LSG Saarland, Urteil vom 05.07.2018 - 4 AS 28/17
Höhe der Leistungen für Kosten der Unterkunft
Behandlung von Betriebskosten
Abschluss von Mietverträgen zwischen Angehörigen
Voraussetzungen eines Scheingeschäfts
1. Nach § 22 Abs 2 SGB II werden als Bedarf für die Unterkunft zwar auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur anerkannt, jedoch
nur, wenn es sich - anders als hier - um selbstbewohntes Wohneigentum im Sinne des § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB II handelt.
2. Eine Vereinbarung der Umlage von Kosten, die nicht als Betriebskosten unter § 2 BetrKV fallen, ist, wie sich aus § 556 BGB ergibt, unwirksam, so dass sie grundsätzlich auch nicht vom Grundsicherungsträger zu übernehmen sind (so ausdrücklich BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 48/08 R = BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18 - juris RdNr 16, mwN).
3. Aus § 22 Abs 1 S 2 SGB II ergibt sich, dass der Grundsicherungsträger nur solche Kosten zu übernehmen hat, die dem Leistungsberechtigten tatsächlich
entstanden und angemessen sind und für deren Deckung ein Bedarf besteht. Bei Abschluss von Mietverträgen zwischen Angehörigen
ist dabei stets zu prüfen, ob überhaupt eine wirksame mietvertragliche Abrede vorliegt, welchen Inhalt diese hat oder ob es
sich nur um ein so genanntes Scheingeschäft im Sinne des § 117 Abs 1 BGB handelt und die vermeintlichen Mietvertragsparteien nur den äußeren Anschein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen,
ohne dass die mit dem Geschäft verbundenen Rechtsfolgen tatsächlich eintreten sollen.
4. Folge eines Scheingeschäftes ist, dass der Grundsicherungsträger nicht verpflichtet ist, die vermeintlich vereinbarte Grundmiete
zu übernehmen (LSG Essen vom 30.7.2013 - L 2 AS 1021/12 und vom 2.3.2017 - L 19 AS 1458/16 = MittBayNot 2018, 134, nachfolgend BSG vom 25.7.2017 - B 4 AS 159/17 B, mit Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde; Piepenstock in jurisPK-SGB II, § 22 RdNr 64, mwN).
Vorinstanzen: SG Saarbrücken 26.04.2017 S 12 AS 668/16
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 26.04.2017 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe von Leistungen für Kosten der Unterkunft für den Zeitraum vom 01.06.2016 bis 31.05.2017
nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und darüber, ob dem Kläger Fahrkosten für wahrgenommene Termine bei dem Beklagten zu erstatten sind.
Der am 1953 geborene Kläger beantragte, nach erster Vorsprache am 30.06.2016, Leistungen nach dem SGB II. Seine Antragsunterlagen gab er - aufgrund jeweils mit einer „Rechtsfolgebelehrung“ versehenen Einladung - u.a. am 18.07.2016
und 22.072016 ab. Er sei geschieden und wohne gemeinsam mit seiner 1930 geborenen Mutter in einer seinem Bruder (K.) gehörenden
Eigentumswohnung, an der seine Mutter aufgrund eines Erbvertrags vom 12.10.1987 ein im Grundbuch eingetragenes lebenslanges
und unentgeltliches Nutzungsrecht habe. An den für die Wohnung anfallenden laufenden Kosten beteilige er sich zur Hälfte.
Seine Tätigkeit als Versicherungsvermittler habe er zum 12.06.2015 beendet.
Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 26.07.2016 Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.06.2016 bis 31.05.2017 i.H.v. zunächst 494,96 Euro/Monat. Dieser Betrag enthielt Regelbedarf (404,--
Euro), Mehrbedarf Warmwasser (9,29 Euro), Heizkosten (26,-- Euro) und Unterkunftsbedarf (55,67 Euro) und wurde auf das Konto
der Mutter des Klägers bei der Postbank F. überwiesen. Mit Bescheid vom 01.08.2016 erfolgte eine Neuberechnung für den Zeitraum
vom 01.08.2016 bis 31.05.2017 aufgrund der Änderung der Höhe der Nebenkosten durch Berücksichtigung der Grundsteuer B.
Mit seinem am 04.08.2016 eingegangenen Widerspruch machte der Kläger geltend, die Kosten der Unterkunft seien nicht in der
Höhe berücksichtigt worden, in der sie tatsächlich angefallen seien. Außerdem seien weder die Kfz-Haftpflicht, die Privathaftpflicht,
noch eine bestehende Hausratversicherung berücksichtigt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.08.2016 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Es seien alle berücksichtigungsfähigen Nebenkosten
in die Berechnung eingeflossen. Verwaltergebühren und Instandhaltungsrücklage (189,96 Euro und 628,80 Euro) könnten nicht
übernommen werden, da der Eigentümer diese laut Betriebskostenverordnung nicht umlegen könne. Soweit er die Berücksichtigung von verschiedenen Versicherungen geltend mache, seien diese nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, 1. HS SGB II nicht zu berücksichtigen. Der Kläger habe kein Einkommen, auf die diese Beiträge abgesetzt werden könnten.
Hiergegen hat der Kläger am 29.09.2016 Klage beim Sozialgericht für das Saarland (SG) erhoben (Az.: S 12 AS 668/16) und im Wesentlichen vorgetragen, vorliegend handele es sich nicht um ein Mietverhältnis, sondern um ein lebenslanges Wohnrecht
in einer Eigentumswohnung, für die alle anfallenden Kosten durch den Nießbrauchberechtigten zu zahlen seien. Die Instandhaltungsrücklage
sei für anfallende Reparaturkosten, die die gesamte Eigentümergemeinschaft (260 Wohnungen) treffen würden.
Das SG hat die Beteiligten am 12.01.2017 sodann darauf hingewiesen, dass der Kläger weder Eigentümer noch Wohnrechtsinhaber und
das Schuldverhältnis zwischen dem Kläger und seiner Mutter als schuldrechtlicher Mietvertrag zu qualifizieren sei. In einem
Vermerk der Geschäftsstellenbeamtin (Zeugin L.) vom 16.01.2017 ist dabei festgehalten:
„Erneuter Anruf des Klägers: Er teilt mit, dass er nun seine Konsequenzen aus der übersandten „Bedienungsanleitung“ ziehen
und einen Mietvertrag mit seiner Mutter abschließen werde. Dass dies für diese nicht zur Steuerpflicht führt, habe er bereits
geprüft. Nun müsse er nur noch herausfinden, wie lange rückwirkend er den Vertrag datieren könne. Er führt zum wiederholten
Male ausführlich zum Unsinn der bestehenden Regelungen aus, bevor ich das Gespräch beenden kann. 16. Januar 2017“
Unter dem 30.01.2017 machte der Kläger daraufhin bei dem Beklagten geltend, er habe zwischenzeitlich einen Mietvertrag mit
seiner Mutter am 10.01.2017 abgeschlossen, wonach er sich verpflichtet habe, für 40 qm der 80 qm großen möblierten Wohnung
eine Kaltmiete von 320,-- Euro zu zahlen. Er übernehme die Hälfte der u.a. nach Betriebskostenverordnung umlegbaren Kosten i.H.v. insgesamt 150,22 Euro. Mit Bescheid vom 17.02.2017 lehnte der Beklagte die Übernahme der Mietkosten
ab. Es handele sich um eine Eigentumswohnung des Bruders des Klägers, in der seine Mutter ein lebenslanges unentgeltliches
Wohnrecht habe und insoweit nicht berechtigt sei, die Räume zu vermieten. Daraufhin reichte der Kläger einen weiteren Mietvertrag
mit Beginn 01.05.2017 sowie eine förmliche Zustimmung zu dem Mietvertrag durch seinen Bruder zu den Akten.
Noch während des laufenden Verfahrens (Az.: S 12 AS 668/16) hat der Beklagte mit Bescheiden vom 28.11.2016, 22.12.2016 und 24.01.2017 die Leistungen wegen einer geänderten Grundsteuerfestsetzung
bzw. bzgl. der Heizkosten neu berechnet und mit Bescheid vom 30.11.2016 den Antrag auf Erstattung der Fahrkosten für die Vorsprache
im Rahmen der Antragstellung am 30.06., 18.07. und 22.07.2016 abgelehnt. Die gegen die Bescheide vom 28.11.2016 und 22.12.2016
eingelegten Widersprüche hat der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.01.2017 zurückgewiesen, da die Bescheide bereits
Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens S 12 AS 668/16 geworden seien. Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 01.02.2017 wies der Beklagte auch den Widerspruch gegen den Bescheid
vom 30.11.2016 zurück, da die geltend gemachten Fahrkosten im Zusammenhang mit den Bedarfen für Mobilität bzw. Verkehr stehen
würden und sich auch aus § 59 SGB II iVm § 309 Abs. 4 Drittes Buch Sozialgesetzbuch ( SGB III) kein Anspruch ergebe.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 01.02.2017 hat der Kläger am 21.02.2017 ebenfalls Klage vor dem SG (Az.: S 12 AS 150/17) erhoben und hierzu im Wesentlichen ausgeführt, ihm stünden die Fahrkosten zu. Es handele sich um 4,8 km einfache Wegstrecke,
die er mit seinem Kfz zurückgelegt habe, um die zum 18.07. und 22.07.2016 erfolgten und mit einer „Rechtsmittelbelehrung“
versehenen Einladungen der Beklagten wahrzunehmen.
