaufmännische Angestellte
in der Firma ihres Ehemannes aufnahm, der in I einen Malerbetrieb in der Rechtsform eines einzelkaufmännischen Unternehmens
betrieb. Im Dezember 1984 gründeten die Klägerin und ihr Ehemann die beigeladene GmbH (Beigeladene zu 1). Geschäftsgegenstand
der Beigeladenen zu 1) ist der Handel mit Tapeten, Farben, Glas und Bodenbelägen sowie die Verarbeitung der genannten Gegenstände.
Die Klägerin ist an der Beigeladenen zu 1) mit 10 %, der Ehemann mit 90 % beteiligt. Alleiniger Geschäftsführer der GmbH ist
der Ehemann der Klägerin; bezüglich des Stimmrechts ist vereinbart, dass die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung einstimmig
zu fassen sind (§ 8 des Gesellschaftsvertrages). Die Klägerin ist bei der beigeladenen GmbH - wie zuvor bei dem Einzelhandelsunternehmen
- im kaufmännischen Bereich tätig. 1985 hat sie den Einzelhandel vergrößert, nimmt seither den Einkauf hierfür selbständig
wahr und ist ferner auch für den Verkauf zuständig. Die Klägerin erhält ein festes monatliches Gehalt, das auf ihr privates
Bankkonto überwiesen wird und das im Falle von Krankheit und Urlaub fortgezahlt wird. Erhöhungen des monatlichen Entgelts
im Laufe der Jahre beruhten immer auf der Ausdehnung des zeitlichen Umfangs der Tätigkeit der Klägerin in der Firma.
Durch Bescheid vom 28.03.1985 stellte die Beklagte fest, dass die Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) sozialversicherungspflichtig
beschäftigt ist.
Am 23.11.2007 beantragte die Klägerin, den Bescheid vom 28.03.1985 zurückzunehmen und festzustellen, dass sie in ihrer Tätigkeit
für die Beigeladene zu 1) seit dem 12.12.1984 nicht der Sozialversicherungspflicht unterliege. Sie gab an, ohne arbeitsvertragliche
Grundlage unabhängig von der Ertragslage des Unternehmens eine monatliche Vergütung i.H.v. 1.300,- Euro zu erhalten, die im
Falle von Arbeitsunfähigkeit für die Dauer von 6 Wochen fortgezahlt werde. Ihr Gehalt werde als Betriebsausgabe verbucht.
Sie unterliege keinem Weisungsrecht der Gesellschaft, sondern bestimme und gestalte ihre Tätigkeit frei, abhängig von den
betrieblichen Erfordernissen. Personal könne sie nicht selbständig einstellen; gekündigt werden könne sie nur aus wichtigem
Grund. Sie habe der Beigeladenen zu 1) Darlehen i.H.v. insgesamt 66.300,- Euro gewährt.
Nachdem die Beklagte mehrfach schriftlich lediglich ihre Auffassung bekräftigt hatte, dass sie weiterhin von einer sozialversicherungspflichtigen
Beschäftigung der Klägerin ausgehe, ohne jedoch förmlich den Antrag der Klägerin zu bescheiden, hat diese am 14.04.2008 Klage
vor dem Sozialgericht Dortmund erhoben, mit der sie die Verurteilung der Beklagten zur Bescheidung ihres Antrags begehrt hat.
Durch Bescheid vom 26.05.2010 hat die Beklagte den Antrag der Klägerin gemäß § 44 SGB X abgelehnt. Den dagegen unter dem 23.06.2010 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch den Widerspruchsbescheid vom
22.09.2010 zurück.
Die Klägerin, die nunmehr die Aufhebung des Bescheides vom 26.05.2010 und des Widerspruchbescheides vom 22.09.2010 sowie die
Rücknahme des bindenden Bescheides vom 28.03.1985 und die Feststellung der Sozialversicherungsfreiheit ihrer Tätigkeit für
die Beigeladene zu 1) begehrt hat, hat zur Begründung vorgebracht: Der Bescheid vom 28.03.1985 sei rechtswidrig, weil sie
tatsächlich selbständig tätig gewesen sei. Entscheidend sei, dass die Gesellschafterbeschlüsse der Beigeladenen zu 1) einstimmig
zu fassen seien, so dass sie über eine Sperrminorität verfüge und als Gesellschafterin also maßgeblichen Einfluss auf die
Geschicke der Gesellschaft nehmen könne. Auf der Grundlage des Gesellschaftsvertrages arbeitete sie mit ihrem Ehegatten einvernehmlich
zusammen; ein Arbeitsvertrag existiere nicht und das Weisungsrecht des Ehemannes sei einvernehmlich abbedungen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 26.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.09.2010 aufzuheben und die Beklagte
zu verurteilen, den Bescheid vom 28.03.1985 zurückzu- nehmen sowie festzustellen, dass es sich bei der ab dem 12.12.1984 ausgeübten
Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) um eine nicht sozialversicherungspflichtige Tätigkeit gehandelt habe.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat an ihrer Ansicht festgehalten, dass die Klägerin seit 1984 bei der Beigeladenen zu 1) abhängig beschäftigt sei.
Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.
Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 20.02.2013 abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe
Bezug genommen.
Gegen das ihr am 21.03.2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19.04.2013 Berufung eingelegt.
Zur Begründung bringt sie vor: Aus dem Gesellschaftsvertrag sowie ihren eigenen Angaben und den Angaben ihres Ehegatten werde
deutlich, dass sie mit ihrem Ehemann partnerschaftlich, gleichberechtigt agiere und dass das für Arbeitsverhältnisse typische
Unterordnungsverhältnis unter Ausgleich der gegenläufigen Interessen nicht als vereinbart angenommen werden könne. Das Sozialgericht
verneine zu Unrecht das Vorliegen eines unternehmerischen Risikos. Sie habe der Beigeladenen zu 1) unstreitig mehr als 60.000,-Euro
an Kapital zur Verfügung gestellt, welches als Gesellschafterdarlehen in den Bilanzen geführt werde. Ferner habe sie im Jahre
2004 einen Kredit i.H.v. 20.000,- Euro gemeinsam mit ihrem Ehemann aufgenommen, um einen LKW für die Beigeladene zu 1) anschaffen
zu können. Schließlich spreche das Bestehen der erwähnten Sperrminorität entscheidend für eine selbständige Tätigkeit.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 20.02.2013 zu ändern und nach dem Klageantrag zu erkennen.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 4) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Die Beigeladene zu 1) sowie die Beigeladenen zu 2) und 3) stellen keine Anträge.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den übrigen Inhalt der Streitakten sowie der
Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Beklagte
hat es durch den Bescheid vom 26.05.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.09.2010 zu Recht abgelehnt, den
Bescheid vom 28.03.1985 gemäß § 44 SGB X zurückzunehmen und festzustellen, dass die Klägerin seit dem 12.12.1984 in ihrer Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) nicht
sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist.
§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X bestimmt: Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von
einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht
erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist,
mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.
Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen nicht vor. Weder ist bei Erlass des bindenden Bescheides vom 28.03.1985 das Recht
unrichtig angewandt worden noch ist von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unrichtig erweist. Die Beklagte
hat vielmehr zutreffend festgestellt, dass die Klägerin bei der Beigeladenen zu 1) versicherungspflichtig beschäftigt ist.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung
der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§
5 Abs.
1 Nr.
1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch -
SGB V -, §
20 Abs.
1 Satz 2 Nr.
1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch -
SGB XI -, §
1 Nr.
1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch -
SGB VI -, §
25 Abs.
1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch -
SGB III -). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist §
7 Abs.
1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV). Beschäftigung ist danach die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§
7 Abs.
1 Satz 1
SGB IV). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation
des Weisungsgebers (§
7 Abs.
1 Satz 2
SGB IV).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung
in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in dem Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer,
Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit
vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit
über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freigestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig
beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Voraussetzungen überwiegen. Maßgebend ist das Gesamtbild der
Arbeitsleistung.
Das Gesamtbild beurteilt sich grundsätzlich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne
sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben.
Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich
zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie
es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine
im Widerspruch zur ursprünglich getroffenen Vereinbarung stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung
auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung
rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition
nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem
Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr. 4; BSG SozR 3-4100 § 168 Nr. 18). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen
(BSG SozR 3-2400 § 7 Nrn, 3, 15). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Rechtsbeziehung so, wie
sie rechtlich zulässig ist. Bei juristischen Personen gilt, dass deren Organe nicht in einem rechtsfreien bzw. der Beliebigkeit
der Beteiligten unterstehenden Raum agieren. Vielmehr sind die rechtlichen Rahmenbedingungen, wie sie insbesondere durch das
Zivilrecht ausgestaltet sind, zu beachten. Angesichts dieser rechtlichen Rahmenbedingungen kann allein aus der faktischen
Nichtwahrnehmung gesellschaftsrechtlicher Befugnisse nicht auf deren stillschweigende Abbedingung geschlossen werden (BSG, Urteil vom 29.08.2012 - B 12 KR 14/10 R - Rdn. 25).
Nach Maßgabe dieser Voraussetzungen unterliegt die Klägerin in ihrer Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) der Sozialversicherungspflicht.
Die Klägerin hat sich hier mit der Beigeladenen zu 1), die durch den allein vertretungsberechtigten Ehemann der Klägerin als
Geschäftsführer vertreten wurde, darüber geeinigt, dass sie gegen ein festes monatliches Entgelt, das nach den Bekundungen
der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung am 08.05.2014 ausdrücklich abhängig von dem zeitlichen Umfang der geleisteten
Arbeit war, für die Beigeladene zu 1) im kaufmännischen Bereich unter Einschluss des Verkaufs im Ladengeschäft tätig sein
sollte. Neben dem festgelegten zeitlichen Umfang bestand Einigkeit über eine 6-wöchige Fortzahlung im Krankheitsfall sowie
die Gewährung von Urlaub. Diese Einigung, die nach dem Vorbringen der Klägerin und ihres Ehegatten nicht schriftlich fixiert
worden ist, muss dann aber notwendigerweise mündlich erfolgt sein. Sie entspricht dem wesentlichen Inhalt eines Arbeitsvertrages.