Mit Beschluss vom 28.02.2017 hat das SG diesen Rechtsstreit mit dem Verfahren S 12 AS 668/16 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden und am 13.04.2017 und 26.04.2017 durch Vernehmung der Zeugin G. A.
und des Zeugen K. A. Beweis erhoben. Es wurde zudem die Justizbeamtin L. als Zeugin vernommen.
Mit Urteil vom 26.04.2017 hat das SG die Klage abgewiesen und hierzu im Wesentlichen ausgeführt, ein Anspruch auf Übernahme der Instandhaltungsrücklage und der
Verwaltergebühr bestehe nicht. Die Kosten zur Unterhaltung der auch von der Mutter des Klägers bewohnten Wohnung, an der diese
das lebenslange und unentgeltliche Wohnrecht i.S.d. § 1093 BGB habe, müsse der Eigentümer tragen. Der Kläger könne dabei nicht anders gestellt werden als ein im Leistungsbezug stehender
Mieter, auf den eine Instandhaltungsrücklage sowie eine Verwaltergebühr nach der Betriebskostenverordnung nicht umgelegt werden könne. Es liege auch keine Zusicherung i.S.d. § 34 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) vor, nach der eine Übernahme dieser Kosten erfolgen könne. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Übernahme des mit Mietvertrag
vom 10.01.2017 vereinbarten Mietzinses für die Zeit ab Januar bis Mai 2017. Die Mutter des Klägers habe nicht rechtwirksam
eine Grundmiete im Verhältnis zu dem Kläger vereinbaren können. Diese sei zwar gemäß § 1093 Abs. 2 BGB befugt, andere Familienangehörige in die Wohnung aufzunehmen, nicht jedoch die Wohnräume zu vermieten (§ 1092 Abs. 1 Satz 2 BGB), nachdem die zeugenschaftliche Vernehmung des Eigentümers ergeben habe, dass dieser den Mietvertragsabschlusses lediglich
zur Kenntnis genommen, nicht aber i.S. einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung gestattet habe. Im Übrigen sei die Kammer der
Überzeugung, dass der Mietvertrag vom 10.01.2017 alleine geschlossen worden sei, um von dem Beklagten nicht umlegbare und
nicht zu berücksichtigende Kosten der Unterkunft und Heizung im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II, konkret die Verwaltergebühr und die Instandhaltungsrücklage, zu erhalten. Während des gesamten Verwaltungsverfahrens bis
zu dem Zugang des gerichtlichen Schreibens vom 12.01.2017 sei der Abschluss eines Mietvertrages zwischen dem Kläger und seiner
Mutter nicht thematisiert worden. Erst nach dem gerichtlichen Hinweis vom 12.01.2017 und dem anschließenden Telefonat am 16.01.2017
mit der Zeugin L. habe der Kläger mitgeteilt, er werde seine Konsequenzen aus der übersandten „Bedienungsanleitung“ ziehen
und einen Mietvertrag mit seiner Mutter schließen. Der Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung, der Mietvertrag
sei auch abgeschlossen worden, um die Kosten für ein mögliches Pflegeheim der Mutter zu begleichen, sei nicht nachvollziehbar.
Denn zum derzeitigen Zeitpunkt bewohne die Mutter des Klägers noch gemeinsam mit diesem die streitbefangene Wohnung. Mangels
Einkommens des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum seien auch die Prämien für die Kfz.-Haftpflichtversicherung nicht
als Absetzbetrag zu berücksichtigen. Die Prämie für die abgeschlossene Elementarversicherung und der Hausratversicherung seien
grundsätzlich nicht berücksichtigungs- und absetzfähig. Zudem könne der Kläger die begehrten Fahrkosten nicht ersetzt verlangen,
da es sich bei den genannten Terminen nicht um Meldeaufforderungen der Arbeitsvermittlung gehandelt habe.
Gegen das ihm am 17.05.2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 23.05.2017 Berufung eingelegt und hierzu unter Wiederholung
seines erstinstanzlichen Vorbringens im Wesentlichen geltend gemacht, seine Mutter sei verpflichtet, sämtliche Kosten der
Wohnung zu tragen, auch Verwaltergebühr und Instandhaltungsrücklage, so dass zu Recht die Vereinbarung getroffen wurde, dass
er diese zur Hälfte übernehme. Der Beklagte sei auch verpflichtet, ab Januar 2017 den vereinbarten Mietzins i.H.v. 320,--
Euro pro Monat zu übernehmen und auch die Prämien für Kfz.-Haftpflichtversicherung und Elementarversicherung bei der Bedarfsberechnung
zu berücksichtigen.
Nachdem sich der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 05.07.2018 bereit erklärt hat, die geltend gemachten Fahrkosten
für die wahrgenommenen Termine am 18.07.2016 und 22.07.2016 übernehmen, hat der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 26.07.2016, 01.08.2016, 28.11.2016, 22.12.2016, 24.01.2017 in Gestalt der
Widerspruchsbescheide vom 25.08.2016 und 26.01.2017 sowie des Bescheides vom 17.02.2017 und Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts
für das Saarland vom 26.04.2017 den Beklagten zu verpflichten, die Kosten für die Hausverwaltung und Instandhaltungsrücklage
als Kosten der Unterkunft zu bewilligen und Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe des Mietvertrages vom 10.01.2017 zu
gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Inhalt der
beigezogenen Akten der Beklagten und der Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist statthaft. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig.
Nachdem sich der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 05.07.2018 - auf Hinweis des Senats - bereit erklärt hat, die
vom Kläger gemäß § 59 SGB II iVm § 309 Abs. 2 Nr. 4 SGB III geltend gemachten Fahrkosten für die Hin- und Rückfahrt zu den Meldeterminen am 18.07.2017 und 22.07.2017 i.H.v. 3,84 Euro
(4 x 4,8 km x 0,20 Euro gemäß § 5 Abs. 1 Bundesreisekostengesetz - BRKG) zu erstatten, hat der Kläger das Angebot angenommen und Fahrkosten nicht mehr geltend gemacht. Es war daher nur noch über
die Berufung im Übrigen zu entscheiden.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz ( SGG) verwiesen wird, hat das SG insoweit die Klage abgewiesen.
Ergänzend ist anzufügen, dass auch nach Auffassung des Senats der Kläger keinen Anspruch auf Berücksichtigung der von ihm
begehrten Instandhaltungsrücklage und der Verwalterkosten im Rahmen der Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 SGB II für den hier streitigen Zeitraum hat. Nach § 22 Abs. 2 SGB II werden als Bedarf für die Unterkunft zwar auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur anerkannt, jedoch
nur, wenn es sich um selbstbewohntes Wohneigentum im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II handelt. Diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor. Der Kläger ist weder Eigentümer noch sonst dinglich Berechtigter
bezüglich der streitgegenständlichen Wohnung. Auch bei Vorliegen eines wirksamen Mietvertrages müsste der Grundsicherungsträger
lediglich die angefallenen Nebenkosten i.S.d. § 2 Betriebskostenverordnung (BetrKV) übernehmen. § 556 Abs. 1 BGB iVm § 2 BetrKV legt insoweit abschließend fest, welche Nebenkosten aus dem Mietobjekt vom Vermieter auf den Mieter umgelegt werden dürfen.
Eine Vereinbarung der Umlage von Kosten, die nicht als Betriebskosten unter § 2 BetrKV fallen, ist, wie sich aus § 556 Abs. 1 BGB ergibt, unwirksam, so dass sie grundsätzlich auch nicht vom Grundsicherungsträger übernommen werden dürfen (so ausdrücklich
BSG, Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 48/08 R - juris Rn. 16, mwN). Ist wie hier nach dem Klägervortrag in dem Zeitraum vom 01.06. bis 31.12.2016 ein Mietvertrag schon
nicht abgeschlossen, so kann das nicht dazu führen, dass der Beklagte nunmehr verpflichtet ist, Nebenkosten zu übernehmen,
die er selbst bei Abschluss eines Mietvertrages nicht hätte übernehmen müssen. Ansonsten würde dies zu einer Umgehung der
gesetzlichen Vorschriften, insbesondere des § 22 Abs. 1 und 2 SGB II iVm § 556 Abs. 1 BGB iVm § 2 BetrKV führen und würde dem in diesen Vorschriften dokumentierten Gesetzgeberwillen entgegenstehen, wonach lediglich der Eigentümer
einer Wohnung entsprechende Kosten für eine Instandhaltung im Rahmen der gesetzlichen Vorschrift verlangen kann. Entsprechendes
gilt für die Verwaltergebühr, da auch diese nicht auf den Mieter umgelegt werden kann (vgl. § 556 Abs. 1 BGB iVm § 2 BetrKV).
Soweit der Kläger mit seiner Klage darüber hinaus ab Januar 2017 bis zum Ende des Bewilligungszeitraums im Mai 2017 einen
Kaltmietzins i.H.v. 320,-- Euro begehrt, hat das SG gleichfalls zu Recht eine Verpflichtung des Beklagten zur Übernahme dieser Kosten abgelehnt. Bereits aus § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II ergibt sich, dass der Grundsicherungsträger nur solche Kosten zu übernehmen hat, die dem Leistungsberechtigten tatsächlich
entstanden und angemessen sind und für deren Deckung ein Bedarf besteht. Gerade bei Abschluss von Mietverträgen zwischen Angehörigen
ist dabei oft zweifelhaft, ob aufgrund der getroffenen Vereinbarung auch tatsächlich ein Bedarf besteht, Aufwendungen entstehen
sollten und tatsächlich entstanden sind, so dass in diesen Fällen stets zu prüfen ist, ob überhaupt eine wirksame mietvertragliche
Abrede vorliegt, welchen Inhalt diese hat oder ob es sich nur um ein so genanntes Scheingeschäft im Sinne des § 117 Abs. 1 BGB handelt und die vermeintlichen Mietvertragsparteien nur den äußeren Anschein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen,
ohne dass die mit dem Geschäft verbundene Rechtsfolgen tatsächlich eintreten sollen (vgl. Piepenstock in: jurisPK-SGB II, § 22 Rn. 64; BGH, Urteil vom 24.01.1980 - III ZR 169/78, mwN). Folge eines solchen Scheingeschäftes ist, dass der Grundsicherungsträger nicht verpflichtet ist, die vermeintlich
vereinbarte Grundmiete zu übernehmen (LSG Nordrhein Westfalen, Urteile vom 30.07.2013 - L 2 AS 1021/12 und vom 02.03.2017 - L 19 AS 1458/16, nachfolgend BSG, Beschluss vom 25.07.2017 - B 4 AS 159/17 B, mit Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde; Piepenstock in jurisPK-SGB II, § 22 Rn. 64, mwN). Vorliegend hat das SG in der angefochtenen Entscheidung zu Recht und überzeugend angenommen, dass kein wirksamer Mietvertrag zwischen dem Kläger
und seiner Mutter als Inhaberin des Wohnungsrechts im Sinne des § 1093 BGB abgeschlossen worden ist. Den hierfür erforderlichen Rechtsbindungswillen konnte der Kläger insoweit nicht zur Überzeugung
des Senats zweifelsfrei nachweisen, was zu Lasten des Klägers geht. Insoweit wird auf das in der angefochtenen Entscheidung
dargestellte Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme verwiesen, die das SG nach Auffassung des Senats nachvollziehbar und überzeugend gewürdigt hat. Auch zur Überzeugung des Senats steht danach nicht
fest, dass der Kläger einer ernsthaften mietvertraglich vereinbarten Verpflichtung zur Zahlung eines Grundmietzinses i.H.v.
320,-- Euro seit Januar 2017 ausgesetzt ist, zumal er bis zu diesem Zeitpunkt und auch danach keine Mietzahlungen leistete,
wie sich aus den zu den Akten gereichten Unterlagen zum Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ergibt, ohne dass dies
zu mietrechtlichen Konsequenzen geführt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei war zu berücksichtigen, dass das Obsiegen des Klägers sehr geringfügig und dementsprechend es nicht gerechtfertigt
war, dem Beklagten Kosten aufzuerlegen.
Die Revision konnte nicht zugelassen werden, da die gesetzlichen Voraussetzungen fehlen (§ 160 Abs. 2 SGG).
|