Dabei ist davon auszugehen, dass der (mündliche) Vertrag, den die Klägerin bereits bei ihrem Eintritt in die Einzelhandelsfirma
ihres Ehegatten geschlossen hatte, nach Gründung der GmbH von dieser fortgeführt wurde, so wie die GmbH auch im Übrigen Rechtsnachfolgerin
des zuvor vom Ehegatten betriebenen einzelkäufmännischen Unternehmens war. Nach den Bekundungen der Klägerin sowie auch ihres
Ehegatten im Termin zur mündlichen Verhandlung am 08.05.2014 ist jedenfalls im Zusammenhang mit der Gründung der GmbH im Jahre
1984 eine andere, "neue" Vereinbarung zwischen den Beteiligten über die Tätigkeit der Klägerin für die Beigeladene zu 1) -
schriftlich oder mündlich - nicht getroffen worden. Es erfolgte nur eine Einigung über die Erhöhung des zeitlichen Umfangs
des Tätigwerdens der Klägerin für die GmbH und die daraus resultierende Erhöhung des monatlichen Gehalts; die Orientierung
der Höhe des monatlichen Gehalts am zeitlichen Umfang der Tätigkeit ist wiederum typisch für ein Angestelltenverhältnis. Der
Gesellschaftsvertrag trifft hinsichtlich der Tätigkeit der Klägerin keinerlei Regelungen. Er scheidet deshalb - anders als
die Klägerin meint - als rechtliche Grundlage für die Tätigkeit der Klägerin in der GmbH aus. Ferner wurde das monatliche
Gehalt der Klägerin - wie bei jedem anderen Arbeitnehmer auch - auf ein eigenes Konto der Klägerin gezahlt. Das Erscheinungsbild
der Tätigkeit der Klägerin wird demnach ganz wesentlich von Elementen geprägt, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis
typisch sind.
An der demnach bestehenden Einschätzung, die Klägerin als Arbeitnehmerin zu beurteilen, ändert sich nichts durch die Tatsache,
dass nach dem Gesellschaftsvertrag, den die Klägerin mit ihrem Ehegatten geschlossen hat, Gesellschafterbeschlüsse nur einvernehmlich
zu fassen sind.
Ein GmbH-Gesellschafter, der in der GmbH angestellt, aber nicht zum Geschäftsführer bestellt ist, besitzt aufgrund seiner
gesetzlichen Gesellschafterrechte nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft aufzuheben
oder abzuschwächen. Vorbehaltlich anderer Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag - die hier nicht gegeben sind - ist die Dienstaufsicht
und das Weisungsrecht über die Angestellten der GmbH nämlich Sache der laufenden Geschäftsführung und nicht der Gesellschafterversammlung
(vergl. BSG, Urteil vom 17.05.2001, Az B 12 KR 34/00 R mit weiteren Nachweisen). Die Klägerin konnte und kann deshalb Weisungen ihres Ehegatten bezogen auf ihre Tätigkeit als kaufmännische
Angestellte nichts entgegensetzen, insbesondere auch nicht aufgrund der Regelung im Gesellschaftsvertrag, wonach die Gesellschafterbeschlüsse
einvernehmlich zu treffen sind. An dieser rechtlich bestehenden Weisungsbefugnis des Ehegatten der Klägerin als des Geschäftsführers
ändert sich nichts durch die gelebte Praxis unter den Ehegatten, Entscheidungen auch hinsichtlich des Tätigkeitsbereichs der
Klägerin (möglichst) einvernehmlich zu treffen.
Im Hinblick auf die von der Beigeladenen zu 1) gewährten Darlehen sowie die Übernahme einer Darlehensverpflichtung zu Gunsten
der Beigeladenen zu 1) ist zwar einzuräumen, dass dies kein arbeitnehmertypisches Verhalten darstellt. Dennoch trifft die
Klägerin insoweit vorrangig ein bloßes Haftungs- bzw. Ausfallrisiko und kein Unternehmerrisiko im engeren Sinne, weil bei
jenem das Wagnis des Einsatzes von tatsächlichen Mitteln bzw. der Arbeitskraft mit einer Gewinnchance verbunden ist (LSG NRW,
Urteil vom 25.11.2010 L 16 KR 313/10). Im Übrigen entspricht es der Praxis vieler Banken, im Rahmen der Darlehensgewährung an Familienunternehmen eine (Mit-)Verpflichtung
von Familienangehörigen zu verlangen. Hieraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass der aus dem familiären Umfeld stammende
Mitverpflichtete zwangsläufig mit der Abgabe einer entsprechenden Erklärung eine selbständige Tätigkeit aufnähme (LSG NRW,
Urteil vom 25.11.2010 aaO).
Der Senat hat der Streitsache grundsätzliche Bedeutung beigemessen und deshalb die Revision zugelassen (§
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG).